Ausgabe 25 6/2003

FolkWorld CD-BesprechungenDog

V/A "Das Lied der Moorsoldaten"
Label: DIZ Emslandlager; ISBN 3-926277-15-7; 2002; Spielzeit: 154.14 min
Michael Bardo Hennings Auftragskomposition zum Tag der deutschen Einheit 1998 sorgte für einen handfesten Skandal. In den "Variationen zum Thema Deutschland" war nicht nur die westdeutsche, sondern auch die DDR-Hymne "Auferstanden aus Ruinen" verarbeitet worden. Kaum jemand wird ein anderes Einsprengsel erkannt haben, das "Moorsoldatenlied". Bei der Einstudierung des Werkes mit jungen Studentinnen und Studenten der Musikhochschule fielen mir zwei Dinge auf; einmal dass von 50 Beteiligten niemand das Lied kannte und dass sich niemand für Lieder und ihre Interpretation wirklich interessierte. Geschrieben wurde das Lied der Moorsoldaten 1933 von Johann Esser, Wolfgang Langhoff und Rudi Goguel im emsländischen Konzentrationslager Börgermoor und hat in Windeseile um den Globus gefunden. 31mal dasselbe Lied hintereinander muss nicht unbedingt ein Hörvergnügen bedeuten (-> FW#23). Die kluge Auslese und die Faszination des historischen Stoffes lassen aber schnell vergessen, das es sich dabei immer um dasselbe Stückchen handelt. Die Auswahl erfolgte aus rund 120 Aufnahmen der Jahre 1937 bis 1999. Die Spannbreite reicht vom Schalmeienorchester (der Kaiser schätzte ihren markanten Ton als exklusive Automobil-Hupe) und dem Kampfgruppenorchester von Radio DDR, über die Folkbarden Kröher (-> FW#21) und Wader (-> FW#18, FW#20), bis zu Rock und Punk wie den Schnittern (-> FW#18, FW#19). Klassiker wie Ernst Busch dürfen auch nicht fehlen; dazu gibt es Wortbeiträge von Goguel, einen Auszug aus Langhoffs Bericht "Die Moorsoldaten", vorgelesen vom Autor selbst, sowie die Szene "Moorsoldaten" aus Brechts "Furcht und Elend des Dritten Reiches". Die Doppel-CD wird mit einem ausführlichen Beiheft in einem ansehnlichen Karton geliefert. (Mehr Details in Tom's Nachtwache.)
Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager, Postfach 1132, 26851 Papenburg, www.diz-emslandlager.de
Walkin' T:-)M


Windstill "Frodos Abenteuer"
Label: Eigenverlag; tem A 176; 1979/2001; Spielzeit: 46.04 min
Wer den "Herrn der Ringe" gelesen hat (s. www.tolkiengesellschaft.de, www.tolkienonline.de, www.tolkien-site.de), weiss, dass Balladen und Lieder einen nicht unbedeutenden Teil des Tolkienschen Werkes einnehmen (s. galaxy.uci.agh.edu.pl/~szymon/Tolkien/). Peter Jacksons Filmtrilogie hingegen enttäuscht in dieser Hinsicht (inklusive Filmmusik). Warum auch immer, der Zwiegesang zwischen Entmann und -frau hätte den martialischen zweiten Teil sicherlich aufgelockert. (So wirkt das etwas schlichte Gut-und-Böse-Schema wie ein Soundtrack zu George "Trouble You" Bushs Anti-Terror-Feldzügen, na ja, kommen auch zwei Türme drin vor.) Eine Vielzahl von Künstlern hat sich von dem Werk des umtriebigen Literaturprofessors inspirieren lassen. Nicht nur im Namen der Rockgruppe Marillion, die Balladen selbst wurden immer wieder mal vertont: Neben absonderlichen Black-Metal-Interpretationen gibt es beispielsweise Vertonungen von Marion Zimmer Bradley.
Windstill sind bzw. waren Christian Geißendörfer (Gitarre, Gesang), Gerhard Rauscher (Querflöte) und Michael Engelhardt (Bouzouki) plus Gäste an Geige, Blockflöte und Perkussion. Auf dem Weg vom Auenland zu den Schicksalsbergen musizieren Frodo und seine Gefährten immer mal wieder und stimmen ein Liedchen an (in den deutschen Übertragungen von Freymann). Instrumentalstücke nehmen Abschied vom Auenland oder spielen zum Elbentanz auf. Bilbo singt am Feuer, Pippin beim Baden und Sam gefangen im Turm von Mordor. Tom Bombadil hüpft über Steine, im Wirtshaus zum tänzelnden Pony wird eine Pause eingelegt und die Straße gleitet fort und fort (wenn man nicht gerade der Ringgeister wegen im Graben hockt). Im Gegensatz zum ambitionierteren Projekts des dänischen Tolkien-Ensembles hat Mittelerde eine gemeinsame Musikkultur erhalten und Hobbits, Elben und Ents musizieren im gleichen Stil. "Frodos Abenteuer" wurde 1979 aufgenommen und die Platte hat auch, je nach Standpunkt, den Charme oder die Antiquität deutscher Folkmusik aus den 70er Jahren. Ougenweide lässt an vielen Ecken grüßen. Persönlich kann ich mich mit den Übersetzungen von Tolkiens Gedichten ins Deutsche am wenigsten anfreunden. Sie wirken mir wegen des Zwanges zu korrespondierendem Vers- und Reimmaß mitunter etwas aufgesetzt.
Windstill/Christian Geißendoerfer
Walkin' T:-)M


Stephan Hiss "König der Schmerzen"
Label: Banana; BC 10400; 2002; Spielzeit: 60.32 min
Der Frontsänger und -akkordionist von Hiss (-> FW#18, FW#20) legt sein Solowerk vor. Eine Platte, die quält und peinigt. Nicht nur in den Ohren, sondern ein bohrender Schmerz dringt direkt ins Hirn. Selbst das eigene Begräbnis könnte kaum elender stimmen. Das Leben ist kein Zuckerschlecken, ist die Botschaft, und man bekommt eine leichte Ahnung, was Kurt Cobain dazu getrieben haben mag, sich eine Knarre in den Mund zu stecken. In der miesesten Bodega diesseits des Rio Grande hat Stephan, keine zehn Pesos in der Tasche, seine Bande verloren (oder sie ihn vergessen). Der von der vergangenen Nacht übriggebliebenen und verkaterten Tex-Mex-Kapelle ist jedenfalls nicht daran gelegen, die Stimmung zu heben. Vielmehr jammen und jammern sie sich gemeinsam durch abgehalfterte Nummern und neue Grausamkeiten. Stephan leidet an der Liebe und an der Welt, auf Deutsch, Englisch und Spanisch, bis man zum Schluss noch durch den "Ring of Fire" getrieben wird. Nach einer Stunde ist die Marter vorbei. Und jede Party. Wer möchte da noch König sein?
Banana Records
Walkin' T:-)M


Norrin Radd "Monsters and Angels"
Label: Calico; CACD001; 2002; Spielzeit: 48.14 min
One Bar Town "Say Me A Rosary"
Label: Twah!; 124; 2003; Spielzeit: 46.55 min
Johnny Cash (siehe auch Tom's Nachtwache) hat es einmal so gesagt: I love songs about horses, railroads, land, judgement day, family, hard times, whiskey, courtship, marriage, adultery, separation, murder, war, prison, rambling, damnation, home, salvation, death, pride, humor, piety, rebellion, patriotism, larceny, determination, tragedy, rowdiness, heartbreak and love. And mother. And God. Themen, die sich durch das Genre ziehen, das man gemeinhin "Americana" nennt.
Hinter Norrin Radd verbirgt sich der Singer/Songwriter Gandulf Hennig. Bei den Vorbereitungen zu einem Film über die Countrylegende Gram Parsons hat er Blut geleckt und beschlosen, selbst in dei Saiten zu greifen. Bereits bei dem Vorgängeralbum sollen Donovan (-> FW#23) und Roger McGuinn (-> FW#23) blass geworden sein (steht's drüben schon so schlimm?). Die Country-Popsongs des Berliner Sunny-Boy stehen aber auch in bester Byrds-Tradition. Dobro und Slide erzählen eine mörderische Geschichte von Liebe, Verlust und Abhängigkeit, die in Verrat und Tod endet. Schützenhilfe kommt u.a. von Rosie Flores, Johan Jansen und Sid Griffin.
Etwas erdiger kommt One Bar Town daher, ein in Lübeck beheimatetes deutsch-dänisches Quintett. Stell dir vor, du wärst in einem kleinen Bauerndorf, umgeben nur von Kornfeldern, ein Ort zu dem man nur durch Zufall gelangt. In der Mitte dieses einsamen Dorfes ist ein Scheunen ähnliches Gebäude mit einem Neon Schild auf dem BAR steht. Und du hörst Roots Rock, twisted Hillbilly, mit gelegentlichen Ausbrüchen Richtung Cow Punk. Mit aggressivem Roots-Rock werden Geschichten über Menschen und ihre Probleme erzählt: I'll show you scars, let my pain flow, then stand back to watch you drown.
Bei beiden Platten würde ich mir persönlich böseren Gesang wünschen. Aber man braucht sich nicht hinter Tom Petty & Co verstecken. Auf den Südstaaten-Akzent kann man getrost verzichten; Monster und Engel gibt es auch im Alten Europa genug. Darauf würde ich mindestens einen Rosenkranz lassen.
Calico Records / Twah!
Walkin' T:-)M


Squadune "Black Forest Tales"
Label: D'Ohr/Extraplatte; EX 554-2; 2002; Spielzeit: 65.45 min
Die Österreicher Squadune (-> FW#7) treten mit ihrem neuesten Werk live an. Kärnten/Steiermark/Wien ist das musikalische Dreieck von Hubert Dohr (Gesang, Akkordeon, Drehleier), Stoney Steiner (Geige -> FW#12) und Martin Moro (Gitarre, Bouzouki). Alpine Gruppen scheinen ja immer einen leicht besonderen Sound zu haben (z.B. -> FW#11, FW#18, FW#18); der musikalische Kern ist irisch, aber drumherum wird heftigst experimentiert. Vielleicht ist das das Urkeltische, Kontinentale im Gegensatz zum Insularen. Und so erklingen auch Laute aus Bulgarien, Schweden, Italien und Französisch-Kanada sowie ein Stück von Kepa Junkera (-> FW#7, FW#8, FW#21), dazu selbstgeschriebene Songs Dohrs, von irischen Traditionals kaum zu unterscheiden. Seine Gesangsstimme erinnert an Jim Malcolm (-> FW#5, FW#5, FW#15) Der österreichische Charme ist nie weit; die Einleitung zu "John Barleycorn", aka Hans Gerstenkorn, ist fast allein die Anschaffung der Scheibe wert.
P.S.: Für Hardcore-Fans gibt es auch eine DVD mit Konzertmitschnitten, von der die Interpreten selbst sagen: Die DVD ist ein kleines Kuriosum und für eingefleischte Fans gedacht. (Ich konnte mich bislang noch nicht davon überzeugen, aber vielleicht bin ich bald einmal technisch so weit.)
D'Ohr/Extraplatte
Walkin' T:-)M


V/A "Classic Mountain Songs"
Label: Smithsonian Folkways; SFW CD 40094; 2002; Spielzeit: 70.08 min
"O Brother Where Art Thou" (-> FW#23) hat ja ein gewisses Interesse für traditionelle amerikanische Musik geschaffen. Hier kommt quasi Soundtrack Teil 2, genauer gesagt, Song & Tunes aus den südlichen Appalachen. Die Isolation des Gebirgszuges hat es ermöglicht, das die Folkloristen im frühen 20. Jhd. einen wertvollen Schatz heben konnten. Moses Asch gründete 1948 Folkways (heute Smithsonian Folkways) und nahm zahlreiche Old-time-Stücke auf, die großen Einfluss auf die junge, aufblühende Folkszene hatten. Zwischen 1958 und 1966 wurden 44 Alben mit traditionellem Material veröffentlicht, Eric von Schmidt z.B. ist noch heute begeistert: They cost a lot for records back then, but what authority they had! Three layers of heavy cardboard, a multipaged booklet of notes and layers, and the disc itself a slab of vinyl like we are not likely to see again. Ausser Jean Ritchie, Mike Seeger oder Doc und Merle Watson sind die meisten Künstler wahrscheinlich auch in Amiland längst vergessen (wenn sie denn je bekannt gewesen sind). Lieder wie die Child-Ballade "Barbry Ellen", das prominente Spiritual "Amazing Grace" und der vielleicht namhafteste amerikanische Folksong "John Henry". Hier mit einem Taschenmesser als Slide eingespielt vom farbigen Gitarristen Lesley Riddle (1905-80), dessen Stil Maybelle Carter und viele zukünftige Gitarristen beinflussen sollte. Die Carters nahmen Riddle als "tragbares Tonbandgerät" mit auf ihre Reisen, der die Tunes lernen musste. "I Am a Poor Pilgrim of Sorrow" ist eine kirchliche Version des säkularen "Man of Constant Sorrow". "Conversation with Death" findet sich als "Oh Death" bei O Brother. "Moonshiner" ist ein Beispiel umgekehrter Migration, via die Clancy Brothers wurde das Stück ein irischer Standard. Und und und. Ein paar wenige Instrumentalstücke runden die Kompilation ab, z.B. "Lost Indian". Der Komponist beobachtete einen Indianer im Mississippi ertrinken und inkorporierte die Todesklage in seine Komposition.
Smithsonian Folkways; Vertrieb: Sunny Moon
Walkin' T:-)M


airím "níl na lá"
Label: Eigenverlag; 2002; Spielzeit: 73.59 min
Airím, ein Duo aus Gelsenkirchen. Christian Waleschkowski spielt Gitarre und Bouzouki und singt mit schottischem Twang und rollendem R, Susanne Böhler spielt Tin und Low Whistle. Die Lieder sind überwiegend ruhiger Natur: Gassenhauer wie z.B. Whiskey in the Jar werden nur auf ausdrücklichen Publikumswunsch vorgetragen. Na Gott sei dank. Die Platte enthält Traditionelles wie "Fhear a Bhata" (das im Titel stehende Stück übrigens nicht), Stan Rogers' "Mary Ellen Carter" (wer im übrigen möchte, dass Rogers in die Canadian Music Hall of Fame aufgenommen wird, kann eine entsprechende Petition unterzeichnen), Andy M. Stewarts "Blackbird", Peter Hames "Ordinary Man" oder Pat McGuigans "Men Behind the Wire". Letzteres Stück erinnert an die Internierung 1971 in Nordirland, als Hunderte von Verdächtigen ohne Haftbefehl oder Anklageschrift arretiert wurden. Christians Eigenkompositionen müssen sich auch nicht verstecken. "The Old Hag" z.B. ist Biddy Early (1798-1874) zugeeigent, der Kräuterhexe aus dem Co. Clare. Biddy's Cottage verrottet heute ausserhalb Feakles, dafür trägt ein Bier aus Inagh ihren Namen. Dazu kommen noch ein paar Instrumentalstücke: "Kemp's Jig" ist benannt nach dem elisabethanischen Schauspieler William Kemp, der 1599 in neun Tagen die 125 Meilen von London nach Norwich tanzte. "Captain O'Kane" wird aufgrund des Stils Carolan zugeordnet (-> FW#20). Und schließlich wird Depeche Modes "Just Can't Get Enough" zur Polka "verhunzt". Wem das kein Lächeln aufs Gesicht zaubert, dem ist auch nicht mehr zu helfen.
Airím
Walkin' T:-)M


Lynch the Box "Summer's Gone"
Label: Jigit!; JICD1026; 2003; Spielzeit: 51.52 min
Ich hätte ja nie gedacht, dass mir einmal ein Erzeugnis aus dem Hause Jigit! gefallen würde (-> FW#23), und dann gerate ich auch fast noch ins Schwärmen. Lynch the Box (-> FW#13), ursprünglich aus Matthias Rülke (Gesang, Bouzouki, Banjo, Gitarre) und Johannes Mayr (Piano-Akkordeon) bestehend, hat sich zum Trio gemausert. Tina Fastje (Fiddle) ist die kongeniale Ergänzung zu den beiden Herren. Eine bunte Mischung von Instrumentalstücken; Matthias stimmt Lieder wie "Creggan White Harex", "Newry Highwayman" und "Blacksmith" an. Vielleicht ist es im April ja zu früh, der Sommer steht bevor und ist noch lange nicht vergangen, aber warum soll ich nicht hier und jetzt schon einmal überschwenglich äussern, dass die Irish-Folk-CD des Jahres 2003 vielleicht aus deutschen Landen kommen könnte.
Jigit!
Walkin' T:-)M


The Men They Couldn't Hang "The Cherry Red Jukebox"
Label: Twah!; 125; 2003; Spielzeit: 42.16 min
Alle Jahre wieder tun sich Songschreiber Paul Simmonds sowie Sänger Stefan Cush und Philip Odgers (-> FW#16) wieder mal zusammen. Die Men They Couldn't Hang lassen sich nicht hängen, sondern rocken wie gewohnt los. In eingängigen Rock'n'Roll-Songs werden die alten Themen neu variiert. Da gibt es eine Gunman-Geschichte (hier eine Gunwoman), unter glühend-heisser Sonne wird gereist (diesmal von Spanien nach Kamerun) und die eigene Vergangenheit wird beschworen: Elvis erklingt aus der kirschroten Jukebox: Forty years of rhythm going strong, the roots rock rebel rave is never wrong. Der "Summer of Hate" ist dem jüngst verstorbenen Clash-Frontmann Joe Strummer gwidmet (siehe news): The old leather jacket was a shield and a sign, blanket and a pillow and an old lang syne ... where the Clash played played as we followed them round. Wunderbar die Harmonika-Einlagen von Dave Kent und Bobby Valentino lässt die Fiedel zum Country-Dance erschallen.
Twah!
Walkin' T:-)M


Cochise "Live"
Label: Jump Up/Conträr; 003/33; 2002; Spielzeit: 45.03 min
Die neue Gruppe um Pit Budde (ex Manderley) gehört zu den interessantesten und auch wichtigsten Erscheinungen der zeitgenössischen deutschen Folk-Szene. Ihr Repertoire umfasst vor allem selbstgeschriebene deutsche Songs, die sich kritisch mit unserem bundesdeutschen Alltag auseinandersetzen. Die musikalische Umsetzung ist dabei einzigartig und sprengt alle Schablonen: Der Ausgangspunkt ist sicherlich der Folk, doch werden dabei unterschiedlichste Elemente der populären Musik, aber auch des Jazz und der Klassik eingewebt oder miteinander kontrastiert. So schrieb der Folkletter der Folkinitiative Münster (-> FW#23) zum Konzert am 6. Feb. 1980 und dem ist eigentlich nur wenig hinzuzufügen. Die Gruppe um Pit Budde (-> FW#19, FW#20) hat sich 1979 aus folkigen Anfangen entwickelt, der Name entlehnt vom legendären Apachenhäuptling. Die Musik der anarchistischen Politrockband wurde aber genau wie die Zeiten bald härter. 1988 kam nach pausenlosem Touren das Aus. Zu kompromisslos hatte man sich vermutlich gegeben. "Live" enthält Ausschnitte zweier Konzerte vom Oktober 1984 in Münster. Beginnend mit "Rolltreppe Abwärts", dem Instrumentalstück aus dem gleichnamigen Jugendtheaterstück, in Folge eine Reihe von Cochise-Klassikern. Wie heisst es doch im Stück "Rauchzeichen": Wenn ihr den letzten Baum zerstört, der letzte Vogel nicht mehr singt, werdet ihr erst dann einsehn, dass ihr euer schönes Geld auf der Bank nicht essen könnt. Zum Schluss die Hommage an die prominenten Vorgänger, Ton Steine Scherben, Rio Reisers "Der Traum ist aus": Wir haben nichts zu verlieren ausser unsre Angst. Auch zwanzig Jahre später hat sich daran wenig geändert.
Jump Up/Conträr
Walkin' T:-)M


Jokke Schreurs Trio “Muziek van voor den Oorlog”
Label: Wild Boar/Alea; WBM 21034; Belgien; 2002; Spielzeit: 44.44 min
Es gibt eine Art und Weise Gitarre zu spielen, bei der sich der Vergleich zu Django Reinhardt aufdrängelt, selbst wenn sich alles dagegen sträubt, den Namen eines berühmten Musikers zu bemühen. Schwierig wird es, wenn jemand Klasse hat, die vergleichbar ist. Man wird dem persönlichen Stil eines Musikers nicht gerecht, wenn man vom Jimmy Hendrix des Dudelsacks oder von der Janis Joplin des sephardischen Kunstgesangs spricht. Stile lassen sich kopieren, aber deren Geist muss man atmen. Anders, wenn der Stil seines Meister die Quelle der Inspiration ist und sich durch den Großteil seiner Biografie zieht, wie es bei Jokke Schreurs der Fall ist. Auf seinem 2002 erschienen Album "Muziek van voor den Oorlog" frönt er seiner Liebe zur Musik vom alten Reinhardt. Flink und sicher weiß er die Gitarre zu spielen und bringt eine schmissige, leichte CD zu Wege. Begleitet wird er dabei von Sam Struyck, ebenfalls Gitarre, Ben Faes am Kontrabass, und dem Bariton Guido Naessens. Doch an den Stellen, an denen Gesang das Album etwas aufzurauen versucht, wird es ungelenk. Es verliert an Qualität trotz der ausgezeichneten Stimme des Sängers. Der Versuch eines lockeren Zusammenspiels von Gipsy-Musik und der Interpretation von Weill's "Kanonensong" gehört zu den Schwachpunkten einer ansonsten recht hörenswerten CD.
Kontakt zum Label: erwin.libbrecht@skynet.be
Karsten Rube

 


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Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 25

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 6/2003

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