FolkWorld Ausgabe 40 11/2009

FolkWorld CD Kritiken

Lüül "Spielmann"
Label: Grundsound; GS0021; 2008
Lutz Ulbrich tritt seit fast 30 Jahren unter dem Namen Lüül als Einzelkünstler in Erscheinung. In dieses Zeit hat er ca. 10 Alben herausgegeben. Das neuste - Spielmann - ist von 2008.
Lüül hat alle Lieder dieses Album verfasst und vertont - einzige Ausnahme ist das etwas abstruse Lied "Kebap" von Danny Dziuk. Themenschwerpunkt seiner Lieder ist die Liebe - etwa die die hälfte der Titel sind Liebeslieder. Mir gefallen sehr auch seine Berichte von Ausflügen (Bergfrühschoppen - eine herrliche Szenenbeschreibung von einem "normalen" Wochenendausflug), und von fernen Zielen (in Otra Vez wird von einem betrunkenen Abend in San Francisco berichtet - Havanna zeichnet ein trist, schönes Bild von dieser Stadt).
Neben Gitarre werden seine Lieder unter anderem von Geige / Bratsche, Akkordeon und Bass begleitet. Lüül hat als Einzelkünstler für das Jahr 2009 keine Aktivitäten vorgesehen. Da kann man sich mit dieser CD schon mal auf die Tour Anfang 2010 freuen!
www.luul.de
Christian Moll


Stellmäcke & Band "Augenlieder"
Label: Eigenverlag; 2009
Es ist immer wieder schön Neuentdeckungen zu machen. Der Liedermachen Stellmäcke aus dem Osten Deutschlands war mir bisher noch kein Begriff.
Stellmäcke hat eine sehr nette Art Geschichten zu erzählen. oft erinnern diese mich an modernere Märchen und regen zum genaueren zuhören und nachdenken an. Man kann "eine Nacht auf dem Mond" mit ihm verbringen, auf dem Friedhof gehen und mit den Toten per Handy Kontakt aufnehmen - oder die ganz normale Auswahl am Wahlsonntag treffen. Stellmäcke hat Talent uns durch aufregende neue Welten zu führen - und dabei Alltägliches darzustellen.
Das Stellmäcke auch sich selbst gerne mit Humor nimmt sieht man an seiner Vita auf der Homepage - ein Ausschnitt: "... Nach der Öffnung der Mauer folgten erste Reisen auch ins Inland. Während dieser Wanderjahre betätigte er sich erfolgreich als Einlasser einer finnischen Sauna und als Religionsforscher auf einem Fährgastschiff der mecklenburgischen Seenplatte. Nach einem weiteren Freibergbesuch 1997 und seiner Diplomierung zum Geotechniker wandte er sich von der säkularisierten Zivilisation ab und zog sich als freischaffender Künstler ins zentrale Erzgebirgsmassiv zurück. ..."
Stellmäcke begleitet seine Lieder mit Gitarre und Konzertina, seine Band besteht aus Dirk Treptow (Saxophon, Klarinette, Rohrflöte, Xylophon) und Michael Meikel Müller (Schlagzeug, Gitarren, E-Bass). In Zukunft wird man sicherlich mehr von Stellmäcke und seiner Band hören!
www.stellmaecke.de
Christian Moll


Smoky Texas "Hamburg - Berlin"
Label:
Jump Up; 018; 2008
Die ersten Takte klingen fast so wie, aber es ist dann doch nicht "London Calling". Dennoch erinnern die fetten Ska-Rhythmen immer mal wieder an The Clash. Die Hamburger Agit-Space-Band Smoky Texas verrät auf seinem Erstling "Hamburg - Berlin" nicht die Namen seiner Mitstreiter. Die Stimme des Sänger des Quartetts hat mich zunächst an den Münsteraner Liedermacher Baxi erinnert (FW#21), aber dieser hat nicht das Fach gewechselt (obwohl es textlich durchaus passen könnte, wenn auch nicht musikalisch), es handelt sich wohl um einen Herrn namens Uli Mentz, der singt und die Lieder verfasst hat. Die nächste Assoziation ist Ton Steine Scherben, und in der Tat geht es in den knapp 40 Minuten ziemlich rio-reisserisch zu. Die romantischen Verlierer (um Schröder Roadshow zu zitieren -> #38) wagen eine Bestandsaufnahme des seelenlosen Arbeitslebens und der durchorganisierten Gesellschaft. Nichtsdestotrotz ist es Musik, die zum Tanzen einlädt. Meinen Segen hat Smoky Texas, und die Empfehlung, doch mal reinzuhören.
www.smokytexas.de
Walkin' T:-)M


Riserva Moac "La musica dei popoli"
Label:
Bayla/Galileo; BAY006; 2009
Riserva Moac ist ein umtriebiges Septett aus dem mittelitalienischen Bojano, einem Provinzstädtchen etwa 80 km nordöstlich von Neapel. Mit Fabrizio "Pacha Mama" Russo und Mariangela "Maya" Pavone verfügen sie über zwei charismatische Frontleute, die im Wechselgesang singen, scatten, rappen und schreien. Die selbstverfassten Texte predigen Toleranz zwischen den Kulturen und befassen sich mit dem Alltag im Berlusconi-Staat. Dazu kommen Akkordeonist Roberto "Zanna" Napoletano (der für den Großteil der Musik verantwortlich ist), Dudelsackspieler Aldo "Zefiro" Iezza, Gitarrist Giovanni "Kilone" Nardacchione, Bassist Patrizio "Basko" Forte, Schlagzeuger Oreste "Sir Amur" Sbarra, Saxophonist Vladimiro D'Amico, sowie Gäste an Trompete, Geige und Loops. Riserva Moac verstehen sich als Tanzband, die Musik ist ein Mix aus Ska & Rock und World & Folk. Moac steht angeblich für Molise-Orient-Afrika-Cuba, den Inspirationsquellen der Gruppe. Letztes Jahr in Rudolstadt (FW#37) und dieses Jahr auf dem Bardentreffen in Nürnberg (#40) haben sie gezeigt, was sie drauf haben. "La musica dei popoli" hat zwar weniger potentielle Hits als ihr Debütalbum "Bienvenido" (-> #37), schafft es aber, ein duchgängig hohes Niveau zu halten. Da hatte ich sie noch mit den Pogues (#30) verglichen. Das korrigiere ich nun: dank Brass usw. muss man sie eher in die Schublade von italienischen Bands wie Lou Dalfin (#32) oder Folkabbestia (#24) stecken.
www.riservamoac.com
Walkin' T:-)M


V/A "Alle oder keiner - Tribut an Gerhard Gundermann" [DVD Video]
Label:
BuschFunk; BF 00729; Spielzeit: 01:51:17 + Extras; 2009
Du hast ein paar Lieder gemacht, die keiner kennt. Was können wir tun, das man sich an unsereins erinnert? sagt der alte Bergwerkskumpel zu Gundi (FW#7, #9, #11). Der leider viel zu früh verstorbene Singer-Songwriter aus der Lausitz hat einfach sein Ding durchgezogen. Beweis für die Qualität ist allein die Tatsache, dass Gott und die Welt seine Lieder nachspielt - im Osten wie der Haase (#39) oder auch im Westen wie zum Beispiel die Kapelle 1417 in Braunschweig (der letzte Bagger, auf dem Gundi gearbeitet hat, trug die Nummer 1417). Nun muss ich wieder mal feststellen, dass Gundi "Einsame Spitze" war - um den Titel eines seiner Lieder zu zitieren. Zum 10. Todestag hat die Gundi-Gedächtnis-Industrie am 21. Juni 2008 in der Columbiahalle in Berlin ein großes Konzert organisiert. Und alle kamen sie: Liedermacher wie Thomas Rühmann, Toni Mahoni, Winnie Böwe, Bands wie die Polkaholix (#26), Silly (ft. Anna Loos), die Randgruppencombo, und natürlich Gundis alte Begleitband, die Seilschaft, Regisseur Andreas Dresen (Halbe Treppe), Schauspieler Axel Prahl (der beste Ossi, den der Westen hervorgebracht hat) an der Akustikgitarre, und Schauspielerin Gabriela Maria Schmeide, die ein sorbisches Volkslied schmettert. Das Konzert beginnt passenderweise mit "Soll sein", mit dem ich damals Gundi- Bekanntschaft geschlossen habe: Frag mich nicht wie, frag mich nicht wann, s ist doch nur n Lied, aber mitm Lied fang ich erst mal an. Später folgen zeitlose Klassiker wie "Keine Zeit mehr" oder "Ich mache meinen Frieden". Allerdings kommt nix an das Original Gundermann ran, ich entdecke kaum ebenbürtige Sänger und das ist schade. Als Zugaben gibt es auf der DVD Doku-Aufnahmen von der Tübinger Randgruppencombo, als sie 2001 zum ersten Mal im Osten gewesen war, ein Interview mit Keyboarder Michael Nass, der von der Seilschaft zu BAP (#36) gewechselt ist und bislang vergebens versucht hat,dort Gundis Folk-Elemente unterzubringen, sowie Interviews mit Dresen, Schmeide und Prahl. Eine Tribut-Studio-CD ist in Vorbereitung.
www.buschfunk.com
Walkin' T:-)M


Steeleye Span "Live at a Distance"
Label:
Park Records; PRKCD104; 2009
Steeleye Span (FW#25, #33) ist in die Jahre gekommen, sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Die Doppel-CD "Live at a Distance" (der Titel entstammt dem Lied "I Live Not Where I Love" mit der Anfangszeile come all you maids who live at a distance) präsentiert zum 40jährigen Bandjubiläum Liveaufnahmen aus den Jahren 2002 bis 2008, insgesamt 20 Titel von 4 verschiedenen Konzerten. Die Bonus-DVD enthält 14 Lieder vom 18. Dezember 2006 im Hove Centre, einige davon sind nicht auf CD. Positiv ist zu vermerken, dass in diesem Zeitraum immerhin die Besetzung gleich geblieben ist, keine Selbstverständlichkeit für die Spans: Maddy Prior (Gesang- > #21, #38), Ken Nicol (Gitarre), Peter Knight (Geige), Rick Kemp (Bass), Liam Genockley (Schlagzeug). Instrumentell kann man eigentlich nicht meckern, die Ausführung ist unterhaltsam und kompetent. Die Lieder entstammen vier Jahrzehnten, neu sind nur "I Live Not Where I Love" und der "Neck Belly Reel". Beginn mit dem Acapella-Song "Who’s The Fool Now", Harmonien wie man sie von den Spans kennt. Dinge wie "The Blacksmith" sind so gut wie am ersten Tag. Die "Ned Ludd"-Suite vom letzten Studioalbum "Bloody Men" ist live besser als im Original. "On Horseback" ist allerdings nur leichter Trab denn Galopp. Bei "Bonny Black Hare", "Royal Forester" oder dem Reelset wird ordentlich abgerockt, es wirkt ohne Bild allerdings wesentlich dynamischer. Energie ist anders. Ist es ein Wunder, wenn man Folkrock vor einem Sitzpublikum spielt? Wenn das emotional aufgeladene "The Song Will Remain" (gesungen von Peter Knight) das Konzert beendet, weiss man, dass diese Band Musikgeschichte geschrieben hat, hofft aber, dass sie nicht schon längst Geschichte ist.
Als DVD-Extras gibt es einen (überflüssigen) Trailer und "All Around My Hat" vom Soundcheck. Genauso wie einige andere bekannte Titel wurde es nicht im Konzert gespielt. Was aber nichts macht, Steeleye Span war nie eine One-Hit-Band.
www.parkrecords.com
Walkin' T:-)M


Reel Bach Consort "Quod Libet"
Label: Eigenverlag; 2009
Folkmusik, wie sie heute gehört wird, hat ihren musikalischen Kern in der Zeit von 1600 bis 1800. Folkmusik war natürlich nicht streng separiert von der zeitgenössischen Kunstmusik, sondern beide waren Bettgenossen, und wer da wen befruchtet hat, bleibt auszudiskutieren. Die Weisen des irischen Harfenisten Turlough O’Carolan zum Beispiel bedienen sich ganz selbstverständlich barocker Klänge. Johann Sebastian Bachs Tokkata und Fuge in Dmoll (BWV 565) fand ich unlängst ganz selbstverständlich auf einem Album mit dem Titel "Organ Music from the Island of Ireland". Künstler wie Brian Berryman (FW#22) oder Planxties & Airs (#36) haben schon Verbindungen aufgezeigt. Das Reel Bach Consort geht noch einen Schritt weiter und verbindet traditionellen (in diesem Fall irischen) Folk mit deutscher Kirchenmusik (in diesem Fall der von Johann Sebastian Bach). Zunächst einmal zur Besetzung, es handelt sich nicht um Unbekannte: Hubert Arnold (Cembalo, Akkordeon, Harfe, Gesang, Arrangements) ist ein bekannter Bonner Kirchenmusiker. Tom Kannmacher (Uilleann Pipes, Flöte, Gesang, Arrangements) ist ein Folkmusiker, der seit drei Jahrzehnten im Geschäft ist. Dazu kommen Anna Lück (Harfe), Sabrina Palm (Geige -> #35), Stephan Hennes (Gitarren, Gesang), Matthias Höhn (Bouzouki, Mandoline, Flöte -> #29, #33), Alexander May (Uilleann Pipes, Tin Whistle, Low Whistle -> #21, #31, #37), und Andreas Schneider (Bodhran). Das Reel Bach Consort vermengt nun traditionelle irische Tunes mit Stücken aus dem Bachschen Werkeverzeichnis zu arrangierten Sets. Auf der einen Seite "The Dusty Miller" und "Haste to the Wedding", Carolan-Stücke wie "Sídh beag agus Sídh mór" (Sheebeg Sheemore) und "Carolan’s Concerto" und ein bretonischer An Dro, auf der anderen Seite Menuette, Märsche, Bourrées und "Jesus bleibet meine Freude". Gigues und Jigs, wo ist der Unterschied, und ist nicht auch die Musik der Chieftains (#22) eher Kammer- denn Kneipenmusik. Außerdem gibt es noch zwei Lieder, jeweils irisch- und englisch-sprachig, "Oró, mo Bháidín" und "The Dear Irish Boy". Insgesamt ist es nicht nur eine interessante musikalische Geschichtslektion, sondern auch ein Hörvergnügen. Endlich einmal eine andere Facette als Muzak in rauchgeschwängerten Pubs oder auf dem Tanzboden. Und dass dies gefällt, beweist nicht zuguterletzt der anhaltende Beifall des live aufgenommenen Schlussstückes "Wir gehn nun, wo der Tudelsack" (d.i. das Set "George Brabazon, Carolan’s Draught, Wir gehn nun ...").
www.reel-bach-consort.de
Walkin' T:-)M


Alan Kelly "After the Morning"
Label:
Black Box Music; BBM004; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Der irische Akkordeonspieler Alan Kelly war eigentlich immer da, wenn auch sein letztes Solowerk "Mosaic" ein Jahrzehnt zurückliegt. Zwischendurch tourte er mit Eddi Reader und Michael McGoldrick, brachte eine Tanzshow auf die Bühne und spielte ein traditionelles Album mit seinem Bruder und Flötisten John ein (FW#23). Und so ganz nebenbei tritt er immer wieder den Beweis an, dass man das Pianoakkordeon auch auf zarte Art und Weise spielen kann. "After the Morning" liegt musikalisch irgendwo zwischen dem Trad von "Fourmilehouse" und der Trad-Jazz-Fusion von "Mosaic". Eine Reise, die musikalisch weit über das heimatliche County Roscommon hinausführt: Old-Time und ein Walzer führen in die Höhen des "Mountain Top Reel". Zwei Lieder dürfen nicht fehlen. Das erste wird von Eddi Reader als Countrysong gesungen und wurde von ihrem Lebenspartner John Douglas geschrieben; "I Hung My Harp Upon the Willows" beschreibt einen Spaziergang durch die Wälder, als ein zweifelnder Robert Burns ermutigt wird, seine Poesie zu veröffentlichen (#38). Zum zweiten singt Kris Drever (#33) das traditionelle "Caledonia", gemeint ist die gleichnamige Mine in Cape Breton, Kanada. Die CD endet mit zwei bretonischen Sets und dem reflektivem Kellyschen Original "New Year's Day". Die Arrangements auf "After the Morning"sind erstklassig, so sind Alans Gastmusiker: die Gitarristen Donncha Moynihan (#20), Jim Murray (#39) und Ian Carr (#35), Flötistin Stephanie Geremia (siehe nachfolgende Rezension), Fiddler Tola Custy u.v.a.
www.myspace.com/alankellymusic
Walkin' T:-)M


Steph Geremia "The Open Road"
Label:
Black Box Music; BBM005; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Steph Geremia hat eine lange Reise hinter sich, geographisch wie musikalisch: Geboren in New York in einem irisch-italienischem Viertel, wo sie klassische Flöte, Jazz und traditionelle irische Musik kennenlernte. Sie lebte in Italien und Indien und ließ sich schließlich in Irland nieder, zunächst in Sligo, wo sie von Peter Horan lernte (FW#34), jetzt lebt sie in Galway. Ihr Debütalbum führt von Irland nach Schottland, in die Bretagne und nach Asturien: Jigs & Reels, darunter das originale muntere "Linnane Terrace", ein Set des bretonischen Gitarristen Arnaud Royer, und ein kastilischer Tanz in 5/8. Letzterer entspringt einem Genre namens baile a lo cojo (d.h. Tanzen, als ob man lahm wäre), Stephs Spiel jedoch ist temperamentvoll und lebhaft, dabei flüssig und präzise. Erwähnenswert ist noch, dass zwei Titel auf der voller klingenden C-Flöte eingespielt wurden. Neben Steph gingen u.a. an den Start: Ringo McDonagh (Bodhran -> #35), Michael Rooney (Harfe -> #29), Brendan O'Regan (Bouzouki), Alan Kelly (Akkordeon, siehe Rezension oben), Tola Custy (Geige -> #20).
www.myspace.com/stephgeremia
Walkin' T:-)M


Guidewires "Live"
Label: Eigenverlag; GWMCD001; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Mit
Guidewires hat sich wieder ein formidables irisches Ensemble zusammengefunden: Pádraig Rynne (Konzertina -> FW#32), Tóla Custy (Geige -> #20) und Karol Lynch (Bouzouki) stehen für die Wiege irischer Musik, das gute, alte County Clare -> #40, Paul McSherry (Gitarre) entstammt der Musikersippe aus dem Norden Irlands (#38), der Bretone Sylvain Barou (Flöte, Low Whistle) bringt noch ein kontinentales Element hinzu. Das Debütalbum wurde live im Februar 2009 im Glór Music Centre in Ennis aufgenommen. Live? Erinnert das nicht an das Debutalbum einer Band namens Lunasa? Mit einem Piper namens McSherry? Und damit enden nicht die Gemeinsamkeiten: Eine Stunde pure Instrumentalmusik auf höchstem Niveau, mal schneller, mal ruhiger, verwebtes Ensemblespiel und brilliante Einzelleistungen. Neben einigen traditionellen Tunes, darunter auch der "Dance of Süleyman" und ein paar Gavottes, finden sich Originalkompositionen des Quintetts und solche von zeitgenössischen Musikern wie McGoldrick, Doyle, Lunny, Siberil, Cunnigham, Finnegan. Es bleibt aufregend. Wir sind gespannt, wie sich die Karriere des Quintetts entwickeln wird.
www.guidewiresmusic.com
Walkin' T:-)M


Cochise "Rolltreppe Rückwärts"
Label:
Sireena; 2046; 2009
Die Reihe The Artist's Choice von Sireena Records veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen unveröffentlichte Liveaufnahmen, Studio Outtakes und Übungsraumaufnahmen von klassischen deutschen Rockformationen (z.B. FW#30, #38, #38). Diesmal ist Cochise an der Reihe. Die nach dem Apachenhäuptling benannte Gruppe um Sänger, Gitarrist, Texter und Komponist Pit Budde (#39) wurde Ende der siebziger Jahre in Dortmund gegründet und avancierte bis zur Auflösung im Jahr 1988 nach den Scherben zur führenden Politrockband in der Bundesrepublik. Pit Budde erinnert sich an die Anfänge: Wir haben uns anfangs an Folkmusikerinnen und -musikern wie zum Beispiel Bob Dylan orientiert. Der nächste logische Schritt war es, eigene Texte zu schreiben und nach guten deutschen Texten zu suchen. Wir haben in alten Büchern gewälzt, die es meist nur in der DDR gab, Bücher, in denen Arbeiterliteratur, Arbeiterlieder und auch andere ältere linke Lieder abgedruckt waren. Diese politischen eigenen Lieder und vertonten Fremdtexte haben wir mit unseren Konzerten in die Szene gebracht. Wir waren ein Teil des Folk-Revivals genauso wie Elster Silberflug oder auch Fiedel Michel. Wir waren sozusagen die Linksaußen der Szene. Aus Folk wurde bald Folkrock; Cochise nimmt politisch Stellung mit einer Mischung aus Reggae, Ska, Rock und - wenn man will - Folkeinsprengseln. "Rolltreppe Rückwärts" (so auch der Titel eines wunderbaren Instrumentalstücks) enthält unveröffentlichte Raritäten und Live-Aufnahmen aus den Jahren 1979 bis 1986. 13 Titel wie die Budde-Kompositionen "Schnee zu Ostern" und "Gestern hamse den Wald gefegt", Fred Apes (#32) "Im Laufe der Woche", "Letztn Somma warn wa schwimma" (im Original von Loudon Wainwright) und "Morgengraun" (Neil Young). Für Cochise-Einsteiger ist eher das unlängst erschienene Livealbum zu empfehlen (#25), für Fans jedoch ist "Rolltreppe Rückwärts" unentbehrlich.
www.myspace.com/cochiserauchzeichen
Walkin' T:-)M


Peter Kerlin "Finding Ways"
Label: S.T.I.R.; 409; 2009
I went to Canada, to Africa and Greece, I saw Venice, Paris, London & Stockholm, erinnert sich der Goslarer Singer-Songwriter Peter Kerlin (FW#20, #21, #31, #31). The Turkish people with their hospitality erwärmt immer noch sein Seele. Doch hat er sich nicht die Baglama angeschafft, sondern die irische Bouzouki (oder genauer die artverwandte Oktavmandoline), denn sein Herz liegt doch zwischen Fermoyle Strand und den Shores of Donegal. Weiter singt er: The sun was shining when I finally got there, smiling faces when I got out of the car. There were hugs, there were kisses, laughter and joy, and there was music in the air. I felt like I had never felt before, it was like opening some new door. And as I held the key to a hidden mystery, it was like coming home at last. I had finally found what I'd been searching for - the place where music lives. Gemeint ist Venne und sein Folkfrühling (#36), aber es könnt auch Miltown Malbay sein (#36). Auf Peters vierter Solo-CD "Finding Ways" finden sich, abgesehen von einer Vertonung von James Foleys Gedicht "A Pebble", sechs eigene, selbstverfasste Lieder und vier Instrumentalstücke. Peter wird auch diesmal von Jens Kommnick kongenial unterstützt (#30, #32, #34, #34). Jens spielt alless was es gibt (Gitarre, Cello, Pipes, Bass, Whistles, Harfe, Mandoline, Keyboards, Geige, Banjo) und setzt die Farbtupfer und Ausschmückungen. Und als Bonus gibt es eine Liveaufnahme aus dem Goslarer Kulturkraftwerk vom Jubiläumskonzert am 6. Oktober 2007 (#34), ft. Siobhan Kennedy, Paul Joses, Frank Bode und Klaus Wittit: "The Last Song" (im Original auf "Hear the Wind Howl" zu finden). Es wird hoffentlich nicht das Letzte sein, was wir von Peter zu hören bekommen.
www.peterkerlin.de
Walkin' T:-)M


Molden Resetarits Soyka Wirth "ohne di"
Label:
monkey; MONCD057; 2009
Siehe auch den Molden-
Artikel in dieser Ausgabe
Hier ist nur Komponist, wer Puderperücke oder Walzerorchester im Rücken hat, schreibt der Wiener Liedermacher Ernst Molden (FW#38, #39, #40, #40) in einem der lesenswertesten und wahrhaftigsten Bücher über die Donaumetropole, "Wien - Hinweise zum Umgang mit einer alten Seele". Weiter heisst es: der Dunst von saurem Weißwein, die Mundgerüche der Volksschauspieler Hans Moser und Paula Wessely. Gewisse Melodien tun auch ihren Dienst, vorwiegend solche im Dreivierteltakt. Das alles hat mit Molden wenig zu tun und doch ist Molden durch und durch Wiener und auch seine Kunst durch und durch Wienerisch, verwachsen in der Erde zwischen seinem Geburtsort Döbling und seiner jetzigen Behausung in Wien-Mitte. Unmögliches wird manchmal wahr, der Beweis Moldens neuestes Werk "ohne di". Dialekt war nicht sein Ding, er textete Hochdeutsch. Aber bereits das letzte Album "Wien" enthielt nicht nur ein Geschenk für "Ostbahn Kurti"-Sänger Willi Resetarits (#39), die "Hammerschmidgossn", sondern auch eine Bonus-CD mit eingewienerten Liedern von Oldham, Cave, etc. Mit Akkordeonist Walter Soyka und Gitarrist Hannes Wirth (#40) haben Molden und Resetarits zwei veritable Mitstreiter gefunden. "ohne di" kommt insgesamt nicht an Moldens zwei Vorwerke "Wien" und "Bubenlieder" heran, tatsächlich haben die Lieder live mehr Pepp und scheinen erst dort zu sich gefunden zu haben (#40). Dennoch gibt es schon ein paar Perlen: Molden läuft zu Hochform auf, wenn er über seine "Heanoisa Oma" (Die Großmutter aus Hernals) singt. "Sog wos d wüsd" (Sag, was du willst) ist ein wunderschönes Liebeslied; "Bahnhof" ist eine lakonische Betrachtung über den Bahnhof Wien-Mitte, der derzeit eine Baustelle ist, die ein hässliches Entlein in einen stolzen Schwan verwandeln soll; "Woed aus Rauchfeng" (Wald aus Schornsteinen) ist beinahe eine Hymne, die in der Zeile gipfelt: eigndlech warads schod waun i mi aufheng. In der Tat, das wär schad! Ironischerweise wird Molden vielleicht erst mit seinen Dialektliedern größere Bekanntheit außerhalb Österreichs erlangen. Es wäre ihm zu wünschen.
www.ernstmolden.at
Walkin' T:-)M


Unfolkkommen "Abendlust"
Label: Eigenverlag; UFK 02-2008; 2008
Unfolkkommen, ein Bandname als auch ein wenig ein Konzept, dass in einem dem Leser dieser Zeilen wohl nicht ganz unbekannten deutschen Musikmagazin, das lieber die Woody-Guthrie-Industrie bedient (FW#35) oder - mittlerweile längst vergessene - Schönelangeweile hochjubelt (#33), von hinten bis vorne verrissen worden ist. Denn das Duo Frank Menzer (Gitarre, Mundharmonika) und Micha Schaufuß (Mandoline, Gitarre, Konzertina) spielt deutsche Volksmusik: Lieder, die aus gutem Grund die Zeiten überdauert hat und die es wert ist, auch zukünftig nicht vergessen zu werden. Seien es Balladen mit traurig-schönen Melodien oder deftig-derbe Gassenhauer: "Es, es, es und es", "Es ist ein Schnee gefallen", "Lauf, Müller,lauf" ... Nicht volkstümlich, aber auch nicht gewollt modernisiert (#33, #38), sondern im Stil der Folkbarden der 70er und 80er Jahre, sprich den frühen Liederjan oder besser den Folkländern/Bierfiedlern, da das Duo aus Sachsen kommt. Wir haben keine Ambitionen, das Rad neu zu erfinden. Und so haben wir einige Lieder in der von uns vorgefunden Fassung einfach weiter gesungen, andere wiederum nach unserem Empfinden verändert oder angepasst. Beides macht ja bekanntlich Folksmusik aus. Was uns treibt, ist ein unbändiger Spaß am Weitersingen deutscher Folkslieder, wie wir sie irgendwann vor 25, 30 Jahren erstmals gehört und einfach gut gefunden haben. Wir verstehen Folksmusik anders: dass man für gut Befundenenes nicht nur weiter singen kann, sondern sollte und dafür nicht erst ein Konservatorium besucht haben muss. Insofern ist unser Name schon ein bisschen Selbstverständnis und Programm. Fragt sich nur, was daran falsch sein soll? Aber Hochglanz und Plastik abzulehnen und stolz das böse F-Wort im Namen zu führen, weckt bei manchen Zeitgenossen Argwohn. Warum eigentlich?
www.unfolkkommen.de
Walkin' T:-)M


Blyth Power "Land Sea & Sky"
Label: Downwarde Spiral; DRO13CD; 2009
"Land Sea & Sky" ist der abschließende Teil der musikalischen Trilogie nach "On the Viking Station" (FW#23) und "Fall of Iron" (#32). The drum beat's pattern never changed ... heißt es gleich im ersten Stück, und die Rockband Blyth Power um Sänger, Komponist, Texter und Schlagzeuger Joseph Porter (#31) stampft vorwärts wie die Dampflok, die der Band den Namen gegeben hat. Die Texte jedoch sind subtil wie die Strategie zu einem Cricket-Match. Und das heisst nicht nur, dass die Themen zutiefst Englische sind, sie tauchen auch tief in englische Historie ein. "Battle of Naseby" ist die Vertonung eines Gedichts des englischen Historikers Thomas Babbington Macaulay; bei Naseby wurden 1645 die Royalisten von Cromwell vernichtend geschlagen. Des einen Niederlage ist des anderen Triumph. Beim Hören kommen Erinnerungen auf: die Lieder "House of War" und "Land Sea & Sky" waren bereits als akustische Versionen auf dem "Going Down with Alice"-Album zu finden, der Zusammenarbeit Porters mit den Brüdern Gary und Glenn Miller von den Whisky Priests (#18). Mick Tyas, der lange Jahre Bass bei den Priests spielte, singt "Follow the Band" hier. "The Mermaid" gab es auch schon einmal irgendwo und irgendwie, der Text wurde überarbeitet. "Probably Won’t be Easy" hätte eigentlich schon vor neun Jahren auf das "Bricklayer's Arms"-Album kommen sollen (#19).
www.blythpower.co.uk
Walkin' T:-)M


Palodine "Garden of Deceit"
Label:
Dandyland; 2009
Palodine ist das Rockensemble des nicht nur musikalischen Pärchens Michael Aryn (Gitarre) und Katrina Whitney (Gesang) aus Seattle. Ihr zweites Album "Garden of Deceit" ist düsterer Rootsrock par excellence. Katrina, Tochter eines Mormonenpredigers, singt mit helle Stimme - manchmal besänftigend, manchmal erschütternd - biblisch-anmutende Texte über Lügen, Scheinheiligkeit, Verletzungen und Täuschungen. Michaels, Sohn eines Minenarbeiters, schwere Stromgitarre fährt dazwischen wie der Herr unter seine Schäfchen. Liedtitel wie "Rache" oder "Vertilg mich" sprechen eine deutliche Sprache. Spaß ist anders. Dennoch ist der Garten der Täuschung eine durchaus erfreuliche Angelegenheit. Wenn der Weg aus dem Garten Eden heraus geführt hat, muss das nicht immer eine schlechte Sache sein. Wer will schon immer Harfengeklimper und Engelschöre?
www.palodinemusic.com
Walkin' T:-)M


Fiddlers' Bid "All Dressed In Yellow"
Label: Hairst Blinks Music; HBM001; 2009
Fullsceilidh Spelemannslag "Spreefix"
Label:
Spreefix; SPREE001; 2009
Weit weit draußen in der äußersten Ecke der Nordsee liegen die Shetland-Inseln. Vielleicht deswegen hat sich hier einzigartig anmutende Folkmusik erhalten. Sie enthält schottisch-irische als auch skandinavische Elemente und ist irgendwie doch etwas ganz anderes. In ihrem Zentrum steht die Fiddle, und es war ein Herr namens Tom Anderson (FW#34), der die insulare Musik aufs internationale Parkett gebracht hat. Danach kamen Künstler und Bands wie Rock Salt and Nails (#11), Filska (#28), Jenna Reid (#34), Catriona Macdonald (#13), Hom Bru (#26), Aly Bain (#37), um nur einige zu nennen. Heute gibt es sieben Vollzeitlehrer auf den Inseln, die traditionelle Fiddle unterrichten. Jeder Schüler hat die Möglichkeit, dieses oder ein anderes Instrument zu erlernen. Es mag zurzeit etwa 150 Geigenschüler und rund 6 Geigengruppen mit manchmal mehr als 20 Mitgliedern an den Schulen geben. Die Highlights im Kalender sind natürlich die jährlichen Festivals wie das Shetland Folk Festival und das Peerie Willie Johnson Guitar Festival.
Fiddlers' Bid (#8, #18, #21, #31) werden international seit ihrer Gründung im Jahre 1991 als führende Vertreter der reichhaltigen Fiddletradition der Shetlands gehandelt. Den Bogen führen Andrew Gifford, Chris Stout (#34), Maurice Henderson, Kevin Henderson (#34); dazu kommen noch Catriona McKay (Harfe, Piano -> #34), Jonathan Ritch (Bass) und Fionan De Barra (Gitarre). Das neueste Album ist eine Ode to Joy; eine Symphonie aus wunderbaren Melodien und dichten Arrangements, gespielt mit gleichsam roher Energie und viel Gefühl. Innovation ist kein Fremdwort, aber die Band ist erwachsen. "All Dressed In Yellow" enthält nur sechs Titel (sprich Sets aus einzelnen Tunes, meist von den Shetlands, aber auch aus Schweden und Estland), aber das längste ist 15 Minuten lang.
Maurice Henderson (hier: Fiddle, Mandoline, Mandola und Melodeon) ist auch Mitglied einer anderen Top-Formation von den Shetlands: Fullsceilidh Spelemannslag. Die Gruppe, die in Pubs zu musizieren pflegte, gründete sich 2005 und entwickelte sich zu einem gefragten Liveact. Das Line-up besteht aus mehr als zehn Musikern, eine kleiner bestückte Einsatzgruppe hat auch schon in Schottland und Skandinavien gespielt. Maurices andere Mitstreiter sind die Geiger Ewen Thomson, Helen Whitham, Lois Nicol, Ross Couper, Stewart Grains und Mark Laurenson. Dazu kommen Gitarre, Bass, Perkussion und das typische Instrument der Shetlands - das Didgeridoo. Das Repertoire besteht nicht nur aus traditioneller Musik von den Shetlands, sie plündern wahllos in nordischer und keltischer Musik (dies erklärt zwanglos den Bandnamen), darunter eine Polska und eine irische Polka, und ein Reel aus Quebec. Und dies gekonnt und meisterhaft, Musik zum Tanzen als auch einfach zum Zuhören.
Wer also mehr über diese Variante keltischer Instrumental- und Tanzmusik wissen möchte, liegt sowohl bei den Bids als auch dem Spelemannslag goldrichtig.
www.fiddlersbid.com, www.spreefix.com
Walkin' T:-)M


Brian McNeill "The Baltic tae Byzantium"
Label:
Greentrax; CDTRAX341; 2009
Siehe auch den Livebericht in der
englischsprachigen FW-Ausgabe
I bought and sold wi' Swedes and Poles frae Rostock tae the Rhine. It was hides for corn and cups o' horn, salt for Spanish wine. In Rome they stole my horses, in Prague they stole my cairt, and on the bonny banks o' Istria, well, a lassie stole my hairt. Brian McNeill (FW#4, #10, #10, #12, #19, #22) ist in Europa unterwegs, und zwar mit seinem langerwarteten Konzeptalbum "The Baltic tae Byzantium", dasss sich mit den Fahrten der Schotten quer durch Europa befasst. Vor mehr als 15 Jahren hat sich Brian schon einmal mit dem ähnlichen Thema der schottischen Emigration nach Nordamerika beschäftigt, das Album "The Back O’ The North Wind" enthielt so erinnerungswürdige Tunes und Lieder wie "Strong Women", "Muir and the Master Builder" und "Desolation Road". Nun folgt Brian den Spuren von Hausierern, Kaufleuten und Söldnern (war es nicht ein Schotte, der Wallenstein meuchelte?), aber auch dem religiösen Flüchtling John Knox und Mary Queen of Scots, die am französischen Königshof erzogen wurde. Der mumifizierte Leichnam des Earl of Bothwell war noch bis vor wenigen Jahren in der dänischen Kirche von Fareveijle auf Seeland öffentlich ausgestellt. Brian hat bereits einmal eine Mazurka namens "Danzig Willie" für das "Horses for Courses"-Album (1993) eingespielt (Danzig Willie war der Spitzname des Kaufmanns William Forbes, gest. 1627), nun hat er den Tune in einen Reel transformiert. Das ausführliche Booklet ist allein die Anschaffung wert. Brian ist halb Schotte, halb Österreicher; er erzählt die Geschichte seines Vaters in "Bring the Lassie Hame". Das instrumentale Slow Air "True to the Forest" ist seiner Mutter gewidmet, George Haigs Spiel auf der Autoharp erinnert an alpine Zitherklänge. Brian selbst singt und spielt Geige, Mandola, Bouzouki, Gitarre, Konzertina, Drehleier etc. Er findet weitere musikalische Unterstützung bei Gästen wie Gitarrist Dick Gaughan (#36) und den Sängerinnen Sylvia Barnes (#34) und Patsy Seddon (#26). Spricht also nichts dagegen, dass "The Baltic tae Byzantium" genauso wie "The Back o' the Northwind" ein Klassiker werden könnte.
www.brianmcneill.co.uk
Walkin' T:-)M


Grainne Hambly & William Jackson "Music from Ireland & Scotland"
Label: Mill Records; MRCD 020; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Gráinne Hambly kommt aus dem irischen County Mayo (FW#23, #29, #33). William Jackson stammt aus dem schottischen Glasgow und war Gründungsmitglied der in den Achtzigern sehr bekannten Tradband Ossian. Beides zwei exzellente Harfenisten, die hier ihre Fertigkeiten vereinigen. Seit 2004 konzertieren Gráinne und William zusammen, vor allem in den USA. Diese CD gibt nun auch uns Europäern die Gelegenheit, diese Musik zu genießen. Wie der Titel besagt, Musik von beiden Seiten des irischen Kanals, relativ junge Kompositionen als auch Stücke aus dem Harfenrepertoire des 17. und 18. Jahrhunderts. "Eibhlí Gheal Chiúin Ni Chearbhaill" wurde von Edward Bunting auf der berühmten Belfast Harpers’ Assembly des Jahres 1792 gesammelt. "Lady Keith’s Lament" entstammt mindestens dem 17. Jahrhundert und wurde von beiden Seiten in der Schlacht am Boyne gesungen, einmal als "Boyne Water" von den Anhängern Williams, zum anderen als "Rosc Catha na Mumhan" (Schlachtruf von Munster) von den Jakobiten. "MacCrimmon’s Lament" ist eine Dudelsackmelodie, die mit der MacCrimmon-Familie assoziiert wird, den Musikern des MacLeod-Clans (Dunvegan, Isle of Skye). "Cam Ye By Atholl?" ist eine Komposition von Niel Gow Junior (1795-1823). Gráinne spielt Harfe und Konzertina, William außerdem noch Bouzouki, Laute und Whistle. Es gibt nicht nur majestätische Weisen, sondern auch handfeste Tanzmusik. Beides Genres werden auf meisterhafte Weise beherrscht. Der Jig "Drummond Castle" beispielsweise stammt aus dem Repertoire des schottischen Meistergeigers Niel Gow, "Da Thàbh air an Fharaidh" ist eigentlich ein Stück puirt à beul oder mouth music (hier ist die Quelle die gälische Sängerin Mairi MacInnes).
www.grainne.harp.net, www.wjharp.com
Walkin' T:-)M


Wendy Stewart & Gary West "Hinterlands"
Label: Eigenverlag; MCRCD001; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Wendy Stewart (Harfe) und Gary West (Dudelsack) sind in den Achzigern und Neunzigern Mitglieder der schottischen Band Ceolbeg (FW#9, #14) gewesen. Davor und danach stand Wendy, die von der Edinburgher Harfenistin Jean Campbell gelernt hat, an zentraler Stelle bei der Belebung der schottischen Harfenmusik und hat drei Soloalben aufgenommen. Gary stammt aus Pitlochry in den schottischen Highlands und hat beinahe zwei Jahrzehnte mit der preisgekrönten Vale of Atholl Pipe Band gespielt. 1991 war er Mitbegründer der Supergruppe Clan Alba (mit Dick Gaughan, Brian McNeil etc.); 2001 nahm er ein Soloalbum auf. "Hinterlands" präsentiert lupenreine schottische Musik. Im Zentrum stehen Harfe und Smallpipes, mit Highland Pipes, Whistle und ein paar Gastmusikern als Sahnetüpfelchen. Der Ceolbeg-Sound, die Kombination aus treibenden Pipes und schrummender Harfe, ist immer noch offenkundig, insbesonders immer dann, wenn Schlagzeuger Jim Walker einsteigt. Das Album führt den Zuhörer vom 17. bis in das 20. Jahrhundert: Die "Lancashire Hornpipes" sind etwa ein Paar alter englischer Tanzstücke in 3/2-Rhythmus (#38), "Rory Dall's Port" entstammt der Harfentradition, als man noch auf Metallsaiten gespielt hat. Am Anfang steht jedoch eine Komposition des verstorbenen Pipers Gordon Duncan (#31). Das Stück bekam seinen Namen "Full Moon Down Under" bei einem Benefizkonzert, wo der Tune verlost wurde, um ihm einen Titel zu geben. Der Preis ging - man ahnt es - nach Australien. "Hinterlands" schließt mit einem sechsminütigen Piobaireachd, der klassischen Pipemusik bestehend aus Thema und Variation. Hier mit Harfe und Pipes gespielt; Wendy und Gary meinen, es müsse eine Zeit gegeben haben, wo beide neben- und miteinander geklungen haben. (Die Harfe wurde von den Pipes als Clanmusik verdrängt.) Überraschenderweise enthält "Hinterlands" auch sechs Lieder (angenehm, wenn auch nicht besonders aufregend). Gary singt den "Loch Tay Boat Song" (purer Lokalpatriotismus) und eine lebhafte Version der Mörderballade "Twa Sisters". Wendy steuert die Child Ballade "Marie Hamilton" aus dem Joan-Baez-Repertoire, das Trinklied "Todlen Hame", sowie die Robert-Burns-Stücke "Ae Fond Kiss" (zu einer leicht veränderten Melodie) und "The Slave's Lament" (kombiniert mit einem Bossanova) bei. Die Melodie zu letzterem soll übrigens sephardisch sein, was zeigt, dass Burns schon genauso ein offenes Ohr gehabt hat, wie die heutigen schottischen Musikanten.
www.wendystewart.co.uk, www.garywest.co.uk
Walkin' T:-)M


The Poozies "Yellow like sunshine"
Label: Greentrax; CDTRAX342; 2009
Siehe auch die englischsprachige
Rezension in dieser FW-Ausgabe
Die Poozies (FW#2, #7, #26) sind wieder da. (Waren sie je weg?) Als sich die schottisch-englische Gruppe in den Neunzigern als weibliches Ensemble gegründet hat, war das noch eine eher ungewöhnliche Idee. Mittlerweile ist das weder neu noch einzigartig. Die aktuelle Besetzung besteht aus Patsy Seddon und Mary Macmaster (beide Harfen), Mairearad Green (Akkordeon), Sally Barker (Gitarre) und Eilidh Shaw (Fiddle). Sally hatte die Band vor einigen Jahren verlassen und wurde nun wieder in die Poozies-Gesellschaft eingegliedert. In den frühen Tagen stand sie als Sängerin im Zentrum, auf "Yellow like sunshine" hat sie nur zwei Nummern, beides Originalkompositionen. Patsy steuert drei gälische Waukin-Songs bei, Mary singt zwei englisch-sprachige Stücke: Laura Viers "Black Eyed Susan" und John McCuskers "Will I See Thee More". Der Harmoniegesang der Poozies lässt einen immer noch Glücksgefühle empfinden. Die Instrumentalsets sind auch nicht von schlechten Eltern. Mal jazzig, mal mit Latin-Swing ... wie sagte ich eingangs: die Poozies sind wieder da!
www.poozies.com
Walkin' T:-)M


Weitere CD-Kritiken: Page 1 - Page 2 - Page 3 - Page 4 - Page 5
Englische Kritiken: Page 1 - Page 2 - Page 3 - Page 4 - Page 5 - Page 6

Übersicht CD-Rezensionen

Zurück zum FolkWorld-Inhalt

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 11/2009

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission. Although any external links from FolkWorld are chosen with greatest care, FolkWorld and its editors do not take any responsibility for the content of the linked external websites.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld