Ausgabe 31 1/2006

FolkWorld CD-Besprechungen

K.A. Eickhoff u.a. "Courage"
Label: Eigenverlag; COU 0010; 2004; Spielzeit: 62:53 min
Welche Sau - ihr verzeiht das schroffe Wort - will vom "Welt verändern" noch was hör'n, lässt Betroffenheit und Mitgefühl an Bord, lässt sich noch vom Denken inspirier'n, schaut wenn's drauf ankommt hin, nicht weg. Das "Schwein" nennt sich Klaus-Andre Eickhoff und möchte ein Häuflein legen auf diesen großen Haufen Mist, in dem es so zugeht: wir teilen jetzt Zellen und nicht unser Brot. Das "Courage"-Projekt zusammen mit Wolfgang Zerbin und Michael Kusterer-Trenkle soll Menschen Mut machen, seinem Gewissen zu folgen, sich einzumischen und Widerstand zu leisten. Die beiden Coverstücke sind Konstantin Weckers (-> FW#18, FW#22, FW#25) "Sage nein!" und eine Vertonung von Fallerslebens "Michels Abendlied" (siehe auch -> FW#21). Eickhoffs Kompositonen fügen sich nahtlos darin ein; hier werden keine Geschichten erzählt und wird keine politische Analyse betrieben. Wut und Empörung kommen im Gewande samtweicher Popsongs; eigentlich ist Eickhoff ein Liedermacher am Klavier. Er fragt sich selbst: Wird dieses Projekt die Welt verändern? Wohl kaum! In einer vom Prinzip Durchhörbarkeit gestalteten Medienwelt nützt auch das allermodernste Popgewand nicht besonders viel - und doch ist es ein erster, kleiner Schritt, der Versuch einer Annäherung an ein großes Thema.
www.ka-eickhoff.net
Walkin' T:-)M


Okkervil River "Black Sheep Boy"
Label: Jagjaguwar; JAG80; 2005; Spielzeit: 47:24 min
Magnolia Electric Co. "What Comes After the Blues"
Label: Secretly Canadian; SC102; 2005; Spielzeit: 36:08 min
Zwei interessante und hörenswerte Alternative-Rock-Scheiben, die viel vom guten alten Neil Young haben (siehe auch T:-)M'S Nachtwache in dieser FW-Ausgabe). Immerfort alternierend zwischem klagender Melancholie (manche würden es Gejammer nennen) und kraftvollem Roots-Rock und brachialen Gitarrengewittern a la Crazy Horse. Und immer eigenwillig und unberechenbar.
So auch Okkervil River, ein Sextett aus Austin Texas um den Singer-Songwriter Will Sheff. Das Titelstück "Black Sheep Boy" ist ein Song von Tim Hardin, die 10 nachfolgenden Stücke führen das Thema fort, bis aus dem Jungen ein Rammbock geworden ist. Das übliche Rockinstrumentarium wird ergänzt durch Steel-Gitarre, Mandoline, Geige und Trompete in einer Mischung aus Pop-, Rock-, Folk- und Country-Musik mit düsterer Lyrik.
Die Magnolia Electric Co. ist das Kind von Jason Molina, nach dem dieser seine alte Gruppe Songs: Ohia verlassen hat. Seine sehr persönlichen Texte fragen "What Comes After the Blues?". Mit Blues hat dies allerdings nix, mit dem guten alten 12-Takter gar nix zu tun. Aber es heißt ja auch "nach dem Blues", für Molina und seine Mitstreiter bedeutet dies ein Mix aus (eher düsterem) Alt.Country und Roots-Rock. Auch hier ein ähnliches Instrumentarium wie oben (u.a. an der Gitarre Jennie Benford von Jim & Jennie and the Pinetops) plus reizvolle Gesangseinlagen von Nicolette Larson.
Dt. Vertrieb: Cargo Recods
Walkin' T:-)M


Statistics "Often Lie"
Label: Jadetree; JT1105; 2005; Spielzeit: 31:17 min
Bandname und Albumtitel sind ein schönes Wortspiel für eine knappe, halbe Stunde und neun Titel des Singer-Songwriters Denver Dalley aus Omaha. Herr Dalley ist eigentlich Gitarrist der Desaparecidos, dessen Frontmann Conor Oberst immer mehr mit seinem anderen Projekt Bright Eyes beschäftigt ist, so dass für Denver Dalley Zeit und Muße blieb, um sich dem eigenen Oeuvre zu widmen. Dies ist darum auch noch nicht der "Final Broadcast" (so das Titelstück) der Statistics, sondern er (oder die Band) sucht noch seine eigene Stimme, alternierend zwischen treibenden Stromgitarren und Power-Akkorden sowie melancholischen und wabernden Synthies. Irgendwo also angesiedelt zwischen Rock, Pop und Elektronik. Ich vermute, die Live-Shows werden sehr energetisch sein, und ich lüge im Gegensatz zu den Statistiken nicht.
Jadetree
Walkin' T:-)M


Anders Parker "Tell It to the Dust"
Label: Baryon; BYN-003; 2004; Spielzeit: 53:28 min
Anders Parker "The Wounded Astronaut"
Label: Baryon; BYN-004; 2005; Spielzeit: 25:37 min
Anders Parker (Ex-Varnaline) legt sein Debüt als Solo-Künstler vor. Gleich mit einer zusätzlichen EP, "The Wounded Astronaut", deren Titel ebenfalls von den Aufnahme-Sessions zu "Tell It to the Dust" stammen. Die Gästeschar ist illustrer, z.B. Sara Bell, Jay Farrar, Kendall Meade und Joan Wasser. Die Lieder sind gleichsam relaxed und bitter-melancholisch. Im Gegensatz zu den experimentellen Ergüssen des Varnaline-Country-Rocks - diesen experimentell zu nennen ist eigentlich noch glatt untertrieben -, bietet Anders Parker solo mehr Indie-Pop als Alt-Country. Straighte Rocknummern wechseln sich mit Keyboard-lastigen Balladen ab. Manchmal in einem Stück. Parkers ist nicht besonders ambitioniert oder innovativ, aber er hat seinen ganz eigenen persönlichen Stil gefunden, der ihn unverwechselbar macht.
Baryon Records
Walkin' T:-)M


"Folkways the Original Vision - Songs of Woody Guthrie and Lead Belly"
Label: Smithsonian Folkways; SFW CD 40000; 2005; Spielzeit: 61:55 min
1989 feierte die Smithsonian-Institution die Übernahme des namhaften Folkways-Labels. Auf der Jubel-Scheibe "A Vision Shared" coverten bekannte Künstler 14 Lieder von Woody Guthrie (1912-67) und Lead Belly (Huddie Ledbetter, 1881-1949). Gleichsam erschien als Kompliment an die Originale "The Original Vision" (jetzt als CD mit 12 zusätzlichen Titeln). Ohne Woody Guthrie und Lead Belly wäre das amerikanische Folkmusik-Revival der 1950er- und 1960er-Jahre so nicht denkbar gewesen. Ich glaube, dass brauche ich hier nicht näher zu erläutern. Das Album und das 28-seitige Booklet bietet Bekanntes und Unbekannteres: Woody spielt u.a. "Pretty Boy Floyd", das aus einem Mörder aus Oklahoma einen amerikanischen Robin Hood machte, und natürlich "This Land is Your Land", seine Hymne, die ermüdet von "God Bless America" die Schönheit der Landschaft mit der Masse hungernder Amerikaner kontrastiert. Lead Belly ist mit seinem "Rock Island Line" vertreten, welches er von Gefängnisinsassen gelernt hatte, als er 1934 bei den Feldaufnahmen der Lomaxe (-> FW#23) ausgeholfen hat, und das in den 1950ern ein großer Erfolg für den Skiffle-König Lonnie Donegan (-> FW#24) wurde. Desweiteren mit seinem anti-rassistischen "Bourgeois Blues" (vgl. auch die Version von Steve Baker und dem gerade verstorbenen Chris Jones -> FW#27) und seiner Erkennungsmelodie "(Goodnight) Irene", welches ein Jahr nach seinem Tod ein Hit für die Weavers wurde. Auf der Gästeliste der Aufnahmen, die zwischen 1941 und 1949 erfolgt sind, stehen übrigens auch Sonny Terry und Brownie McGhee sowie Cisco Houston. Mögen die Aufnahmen im Laufe der Jahrzehnte auch manchen Staub angesetzt haben, Woody und Lead Belly haben als Charaktere und Songwriter kein Stück Faszination verloren.
Smithsonian Folkways Recordings; Dt. Vertrieb: Sunny Moon
Walkin' T:-)M


V/A "Classic Bluegrass Vol. 2"
Label: Smithsonian Folkways; SFW CD 40163; 2005; Spielzeit: 75:14 min
The Lilly Bros. & Don Stover "Bluegrass at the Roots"
Label: Smithsonian Folkways; SFW CD 40158; 1961/2005; Spielzeit: 57:01 min
"Classic Bluegrass Vol. 2" ist der Nachfolger der Folkways-Kompilation "Classic Bluegrass" aus dem Jahre 2002. Folkways war zwar nicht unbedingt das klassische Bluegrass-Label, aber es wurden in der Tat durchaus einige denkwürdige frühe Bluegrass-LPs herausgegeben. 1956 etwa begannen Aufnahmen von Banjospieler, die im Dreifingerstil von Scruggs spielten. "Classic Bluegrass Vol. 2" versammelt einige Schlüsselfiguren aus 40 Jahren. Natürlich Bluegrass-Übervater Bill Monroe, der Flatpick-Gitarrist Doc Watson, der Bluegrass-Hippie-Poet Peter Rowan, die Country Gentleman mit dem Vokalisten Charlie Waller, die Red Clay Ramblers. Bekannte Songs und Tunes wie "Bluesgrass Breakdown", "Jesse James", "Foggy Mountain Top" und "Sitting on Top of the World". Aber auch vieles zu entdecken oder wiederzuentdecken: Hazel Dickens und Alice Gerrard, zwei der ersten Frontfrauen einer Bluesgrassband (1965). Sie öffneten die Tore für Emmylou Harris & Co., obwohl ihr rauer Mountain-Stil eher Appalachian und Old-timey ist als Bluegrass. Harley Allen Jr. war Mitglied der fiktiven Soggy Bottom Boys im Soundtrack von O Brother, Where Art Thou? (-> FW#23). Und dann gibt es noch die Lilly Brothers and Don Stover. Und das führt uns zum nächsten Punkt.
"Bluegrass at the Roots" wurde ursprünglich 1961 als "Folk Songs from the Southern Mountains" von Mike Seeger aufgenommen und veröffentlicht. Es war die erste Langspielplatte des Gitarre-Mandoline-Duos Everett und Mitchell Lilly aus West Virginia. Die beiden waren zwar schon in den 1930er-Jahren musikalisch aktiv, aber blieben im Gegensatz zu manch Anderen der Tradition verhaftet und eiferten nicht den neuen Trends und Moden nach dem 2. Weltkrieg nach, was letztendlich ihr Publikum eher klein gehalten hat. Die Titel 1 bis 8 sind denn auch Duo-Stücke im unberührten 30er-Jahre-Stil, a la Carter Family und Monroe Bros, die Lieder sind traditionell oder stammen von Autoren wie Jimmie Rodgers (s.o.). Bei den Stücken 9 bis 18 werden die beiden vom Banjo-Spieler Don Stover verstärkt, der ein Experte sowohl im Clawhammer-Stil (-> FW#30) als auch im Scruggs-Bluegrass-Stil (-> FW#29) war. Dementsprechend gibt es nun puren Bluegrass mit der unschlagbaren Kombination von hoher Tenorstimme und instrumentalem Drive und Virtuosität. Everett Lilly war tatsächlich von 1950-52 Mandolinist bei Flatt & Scruggs und Dan Stover 1957-58 Mitglied von Bill Monroes "Bluegrass Boys". Ein fast vergessener Klassiker, aber nun entstaubt aus dem Regal geholt.
Smithsonian Folkways Recordings; Dt. Vertrieb: Sunny Moon
Walkin' T:-)M


Peter Kerlin with Jens Kommnick "Dancing Days"
Label: Eigenverlag; STIR 305; 2005; Spielzeit: 50:05 min
Many years ago in Göttingen, that's where it all began. We played pubs and clubs and theatres, we went busking in the street. Es is lange her, das die Dubliners und Pogues in Deutschland auf- und einschlugen. Mittlerweile gibt es keltische Lieder über Göttingen. Der deutsche Singer-Songwriter und Bouzoukispieler Peter Kerlin (-> FW#20, FW#21, FW#30) schrieb obiges Lied anläßlich seines 25jährigen Bühnenjubiläums. Während dieser 25 Jahre traf er auf Jens Kommnick (Gitarre) und Siobhan Kennedy (Flöte): a friend, a fine musician and his beautiful wife. He lifted me to higher peaks, helped me open some new doors, together we can sail the oceans exploring distant shores. Nun gibt es die dritte gemeinsame Schallplatte. Songs so full of harmony, tunes we played like hell, mit einem leichten melancholischen Gefühl. Neben Peters eigenen Lieder, versucht er sich an dem traditionellen nordirischen Rebelsong "Henry Joy" (Ich habe ihn, -> FW#7, bislang noch nicht mit der Melodie gehört, die Peter gewählt hat), gefolgt von einem Bouzouki-getriebenen Tune namens "From Antrim to Athens". Der Titel sagt alles. (Nebenbei bemerkt, Belfast wurde Ende des 18. Jhds. auch Athen des Nordes genannt.) Es gibt ein Instrumentalstück namens "Mind the Gap", der im Titel auf die ungerade Taktzahl anspielt. Das ist klar der Andy Irvine-Einfluss (-> FW#23), der sich auch in Peters Liedern und Gesang wiederfindet.
Peter hat mir einmal erzählt, wie er überraschenderweise eines seiner Lieder im Belfaster Rundfunk hören konnte. Es stellte sich heraus, das der Song von Kollege Colum Sands (-> FW#27) gespielt wurde. Der Titel wurde ebenfalls vom Organisator des alle zwei Jahre in Berlin stattfindenden Nordic Festivals gehört, und prompt fand sich Peter eingeladen als deutscher Andy Irvine. Das hat er sich verdient. It's been a long, long way, it's been a long, long time, but I'm still travelling on.
Siehe auch das Interview mit Peter und Jens in dieser FW-Ausgabe.
www.peterkerlin.de
Walkin' T:-)M


Michelle Shocked "Don't Ask Don't Tell"
Label: Own label; MS1007; 2005; Spielzeit: 45:15 min
Michelle Shocked "Mexican Standoff"
Label: Own label; MS1008; 2005; Spielzeit: 40:38 min
Michelle Shocked "Got No Strings"
Label: Own label; MS1009; 2005; Spielzeit: 32:21 min
Aller guten Dinge sind drei. Michelle Shocked (-> FW#24, FW#24, FW#27) hätte auch schon ihre "American Trilogy" genannten ersten drei Alben - "Short Sharp Shocked", "Captain Swing" und "Arkansas Traveler" (1988-1992) - auf einmal veröffentlicht. Aber die kommerziellen Interessen des Music business stehen der künstlerischen Vision zuweilen entgegen. Auf ihrem eigenen Label schert sich Michelle nicht um irgendwelche Bedenken. Die neue Trilogie baut auf ihren musikalischen Vorgängern auf. Da ist zum einen ein Pop-, Blues- und Boogiealbum, mit wabernden Gitarren und ultracoolem Gesang. Da ist zum zweiten ein Album mit Musik von der mexikanisch-texanischen Grenze, die Anerkennung ihre eigenen Wurzeln. Fünf mittelamerikanische Folkballaden, fünf texanische Blues-Shuffle. Da ist zum dritten ein Album mit musikalischen Klassiker aus Disney-Filmen, aber im Western Swing-Gewand. "Wish Upon A Star", Terry Gilkysons (-> FW#29) "Bare Necessities", etc. Drei Alben wie die drei Musketiere. Kaum ein Genre, das ausgelassen wird. Aber einer für alle, alle für einen.
www.michelleshocked.com
Walkin' T:-)M


The Waterboys "Karma to Burn"
Label: Puck Records; PUCK 4; 2005; Spielzeit: 75:56 min
Mike Scott, Frontmann und Überlebender der Waterboys (-> FW#20, FW#27), kann es nicht lassen. Gottseidank. Und Mike Scott erfindet sich immer wieder neu. In der Tat ist "Karma to Burn" das allererste Live-Album in seiner Karriere. Aufgezeichnet bei Konzerten in England und Irland zwischen Oktober 2003 und November 2004 finden sich Stücke aus den Anfangstagen ("Medicine Bow", "Fisherman's Blues", natürlich inklusive dem einen Hit "Whole of the Moon"), aus Mike Scott-Solo-Phase ("Bring 'Em All In", siehe auch das Cover der Wild Welsh Women -> FW#19), bis zur Wiederbelebung unter dem alten Bandnamen und dem superben Album des vergangenen Jahres ("Peace of Iona"). Fiddler Steve Wickham aus einem älteren Waterboys-Line-Up wurde wiederbelebt, Sharon Shannon (-> FW#17, FW#28) gastiert bei einem Stück auf dem Akkordeon. Seine Philosophie fasst Mike Scott so zusammen: Auf der Bühne bediene ich nicht das Publikum, sondern ich diene dem Song. Jo, er hat's immer noch drauf.
www.mikescottwaterboys.com
Walkin' T:-)M


Levellers "Truth & Lies"
Label: Eagle Rock; 2005; Spielzeit: 43:32 min
Die Levellers sind nach siebzehn Jahren ihres Bestehens nicht nur immer noch äußerst erfolgreich on the road (-> FW#26), sondern haben nun auch wieder ein neues Studioalbum vorgelegt. Die einen erwarten von der südenglischen Kultband aus Brighton experimentierfreudige Klänge a la "Hello Pig" (-> FW#18), die anderen die alten punkigen Hadern a la "Levelling the land" (-> FW#19). Das letzte Album "Green Blade Rising" kam letzterem ja wieder ziemlich nahe (-> FW#25). Das achte Studioalbum "Truth & Lies" liegt - ähnlich wie das "Zeitgeist"-Album - irgendwo dazwischen. Eine Wand aus Gitarrensound, (Folk)Rock mit Geige und Akustikeinschlag. Nicht mehr so rauh und übermütig wie in den Flegeljahren. Gute-Laune-Musik, zahm und verlässlich, bodenständig und irgendwie immer noch links. Hat man einen Song gehört, kennt man allerdings alle. Die einzelnen Tracks unterscheiden sich nur minimal voneinander. "Last Man Alive" ist immerhin ein veritabler Opener. Die obligatorische Ballade fehlt diesmal völlig. "Confess" mit seinem langsamen Groove hätte eine werden können. "For Us All" ist eine fröhliche Country-Nummer. Einen Klassiker a la "One Way" suche ich allerdings vergebens. Das weckt insgesamt gesehen zwar keine allzu große Begeisterung, lässt aber hoffen. Bei einer formidablen Liveband wie den Levellers sowieso.
Eagle Rock
Walkin' T:-)M


Hank Shizzoe & The Directors "Out and About"
Label: Crosscut; CCD 12009; 2005; Spielzeit: 52:01 min
Hank Shizzoe veröffentlicht seit einem dutzend Jahren eine Platte nach der anderen. Er singt und spielt Gitarre, vor allem ist "Out and About" aber eine Hommage an die Steel und Slide-Gitarre. Zielstrebige Rocknummern als auch wehmütige Balladen, meist aber zurückgelehnt wie Mark Knopfler oder Lou Reed. Blues-basiert, aber eine atraktive Mischung von Rockmusik, Folkrock, passenderweise zu dem Liedtitel between rhythm and blues, die sich erfreulicherweise nicht leicht in eine Schublade einordnen lässt. Die Texte gehen nach dem Motto: found an answer but the question ain't clear. Neben Hank Shizzoes Liedern gibt es noch eine englische Adaption des Schweizer Mundartsongs "Fingt ds Glück eim?" (Your Luck Will Find You). Der Autor des Stücks, Kuno Lauener von der Schweizer Mundart-Rockband Zueri West, gibt sich persönlich gesanglich die Ehre. Denn die Directors (keine Bankdirektoren, denke ich) kommen tatsächlich aus der Schweiz. Und wie heisst "Out And About" auf gut Schwizzerdütsch: "Uf und aagleit".
Crosscut
Walkin' T:-)M


Deitsch "Königskinder"
Label: Artes; ARCD 3037; 2005; Spielzeit: 55:49 min
Es ging ein wacker Mädchen wohl alle Tag ins Gras, es folgt' ein junger Reiter ihr alle Tage nach. Die beiden pfälzisch-schwäbischen Königskinder Gudrun Walther (Gesang, Fiedel -> More Maids -> FW#18, FW#24, FW#27) und Jürgen Treyz (Gitarren -> La Marmotte -> FW#19, Adaro -> FW#2, FW#10, FW#29, FW#29) knüpfen an das Deutsch-Folk-Repertoire der 1970er-Jahre an. Beide spielen zusammen bei der deutschen Irish-Folk-Formation Cara (-> FW#29) und mit demselben Schwung und ähnlichen musikalischen Ideen ist auch Deitsch ausgestattet. Die Befürchtung von Zupfgeigenhansel (-> FW#21, FW#24, FW#29) Erich Schmeckenbecher hat sich nicht bewahrheitet: Schon wieder so eine neue mittelalterliche Trachtenkapelle mit Wams oben und den neuesten Nike-Turnschuhen unten, die nun unbedingt auch auf das Trittbrett von vermeintlich Angesagtem drängeln muss. Anstatt einer Sauf-Rauf-Vagabunden-Gruppe gibt es endlich einmal wieder traditionelle deutsche Musik auf höchstem Niveau, die auch mit den Beneluxern etc. mithalten kann. Die Lieder und Tänze (hauptsächlich über Liebende, die ins Wasser gehen) stammen nicht nur aus der engeren schwäbischen Heimat, sondern aus Deutschland Nord, Süd und Ost. Musikalisch ähnelt das skandinavischem Tradfolk, mit keltischen Instrumentaleinlagen. Eine Schwalbe macht zwar noch nicht gleich einen Deutschfolk-Sommer, aber alle Jahre wieder ein frisches Album mit der vom Bürgertum des 19. Jahrhunderts und den Nazis gekillten "Volksmusik" ist besser als nichts. Vor allem, wenn es so hervorragend ist. Wir können nur hoffen, dass Gudrun und Jürgen sich im Gegensatz zu den zwei Königskindern öfters zusammenfinden.
Artes Records
Walkin' T:-)M


Hurdy-Gurdy "Prototyp"
Label: Westpark; 87121; 2005; Spielzeit: 51:28 min
Schweden ist bekannt für eine reiche und vielfältige Musiktradition auf der einen Seite und dynamischer Modernisierung und Experimenten mit dem traditionellen Gut auf der anderen. In dieser Tradition steht auch der "Prototyp" der Herren Mattson und Brisland-Ferner. Hållbus Totte Mattson (Hedningarna -> FW#10) und Stefan Brisland-Ferner (Garmarna -> FW#10, FW#19, FW#26) haben sich der Hurdy Gurdy - auf Deutsch: der Drehleier - angenommen. Bislang kein besonders populäres Instrument in der schwedischen Folkszene. Für die beiden experimentierfreudigen Musiker hat das aber ihren ganz eigenen Reiz. Der Reiz der schwedischen Drehleier liegt nämlich in ihrer Unvollkommenheit. Sie ist roh und unvollständig. Sie will alles tun, ist aber nicht in der Lage dazu. Die Schönheit der Musik resultiert aus dem zerbrechlichen Klang, der entsteht, wenn etwas so Unausgebildetes etwas Wundervolles singen will. Hållbus und Stefan sind aber nicht an der schwedischen Drehleier-Tradition interessiert, sondern an den spiel- und klangtechnischen Möglichkeiten in der modernen Musik. Die Stücke selbst sind überwiegend traditionell, der Ausgangspunkt ist aber ein anderer. Für die Drehleier gibt es im Klang keinen Vergleich, sie ist eine Art mittelalterlicher Synthesizer. Und so wird das Instrument in Regionen geführt, wo es noch niemals vorher war. Gerade im Sound.
Kurioserweise wird im Pressetext, der mit der CD ins Haus flatterte, en Detail die Nyckelharpa beschrieben. Das tradionell schwedische, mit dem Bogen gestrichene Instrument ist zwar ein Art Hurdy Gurdy ohne Drehrädchen, aber doch eher ein völlig unterschiedliches Instrument.
Westpark Music
Walkin' T:-)M


Corvus Corax "Cantus Buranus"
Label: Roadrunner; RR 8163-2; 2005; Spielzeit: 51:50 min
Alle bekannten und überlieferten mittelalterlichen Melodien sind gespielt, die Konkurrenz auf dem Spielmannsmarkt ist mittlerweile ganz schön groß geworden. Also auf zu neuen Ufern. Für Corvus Corax (-> FW#8, FW#18, FW#22) hieß das neue Projekt "Cantus Buranus". Sprich: das Berliner Septett hat sich der "Carmina Burana" angenommen. Die berühmte Handschrift aus Benediktbeuern aus dem frühen 13. Jahrhundert enthält weltliche Lieder verschiedenster Art. Über 250, oft vielstrophige Lieder und Verse mit lateinischen (aber auch mittelhochdeutschen und altfranzösischen) Texten. Carl Orffs Fassung von 1937 zählt zu den meistgespielten Chorwerken der Welt. In den letzten drei Dekaden hat man verschiedenste Versuche unternommen, die lateinischen Texte im mittelalterlichen Gewand zu rekonstruieren. Corvus Corax liegt da irgendwo mittendrin. Sie spielen nicht akademisch, sondern in Spielmannsweise. Aber neben Dudelsäcken, Schalmeien, Drehleier und Perkussion - Instrumente von A wie Aulos bis Z wie Zinken - erklingt das Philharmonische Orchester und der Opernchor des Staatstheaters Cottbus, das Prager Vokalensemble Psalteria, sowie Gastmusiker von Subway to Sally (-> FW#27"), den Inchies (-> FW#24) und Estampie. Und es stimmt schon: Das Mittelalter - welch gigantischer Fundus an imaginären Klängen, Bildern, Träumen, die uns so fremd sind und doch so viel mit uns selbst zu tun haben. In jedem von uns steckt ein Stück Mittelalter. Das muss aber nicht romantisierend und nostalgisch sein, sondern prall-sinnlich mit elementarer Rhythmik und Harmonik. Und in diesem Sinne treffen sich Orff und Corvus Corax. Die Probleme der Menschen im Mittelalter sind auch nicht so verschieden von den unsrigen: Liebesspiel und Liebeslied. In "Nummus" heisst es lakonisch Geld - lügt, Geld - wird verehrt, Geld - führt Kriege, Geld - verführt. Und das bekannte Trinklied "Ergo bibamus": Also lasst uns trinken, dürsten wir nicht, füllen wir den Becher! Ein jeder sei um seine Zukunft oder Vergangenheit ohne Sorge, denn durch den kommenden Tod wird alles vergehen. Also lasst uns trinken! Das hätten sich weder die Benediktbeuerer Mönche, noch Carl Orff je träumen lassen. Aber sie haben keinen Grund, in ihren Gräbern zu rotieren.
Roadrunner Records
Walkin' T:-)M


Van Langen "Zeychen der Zeyt"
Label: Totentanz; TOT 23031; 2005; Spielzeit: 73:41 min
Des Teufels Lockvögel "Carmina Mystica"
Label: Totentanz; TOT 23032; 2005; Spielzeit: 54:30 min
Apropos Carmina Burana. Hier finden wir unter dem Titel "Unter den Linden" die Verbindung eines Liebeslieds von Walther von der Vogelweide mit einer Textapassage aus der Burana als Refrain mit Originalmusik von Herrn Van Langen wieder. Unter seinem eigenen Namen spielt Marcus van Langen (-> FW#26) Mittelaltergothrock mit krachenden Stromgitarren und sanfter Flöte. Von den Stücken her ein bunter Mix aus traditionell-mittellaterlichem und Originalmaterial, sowohl textlich als auch musikalisch. Wir begegnem dem "Palästinalied" Walther von der Vogelweides (fast auf jeder Scheibe Van Langens in einer anderen Version enthalten) und "Des Geyers schwarze Haufen" als den geläufigsten Titeln. Daneben sephardische und okzitanische Quellen, die Merseburger Zaubersprüche etc. Pesthauch überzieht das Land, die Herbststürme toben. Aber es ist auch Zeit und Muße für das Minnespiel und den Besuch im Gasthaus: Iss, trink, sei fröhlich - denn Morgen musst du sterben. Aber nicht im Stil der Sauf- und Rauflieder der Bänkelmusikanten. "All vol" ist ein Trinklied aus dem Glogauer Liederbuch von 1480: Bier und Wein aus einem Fass, sauf es aus ohn Unterlass, riechst du aus dem Maul nicht nach Rosen, willst aber dennoch die Maidlein liebkosen.
Meinem persönlichen Geschmack nach gelingt es ihm, das dunkle Mittelalter mit der auch nicht gerade besonders hellen Neuzeit zu verbinden. Ein rauher Gitarrenriff gefällt mir besser, als wenn Herr van Langen unter dem Namen Teufels Lockvögel als Trio spielt. Unter Verzicht von Strom und Elektronik erklingen Saiteninstrumente, Flöten und Sackpfeifen. Mal zart, mal hart. Den Dreien haben es besonders die Weisheiten nach Sebastian Brants satirischem "Narrenschiff" (1494) angetan: Wem Sackpfeifen viel Freude macht und wer die Harf' und Laut' nit acht, gehört aufs Narrenschiff gebracht. Desweitere Quellen sind die Cantigas de Santa Maria (13. Jhd. -> FW#22), Oswald von Wolkensteins Trinklied "Wol auff wir wellen slauffen", das okzitanische "Ai Vist lo lop" (auf beiden CDs zu hören), sowie beliebte Tanzmelodien wie Playfords "None such", der "Saltarello" und ein Medley aus den beliebtesten und bekanntesten Dudelsack-Mittelaltermarkt-Liedern. Van Langen sagt: Der Mensch hat die Musik im Ursprung nicht für seinesgleichen geschaffen; sie war zur Anrufung einer höheren Macht. So ist Musik in ihrem Ursprung immer mystisch. Die Musik öffnet dem Menschen ein unbekanntes Reich, eine Welt, die nichts gemein hat mit der äußeren Sinneswelt.
www.vanlangen.de
Walkin' T:-)M


Nim Sofyan "Düm tek"
Label: Extraplatte; EX 633-2; 2005; Spielzeit: 57:29 min
Der Bandname bezeichnet den 2/4-Takt in der anatolischen Hofmusik. Wenn man das singt, wird daraus: düm tek. Bekanntlich beginnt Asien an der Wiener 'Landstraße' (Beispiel Tschuschenkapelle -> FW#6, FW#21, FW#28) und Wien ist die nördlichste Balkanmetropole. Während die Türkei noch bittend an das europäische Tor klopft, ist die Musik schon längst angekommen. Das Quintett Nim Sofyan besteht aus dem Türken Alp Bora (Gesang, Gitarre), dem Portugiesen Pedro Duarte (Flöten), dem Finnen Daniel Klemmer (Perkussion) und den beiden Österreichern Paul Dangl (Geige, Smoky Finish -> FW#26) und Roland Mach (Bass). Die Stücke sind traditionell türkisch, griechisch und makedonisch, oder es sind Kompositionen von Duarte und Dangl. Groove, Funk & Jazz, (west)europäischer Weltmusik. Eine herrliche Melange nach Wiener Art. Wenn man denn Wien als kosmopolitischen Schmelztiegel begreift. Es bleibt zu hoffen, dass man noch viel von den Jungs hören wird.
Extraplatte; Dt. Vertrieb: Sunny Moon
Walkin' T:-)M


The Brimstone Solar Radiation Band "Solstice"
Label: Big Dipper; BDRCD056; 2005; Spielzeit: 45:28 min
Die Brimstone Solar Radiation Band ist ein Quintett aus der Hansestadt Bergen in Norwegen. Sie haben sich kreuz und quer durch Skandinavien gespielt und die Zuhörer glücklich zurückgelassen. Obwohl es sich durchaus um zivilisationsmüde Lieder handelt. Aber der psychedelische (Folk)Rock ist ein Highlight morgens um drei auf jeder Studentenparty, kurz bevor die Sonne aufgeht. Man zünde ein paar Räucherstäbchen an oder schmeisse anderen Rauchwaren (oder in Keksform) ein. Was es nicht gibt - "Brimstone for sale": The record label wants us to sell, we are gonna launch a masterplan and let the pop charts guide your band, We will let computers make the sounds, we are selling Brimstone by the pound.
Big Dipper Records
Walkin' T:-)M


Sulo "Just Another Guy Tryin'"
Label: Smilodon; SMILCD 7103; 2005; Spielzeit: 42:06 min
You've got a song to sing, you've got to try your wings. Well it's your moment it can't go wrong. All you've got to do is sing along, open your heart and let it all out. Der Herr, der hier versucht, ist der Frontmann der schwedischen Diamond Dogs und legt hier ein akustisches Album vor. Beinahe akustisch. Sulo und seine little grand band singen melancholische Songs über die beautiful disease that knocks you down. Denn to love is to lose, if it ain't love it ain't hurtin'. Oder, wenn ichs in wenigen Worten beschreiben möchte: Rod Stewart goes Country! Aber auch jede Menge Soul- und Gospelgefühl (wenn die Stones eine soulige Nummer spielen, so in der Art). Keep singing the same old song, that's about it.
Im November/Dezember 2005 sind die Diamond Dogs auch in Deutschland unterwegs.
Smilodon
Walkin' T:-)M


The Pushtwangers "We are the Pushtwangers - and you're not"
Label: Kooljunk; KOOLCD 0500205; 2005; Spielzeit: 35:41 min
Die schwedischen Pushtwangers fahren naked in the car auf einem ticket to paradise. Aha. Skandinavischer Humor wie: My father's name was dad. Vielleicht war der Blick nur zu tief in der Aquavitflasche. Die Band hat den Ehrgeiz, das fehlende Glied zwischen Sex Pistols und Beach Boys zu sein. Eine fröhliche halbe Stunde Garagenrock. Punkt trifft 60er-College-Rock'n'Roll. Macht viel Spaß, wird aber weniger dem Musikgeschmack des typischen FolkWorld-Lesers treffen, vermute ich. Allerdings gibt es auch eine gehörige Dosis Amerikana und Roots Rock. Vielleicht gehört es ja doch hierher. Über 20 Jahre lang erfinden sich die Pushtwangers immer wieder neu neu. Hier die Best of Hitsongs, neu eingespielt, plus einiges Neues.
www.pushtwangers.com
Walkin' T:-)M


V/A "Internationales Hackbrettfestival Volume 1"
Label: Pantaleon; PTR 102918; 2005; Spielzeit: 77:29 min
V/A "Internationales Hackbrettfestival Volume 2"
Label: Pantaleon; PTR 102925; 2005; Spielzeit: 71:09 min
Das Hackbrett findet sich in allen Winkeln dieser Erde (-> FW#1, FW#8, FW#10, FW#12, FW#15, FW#15, FW#18, FW#20, FW#21, FW#22, FW#22, FW#23, FW#23, FW#23, FW#23, FW#24, FW#25). Hammered Dulcimer, Cimbalom, Salterio, Santur, Yangqin - oder wie immer auch die vielen unterschiedlichen Varianten des mit Klöppeln geschlagenen Instruments heißen mögen. Seit 1989 finden sich alle zwei Jahre Vertreter dieser Instrumentengattung in München zum Internationalen Hackbrettfestival zusammen, organisiert von Rudi Zapf (-> FW#26, FW#30). Nun sind die ersten zwei CDs mit Konzertausschnitten von den vergangenen Festivals erschienen, die das gesamte Spektrum der Hackbrettmusik dokumentieren. Von traditionellstem Trad bis zu Dub-Musik. Aus Deutschland ist auf den beiden Alben - neben Herrn Zapf - das Hackbrettorchester Salterion vertreten. Aus der Schweiz Tobler, Lincke & Tanner sowie Barry Vox. Aus Österreich Irish-Steirisch. Aus Großbritannien Celtarabia und Cythara. Aus Osteuropa Radosov, Kalman Balogh & Gipsy Cimbalom Band, Orest & Taras Baran, Olga Mishula und das Zimbalorchester Lilia. Aus Asien Jalil Asid & Barzan Yassin, Nandkishor Muley, Khukh Mongol, Börte, Wu Wei sowie Xiang Zuhua & Xuesheng Zhang. Aus Amerika Jessica Burri, Jim Couza und Miguel Pacheco. Als besonderen musikalischen Genuss empfand ich persönlich das US-amerikanische Trio Helicon mit dem Hackbrettspieler Ken Kolodner sowie Flötist Chris Norman (-> FW#25) und Gitarrist Robin Bullock (-> FW#9, FW#27).
Das 9. Internationale Hackbrettfestival 2005 findet vom 18.-20. November im Rundfunkhaus München statt.
Pantaleon Records / Zapf Musik
Walkin' T:-)M


Savina Yannatou "Sumiglia"
Label: ECM Records
Bereits nach dem Erscheinen des Live-Albums „Terra Nostra“ schwelgten die Rezensenten der Musikzeitschriften rund um den Globus in Lobeshymnen über die ausdrucksstarke Stimme der griechischen Sängerin Savina Yannatou: „süss und kindlich in einigen Fällen, harsch und männlich in anderen“, hieß es in der Los Angeles Times; ihre Stimme sei ein eigenständiges Instrument und im Stande, unvermittelt von Griechenland nach Schottland zu springen – innerhalb ein und desselben Songs, schrieb die Birmingham Post. Das – wenn nicht sogar mehr – gilt auch für ihre zweite Produktion bei ECM: „Sugmilia“, eine musikalische und vor allem stimmliche Reise durch diverse Länder Südeuropas, des Balkans und Vorderen Orients bis nach Armenien. Und Savina zieht alle Register: zuweilen melancholisch-getragen, manchmal ausgelassen und fröhlich, aber auch aufrüttelnd-impulsiv. Ihre Begleitgruppe „Primavera en Salonico“ unterstützt Savinas merkurische Stimmungswechsel kongenial mit Akkordeon, Kalimba, Tambura, arabischer Laute, Gitarre, Violine Ney und Percussion. Eine Ausnahmeproduktion mit einer Ausnahmesängerin!
www.savinayannatou.com
Willi Dommer


Karl Seglem "New North"
Label: Ozella
Seit Jahren gehört Karl Seglem mit seiner Band „Utla“ zu den führenden Stimmen des norwegischen Folkjazz. Wer eigentlich keinen Jazz mag, dem sei gerade Seglems neues Werk „New North“ empfohlen, denn der norwegische Tenor-Saxofonist schleudert dem Hörer keine ausgedehnten, hektischen Soli um die Ohren, sondern kreiert vielmehr schwebende Sounds – leicht, transparent, verträumt und doch voller Tiefe und Transparenz und oftmals schwermütig. Wenn seine Mitspieler singen, fühlt man sich in geradezu uralte norwegische Geschichten versetzt. Seglams Musik klingt wie ein großes Panorama-Gemälde der ebenso bizarren wie märchenhaft schönen norwegischen Landschaft. Er hat früher alle erdenklichen Arten von Jazz gespielt. Doch in der Vielfalt der traditionellen Musik Skandinaviens fand der Norweger Gelegenheit, sich von nordamerikanischen Vorbildern zu emanzipieren. Sein gefühlvolles, sanftes Saxofonspiel sollte meines Erachtens jeder mal genossen haben.
[Siehe auch -> FW#28.]
Ozella; Vertrieb: inakustik
Willi Dommer


Zaches & Zinnober "Schräg"
Label: Müller-Lüdenscheid; MLCD 7; 2004; Spielzeit: 53:28 min
Ihr Restaurant gehört zu den besten Adressen. Sie kennen sich wirklich aus mit Essen. Es gibt auch wirklich gar keinen Grund zu meckern oder zu klagen. Doch eines das tun wir hiermit kund: Die Musik, die hier läuft im Hintergrund, ist nicht mehr zu ertragen. Herr Ober, Herr Ober, spielen sie doch mal Zaches & Zinnober! Die Musik, die hier erklingt in Ihrem Lokal, die ist doch höchstens zweite Wahl. Herr Ober, Herr Ober, also ehrlich: Ihre Musik! Man sagt zwar: "Das Auge ist mit." Doch auch das Ohr hat Appetit! Auch meine Meinung zu manch unseliger Kindermusik, die heutzutage die Ohren verklebt (nicht nur Kindermusik). Zaches & Zinnober, aka Michael Zachcial (Gesang, Gitarren, Mundharmonika -> FW#21) und Ralf Siebenand (Gesang, Flügel, Akkordeon, Saxophone, Keyboard), bekannt aus Kinderradio-Sendungen, servieren ihre Botschaft mit leicht pädagogischem Zeigefinger, ein wenig schräg und mit viel Wortwitz und teilweise richtig guter Clownerie. Denn mit Schabernack und Lug und Trug, da vergeht die Zeit im Flug. Den Kurzen gefallen vor allem die Texte; Favoriten sind das Titellied "Schräg", aber auch "Im Dschungel" gefällt. Die Titel sind nett arrangiert, abwechslungsreich und lebendig. Man kann sich gut vorstellen, auch einmal ein Live-Konzert zu besuchen. Zaches & Zinnober: Die Leute kaufen den größten Mist, wenn es bloß ganz groß in der Werbung ist. Sie laufen und kaufen den größten Schrott wegen einem guten Werbespott und sie zahlen jeden Preis für den allergrößten Scheiß. Zur Zeit machen wir den größten Schotter, nun raten sie mal: mit Harry Potter. Ob Briefpapier oder Kuscheltier, ein besonderes Souvenier ist das Harry-Potter-Bier. Kein Kunde zu jung, keine Summe zu klein! So sacken wir dann auch dein Taschengeld ein.
www.kinderlied.de
Walkin' T:-)M


Pit Budde & Josephine Kronfli "Shalom, Salam - peace4kids"
Label: Ökotopia; 3-936286-65-5; 2005; Spielzeit: 56:18 min
Die Gruppe Karibuni (-> FW#19, FW#24, FW#26) um das bewährte Kindermusi-Team Josephine Kronfli und Pit Budde (Cochise -> FW#25) herum hat sich dem Thema "Internationale Kinderlieder für den Frieden" gewidmet. Das Team begibt sich auf eine weltmusikalische Reise über die drei Kontinente Europa, Afrika und Amerika. Es sind zumeist traditionelle Lieder (und einige Eigenkompositionen), die ins Deutsche übertragen worden sind, u.a. Tommy Sands (-> FW#13) "All the little children". Die "Friedens"-CD gefällt den Kurzen ziemlich gut. In zynischen Erwachsenenohren klingen die Lieder zunächst abgelutscht und auch die Texte haben einen etwas zu stark erhobenen Zeigefinger. Aber bei diesem Thema ist es wohl kaum anders möglich und für die Kids ist das alles noch ziemlich neu. Die 5jährige ist von den Inhalten recht beeindruckt und spricht viel darüber. Das erste Lied auf der CD (wir sind gleich und doch verschieden, oder so) kann sie schon zu weiten Teilen auswendig. Budde & Co zitieren sich u.a. selber, bzw. es sind Lieder aus der Afrika-, Indianer- und Orient-CD von Karibuni dabei. Die Musik ist toll und abwechslungsreich, einige Lieder sind richtige Ohrwürmer. Es sei zuguterletzt noch ein Zitat aus einem ungarischen Volkslied erlaubt: Wär ich eine Fahne, ich würd mich nicht bewegen. Kein Wind dieser Welt könnt mich zum Flattern bringen. Kinder sollen mich holen und auf die Wiese legen. Sie sollen auf mir spielen und lachen, tanzen, singen.
Ökotopia Verlag
Walkin' T:-)M


Suli Puschban "Ich sehe aus wie ELVIS!"
Label: Müller-Lüdenscheidt; 2005; Spielzeit: 76:28 min
Steig die Tonleiter hinauf und sing ganz ohne Angst, so laut du kannst... Die Berliner Musikpädagogin Suli Puschban präsentiert flotte und leichtfüßige Poplieder verschiedenster Stilrichtungen über Pommes Fritz und Commander Bohnenstange für 6- bis 12-jährige. Motto: Kinder sind zwar klein, aber nicht doof. Vor allem die 8-jährige ist von den Liedern sehr angetan und singt selbst unter der Dusche mit.Eines ihre Lieblingslieder ist "Fräulein Rosi und Ritter Robert", der lieber ein Korsett trägt als eine Rüstung: man muss keine Mädchen anpöbeln, man muss keine Ritter vermöbeln, um ein Held zu sein. Texte sind tatsächlich wichtig für Kids; sie hören wirklich ganz genau hin. Und die Titel sind musikalisch so abwechslungsreich, dass auch die Großen nicht gleich weghören müssen.
Müller-Lüdenscheidt-Verlag
Walkin' T:-)M


Wolfrum & Freunde "Für alle Kinder dieser Welt"
Label: Intraton; IntrA-05505; 2005; Spielzeit: 55:37 min
"Für alle Kinder dieser Welt" ist eine Benefiz-CD für das Kinderhaus Bayreuth, ein Lebens- und Begegnungsraum, die Kindern bis 12 Jahre eine kreative Umgebung ermöglichen soll. Wir bauen ein Haus für alle Kinder dieser Welt, das allen Kindern gut gefällt. Jedes Land muss sich verdammt daran messen lassen, wo die Kinder stehn, heißt es im offiziellen "Kinderhaus-Lied" des Liedermachers Sandy Wolfrum (-> FW#27), Kopf der Gruppe Feelsaitig. Wolfrum und Freunde (z.B. Colin Wilkie) haben da ein lobenswertes Werk zustande gebracht, allerdings ist "Für alle Kinder dieser Welt" eine Benefiz-CD für eine gute Sache und keine Kindermusik im eigentlichen Sinne. Die Kurzen zeigen sich nicht besonders begeistert. Die Kleinen stört, dass viele englische Lieder dabei sind (z.B. das traditionelle "Trees Grow High" oder Graham Nashs, -> FW#30, "Teach your children") und sie aber großen Wert darauf legen, die Texte zu verstehen. Da gibt es Lieder für Kinder und Lieder für Erwachsene über Kinder. Bei letzteren sind die Texte oft viel zu abgehoben, als dass die Kids sie verstehen könnten, und die Großen empfinden sie wiederum oft als zu schwülstig. Trotzdem hat die Achtjährige unter den Kinderliedern dann doch noch ein Lieblingslied gefunden, nämlich "Nilpferds Traum".
Intraton Musikverlag
Walkin' T:-)M


Mehr deutsche CD-Rezensionen: Seite 1 - Seite 2 - Seite 3
Mehr englische CD-Rezensionen: Seite 1 - Seite 2 - Seite 3 - Seite 4 - Seite 5 - Seite 6 - Seite 7 - Seite 8 - Seite 9 - CD Special
Übersicht: Inhalt der CD-Rezensionen

Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 31

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 1/2006

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission. Although any external links from FolkWorld are chosen with greatest care, FolkWorld and its editors do not take any responsibility for the content of the linked external websites.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld