Ausgabe 7 12/98
FolkWorld CD-Besprechungen
The Hudson Swan Band "Flyte of Fancy"
Label: KRL/Lochshore; CDLDL 1278; Spielzeit: 56.56 min
Hudson Swan ist ein Multiinstrumentalist (Fiddle, Bouzouki, ak. u. e. Gitarre, Bass, Piano, Synth, Programming) und Namensgeber dieser schottischen Band. Um von dem Musiker zur Band zu gelangen, fehlen noch vier weitere Musiker: Sue Swan, Sängerin mit glasklarer Stimme, Steve Lawrence, der Percussion, Whistle und elektrische Bouzouki spielt, Gitarrist Tony Howard und Lindsay Hunt (Flöte, Piano, Synth). An dem zweiten Album der Band arbeiten auch noch einige Gastmusiker auf u.a. Harfe, Drums, Concertiana und elektrischen Gitarren.mit.
Insgesamt ist das Album nicht so rund geworden wie das Debutalbum vor zwei Jahren, einige Titel sind für meinen Geschmack etwas zu schwer geworden (insbesondere einige e-Gitarren Soli). In der Gruppe steckt ein großes Potential - einige Titel sind äußerst gelungen, sie muß aber noch etwas an ihren Konzept arbeiten, damit dieses schlüssiger wird.
KRL/Lochshore
Christian Moll
Jennifer Roland "Dedication"
Label: Magnetic Music Records; MMRCD1023; Spielzeit: 46.46 min
Nun wird die kanadische Folkszene mehr und mehr von dem deutschen Label/Agenten Magnetic Music/Petr Pandula entdeckt. Mit Jennifer Roland hat er eine der vielen hervorragenden Fiddler von Cape Breton Island für sein Label gesichert. Im typischen Cape Breton Stil spielt sich Jennifer durch Jigs, Reels, Strathspeys, Clogs etc., die zum Teil auch von ihr selbst komponiert sind. Begleitet wird sie dabei im ebenfalls typischen "Cape-Breton-Gewand": Von Piano, Gitarre und Drums/Percussion. Gerade kommt sie von einer großen GB-Tour mit den gutbekannten Cape Breton Musikern Jerry Holland und J. P. Cormier zurück, und im Frühjahr ist sie dann, zusammen mit ihrer Schwester Karen Steele (Piano) und Al Bennett (Gitarre/Bass), die beide auch auf der CD zu hören sind, auch in Deutschland im Rahmen des im nächsten Jahr kanadisch geprägten St Patrick's Day Celebration zu sehen.
Magnetic Music Records
Michael Moll
Squadune "Invasion of the Macho-Chests"
Label: Extraplatte; EX 354-2, ISBN 3-221-15342-4; Spielzeit: 44:33 min
Hubert Dohr, Martin Moro, Kurt Bauer eine Gruppe unverbesserlicher Machos. Liegt es am Geschlecht, daß mir die Scheibe so gefällt? Eigentlich ist es unspektakuläre handgemachte Musik. Spektakulär ist "nur" die Harmonie im Spiel und Ausdruck, zu der sich die drei gestandenen Musiker zusammenfinden. Stilistisch beheimatet im Keltischen, Französischen und Galizischen mit Einflüssen vom Balkan. Von Drehleier über Akkordeon, viele Saiten und mehr, bis Didgeridoo reicht das Instrumentarium, mit dem Squadune in die Gehörgänge und Beine dringt. "Sure to be a Row" die Melodie des "Star of County Down" mit einem anderen Text. Der "Galician Dance" für mich ein energiegeladener mystischer Boure้. "The New Waltz" ist eigentlich ein Zwiefacher ... Im "Waschzettel" zur CD steht, daß es eine Squadune-Version für Tanzabende gibt!
e-mail Extraplatte (PF 2, A-1094 Wien)
Frank Jagusch
Das Blaue Einhorn "vida nocturna Musik aus den Straßen"
Label: Unicornio Records; UR 34007; Spielzeit: 68:00 min
Eine CD beladen mit Emotionen. Wie schon auf der "Maljarkiza" geht es quer durch Klezmer, Romamusik und darüber hinaus. Aber es ist mehr eine eigene neue Geschichte wird in dem wieder prall dickem Begleitheft von Lied zu Lied gesponnen. Dabei ist jedes Stück eine Episode für sich und hat seinen eigenen Stil. Altbekannte jiddische Lieder stehen gleichberechtigt neben Eigenkompositionen, Traditionals und Stücken von Theodorakis oder Weill/Brecht. Die Berg- und Talfahrt der Stimmungen und Gefühle ist das einzig beständige auf der CD. ...und wer jemals wie ein Zigeuner unabhängig war, grenzenlos umhergezogen ist, dem wird "Nane Zocha" nach dem Herzen greifen und ihn auf die Straßen ziehen. Am Ende der CD und am Anfang des Begleitheftes ist "Das blaue Einhorn" eine bescheidene, ehrliche Offenbarung. Auch wenn manche sagen: "Das spielt er doch zu jedem Konzert.", kommt dieses Stück aus dem tiefsten Inneren Paul Hoorns. Da helfen keine Worte, da hilft nur Anhören.
In der Aufnahmepraxis (live oder quasilive) und der Besetzung ist fast alles beim alten geblieben, nur am Baß streicht und zupft jetzt Tino Scholz.
Unicornio Records, c/o Andreas Zöllner, Parkstr. 14, 01465 Liegau-Augustusbad, Tel. 03528/440881
Frank Jagusch
Tam White's Shoestrings "The real deal"
Label: G2/Greentrax Recordings
Daß Schottland auf dem Bluessektor mehr zu bieten hat als den
"Beamtenblues" der McCalmans, beweisen die Shoestrings um Tam White
auf ihrem neuen Livealbum.
Die rauchig-bluesige Stimme (Tam White), begleitet von zwei Gitarren
(White und Neil Warden) und Harp (Fraser Spiers) sorgen mit ihren
11 Songs für echtes Chicagoer Blues-Feeling. Das ist zwar nicht unbedingt etwas für reine Folkies, Freunden der
schwermütigen Musik jedoch unbedingt zu empfehlen - nicht umsonst bezeichnet 'The Scotsman' den Frontmann der Band als 'finest
blues-singer in Scotland'.
Blues ist jedoch nicht das einzige Talent des schottischen
Alexis Korner. Kinogänger kennen ihn vielleicht aus einer
seiner Filmauftritten, wie z.B. die als Clanchef der McGregors
in 'Braveheart'.
G2/Greentrax Recordings
Thomas Kamphans & Dorthe Luebbert
New Celtic Dimensions (Doppel-CD)
Label: KRL/Lochshore
Scottish Music - The rough guide
Label: World Music Network
Die beiden Sampler lassen sich durchaus mit einer Gemüsesuppe
vergleichen: Quer durch den Garten der schottischen Folk - von
tradionell bis rockig. Auch hier lassen sich einige Leckerbissen
herausfischen, die übrige Brühe rinnt wärmend die Kehle
herunter, wird aber schnell vergessen.
Die 16 Stücke des World Music Network Sampler eignen sich eher
für Anfänger im Bereich Scottish Folk - springen doch eher
bekannte Namen wie Wolfstone, Battlefield Band oder Capercaille
ins Auge.
Auf dem Lochshore-Sampler finden sich dagegen eher unbekanntere
Künstler, so daß hier auch Kenner des Genres einige
Neuentdeckungen machen können.
KRL/Lochshore, World Music Network
Thomas Kamphans & Dorthe Luebbert
Deborah Henson-Conant "Altered Ego"
Label: Laika-Records
Fröhliche Frauen singen traurige Lieder. Wollte man es sich
einfach machen, würde man Deborah Henson in diese musikalische
Kategorie stecken. Aber so einfach ist das nicht: Deborah Henson
spielt nicht einfach Folk, sondern belebt die Songs mit Elementen
aus Jazz, Klassik und Punk - ganz nach ihrem Motto "Schluß mit dem
engelhaften Getue scheuer Fraulichkeit an den Saiten".
Dazu hat sie die Orchesterharfe aus
ihrem folkmusikalischen Nieschendasein befreit, sorgt für brilliant-
virtuose Töne aus der Welt der Harfe. Schwermütig, stellenweise
fast mystisch sind die Lieder der einstündigen Platte. Als wollte sie das
sanfte Hinabgleiten des Zuhörers in einen sanft-depressiven Schlummer
verhindern, folgen zwischendurch überraschende Kunstgriffe und
Stilwechsel.
Deborah Henson-Conant kommt übrigens Ende Februar nach Deutschland.
Laika-Records
Thomas Kamphans & Dorthe Luebbert
Phons Bakx "A Song for the Jew's Harp"
Label: Barad-Durbeheer
Was ist eine Jew's Harp? Wer hier eine Klezmer-CD erwartet, hat
sich übel getäuscht, verbirgt sich doch hinter dem exotisch
klingenden Namen eine simple Maultrommel.
Der Holländer Bakx präsentiert auf seinem Album 22 Folk-Stücke
aus aller Welt. Begleitet wird er dabei von 17 Gastmusikern aus
10 Ländern. So bietet die CD einen guten Querschnitt durch
unterschiedliche Traditionen: Irland, Tschechien, Sardinien,
Schottland, Nordamerika und den Molukken (nein, das sind keine
Muscheln). Ständige Maultrommelbegleitung oder gar Maultrommelsolos sind
allerdings nur etwas für eingefleischte Freunde dieses
Instrumentes, auf andere könnte diese Platte doch etwas
befremdlich wirken.
Barad-Durbeheer - siehe auch: FolkWorld's Jew's Harp Kolumne
Thomas Kamphans & Dorthe Luebbert
Richard Gilewitz "Synapse Collapse"
Label: Gillazilla Records
Nein, von einem Cover darf man nicht auf die Musik schließen,
wie Richard Gilewitz' neues Album beweist. Dessen Cover deutet
nämlich eher auf elektronische New-Age Musik als auf akustische
Gitarre hin.
Die Platte besticht durch Gilewitz' exzellenten Fingerpicking-Stil, in
dem sich Einflüsse aus Folk, Blues, Jazz und Klassik wiederfinden.
Der Ex-NASA-Informatiker präsentiert 13 Stücke - sowohl
selbstgeschiebenes, als auch Material solcher Größen
wie Gove Scrivenor, David Walbert und Leo Kottke - von langsam-sentimental
bis schnell-swingend. Begleitet wird er dabei bei einigen Stücken
von Piano/Keyboard (David Webb) und Percussion (Gumbi Ortiz).
Auch Fingerpicking-Meister Leo Kottke weiß dieses Album zu
würdigen: er covert Gilewitz Komposition "Echoing Wilderness"
unter dem Titel "Echoing Gilewitz".
Gillazilla Records, mail to Richard Gilewitz
Thomas Kamphans & Dorthe Luebbert
Barry Coope, Jim Boyes, Lester Simpson "A Garland of Carols"
Label: No Masters
Drei Männer, drei Stimmen, ein Weihnachtsfest: 14 Carols, also
Weihnachtslieder, haben Barry Coope, Jim Boyes und Lester Simpson auf
diese CD gepreßt. Gesungen wird durchgängig mehrstimmig
a-capella. "Jedes Dorf hat seinen eigenen Vorrat an Carols",
informiert das Handbuch "English County Songs" aus dem Jahre 1892,
"Und nichts würde die Carols eines Dorfes mit denen des anderen
Dorfes vermischen". Bis ins späte Mittelalter gehen die Quellen
zurück, auf die die drei Vokalsänger zurückgreifen.
Festlich, aber nicht unbedingt klassisch-weihnachtlich hört sich
das Ergebnis an, aus unseren Regionen bekanntes à la
O-Tannenbaum sucht man - zum Glück - vergebens. "A Garland of
Carols" ist deshalb eine Platte, die man auch durchaus noch nach
Weihnachten ohne schlechtes Gewissen hören kann.
Das
ausführliche Booklet, das Herkunft und Bedeutung jeden Liedes
beschreibt, macht die CD nicht nur zu einem musikalischen, sondern
auch intellektuellen Genuß.
jim.boyes@virigin.net, No-Masters: www.thebeesknees.com
Dorthe Luebbert
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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 12/98
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