FolkWorld #70 11/2019

CD Rezensionen

Bube Dame König "Nachtländlein"
CPL-Music, 2019

Artist Video www.neue-
volkslieder.de

Das dritte Album des Hallenser Folktrios Bube Dame König (d.i. Sängerin/Flötistin Juliane Weinelt, Sänger/Gitarrist Jan Oelmann und Drehleierspieler Till Uhlmann) sowie ihres Asses (Lyriker Thomas Kolitsch) widmet sich traditionellen Schlaf- und Abendliedern. Die "Königskinder", die einander so lieb hatten, aber nicht zusammenfinden konnten, weil das Wasser viel zu tief war, schwimmen sich exemplarisch mit folk-poppigen Arrangements frei, die sowohl melodisch als auch rhythmisch daherkommen. Ein vertrautes Volkslied ist das flämische "Schneeweiß Vögelein", während mir die traditionellen Beiträge vom Niederrhein und aus Mähren noch nicht bekannt waren. Hoffmann von Fallersleben[21] fragt, wer die "schönsten Schäfchen" hat. Juliane Weinelts "Mittsommertraum" basiert auf keltischer Folklore und instrumentalisiert dazu die Melodie des englischen Folksongs "Benjamin Bowmaneer" ("The Butcher and the Tailor's Wife", Roud #1528), interpretiert von Nic Jones in den Siebzigern bis Kate Rusby in jüngster Vergangenheit.[61] Weniger versonnen und entrückt, eher Schauder erregend ist Thomas Kolitschs Text "Am Himmel steht der Mond so fahl"; die Melodie dazu ist angelehnt an das afroamerikanische Wiegenlied "Whole Heap of Little Horses" (alias "All the Pretty Little Horses"), das von Esther Ofarim über Joan Baez und die Chieftains bis Calexico gesummt worden ist. Jan Oelmann schließt dann den Kreis wieder zu den Königskindern und schlägt eine Brücke vom Volkslied in die Gegenwart: Wenn die Wellen schlafen geh'n, träumen sie vom festen Land, setzten jene, die das Meer sich nahm, sanft an sich'ren Strand.

Article: Folklore ist eine hübsche Erfindung

Siehe auch das Interview mit Jan Oelmann und Juliane Weinelt (»Folklore ist eine hübsche Erfindung«)! Dazu gibt es ein CD-Paket mit allen 3 CDs – "Traumländlein",[56] "Winterländlein"[61] und "Nachtländlein" – zu gewinnen!

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Kelly Thoma "Anamkhara"
Own label, 2009

Kelly Thoma "7Fish"
Own label, 2014

Kelly Thoma "Ama kopasoun oi kairoi"
Own label, 2018

»Ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht notwendig ist, ein Kreter zu sein, um von einem kretischen Glenti bewegt zu werden oder um einen Syrtos zu komponieren. Alles was notwendig ist, ist der Geist, das Herz und ein langer Prozess des sorgfältigen Zuhörens. Vor allem aber muss man in der richtigen Gesellschaft sein ...« – Kelly Thoma

www.kellythoma.com

English CD Review

Die griechische Musikerin Kelly Thoma wurde 1978 in Piräus von einer kretischen Mutter geboren. Als Erwachsene kam sie schließlich auf die Insel Kreta und fing an, die musikalischen Traditionen aufzunehmen und zu verarbeiten. Sie studierte die Kunst der kretischen Lyra (ein birnenförmiges Musikinstrument mit drei Saiten und einem oder zwei Dutzend mitschwingenden Saiten) bei dem in Irland geborenen Ross Daly, der seit den 1980er-Jahren auf Kreta lebt, und trat seinem Ensemble Labyrinth bei. Auf ihren Reisen rund um den Globus lernte Kelly viele verschiedene musikalische Traditionen und Stile kennen und veröffentlichte bisher drei Alben mit Originalkompositionen zeitgenössischer Modalmusik, ein Schlagwort, das Ross geprägt hat, um nicht-harmonische Musik mit häufig nicht-temperierten Intervallen zu beschreiben. Der Albumtitel "Anamkhara" (2009) leitet sich aus der irischen Sprache her und bedeutet Seelenfreund; die Musik präsentiert den Gesamtklang vieler Streichinstrumente, wobei Ross Lyra und Tarhu (erfunden in den 1990er-Jahren von dem australischen Instrumentenbauer Peter Biffin nach Experimenten mit der chinesischen Erhu und dem türkischen Tambur) und Efrén López die Drehleier spielt. "7Fish" (2014)[59] kombiniert instrumentale Titel über Piranhas und Delfine in sowohl resolutem als auch freudigem Spiel. Jetzt enthält "Ama kopasoun oi kairoi" (Wenn die Winde nachlassen, 2018) acht neue Lieder, die in Zusammenarbeit mit Mitsos Stavrakakis, einem bekannten Mantinadologos (wie die kretischen Dichter genannt werden), und Vassilis Stavrakakis und Giorgis Manolakis, zwei der bekanntesten Sänger heutzutage auf der Insel, entstanden sind. Die Melodien sind im formelhaften Mantinada-Stil, d.h. iambische 15-Silben-Reimpaare. Die Musik ist jedoch ausdrucksstark und erfinderisch, mit Bewusstsein für die Tradition, aber aufgeführt mit dem Können einer meisterhaften Künstlerin.

Article: 8 Minutes Can Change A Life

P.S.: Kelly Thoma entschied sich, keine Übersetzungen der Texte im Booklet aufzunehmen, da sie einerseits nicht glaubte, dass es außerhalb Griechenlands von Interesse sein würde, und andererseits es ausgeschlossen fand, die Atmosphäre und den Subtext der Texte zu vermitteln. Kürzlich wurden jedoch einige englische Übersetzungen zu ihrer Website hinzugefügt. Siehe www.kellythoma.com! Siehe auch das Interview mit Kelly Thoma in der englischen FolkWorld-Ausgabe!
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Iontach "Cuan"
Siúnta Music, 2019

Artist Video www.ion
tach.de

English CD Review

Iontach ist ein im Jahr 2003 gegründetes und im Norddeutschen beheimatetes Trio, das sich im weiten Feld der neuinterpretierten traditionellen irischen Musik verorten lässt.[32] Die in Dundalk im nordöstlichen irischen County Louth gebürtige Siobhán Kennedy spielt Querflöte und Geige; mit der Céilí-Band Siamsa gewann sie die All Ireland Championships und spielte zusammen mit Gerry O'Connor und Eithne Ní Uallacháin in der Gruppe Lá Lugh.[55] Jens Kommnick ist ein Hand-Dampf in allen Gassen und spielt mehr Instrumente als dem Durchschnittsmenschen geläufig sind; insbesonders aber ist er ein angesehener Celtic-Fingerstyle-Interpret auf der Gitarre und darf sich ebenfalls All Ireland Champion nennen.[57] Vor einigen Jahren begannen sie eine neue Reise,[61] als Gründungsmitglied Angelika Berns Iontach verließ und der englische Akkordeonist Nick Wiseman-Ellis zur Gruppe stieß. Ihr fünftes und in dieser Besetzung zweites Album ist schlicht Hafen benannt, "Cuan". Sie leben nicht nur in einem kleinen Fischerdorf und Jens' feine Komposition "Lights on the Ocean" setzt dem ein musikalisches Denkmal, ihre ganze Musik vermittelt Zuverlässigkeit und Geborgenheit – wie der sichere Hafen für die Fischer und Seeleute! Der dreistimmige Harmoniegesang ist gleichermaßen gefühlvoll wie Gänsehaut erzeugend: 250 Jahre alt ist das bekannte "Slán Le Máigh" des Dichters Aindrias Mac Craith, weniger das gälische Wiegenlied "Éiníní". Der Engländer Richard Lovelace schrieb 1642 das Gedicht "To Althea, From Prison" mit den Zeilen Stone walls do not a prison make, nor iron bars a cage (Steinmauern machen kein Gefängnis und Eisenstangen keinen Käfig), das Dave Swarbrick in den Siebzigern für die Folkrockband Fairport Convention vertonte. In jüngerer Zeit besang Harold Saunders Blackham (gälisiert: Aodh de Blácam) den "Cooley Shore" zur Melodie der "Lowlands of Hollands", aber Siobhán und Jens komponierten eine neue Weise, und Singer-Songwriter John Spillane stattete dem Fährhafen "Passage West" einen Besuch ab, womit wir wieder beim Thema Hafen wären. Iontachs Arrangements instrumentaler irischer Tanzmusik bringen dann Schwung in die Bude: Einige wenige längst vergessen geglaubte Jigs und Hornpipes finden sich neben den Kompositionen von Charlie Lennon, Paddy O'Brien, Josephine Keegan, Karen Tweed, und natürlich Siobhán, Jens und Nick selbst.
Zuguterletzt bekräftigen Iontach mit den Worten des amerikanischen Singer-Songwriters David Roth,[58] dass sie eigentlich immer noch am Beginn ihrer Reise stehen und ein Ende nicht abzusehen ist: Until We Meet Again! Ja, bitte doch!
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"Damn Good Run - The Best of Chris Jones & Steve Baker"
Acoustic Music Records, 2019

"Analog Pearls Vol. 3: Chris Jones & Charlie Carr"
Stockfisch Records, 1979/2019

"Analog Pearls Vol. 4: Craig Hadden & Charlie Carr - Old Gold"
Stockfisch Records, 1979/2019

Artist Video www.steve
baker.de

"If this is the end of the line, you ain´t gonna hear me cryin´ - it´s been a damn good run." – Chris Jones

Christopher Paul Jones aus dem Städtchen Reno im amerikanischen Bundesstaat Nevada fing bereits im zarten Alter von 5 Jahren an, Gitarre zu spielen. Mit 11 wurde er in ein Programm zur Förderung begabter Kinder am Peabody Conservatory of Music in Baltimore/Maryland aufgenommen. Mit der US Army kam er nach Deutschland und begann sich in Insiderkreisen einen Namen zu machen mit seinem einfallsreichen Gitarrenspiel und seiner sonoren und samtigen Stimmfarbe.[28] Chris Jones nahm Schallplatten mit Allan Taylor, Reinhard Mey oder Kieran Halpin auf.[24] Ich selbst sah ihn live als Begleiter von Geraldine MacGowan. Unglücklicherweise wurde ein bösartiger Krebs diagnostiziert und er verstarb 2005 mit nur 46 Jahren im niedersächsischen Northeim.[31]
Ab 1994 spielte Chris Jones auch mit seinem soul brother, dem englischen Mundharmonikaspieler und Bluesmusiker Steve Baker,[66] der seit Mitte der siebziger Jahre in der Nähe von Hamburg lebt. 15 Jahre nach Jones Ableben vereint die Retrospektive "Damn Good Run" nun die vierzehn besten Songs aus den vier gemeinsamen Alben "Slow Roll" (1995), "Everybody's Cryin' Mercy" (1998), "Smoke and Noise" (2003)[27] und "Gotta Look Up" (2005). Es ist akustischer Blues mit vielfältigen Einflüssen aus Country und Folk; ursprünglich, wahrhaftig und selbst in den einfachsten und ruhigsten Passagen hochvirtuos. Wer Chris Jones (und Steve Baker) noch erlebt hat, wird beim Hören manch Déjà-vu haben (im Booklet vergegenwärtigt Steve sich noch einmal in aller Ausführlichkeit die gemeinsame Zeit); für den Novizen ist es eine empfehlenswerte Kompilation als erster Schritt, sich mit dem Gesamtwerk zu befassen.

Im Jahre 1979 trafen sich Chris Jones und Charlie Carr im Northeimer Stockfisch Studio, um einige Instrumentalstücke aus der Feder von Chris, drei traditionelle Lieder ("John Henry", "Johnny, I Hardly Knew You", "Hills of Shiloh") sowie Songs von Buffy Sainte-Marie, Lowell George und Charlie Carr selbst aufzunehmen. Vier Jahrzehnte schlummerten die Analogbänder dieser Aufnahmen im Stockfisch-Archiv, um von Label-Chef Günter Pauler wiederentdeckt zu werden: "Als mir das Band dieser Produktion nach langer Zeit in die Hände fiel, erinnerte ich mich daran, wie ich Chris Jones kennengelernt hatte. Es war Charlie Carr, der in einem Army-Shop in Süddeutschland arbeitete und mir eine für die damalige Zeit sensationelle Endstufe (Crown DC-300) beschafft hatte. Als Dank bot ich ihm eine Aufnahme in unserem Studio an. Charlie brachte Chris Jones mit, der ihn bei dieser Session begleiten sollte. Das war der Anfang einer genialen musikalischen Reise mit dem außergewöhnlichen Musiker Chris Jones." Die remasterten Aufnahmen von "Chris Jones & Charlie Carr" sind erhältlich als Super-Audio-CD, Vinyl-LP und digitaler Download in der Reihe "Analog Pearls", in der besonders gelungene alte Aufnahmen wiederveröffentlicht werden.
Zu den "Analog Pearls" gehört auch eine vierzig Jahre alte Studiosession von Craig Hadden und Charlie Carr, bei der sie ihre Lieblingssongs aus den fünfziger Jahren (Buddy Holly, Leiber/Stoller, F&B Bryant, Sam Cooke) neu interpretierten. Damals wurde nur eine LP in kleiner Auflage veröffentlicht und Craig Hadden meinte: "Ganz egal welche Musik man heute hört, fast jede Musikrichtung hat ihre Wurzeln in den Oldies - Rock'n'Roll der 50er Jahre. Es gibt etwas Besonderes in der Musik dieser Ära, das auch in den 80er Jahren noch seinen Reiz behält. Wir haben versucht, diese Songs so zu interpretieren, dass Erinnerungen bei denen geweckt werden, die gerne an die Lieder zurück denken - und ebenso etwas Neues anzubieten, für alle die diese Songs zum ersten Mal hören. Ich denke, dass alle uns zustimmen werden - Oldies never die!" Das galt am Vorabend der Neuen Deutschen Welle genauso wie heute im Zeitalter der Ballermannmusik.
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Klaus der Geiger & Marius Peters "Imma Dolla"
Eigenverlag, 2019

Artist Video www.klausdergeiger.de
www.mariuspeters.de

Kurz vor seinem 80. Geburtstag zeigt Klaus von Wrochem alias Klaus der Geiger[56] keine Spur von Müdigkeit. Der gelernte Orchestergeiger spielt Straßenmusik und agitiert wie eh und je. Waren es zu Beginn seiner Karriere Stollwerck und Pershing, ist Klaus heutzutage auf allen möglichen linken Events gegen Umweltverschmutzung oder Krieg oder Rassismus zu sehen und zu hören. Zwei Generationen jünger ist der Gitarrist Marius Peters, der auf einem weiten Feld zwischen Klassik und Jazz zuhause ist. Seit etwa fünf Jahren touren Klaus und Marius zusammen; nach dem Debütalbum[67] treiben sie es jetzt imma dolla. Die vierzehn Stücke sind eine bunte Mischung: Klaus singt seine rotzigen Texte über Klimawandel und Kapital und drischt auf den Geigensaiten herum; Marius hat inspiriert von seinen Irlandreisen eine Reihe melodiöser Instrumentalstücke geschaffen; das traditionelle englische Volkslied "Scarborough Fair" erfährt eine neue Präsentation. Zuguterletzt hat Klaus drei der Caprices des Teufelsgeigers Niccolò Paganini zu einer Sonate zusammengefasst und macht deutlich, dass sich hinter dem ungezähmten Spielmann ein exzellenter Instrumentalist verbirgt, der mit den Anforderungen (Verzierungen, Lagenwechsel) der berühmt-berüchtigten Paganini-Kompositionen leicht fertig wird.
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Mara Levine "Facets of Folk"
Eigenverlag, 2019

www.maralevine.com

Die Folk-Sängerin Mara Levine aus New Jersey hat hinter Künstlern wie Spook Handy und Terry Kitchen gesungen, mit der Gruppe Gathering Time[50] war sie 2018 in Deutschland unterwegs, kann aber auch auf ein differenziertes Solo-Œuvre blicken. Sie sagt über ihr drittes Album in bester Baez'scher Manier: "Ich war inspiriert von den politischen und sozialen Herausforderungen, denen wir uns heute gegenübersehen, und dachte viel darüber nach, wie wichtig es ist, gegen Ungerechtigkeiten die Stimme zu erheben." Das heißt, sie interpretiert die Stücke von Songwritern wie Tommy Sands ("Daughters and Sons" inklusive Gesangsgäste Kim und Reggie Harris), Leonard Cohen ("Hey, That's No Way To say Goodbye"), Si Kahn[70] ("Upstream"), Christine Lavin ("The Moment Slipped Away"), Gordon Lightfood ("Bitter Green") und Paul Simon ("Song for the Asking"). Die Arrangements erinnern an den Folk-Pop der sechziger Jahre. Mara führt mit deutlicher und klarer Stimme; Mitsingen wird in aller Entschiedenheit gutgeheißen. Das einzige traditionelle Lied ist das Weihnachtslied "Taladh Chriosda" von den schottischen Hebriden; eine weitere Facette in Maras Folks-Spektrum. Mit dem Albumtitel und -artwork verweist sie darauf, dass sie nicht nur eine beachtenswerte Musikantin, sondern auch eine kreative Schmuckdesignerin ist. In der Tat erhält man eine Handvoll Kleinodien, geschliffen und poliert, auf das sie in neuem Glanz erstrahlen.
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Weiherer "Im Prinzip aus Protest"
Donnerwetter Musik, 2019

www.weiherer.com

Beinahe ein halbes Jahrzehnt ist seit seinem letzten Werk[58] vergangen, nun ist er wieder da, ehern und kreuzbrav wie vor Jahr und Tag.[30][35] "Im Prinzip aus Protest" ist ein Live-Album aufgenommen im Frühjahr 2019 bei sechs Konzerten in Bayern. Mehr als eine Stunde Weiherer allein auf weiter Flur, der Schönheit und nicht der Beute wegen jagend und nur bewaffnet mit Klampfe, Fotzenhobel und einer großen Klappe. In zehn Liedern befasst er sich mit altbewährten Anliegen; sein Geplauder (hier über Bio- und Matratzenläden) nimmt derweil mehr Zeit in Anspruch als seine Musik. Aber ein Abend mit dem Weiherer ist eben nicht einfach ein Konzert, sondern ein Gesamtkunstwerk. Man wurde entertaint, hat viel gelacht, an mancheiner Stelle nachdenklich gestimmt. Irgendwo gibt es einen roten Faden, der von Karl Valentin über Hans Söllner zu Christoph Weiherer führt. Es ist keine direkte Linie, wie es auch keine Schublade zum Hineinstecken für ihn gibt. Wie wurde er doch im Lauf der Jahre tituliert: Politbarde, Brutalpoet, Helene Fischer des Kabaretts ... Also bitte, Weiherer war, ist und bleibt Weiherer. Punkt.
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crazy freilach "masa"
Eigenverlag, 2019

Artist Video www.crazy
freilach.de

Freilach besagt soviel wie fröhlich und ist ein häufig zu findender Terminus in der Klezmermusik; das vorliegende Album beginnt denn auch passenderweise mit dem Stück "Lebedik un Freilach" (also: Lebendig und fröhlich) des aus Rumänien stammenden Orchesterleiters Abe Schwartz (1881-1963). Jetzt das Ganze crazy und verrückt, aber das heisst ja nicht unbedingt des Teufels und total von der Rolle zu sein, sondern verrücken bedeutet auch verwandeln und das praktiziert das Leverkusener Quintett mit der jiddischen Volksmusiktradition Osteuropas. Seit etwa zwei Jahrzehnten suchen die fünf Musiker neue Pfade zwischen den Shtetl, einst mit jugendlicher Arglosigkeit an der Musikschule Leverkusen, mittlerweile mit der Chuzpe bewanderter Instrumentalisten. Am endgültigen Bestimmmungsort ist man noch nicht angekommen. "Masa" ist Hebräisch und bedeutet Reise, wobei alle Eindrücke aufgesogen und verdaut werden: Mediterranes, Orientales, nicht zuletzt Jazz- und Popmusik. Dem Geist der Klezmermusik und dem emotionalen Spektrum zwischen Schwermut und Ekstase bleiben Klarinettist Simon Boos, Geigerin Emma Friman, Kontrabassist Daniel Hessel und Gitarrist Julian Hilgert treu. Sängerin Jeannine Engelen glückt es gleichermaßen, das Fremde vertraut und das Vertraute fremd wirken zu lassen. Nicht nur traditionelle Stücke wie den "Odessa Bulgar", der Jazz-Schlager "Bay mir bistu sheyn", ein Schlaflied aus dem Ghetto Lodz ("Makh tsu di Eygelekh") und Kompositionen aus jüngerer Zeit (z.B. vom Bassisten des David Orlowsky Trios, Florian Dohrmann), sondern auch Naomi Schemers "Yerushalayim Shel Zahav" (Jerusalem aus Gold, Bronze und Licht), das in Israel als eine inoffizielle Nationalhymne gilt, und das Neujahrsfestlied "BaShana HaBa'a" aus den frühen siebziger Jahren. Zuguterletzt darf der Klarinettist und selbsternannte King Of Jewish Music Naftule Brandwein (1889-1963), der einige Zeit im Abe Schwartz Orchestra gespielt hat, noch seinen "Naphtaly's Freilach" erklingen lassen. Damit schließt sich vorerst der Kreis.
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Geoff Berner "Grand Hotel Cosmopolis"
Coax, 2019

Artist Video www.geoff
berner.com

Das Grand Hotel Cosmpolis gibt es tatsächlich! Es handelt sich dabei um ein ehemaliges Altenheim in der Augsburger Altstadt, das einerseits Flüchtlingen und Asylsuchenden als Obdach und andererseits Rucksacktouristen als preiswertes Hostel dient. Der Sänger und Akkordeonspieler Geoff Berner[34][59] aus Vancouver[41] findet es als Jude wunderbar, so etwas (multikulturelles jüdisches Jugendstilgebäude) in Deutschland zu sehen, und musste aus Hoffnung und Stolz auf die Menschheit in diesen Tagen sein aktuelles Album, produziert vom Kollegen Josh Dolgin (alias SoCalled),[49] danach benennen. Der Künstler osteuropäischer Abstammung, der den Namen der Schweizer Hauptstadt führt, entsprach nie alten oder neuen Klischees, insbesondere nicht musikalisch. Er hält die Tradition lebendig, aber nicht als Museumsstück. Er ist polemisch, provokant, politisch unkorrekt, und treibt den bunten jiddischen Humor auf die schwarze Spitze. Ein wenig Jiddisch und Hirsch Gliks Partisanenlied "Zog nit keyn mol" sind die beiden Sonderfälle in Berners originalem und originellem DIY-Klezmer-Punk.
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Versengold "Nordlicht"
Sony Music, 2019

Komm wir springen in die Brandung, trotzen allen Widrigkeiten, tanzen gegen jede Strömung, schwimmen raus in die Gezeiten ...

Artist Video Artist Video Artist Video

versengold.com

Die vor fünfzehn Jahren gegründete Bremer Formation Versengold[38][46][51][59] legt, vom zweiten Platz ihres Albums "Funkenflug"[63] in den deutschen Charts angespornt, nun das insgesamt neunte Album vor. "Nordlicht" steckt knietief im Schlick der vor der Haustür der Hansestadt liegenden Nordseeküste. Versengold navigiert zwischen epischen Balladen über die "Winterflut 1717" an der friesischen Küste und temperamentvollen Trinkliedern über "Thekenmädchen" durch die Untiefen von Vergangenheit und Gegenwart. "De rode Gerd" ist eine Räuberpistole um einen ominösen Schmuggler aus dem Teufelsmoor zwischen Bremen und Bremerhaven. Andere Titel und Anliegen behandeln verblümt oder direktemang den Klimawandel, die Flüchtlingsproblematik und die Braunen Pfeifen. Mit letzterem gemeint sind natürlich keine regional Verwendung findenden Musikinstrumente, sondern unsere Zeitgenossen, die Gift und Galle spuckend mit dem Ariernachweis wedeln. Musikalisch bewegt sich Versengold zwischen Mittelalter-Rock und Irish Folk; der Kutter ist schon motorisiert, der Rumpf ist aber nicht so metallern wie bei Schandmaul und schwimmt nicht in so seichten Gewässern wie bei Santiano.
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Deitsch "Mittsommer Sessions"
Artes Records, 2019

Artist Video

www.deitsch.de

Zuletzt war die Gruppe 2009 im Studio.[39] Gudrun Walther (Gesang, Geige, Akkordeon) und Jürgen Treyz (Gitarre),[64] Gründungsmitglieder von Cara, die seit über 15 Jahren weltweit Tourneen spielt,[65] überraschen mit der neuesten Deitsch-Inkarnation,[32] der jetzt Geigerin Barbara Hintermeier (More Maids)[48] und Flötist/Dudelsackspieler Steffen Gabriel[58] (Nua,[53] Trasnú)[63] angehört. Pfalz, Schwaben, Bayern, Westfalen - landschaftlich ist das Quartett schon mal nicht eingeschränkt. Die "Mittsommer Sessions" wurden an nur sechs Tagen im Juni an den Ufern des Neckar aufgenommen, während draußen die erste Sommerhitze den Asphalt dahinschmelzen ließ. Die Arrangements entstanden mehr oder weniger spontan mit einem unbeschwerten Blick auf allerlei Musiktraditionen in Ost und West. Die Instrumentalstücke stammen aus Notenhandschriften des 18. und 19. Jahrhunderts, wie der münsterländischen Dahlhoff-Sammlung, die erst unlängst wiederentdeckt wurde und nun in digitalisierter Form zur Verfügung steht. Barbara Hintermeier hat zwei bayerische Tanzmelodien ausgegraben und Steffen Gabriel und Jürgen Treyz haben jeweils eine Melodie verfasst, die sich sehr gut in die überlieferte Musik einfügen. Gudrun Walther singt Lieder wie das Abschiedslied "Es geht eine dunkle Wolk' herein" (Fragment aus dem 16. Jahrhundert mit späteren Hinzufügungen) und Goethes "König in Thule" (aus "Faust Teil I", 1774) mit Herz und Seele.
Deitsch II zeigt sich alles in allem als Momentaufnahme, die Großes verspricht. Und während der Sommer 2019 dann letztendlich doch nicht hielt, was er im Spätfrühling noch versprach, braucht hier die Hoffnung nicht fahren gelassen werden. Das belegt wenigstens das Opus Magnum, das Walther, Treyz & Co seit mehr als einem Vierteljahrhundert erarbeitet haben.
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Steeleye Span "ESTd 1969"
Park Records, 2019

Artist Video www.steeleye
span.org.uk

English CD Review

2019 ist das Jahr 50 in der Geschichte von Steeleye Span.[40] Die Folk-Rock-Pioniere sind längst eine britische Institution wie der Pub oder das Wetter. Die Bandmitglieder kamen und gingen: Nach dem "Dodgy Bastards"-Album[62] ging Bassist Rick Kemp in den Ruhestand und wurde durch Roger Carey ersetzt. Seit der 2017-Tour ist Multi-Instrumentalist Benji Kirkpatrick[59] (ehemals Bellowhead)[60] mit von der Partie, er folgt bei Steeleye Span damit seinem Vater John Kirkpatrick.[64] Maddy Prior[54] steht wie eh und je an vorderster Front, auch wenn sie nicht mehr alle hohen Töne hundertprozentig trifft. Desweiteren stehen ihren Mann bzw. Frau: Geigerin Jessie May Smart, die Gitarristen Julian Littman und Andrew Sinclair, Schlagzeuger Andrew Sinclair.
Maddy Prior sagte in einem Radiointerview, Steeleye Span hätte ein paar Best-of-Alben herausgebracht und überlegt, für den 50. Geburtstag eher etwas Neues zu machen. "ESTd 1969" bedient sich einer altbewährten Formel, die traditionelle Lieder der britischen Inseln in die Moderne katapultiert – wenn man denn unter Moderne die siebziger Jahre versteht :-) "The Boy And The Mantle" und "Mackerel of the Sea" sind epische Balladen aus der Child-Sammlung,[70] die eine eine Geschichte um König Artus Tafelrunde bzw. deren untreuen Ehefrauen, die andere eine bizarre Fabel um ein in einen Meeresfisch verwandeltes Mädchen. "Old Matron" ist ein weiterer epischer Hit, zu derem besonderen Gelingen unter anderem die Flöte von Ian Anderson (Jethro Tull) beiträgt. (Man erinnere sich, dass dieser Steeleyes klassisches Album "Now We Are Six" (1974) produziert und nur wenig später das folkige "Songs from the Wood" (1977) eingespielt hat.) Dave Goulders "January Man" ist ein Ohrwurm, den das verstorbene Steeleye-Gründungsmitglied Tim Hart schon in den sechziger Jahren gesungen hat und der später unter anderem von Mike Harding und Christy Moore aufgegriffen wurde. Den Abschluss bildet Maddy Priors und Rose Kemps "Reclaimed" und will daran erinnern, dass nichts von Dauer ist und alles mal ein Ende hat. Wir würden uns dennoch wünschen, dass wir uns noch ein paar Jährchen an Steeleye Span erfreuen können. Im übrigen finden sich fast alle Titel von "ESTd 1969" auf der Setlist der im Augenblick stattfindenden November/Dezember-Tournee.
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Tommy Sands "Fair Play To You All"
Spring Records, 2019

www.tommysands.com

English CD Review

Artist Video

Ein neues Tommy-Sands-Album ist immer wieder ein Geschenk der Götter; gilt der legendäre Singer-Songwriter und Aktivist aus dem nordirischen County Down[59] doch als Garant für sowohl Einfallsreichtum als auch Qualität.[40][48] Tommy Sands trifft den Nerv der Zeit. Dieses dutzend Lieder auch. "Answer Not Blowing In the Wind" besagt, dass sich die Antwort nicht einfach im Wind, sondern direkt hinter den Schlagzeilen verbirgt. "Refugees" thematisiert Flucht und Flüchtlingskrise; vor dem Hintergrund, dass jahrhundertelang so viele Iren selbst aus ihrer Heimat türmten. "Ode To Europe" zelebriert am Vorabend des Brexit die Europäische Union als Friedensstifter auf dem europäischen Kontinent im allgemeinen und in Nordirland im besonderen. Alle Lieder regen zum Denken an, viele lassen sich mitsingen. Es ist eine Solo-Platte, aber auch ein Gemeinschaftsprojekt: der ganze Sands-Clan ist mit von der Partie, genauso wie Padraigin Ni Uallachain, Brendan Monaghan, Gerry O'Connor, Steve Cooney, u.v.a.
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Searson "Live at the Neat Cafe" [CD/DVD]
Eigenverlag, 2019

Artist Video

www.searsonband.com

Die Vorfahren von Colleen Searson und Erin Searson sind anno 1847 von Irland ins kanadische Ontario ausgewandert. Die Farm im Ottawa Valley bildet immer noch den familiären Mittelpunkt, mittlerweile aber auch eine musikalische Schaltzentrale.[38] Wir kennen die Searsons vom St. Patrick's Day Celebration Festival 2009,[38] damals noch mit den Geschwisters Heather und Mike Searson unter dem Slogan Celtic Rock Sisters with a Kick. Zehn Jahre später ist die Musik viel verhaltener und filigraner als beispielsweise die der irischen Corrs, was sich im zehnten Album und in der ersten Live-DVD manifestiert, aufgezeichnet im Neat Café Coffee Shop in Burnstown, Ontario. Das Geschwister-Duo wird von Bass-Gitarre und Schlagzeug verstärkt und gestützt; Collean und Erin spielen Geige bzw. Klavier, beide singen, und sie steptanzen, wenn sie ihre keltischen Fiddle Jams zu Gehör bringen. Abgesehen von einem Abschiedslied aus der Feder von Mark Haines bestehen zwei Drittel der Show aber aus selbstverfassten Folk-Songs, wobei ein Lied wie "1847" auch ein Stück Popmusik sein könnte, wäre da nicht das traditionell-inspirierte Geigenspiel. Inhaltlich geht es im übrigen um die Herausforderungen, denen sich die erste Searson-Generation in der Neuen Welt ausgesetzt fand.
P.S.: Zwischen der Audio-CD und der DVD (die mir nicht vorlag) gibt es kaum Überschneidungen. Letztere enthält zusätzlich Interviews mit den Bandmitgliedern sowie Backstage-Aufnahmen.
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Paolo Bonfanti & Martino Coppo "Pracina Stomp"
Felmay, 2019

Artist Video

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Paolo Bonfanti ist ein erstklassiger Blues-Gitarrist, der u.a. mit dem verstorbenen Saxophonisten Dick Heckstall-Smith zusammenspielte; Martino Coppo ist ein leidenschaftlicher Mandolinist, der sich u.a. jahrelang mit der Genueser Formation Red Wine dem Bluegrass hingab; das Bonfanti-Coppo-Duo nun widmet sich einem breiten Spektrum dessen, was man Roots Music oder Americana nennt. Man hört nichts Mediterranes, stattdessen marschiert eine Parade an Folk, Country, Bluegrass und Blues vorbei. "Pracina Stomp", aufgenommen in der Cascina Pracina in den Wäldern des norditalienischen Piemonts, ist das Zweitwerk nach der 2014er-CD "Friend of a Friend"[55] und enthält neben wenigen Covern überwiegend Eigenkompositionen, die ohne Ausnahme zum Niederknien sind. Anno dazumal traf sich die lokale Bevölkerung in der Cascina Pracina, um zu feiern und zu musizieren, und dieser Geist der Verbundenheit und des Vergnügens durchzieht auch die Session im Jahre 2019. Good vibrations überall, zwei Musikanten, ein Herz und eine Seele, null problemo.
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Unterbiberger Hofmusik "Dahoam und Retour" [CD/DVD]
Himpsl Records, 2019

„Wir möchten mit unserer Musik Grenzen überwinden und Menschen und Kulturen einander näher bringen. Niemals hätten wir geglaubt, dass sich mit zwei, drei kleinen Schritten solch große kulturelle Entfernungen überbrücken lassen. Und dass die Ernsthaftigkeit unserer Auseinandersetzung mit anderen Kulturen nicht nur akzeptiert, sondern so freudig begrüßt wird, freut uns ungemein. – Wir fühlen uns als bayerische Musiker und musikalische Weltbürger gleichermaßen.“ (Franz Himpsl)

www.unterbiberger.de

Artist Video

Nach einem klassischen Musikstudium war Franz Josef Himpsl u.a. als Jazztrompeter aktiv, verlegte sich aber auf bayerische Volksmusik. Zunächst ganz konservativ ausgerichtet, später kreativer und experimenteller. 1995 erschien mit "Bajazzo" das erste Album der Unterbiberger Hofmusik, das über den Tellerrand Oberbayerns hinausblickte, initiiert vom brasilianischen Jazztrompeter Claudio Roditi. Mit "Bavaturka"[49] und "Bavaturka II"[61] wagte man eine Fusion bayerischer und türkischer Traditionen; Franz Himpsl erlernte sogar die türkische Sprache. Seit 2017 heißt das Programm "Dahoam und Retour": Vater, Mutter & 3 Söhne Himpsl (plus Gäste wie Jazztrompeter Matthias Schriefl) präsentieren eine musikalische Collage aus bayrischer Blas- und Volksmusik, jazzig angehaucht, mit Melodien, Rhythmen und Grooves, die sie in allen Ländern aufgelesen haben, die sie bereist haben. Dabei wurden nicht nur einfach die Alpen überquert und ein bißchen Balkan Brass integriert, der Trip ging bis nach Ägypten und Indien. Die fremdartige Kultur wurde nicht einfach nur konsumiert, sondern man trat in engen Kontakt und regen Austausch. Mit einem Bein in der heimatlichen Erde verwurzelt, sucht das andere die engen Grenzen des Vorstellungsvermögen zu überschreiten. Irgendwie anarchistisch und avantgardistisch, auch das ist Bayern. File it under: bajuwarische Weltmusik & Folk Jazz! Der Konzertmitschnitt vom September 2018 aus Taufkirchen (Landkreis München) enthält neben der Musik die launigen Ansagen und Anekdoten von Franz Himpsl; die DVD zeigt die Dokumentation "Bavarabica – Unterwegs in der Welt mit der Unterbiberger Hofmusik" und eine Kollektion aller Musikvideos aus den letzten fünf Jahren.
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Steve Crawford & Sabrina Palm "two"
Own label, 2019

Artist Video www.crawford
palm.com

English CD Review

Steve Crawford ist ein Sänger und Gitarrist aus Aberdeen, der von Ballad of Crows bekannt ist,[59] Sabrina Palm ist eine deutsche Geigerin, die sich in irische Musik verliebt hat. In ein paar Jahren haben sie sich zu einem der kreativsten Duos in der deutschen Folkszene entwickelt. Ihr Debütalbum stellte ihre Harmonie und Zuverlässigkeit vor,[59] ihr zweites Album, ergänzt durch den Uilleann Piper Conor Mallon (bekannt von Connla), dem Bodhrán-Spieler Robbie Walsh (Four Winds, Daoiri Farrell Band) und den Bratschisten Paul Bremen, bietet eine üppige und zeitgenössische Präsentation traditioneller und weniger traditioneller irischer und schottischer Musik. Siehe zum Beispiel das ausgelassene Jig-Set "Three Little Steps" mit der gleichnamigen Komposition von Brian Finnegan, Gordon Duncans "Soup Dragon" und Allan MacDonalds "I've Got It Here Somewhere". Sabrina Palm hat selbst zwei Titel verfasst, eine sehr berührend, die andere ziemlich turbulent. Steve Crawford ist der Sänger von den beiden. Seine Darbietung ist eher Middle American und seine Selektion von Tim O'Brien und Gary Nicholsons "More Love" kann leicht als Popsong bezeichnet werden. Abgesehen davon wählte er das traditionelle "Heather on the Moor" (möglicherweise aus Nordirland) und Robert Burns pro-schottisches und anti-britisches "Such a Parcel of Rogues in a Nation" (könnte das als Kommentar über die aktuelle Brexit-Debatte gemeint sein?). Schließlich liefert Steve einen großartigen Rapport über "Scapa Flow 1919" ab, das Versenken der deutschen Flotte aus der Feder des Orkney-Singer-Songwriters Kris Drever.
© Walkin' T:-)M


Die Blowboys "Die Blowboys"
Eigenverlag, 2018

www.blowboys.de

Artist Video

Die Blowboys ist ein norddeutscher Shanty-Chor, mit 14 junge Männeraus der Rostocker Gegend. Am besten sind sie für meinen Geschmack in den kraftvollen Shanties, zumeist aus englischen oder deutschen Traditionen - wie „Haul away Joe“, „Blow boys blow“ oder „Bully in the alley“ oder auch der deutsche Klassiker „De Hamborger Veermaster“. Zwischen den norddeutschen und englischen Liedern findet sich auch ein schwedischer Shanty Einige der anderen Lieder, gerade auch etliche der deutschsprachigen, sind dagegen für meinen Geschmack etwas schmalzig.. Viele der Lieder sind a Capella, wenn sie nicht von Akkordeon, Gitarre, Kontrabass und/oder Klavier begleitet werden. Wer Shanties mag, wird viel an dieser CD gefallen.
© Michael Moll


Corazon Quartett "Levante"
Fluxx Records, 2019

www.corazon-Quartett.de

Wunderbarer Flamenco mit Jazzeinflüssen - made in Germany! Gitarrist Lori Lorenzen gründete dieses süddeutsche Quartett, zusammen mit Gitarrist Wolfgang Wallner, Kontrabassist Peter Cudek und Perkussionist Roman Seehon. Es klingt denn nach authentischem modernen spanischem Flamenco, angenehm jazzig-improvisiert, und doch voller südlichem Sonnenschein. Die meisten Kompositionen sind von Lorenzen oder Wallner, doch wagen sich die Musiker auch an Flamencostücke von Legenden wie Paco de Lucia oder Gerardo Nunez, oder versuchen sich an einer Flamenco-Version des Beatles-Klassikers „Norwegian Wood“. Die Musik wird immer mal ergänzt von Geräuschen wie Meereswellen, spanischen Stimmen oder ein Auto, das „Richtung Süden“ aufbricht, was der Musik zusätzliche Atmosphäre gibt. Zusammen mit dem Quartett sind auch einige Gäste zu hören - wie der lautmalerischen Gesang der deutschen Jazzsängerin Natalie Ellwood oder der jazzig-warmen spanischen Gesang der Lucia Carames.
© Michael Moll


Sandra Lubos & Daniel Wahren "Celtic"
Fuego, 2018

www.danielwahren.de
www.sandra-lubos.de

Wie das Aussehen einer CD doch manchmal täuschen kann. Die Musik auf Album „Celtic“ ist interessant, ansprechend und kreativ;dabei hatte ich, nach dem Albumdesign, des Titels und der Liste der Lieder die geringste Erwartung, dass die Musik mir zusagen würde: sah es mir doch eher nach keltischem Musikantenstadl aus, nach schnulzigen Versionen von Liedern wie „Danny Boy“, „Scarborough Fair“, „Auld Lang Syne“, „Skye Boat Song“. Ich muss zugeben, dass ich mich deswegen eine ganze Weile nicht an diese CD heranwagen wollte.
Um so erfreulicher die Überraschung, dass hier neue, frische Versionen in interessantem Jazzgewand von diesen sonst oft verschnulzten Liedern präsentiert werden. Pianist Daniel Wahren, mit seiner Jazz- und Folkerfahrung, kombiniert auf diesem Album erfolgreich Jazz und Celtic, in ganz eigener Interpretation. Die Sängerin Sandra Lubos ist dabei die perfekte Duopartnerin: Mit ihreme Hintergrund in Pop, Klassischem und Chorgesang hat sie hier ihre eigene Nische als Folkjazzsängerin gefunden. Die meisten Lieder sind in diesem neuen Gewand, hauptsächlich mit Piano und Gesang, sehr gelungen, und klingen oft besser als im Original. Warum nur dazu dieses geschmacklose Cover!?!
© Michael Moll


Short Tailed Snails "Kopfsalat"
Eigenverlag, 2019

Artist Video

www.short-tailed-snails.de

Trotz des englischen Names sind doch Folklieder in deutscher Sprache der Schwerpunkt dieses Quartetts. Die Sängerin der Band, Regina Schmidt, scheint klassisch ausgebildet, was ihren Gesang prägt. Instrumental steuern die anderen drei „Schnecken“ Flöte, Drehleier, Gitarre, Cister und Perkussion bei. Die Lieder stammen zum Teil aus deutschem traditionellen Gut oder im Falle der „Spitzbübin“ von Heinrich Heine; mehrere Lieder sind aber auch geschmackvoll ins deutsche übertragene englische, schottische oder französische traditionelle Lieder. Daneben gibt es noch drei erfrischend innovativ gespielte Instrumentalstücke, die auf Drehleier basieren - zwei davon Eigenkompositionen.
© Michael Moll



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