FolkWorld #63 07/2017

CD & DVD Rezensionen

A Glezele Vayn "Federveys"
Flowfish Music, 2016

www.glezele.de

Dieses Album bietet mehr als der jiddische Name verspricht - auch wenn Klezmer in einigen Melodien vertreten ist, und die Klarinette eine Hauptrolle in der Musik spielt. Doch A Glezele Vayn nehmen eine weit gespannte musikalische Perspektive, die uns zu osteuropäischen und süddeutschen Tänzen führt, und die Einfüsse nicht nur aus Klezmer, sondern auch aus Folk, Klassik und Jazz zeigt. Die Musik ist fast ausschließlich traditionell, ist jedoch auf moderne Weise und mit Einfallsreichtum interpretiert. Das Ergebnis ist eine abwechslungsreiche und eingängige Musik mit viel Atmosphäre, in der neben Klarinette auch Akkordeon und Klavier im Vordergrund stehen, begleitet von Gitarre, Perkussion und Kontrabass.
© Michael Moll


Cordeen "Musical Bridge"
Own label, 2017

Article: Cordeen Connections

www.cordeen.com

Der irische Akkordeonist Benny McCarthy ist treibende Kraft in den traditionellen Bands Danú,[7] Rattle the Boards[36] und dem Raw Bar Collective[45] gewesen. McCarthys jüngstes Unterfangen erkundet nun die musikalischen Zusammenhänge zwischen Irland und dem kanadischen Neufundland (die Hälfte der Bevölkerung entstammt irischen Emigranten und Hochseefischern). Ein Unterfangen, das ursprünglich schon vor mehr als einem Jahrzehnt begann, als Danú erstmals durch Nordamerika tourte. Vor drei Jahren war Florian Fürst auf der Suche nach etwas Aussergewöhnlichem für die Pure Irish Drops Tour. Sliabh-Luachra-Akkordeonist Conor Moriarty schlug schließlich vor "Nur Quetschen!" und brachte neben Benny McCarthy noch den Neufundländer Graham Wells (The Irish Descendants) ein.[54] Im vergangenen Sommer besuchten Graham Wells und Billy Sutton (The Fables) McCarthys Heimat Waterford und nahmen zwei Wochen lang die Titel auf, die nun das Cordeen-Album ausmachen (cairdín, irisch für Knopfakkordeon).
Die Instrumentalstücke bedienen sich beiderseits des Atlantiks. So ist zum Beispiel "The Harvest Home" ein bekannter Hornpipe aus Irland; die neufundländische Version nennt sich "The Fisherman’s Favourite" (nur ganz nebenbei sei hier erwähnt, dass man das Akkordeon auch Schifferklavier nennt) und ist hier als Reel angehängt. Neben Tanzmusik interpretiert Cordeen auch Turlough O’Carolans einfach himmlisches "Eleanor Plunkett" und das eindringliche gälische Slow Air "An Roisin Dubh". Graham Wells singt mit einem Tonfall, als käme er direkt aus dem irischen Mutterland; das vor 100 Jahren verfasste "Tickle Cove Pond" (zur Melodie des alten Jigs "Tatter Jack Walsh" genauso wie beispielsweise De Dananns "The Woman Who Robbed Me The Price Of My Pig") erzählt wie während des kanadischen Winters das geschlagene Holz über die zugefrorenen Teiche und Seen befördert wird. Die ganz gegensätzliche Stimmung vermittelt Billy Suttons komisches "Mick Relligan’s Pup"; der Welpe schluckt - nach dem Motto die Augen sind größer als der Magen - mehr als er verdauen kann.
Bei den vier Jungs von Cordeen besteht nicht die Gefahr, sich den Magen zu verrenken und des damit verbundenen plötzlichen Ablebens. Jedes Bandmitglied bringt seinen jeweiligen Hintergrund und seinen jeweiligen individuellen Stil ein, um die beiden musikalischen Traditionen nahtlos miteinander zu verschmelzen. Im Zentrum steht aber, das darf niemals vergessen werden, das Akkordeon bzw. insgesamt vier Quetschkommoden an der Zahl. Das Ergebnis ist kein akustischer Generalangriff, sondern eine schlichte, aber raffinierte Ausgestaltung. Man betritt die musikalische Brücke gern. Es hilft allerdings, wenn man ein Fan von Akkordeonmusik ist, noch besser, man spielt das Instrument selbst.
© Walkin' T:-)M


Dan Brouder & Angelina Carberry "A Waltz for Joy"
Eigenverlag, 2017

English CD Review

Artist Video

www.danbrouder.com

Dan Brouder[48] ist ein renommierter Akkordeonist aus West Limerick, während die Banjospielerin Angelina Carberry[30] einer irischen Musikerfamilie aus Manchester entstammt. Nach achtjährigem gemeinsamen Musizieren legen Dan und Angelina nun ihr Debütalbum vor. Die Flanagan Brothers und ihre Schellack-Aufnahmen aus der 1920ern lassen grüßen und Dan und Angelina knüpfen durchaus bewusst an diese Tradition an. Das erlesene Backing-Team besteht aus Brian McGrath, John Blake, Brian Mooney, Ruairi McGorman und Ringo McDonagh. Besonders wirkungsvoll erweist sich die Kombination von irischer (Mooney) und griechischer (McGorman) Bouzouki bei einem Jig- und einem Hornpipe-Set. Das Titelstück ist ein reizvoller Walzer aus der Feder von Sean-nos-Sänger Nan Tom Taimin De Burca und begleitet von James Blennerhassets Bass und Siri Snortheims Cello; wär hätte gedacht, dass ein Banjo auch bei dem guten alten 3/4-Takter funktioniert. Die Auswahl besteht aus den üblichen Jigs, Reels und Hornpipes; es verwundert nicht wenig, dass weder Polkas noch Slides ausgewählt wurden (Dan hat sich eingehend mit der ganz speziellen Musik aus Sliabh Luachra an der Cork-Kerry-Grenze befasst). Einige Melodien stammen aus dem erst kürzlich veröffentlichten, zweiten Band der "Tunes of the Munster Pipers", andere sind erst in jüngster Zeit komponiert worden (Charlie Lennon, Frankie Gavin, Richard Dwyer, ...). Das Gesamtergebnis kann sich hören lassen: eine äußerst muntere, aber gleichzeitig entspannte Interpretation, bei der sich Banjo und Box blind verstehen. Die Revolution findet anderswo statt; Dan und Angelina haben zuviel Tradition im Blut, um die wundervollen Melodien dem Reiz des Neuen zu opfern.
© Alex Monaghan


Duo Lautensang "Scherenschnitt"
Roxxon Records&Tapes, 2017

www.lautensang.de

Die Hannoveraner Astrid Heldmaier (Whistles, Northumbrian Smallpipes) und Reiner Köhler (Gitarre, Bouzouki) spielen u.a. in den Irish-Folk-Bands Northbound und Emerald.[51] Vor fünf Jahren haben sie, um den musikalischen Rahmen zu erweitern, das Duo Lautensang ins Leben gerufen.[55] Ihr zweites Album trägt den passenden Titel "Scherenschnitt". Die beiden finden es nämlich spannend zu sehen, wie sich ein Stück wie ein Scherenschnitt eben im Laufe der Zeit zu einem harmonischen Ganzen entwickelt. Die eine Hälfte der Auswahl besteht aus Instrumentalstücken, beginnend bei einem mittelalterlichen Tanz aus der Bretagne und Neo-Trad von Corvus Corax, Melodien aus Irland und Northumberland und aus der westfälischen Dahlhoff-Sammlung, die erst jüngst von von Simon Wascher[61] wiederentdeckt und digitalisiert worden ist, ergänzt durch Eigenkompositionen von Astrid und Reiner. Die Liedauswahl ist ähnlich eklektisch: "King Henry" ist eine alte englische Ballade aus der Child-Sammlung, der "Herr von Falkenstein" ein Harzer Volkslied aus dem 14. Jahrhundert. Desweiteren hat sich das Duo beim schwedischen Stegreifdichter Carl Michael Bellmann, dem belgischen Geiger Wiet Van De Leest (Rum) und der schottischen Singer-Sogwriterin Karine Polwart (das bekannte "Follow the Heron") bedient. Die musikalische Reise vom Mittelalter über das Barock bis zur modernen Folk Music ergibt trotz der Mannigfaltigkeit ein stimmiges Gesamtbild, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass Astrid und Reiner ganz lässig und entspannt an die Sache herangehen und sich weder hetzen lassen, noch irgendjemand irgendetwas beweisen müssen.
© Walkin' T:-)M


Kilkenny Band "Roving"
Timezone, 2017

Artist Video

www.kilkenny-band.com

In regelmäßigen Abständen kommt immer mal wieder eine Band um die Ecke, die die ollen Kamellen aus den irischen Pubs so frisch und fröhlich interpretiert, dass man meinen möchte, man hörte sie zum allerersten Mal. Die Rambling Rover ziehen auf der Rocky Road to Dublin mit McAlpine's Fusiliers und den Molly Maguires zu den Streams of Whiskey und verwursten dabei nebenbei noch Gassenhauer von Paddy Goes To Holyhead, Steve Earle, Steve Knightley (Show of Hands) sowie den Titelsong des Disney-Films "Merida" aus der Feder von Julie Fowlis. Die Osnabrücker um Jascha Kemper, vor etwa einem Jahrzehnt als Schülerband gegründet, offerieren mit Partysongs und Balladen einen beschwingten und rundum-erneuerten Trip durch das Irish-Pub-Repertoire. Abzüge in der Gesamtnote ergeben sich gesanglich, wobei durchaus auch nette Harmonien (z.B. bei "Red Is The Rose") zustande kommen. Das Booklet enthält alle Texte mit Akkorden. Es wäre nur noch anzumerken, dass "Caledonia" kein Traditional ist, sondern vom schottischen Singer/Songwriter Dougie MacLean verfasst worden ist. Hingegen wusste ich bislang nicht, dass der Dubliners-Hit "Molly Maguires" vom nordirischen Songwriter-Team Phil Coulter und Billy Martin geschrieben wurde.
© Walkin' T:-)M


Trasnú "The Adventures of Wing Commander Pancake"
Liekedeler, 2016

Artist Video

www.trasnu.de

Die drei Jungs der nordeutschen Celtic-Folk-Band Trasnú sind keine Unbekannten. Guido Plüschke (Gesang, Banjo, Bodhrán), der aktuell noch mit den Celtic Cowboys unterwegs ist,[46] kann man durchaus als Szene-Veteran und Gallionsfigur bezeichnen. Steffen Gabriel (Flöte, Whistle, Akkordeon, Gesang) ist zwar erst kurze Zeit in der deutschen Irish-Folk-Szene zuhause, hat sich aber in kürzester Zeit, u.a. bei den Bands Nua[53] und Cosán,[54] einen hervorragenden Ruf erspielt. Guido und Steffen prägen den Trasnú-Stil durch ihren schwungvollen und zeitgemäßen Ansatz, der sich fast in Gänze auf in historischer Sicht erst kürzlich verfasste Tunes stützt (Phil Cunningham, Joannie Madden, Ivan Drever, Brian Finnegan, Eileen Ivers, ...). Aber auch die amerikanische Bluegrass-Ikone Bill Monroe und ein herzergreifendes schottisches Slow Air kommen zum Zuge und bieten Abwechslung. Das druckvolle, aber durchaus einfühlsame Gitarrenspiel stammt von Cornelius "Zorny" Bode,[58] u.a. auch das rhythmische Gerüst der Hannoveraner Band Emerald.[51]
Trasnús Zweitwerk hat einen deutlich höheren Song-Anteil als das Debütalbum. Neben einem Klassiker der amerikanischen Folksängerin und Banjospielerin Ola Belle Reed ("High On A Mountain") besteht die Selektion aus modernen, keltischen Songs aus der Feder von Ewan MacColl, Robbie O'Connell und Brian Ó hEadra. Anno Tobak hat Guidos damalige Band Garifin das "Star Of The County Down" im Original gespielt,[18] nun hat er eine neue Melodie zu Cathal McGarveys Text vom Ende des 19. Jahrhunderts komponiert. Das gleichzeitig rührselige wie hymnische "Parting Glass" beendet ein rundum überzeugendes Album. Im CD-Booklet findet sich noch ein Schmankerl, nämlich ein Comic, der anhand und entlang der Tunes- und Song-Titel die Suche der drei Musiker und ihres Wing Commander Pancake (d.i. Toningenieur Robby Ballhause)[54] nach dem ganz speziellen Trasnú-Sound nacherzählt.
© Walkin' T:-)M


Tina Teubner Ben Süverkrüp "Wenn du mich verlässt, komme ich mit"
Conträr Musik, 2016

www.tinateubner.de

Meine bessere Hälfte kommt aus Witzenhausen, und als ich las, dass auch Tina Teubner der nordhessischen Kleinstadt an der Werra entstammt, die als Kirschenanbaugebiet vielleicht, als Erfinderin der Biotonne wahrscheinlich überhaupt nicht bekannt ist, suchte ich prompt nach den Gemeinsamkeiten in der DNA. Ist es der Humor (der Ortsname hat natürlich überhaupt nichts damit zu tun)? Die sezierende Intelligenz? Die Melancholie? Die daraus resultierende Herzensgüte? Oder aber eben genau die richtige Mischung davon, um überzeugend und erfolgreich ein Feuerwerk der schlechten Laune abzubrennen und die Stradivari der Arschgeigen zu spielen. Tina Teubner sagt: Ich habe drei Jahre gebraucht, um meine Wehmut über den Zustand der Welt in Komik zu verwandeln. Ergebnis ist ihr 14. Kabarett-Programm "Wenn du mich verlässt, komme ich mit." Die Beziehungsstudie trägt den ominösen Untertitel "Weniger Demokratie wagen!" und tatsächlich verschwimmt die Grenze zwischen privat und politisch immer mehr, um sich zuguterletzt in Gags und Bonmots aufzulösen.
Seit 15 Jahren ist Pianist Ben Süverkrüp, Sohn von Liedermacher Dieter Süverkrüp, Tina Teubners Begleiter und Sparringspartner, der ihre Bälle auffängt und überhaupt den ganzen Laden musikalisch zusammenhält. 2010 hat das Duo Teubner/Süverkrüp den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chanson erhalten. Ich denke, durchaus zu Recht.
© Walkin' T:-)M


Martin Kolbe, Ralf Illenberger "Essentials"
Timezone, 2017

www.kolbe-illenberger.com

Lange war es still um das Gitarrenduo Illenberger-Kolbe, das in den 70er und 80er Jahren zu den gefragtesten Akustikgitarristenduos zählte. Doch das heißt nicht, dass die beiden nicht in irgendeiner Form aktiv waren. Während Martin Kolbe sich mit einer ernsten psychischen Erkrankung herumschlug und diese letztlich auch mit Hilfe der Musik unter Kontrolle hält, verlegte Ralf Illenberger seinen Arbeitsort nach Arizona, wo er zahlreiche Aufnahmen mit namhaften Künstlern arrangierte und produzierte. 2016 besannen sich beide Musiker auf ihre erfolgreichen Jahre als Akustikduo und kramten in ihren frühen Aufnahmen herum. Sie sichteten das Material, stellten es auf ihnen angemessene Weise neu zusammen, masterten ein paar der Songs neu. Herausgekommen ist keine halbherzige Kompilation, die mal schnell Altes neu vermarkten soll, wie es bei Plattenfirmen häufig so üblich ist, wenn man Geld wittert. Nein. "Essentials" ist ein fein sortiertes Doppelalbum, das schon deshalb dem Werk der Künstler gerecht wird, weil sie selbst für die Auswahl verantwortlich sind. Selbst mit der Namenswahl des Albums machen sie das Wesentliche klar. Heute, wie damals treffen sie Töne und Emotionen mit ihren Songs, die weder von Modediktaten noch durch kommerzielle Befindlichkeiten gesteuert sind. Die Experimentierfreude, die beiden Musikern nie abhandengekommen ist, lässt sich auf den beiden CDs von "Essentials" wunderbar nachvollziehen. Und obwohl es ein Blick auf ein vergangenes musikalisches Erfolgsrezept ist, wirkt das Album nicht wie ein sentimentaler Blick in die Vergangenheit, sondern wie die Bestätigung, dass Musik von außerordentlicher Qualität auch immer zeitlos ist.
© Karsten Rube


9 Volt "Open Circuit"
Out Now Recordings, 2015

Der Jazzgitarrist Eyal Maoz wurde in Israel geboren, lebte dort und erlernte in verschiedenen Formationen die Vielfältigkeit der Jazzimprovisation. Mittlerweile lebt er in den U.S.A. wo er ebenfalls in verschiedenen Bands Verbindungen zwischen amerikanischem Jazz und der Avantgarde des vorderen Orients knüpft. So arbeitet er auch an John Zorns Masada-Songbook-Projekt auf dessen legendärem Klezmerlabel Tzadik mit. Das Album "Open Cicuit", das bereits 2011 aufgenommen und im Herbst 2015 erneut veröffentlicht wurde, ist ein energiereiches Jazzalbum, das sich an den Grenzen von Jazzstandards und israelischem Folk entlang bewegt und sich häufig weit ins Hinterland des Freejazz wagt. 9 Volts Soundexplosionen und musikalische Extravaganzen bestehen aus feurigen Zuspielen und Klangexperimenten mit verzerrten Gitarren, elektronischen Spielereien und brillanter perkussiver Rhythmusstärke. "Open Cicuit" ist ein grandios kompromissloses Jazzalbum.
© Karsten Rube


Sangre de Muerdago "O Camiño das Mans Valeiras"
SMGS Records, 2015

www.sangredemuerdago.com

Pablo C. Ursusson heißt der Magier der musikalischen Weltenwanderung, der unter dem Namen Sangre de Muerdago den Hörer in einen Zauberwald aus Klängen und Eindrücken entführen möchte. Ursusson stammt aus Galizien, ist aber seit einiger Zeit in Leipzig ansässig. Seine galizische Herkunft bleibt jedoch Bestandteil der Musik, die er auf dem Album "O Camiño das Mans Valeiras" präsentiert. Der melancholische Folk der CD lässt den gereizten Menschen des 21. Jahrhunderts schnell innehalten. Die Musik weckt das Gefühl, sich reduzieren zu wollen, Unwesentliches abzustreifen und sich für eine überschaubare Zeit ganz dem Moment hinzugeben. Sangre de Muerdago nähert sich bewusst der galizischen Folkszene der 80er Jahre an, als Milladoiro, Fuxan os Ventos und Dhais das musikalische Bild Nordspaniens prägten. Dieses Neo-Folkalbum ist klar im Klang und bezaubernd in seiner Melodik. Es ist in bisschen aus der Zeit gefallen. Das macht es sehr sympathisch.
© Karsten Rube


Ustad Rahim Khushnawaz "Afghan Rubab with Songbirds"
Felmay, 2016

Der afghanische Musiker Ustad Rahim Khushnawaz war ein Meister auf einem Instrument, das in seiner Heimat eine Art Nationalinstrument ist. Außerhalb der Grenzen kennt es jedoch kaum jemand. Die Rubab ist eine Schalenhalslaute, die gezupft wird. Beliebt ist sie vor allem bei den Paschtunen. Ustad Rahim Khushnawaz spielte dieses Instrument wie kaum ein anderer seine Landsleute. Der 2011 verstorbene Musiker wird auf dem Album "Afghan Rubab with Songbirds" nur ganz spärlich begleitet von einer Tabla, den Gesängen zweier Kanarienvögel und ganz gelegentlich von Kinderstimmen. Die Aufnahmen wurden 1994 in der entspannten Atmosphäre des Hauses des Musikers gemacht. Die folkloristischen Stücke seiner Heimat, die auf dem Album gesammelt wurden, stammen aus der Zeit von 1950 bis 1970 und gehören zu den populärsten Volkweisen in Afghanistan. Sie entfalten auch im europäischen Ohr eine meditative Wirkung
© Karsten Rube


Dickbauer, Stippich, Havlicek "Vienna Folk"
Lotus Records, 2016

www.dshmusic.at

Ist das Jodeln der neue HipHop? Jodeln scheint jedenfalls trendig zu sein. Schließlich gelangte ein Jodelsong auf die vorderen Plätze des Eurovisions Songcontest. Ernsthaften Jodelkünstler platzt da natürlich die Hutschnur. Doch das Singen ohne Text, wie man das Jodeln auch bezeichnen kann, besitzt eine Musikalität, die besonders im Alpenraum zu hoher künstlerischer Qualität geführt wurde. Maria Stippich ist eine Virtuosin des Jodelns, aber keine Puristin der alpenländischen Folklore. Gemeinsam mit ihrem Mann dem Akkordeonspieler, Theatermusiker und Komponisten Helmut Stippich, dem Violinist Johannes Dickbauer und Gitarrist Peter Havlicek haben sie unter dem Titel "Vienna Folk" ein Album produziert, in dem sich die stimmgewaltige Sängerin in einem Kontext von Alpenfolk, Weltmusik, Jazz und Klassik entfalten kann. Das Jodeln ist dabei nur eine Form des Ausdrucks recht ungezügelter Lebensfreude. Auch die Kompositionen ohne Gesang sind hervorragende Stimmungsträger auf dieser abwechslungsreich arrangierten CD. Die Arrangements sind feurig, zuweilen romantisch, häufig driften sie jedoch ins träumerisch melancholische. Der Song "Lenz" ist eine Ode an den Neubeginn, voller Wärme und Aufbruchsenergie, "Irish Melange" ist ein weltmusikalisches Wetterspiel, das verhalten beginnt und sich dann zu einem rhythmischen Unwetter auftürmt. "Totentanz" ist von einem surrealen Schwindelgefühl durchzogen. Und "The Very Last Universe" ist eine langsame Odyssee durch Wogen versunkener Träume. Wer für eine knappe Stunde aus der Welt entfliehen möchte, sollte sich der Musik dieser außergewöhnlich guten Fusion aus Alpenland und Avantgarde hingeben
© Karsten Rube


Theodor Bastard "Vetvi"
Theo Records, 2015

www.theodorbastard.ru

Die Musiker von Theodor Bastard werden als die Pioniere des russischen Neofolk betrachtet. Die Gründung der Band geht auf das Jahr 1996 zurück. Seit dieser Zeit hat sie sich mit verschiedenen Stilrichtungen, wie Gotic, Trip-Hop und Industrial-Rock beschäftigt. Ihre Verankerung im Folk steuerte sie jedoch in den letzten Jahren immer mehr in die Fantasy- und Worldmusicszene. Das aktuelle Album "Vetvi" ist eine mystische Erzählung, in der die Musik, den Hörer durch verschiedene Stimmungen führt. Mal aufgeregt, dann wieder beruhigt ins Trancehafte verfallend. Die zum Teil in Russisch, zum Teil in einer Fantasiesprache gesungenen Titel besitzen eine Dynamik, der man sich schwer entziehen kann. "Vetvi" ist ein fesselndes Album, voller Farbe und Magie.
© Karsten Rube


Ventanas "Arrelumbre"
Ontario Arts Council, 2015

www.ventanasmusic.com

Die Zusammenstellung des zweiten Albums der Gruppe Ventanas könnte kaum ungewöhnlicher sein. Die in Kanada ansässigen Musiker haben sich zunächst der alten Musik Spaniens verschrieben. Ihr Fundament ist der Flamenco. "Arrelumbe" will sich jedoch nicht auf diesen Zweig der musikalischen Geschichte Spaniens beschränken. Die Musik der sephardischen Juden spielte einst ebenfalls eine gewichtige Rolle in Spaniens Kultur. Die Einflüsse, die durch die in ihrer Geschichte immer wieder weit gereisten Juden in der Musik Spaniens und Europas ins Spiel kommen, werden im Laufe der CD deutlich. So kommt neben der sephardischen Komponente auch noch die marokkoanisch-sephardische Note hinzu. Schließlich weitet sich "Arrelumbe" übers ganze Mittelmeer aus und sucht nach Einflüssen aus der Zeit der Osmanen, was auch einige Balkanklänge mit sich bringt. "Arrelumbre" ist ein schillernder Klangkosmos südeuropäischer Kultur der vergangenen Jahrhunderte.
© Karsten Rube


Tommy McCoy "25 Years Retrospect"
Earwig Music, 2015

www.tommymccoyblues.com

Tommy MCCoy ist ein Urgestein des gefühlvollen Blues. Seit 25 Jahren treibt er sich bereits auf den Bühnen seiner Heimat herum und lässt auch außerhalb der U.S.A. musikalisch nichts anbrennen. Sein Doppelalbum "25 Years Retrospect" lässt nicht nur die Jahre seiner musikalischen Arbeit Revue passieren, sondern liefert zudem auch noch ein paar neue Songs. Viele eingängige Stücke aus den letzten Jahren, die auf zahlreichen Radiostationen als Ohrwürmer rauf und runter gespielt wurden, sind auf dem Album zu finden. "I got a reason" ist ein neueres Stück, das so viele Popzutaten besitzt, dass es zu einem Radiohit werden könnte, wäre es dazu nicht zu intelligent arrangiert. Man könnte manch Song dieses vielseitig talentierten Gitarristen, Sängers und Schriftstellers hervorheben. Doch diese Zusammenfassung des Gesamtwerks Tommy McCoys besitzt genug Power, um für sich allein zu sprechen. Ein rundes Ding, diese Retrospective. Unbedingt anhören. Nicht umsonst ist das Album bei Earwig Music erschienen.
© Karsten Rube


Thomas Schleiken "Echoes"
Blind Lemons Records, 2015

www.schleiken.de

Sein drittes Akustikbluesalbum nennt der Oldenburger Gitarrist Thomas Schleiken "Echoes". Dabei handelt es sich vor allem um Songs, die durch die Inspiration einer Reise durch die Südstaaten der U.S.A. entstanden sind. So wie das Erlebte und Erfahrene in seinen Gedanken widerhallt, so wirken diese Songs wie Echos seiner Reise. Einige der Songs spielte Schleiken schon vor seiner Reise. Doch im Zusammenspiel mit den Erinnerungen passen sie hier sehr gut ins Gesamtwerk. Der unaufgeregte Blues, der ohne Show und Verstärkung von Schleiken gespielt wird, berührt. "Echoes" ist eine leise Bluesplatte mit warmen Melodien voller Harmonie und Sentimentalität.
© Karsten Rube


Tempi Passati "14 Manöver des letzten Augenblicks"
Tury Records, 2015

www.tempi-passati.com

Das dritte Album der Leipziger Kapelle für gehobene Volksmusik besitzt einen Hauch von Weltuntergangsstimmung. Oder wie sie es selbst in einem ihrer Lieder deutlich ausdrücken: "Irgendetwas läuft verkehrt". Die "14 Manöver des letzten Augenblicks" beschreiben unvermeidbare Kollisionen - oder eben die Möglichkeit, diese im letzten Augenblick zu vermeiden. Es sind meist alltägliche Geschichten, von der menschliche Schwäche, am Abgrund zu tänzeln und die Gefahr zu ignorieren, die die Band dabei auf meist schwungvolle Weise vorträgt. Manchmal klingt die Musik nach Westernstimmung in Ostdeutschland, nach Tex Mex in Wisentjeans mit Mariachibläsern und Sambalita. Man sieht sich förmlich mit dem Trabi durch die Uckermark hoppeln und "Yee-Haw" rufen. Später lassen Musetteanklänge auf französisches Flair hoffen, doch dann dreht sich der Rhythmus eher zum Flamenco hin. Musikalisch ist "14 Manöver" eine recht sonnige Liedersammlung. Doch dabei keineswegs trivial, denn zu all der schön tanzbaren Musik macht sich der Sänger Gedanken darüber, wie schlau es ist, ausgelassen zu feiern, während im Tanzsaal die Vorhänge bereits in Flammen stehen. Ein überragender Poet ist Sänger und Bandchef Raik Hessel dabei nicht. Aber er ist gut in der Lage, seine Ansichten auf den Punkt zu bringen und das Ganze musikalisch stimmig zu verpacken. Neben den Hauptinstrumenten Gitarre, Bass, Schlagzeug, sind besonders das Akkordeon von Johannes Uhlmann sowie die zahlreichen Mariachiattacken der Bläsersektion von Semjon Barlas und Andreas Uhlmann hervorzuheben. Tempi Passatis Album "14 Manöver des letzten Augenblicks" gehört zu den eher seltenen durchweg intelligenten Produktionen, in der sich Spaß und Moral gegenseitig über die Straße helfen.
© Karsten Rube


Tęgie Chłopy "Dansing"
Sonic Records, 2015

www.facebook.com/...

Traditionelle Bauernmusik aus dem Südosten Polens in seiner authentischen Form bringt das Album "Dansing" der Kielcer Kapelle Tęgie Chłopy. Die Stanisław Witkowski Band war in dieser Region einst die führende Kapelle, wenn es um Hochzeits- und Ernte- und Totentanz ging. Ihre Themen drehten sich um alle Belange des Lebens im bäuerlichen Südpolen. Auch heute sind die Polkas, Walzer und die jüdischen Lieder gern verwendete Tänze in der traditionellen Musik der Region. Besonderes Merkmal dieser Musik sind vor allem ihre auf ein großes Bläserensemble ausgelegten Arrangements.
© Karsten Rube


Robinlee Garber "Resilience"
Joygirl Records, 2016

www.robinleegarber.com

Robinlee Garber kommt mit einer beruhigenden Altstimme daher. Die amerikanische Sängerin hat auf ihrem Album eine sympathische Mischung aus Folk, leisem Rock und Jazz zustande gebracht, die sie meist mit der eigenen Gitarre begleitet. Sie singt über Selbstbestimmung und Selbstfindung. Da passt das einzige Lied, das sie für dieses Album nicht selbst geschrieben hat, sehr gut. Es handelt sich dabei um Joni Mitchels "Amelia", ein Song über die Flugpionierin und Frauenrechtlerin "Amelia Earhart. "Resilience" ist eine harmoniesuchende CD, aufregungslos und vielleicht gerade deshalb ein kleines feines Schmuckstück.
© Karsten Rube


Reelroad "Past the Gate"
CPL-Music, 2016

Artist Video

www.reelroad.spb.ru

Powerfolk aus Russland kommt vom sieben Mitglieder starken Ensemble Reelroad. Die Folkmusiker, die sich zum Teil schon bei der erfolgreichen Band Otava Yo austoben, haben auf ihrem Album "Past the Gate" ein paar verschüttete Volkslieder aus dem Norden Russlands aufgearbeitet und mit flotten modernen Arrangement sehr adrett aufgerüscht. Das klingt nach fröhlicher Tanzmusik vom Land, die für Traditionalisten und Modernisten gleichermaßen gut zu hören ist. Auch manch herzergreifend gesungenes Lied von russischem Schwermut hört man auf dem insgesamt gut sortierten Album. Dabei findet modernes Instrumentarium seinen Platz, aber auch klassische Folkinstrumente, wie Dudelsack, Bratsche, Obertonflöte und Drehleier kommen ausreichend zum Einsatz. Ein schönes Album, das Russlands alte Musik mit modernen Hörgewohnheiten harmonisch verbindet.
© Karsten Rube


Officina Zoé "Mamma Sirena"
Anima Mundi Edizioni, 2015

www.officinazoe.com

Aus dem Salent im Süden Italiens stammt das Folkensemble Officina Zoé. Seit fast 25 Jahren spielen die Musiker in verschiedenen Zusammensetzungen Musik ihrer sonnigen süditalienischen Heimat. Die Lieder ihrer neuen CD "Mamma Sirena" sind geprägt vom Leben am Meer und von dessen Geschichte. Einst sangen die Sirenen auf dem Meer und verwirrten die Seeleute. Die Lieder der Sirenen sind wie die Wellen des Meeres. Sie wirken oft gleich und sind doch so verschieden und einzigartig. Dem nachempfunden sind die Lieder, die Officina Zoé spielen. Lebendig wie die Tarantella, mit der sie zum Tanz auffordern und so gleichmäßig, wie das Klagelied, das sie dem Meer entgegensingen, weil so viele nicht wieder ans Land zurückgekehrt sind. "Mamma Sirena" ist ein großartiges Stück authentischer Folklore Süditaliens.
© Karsten Rube


Yacine & The Oriental Groove "Mediterranean Clash"
Satélite K, 2016

English CD Review

www.yacineorientalgroove.com

Das Mittelmeer bekam im Laufe der Geschichte viele Namen und Titel. "Oberes Meer des Sonnenuntergangs" nannten es die Assyrer. Mare Nostrum (Unser Meer) nannten es die Römer, um ihre Alleinherrschaft zu unterstreichen. Mediterraneum bedeutet Mitte der Erde. Aber den Bogen nach Mittelerde zu schlagen, geht wohl doch zu weit. Fakt ist, dass man das Meer heute in den Zusammenhängen mit der aktuellen Flüchtlingslage auch Mare Mortum nennt. Yacine & The Oriental Groove widmen sich mit ihrer dritten CD "Mediterranean Clash" dieser Situation auf ungewöhnlich heftige Weise. Die von fast allen Mittelmeerküsten stammenden Musiker liefern eine tanzbare, aber auch recht wütende musikalische Antwort auf die Problematik der Mittelmeerflüchtlinge. Algerischer Elektropop, Berberfolk, Griechische Folklore finden sich auf dem Album in bester Eintracht zusammen. Ein Schuss Punk und westlicher Funk bringen eine geballte Dynamik hervor, die die Musik des Albums zu einem kurzen, aber um so kräftigeren Weltmusik-Scirocco aufleben lässt.
© Karsten Rube


Steven Ouma Band "Mahaba"
Hey!Band Records, 2017

www.steven-ouma-band.com

In seiner Heimat Kenia spielte Steven Ouma bereits in zahlreichen Bands. Seit 2005 lebt er in Köln. Seine Musik hat er mit nach Deutschland gebracht. Im Sommer 2017 bereichert er die hiesige Kulturlandschaft mit seinem Debütalbum "Mahaba". Steven Ouma singt und spielt Lieder von Wirrnissen, Problemen und Überraschungen, wie sie in Ostafrika genauso alltäglich sind, wie in Europa. Das tut er in seiner Heimatsprache Kisuhaeli und mit der akustischen Vielfalt, wie sie Weltmusik afrikanischer Prägung innewohnt. Afrobeat trifft sich hier immer wieder mit Reggae, Soul und Jazz. Das Album besitzt eine stimmige Mischung aus tanzbaren Songs und melodischen Balladen und wird neben der abwechslungsreichen Instrumentierung von Oumas wandlungsreicher Stimme geprägt. "Mahaba" macht Lust auf einen Sommer, in dem man die schönste Zeit draußen und mit Freunden verbringen möchte.
© Karsten Rube


Faith I Branko "Gypsy Lover"
Riverboat Records, 2016

Artist Video

www.faithibranko.com

Die englische Akkordeonspielern Faith reiste einst nach Serbien, um für ein musikalisches Projekt einen Geiger zu finden, der sich der Balkan-Gipsy-Musik verschrieben hat. Gefunden hat sie nicht nur einen sehr versierten Geiger, der das richtige Gespür für traditionellen Gipsysound und moderne Arrangements besaß, sondern auch noch einen Mann, den sie mit nach Hause nehmen konnte. Die zuweilen recht stimmungsvolle Romanze drückt sich in der wilden Mischung aus Balkansound, Gipsyswing, Reggae und Folkpop aus. "Gypsy Lover" ist ein stimmungsvolles Album für den folkfreudigen Tanzboden.
© Karsten Rube


Mulo Francel, Philipp Sterzer, Andreas Binder "Die Abenteurer"
GLM Music, 2016

Artist Video

www.mulofrancel.de

Mulo Francel gehört zu den bemerkenswertesten Musikern Deutschlands. Sein Saxophonspiel ist außergewöhnlich experimentierfreudig. Mit Quadro Nuevo arbeitet er regelmäßig an neuen Interpretationsmöglichkeiten. Auf dem Album "Die Abenteurer" das er gemeinsam mit dem Flötisten Philipp Sterzer und dem Hornisten Andreas Binder eingespielt hat, lotet er die Grenzen zwischen Jazz, Experiment und musikalischer Erzählung aus. Dabei setzt das Album größtenteils auf Eigenkompositionen. Die drei Bläser kennen sich bereits seit ihrer Schulzeit, während der sie in einer Schulband gemeinsam musizierten. Dank dieser langjährigen Verbindung ist ihr Auftreten auf diesem Album intensiv, energiereich und von tiefer Vertrautheit. Permanentes Zuspiel, Tempowechsel und Variationsreichtum, lassen die Instrumentalvirtuosen beinahe wie ein elegant choreografiertes Degengefecht der drei Musketiere erscheinen. Ein gewagtes Abenteuer voller verblüffender musikalischer Wendungen, das mit dem Zitat des Gloria Gaynor Hits "I will survive" endet.
© Karsten Rube


Honolulu Swing "La Route Du Bonheur"
Fono Lab, 2016

www.honoluluswing.com

Aus der Region Regio Emilio stammen die vier Musiker des Honolulu Swing Quartetts. Die vier Italiener haben sich dem Gipsy-Swing Django Reinhardts verschrieben und spielen in bewährt rhythmisch schwingender Weise zum Tanz auf. Die Musik des Quartetts ist ähnlich wie beim berühmten französischen Roma-Gitarristen verschiedenen musikalischen Kulturen entlehnt. Romatraditionen wirken eng mit afro-amerikanischen Songstrukturen zusammen. Die sechs Stücke, die das Quartett für die vorliegende EP ausgewählt hat, widmen sich vor allem der Musik der reisenden Völker. Es ist beste Straßenmusik, die Wege markiert und Zwischenstationen hervorhebt. Lieder, die von Migranten und Zigeunerkarawanen erzählen, von staubigen Straßen und Treffpunkten, wie Wirtshäusern, Häfen und Bahnhöfen und von den Freunden und Fremden, denen der Herumziehende begegnet. Das sechste Stück ist einem treuen Begleiter gewidmet, der alle Lebenslagen des Reisenden teilt, einem Hund. Dies und der Auftakttitel "Swing 12" sind Eigenkompositionen des Quartetts. Die vier anderen Songs sind Coverversionen von Fats Waller, Robin Nolan, Ella Fitzgerald und eine Adaption einer Komposition von Edvard Grieg. Die EP ist als Kostprobe zu verstehen, die Appetit auf mehr macht.
© Karsten Rube


Michael Alpert & Julian Kytasty "Night Songs from a Neighboring Village"
Oriente Musik, 2014

www.michaelalpert.org

Michael Alpert hat sich in der Phase der Wiederbelebung jüdischer Kultur und Musik in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts einen Namen gemacht. Der Musiker und Gelehrte aus Los Angeles suchte im verschütteten Liedgut seiner Kultur nach verlorenen Schätzen und wertete sie mit Ikonen der jüdischen Musik auf. So spielte er bei Brave Old World, den Brüdern Nazarov und mit dem Klarinettisten David Krakauer. Für das Album "Night Songs from a Neighboring Village" suchte er die Zusammenarbeit mit Julian Kytasty. Kytasty ist ebenfalls in Amerika geboren, dies als Kind ukrainischer Flüchtlinge. Die Kultur seiner Eltern und die der verlassenen Heimat ist tief in seiner Musikalität verwurzelt. Die beiden Künstler beleben die Musik der osteuropäischen Juden. Die Lieder des Albums bringen Vergangenheit und Gegenwart zusammen und überbrücken damit die Kluft zwischen den Kontinenten. Wie auf dem Album wunderbar zu hören ist, hat sich gerade in Amerika, dem Land der Migranten und Einwanderer, jüdische Musik erhalten. Manchmal modern beeinflusst, doch oft auch in der Bewahrung traditionellen Bewusstseins. Die Nachtlieder der ukrainischen Juden sind geprägt von der Sehnsucht nach einer verlorenen gegangenen Heimat.
© Karsten Rube


Chawa Lilith "Persian Prince"
RecordJet, 2017

Artist Video

www.chawalilithmusic.com

Der Orient aus dem Blickwinkel des Märchens wirkt wie ein zauberhaftes Reich hinter einer Fata Morgana, eine Welt, die wir uns zurecht träumen, weit weg von der Realität, aber gefüllt mit Illusionen. Man sucht sich eine wunderschöne Geschichte und lässt sich zum Träumen inspirieren. Chawa Lilith ließ sich vom iranischen Musiker Hossein Alizadeh verzaubern. Sie tauchte tief ein in dessen arabische Aura und erschien mit Perlen vom Grund der Wunderlampe. Diese Perlen verband die Berliner Songwriterin nun zu ihrem Debütalbum „Persian Prince“. In 13 und einer Geschichte erzählt sie auf der Platte von persischen Prinzen in einem Rosengarten, von wunderschönen Frauen, fliegenden Teppichen, Dschinns, Hexen, Liebe und Magie. Musikalisch hat sie dabei einen Alleingang vollführt. Sie hat Gitarre, Cello, Bass, Gitarre, Perkussion und Synthesizer bedient und auch jedes Lied selbst gesungen. Dazu begleitet ein umfangreiches Booklet mit orientalischen Märchen die CD. Das Album „Persian Prince“ spiegelt die Verzauberung wieder, der Chawa Lilith erlegen ist. Eine Verzauberung, die vielleicht nichts mit Authentizität und der Auseinandersetzung mit der orientalischer Gegenwart zu tun hat, sondern ausgefüllt ist von der Farbenpracht der Fantasie.
© Karsten Rube



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