Ausgabe 21 03/2002

FolkWorld CD-BesprechungenDog

Hein & Oss Kröher "Hein & Oss Kröher"
Label: Pläne; Nr. 88869 / ARIS CD 219 101 62;; 2001; Spielzeit: 58.02 min
Die Zwillinge Hein & Oss Kröher aus dem pfälzischen Pirmasens, mittlerweile stolze 74 Jahre alt, sind aus der deutschen Folkszene nicht wegzudenken. Im letzten Herbst haben sie sich mal wieder im Studio eingefunden, um auf bewährte Art - zweistimmiger Gesang mit Gitarrenbegleitung, stellenweise ergänzt durch dritte Gitarre (Eckhard Karp) und Piano (Bernd Adler) - 18 ausgewählte Stücke für den Pläne-Verlag einzuspielen.
Die Titelauswahl reflektiert das durch unzählige Reisen bestimmte Leben der beiden Brüder, deren erklärtes Ziel es war und ist, "überall die singbarsten Lieder zu sammeln", wobei sie grundsätzlich deutsche Fassungen der Texte präsentieren, sei es als originaltreue "Nachdichtungen" oder als eigene Texte zu teilweise auch im Original wohlbekannten Songs wie hier z. B. John Denvers "Take Me Home, Country Roads", das in der Hein & Oss-Fassung "Vater Rhein" und dem Umweltschutz gewidmet ist. Auch manch anderer der hier vertretenen "Mitautoren" ist kein Unbekannter: Boris Vian, Charles Baudelaire, Lluis Llach, Arlo Guthrie, Franz Josef Degenhardt, um nur einige zu nennen.
Für den 17. September 2002 ist übrigens eine große Geburtstagsparty "150 Jahre Hein und Oss" mit illustren Gästen im Mainzer Unterhaus geplant.
Pläne
Anja Beinroth


Dominig Bouchard Harp en Bretagne "L'ancre d'argent"
Label: Keltia Musique; KMCD127; 2001; Spielzeit: 65:40 min; 20 Tracks
Die Harfe ist nicht das Instrument mit dem man als Musiker außerhalb der Klassik übermäßig viel Eindruck schinden kann. Nur einer Handvoll Instrumentalisten ist es gelungen, sich mit diesem unhandlichen Gerät, das trotz seiner Sperrigkeit engelsgleich schwerelos klingt, einen Namen zu machen. Deborah Henson Conant, Andreas Vollenweider im Jazz- und Worldmusikbereich, Loreena McKennith und Alan Stivell in der keltischen Folkszene. Während besonders der Bretone Alan Stivell sehr ruppige und rockorientierte Arrangements bevorzugt, beschreitet sein Landsmann Dominig Bouchard einen anderen Pfad. Er versucht gar nicht erst die Harfe als Popinstrument zu verstehen, sondern widmet sich der Pflege des keltischen Liedgutes seiner bretonischen Heimat.
Auf seiner jüngsten CD "L'ancre d'argent" gelingt es ihm vom ersten Ton an, dem Hörer den Realitätssinn zu rauben. Er schickt ihn auf eine Zeitreise in längst vergangene Jahrhunderte. In Zeiten, als noch das Kaminfeuer hinter dicken Burgmauern prasselte, im Zauberwald von Broceliande im dunklen Herzen der Bretagne keltische Rituale zelebriert wurden und die Harfe zur Kurzweil und beim Geschichtenerzählen genutzt wurde.
Die zwanzig Lieder stammen aus unterschiedlichen Zeiten und Quellen und sind in der Bretagne recht populär. Zumindest in den traditionspflegebewussten Kreisen. Der "Brian Boru's march" den Alan Stivell berühmt gemacht hat befindet sich ebenso auf der CD, wie eine Komposition aus dem frühen 18. Jahrhundert vom fernen Cape Breton in Canada. Querbeet bedient sich Bouchaud am bretonischen Liedgut, instrumentiert es spärlich, aber effizient. Es begleiten ihn die bretonische Band Teleen Kemper, der Bombardespieler Christian Faucheur und die Violinistin Odile Ribeyre. Besonders hervorzuheben ist Anne Auffret, die mit leicht rauchiger Stimme in den wenigen gesungenen Liedern den meist ähnlich klingenden Harfenstücken auf emotionale Weise eine abwechslungsreiche Klangfarbe verleiht.
Karsten Rube

Värttinä "6.12." Live
Label: Westpark-Musik ; 2001; Spielzeit: 53:10 min; 14 Tracks plus Video
Will man über skandinavische Musik berichten, kommt man an Värttinä nicht vorbei. Als sich 1983 in der ostfinnischen Provinz Karelien die Geschwister Sari & Mari Kaasinen anschickten mit einigen Schulfreundinnen die Volkslieder ihrer Heimat zu singen, ahnte wohl kaum einer der Beteiligten, dass Värttinä zu Beginn des neuen Jahrhunderts zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen finnischen Kultur zählen würden.
In den 90'ern veränderte sich das Gesicht der Band. Rockmusiker und Absolventen der Sibelius Academie für Folkmusik in Helsinki stießen zu Värttinä. Als Frontfrauen agieren bis heute vier Sängerinnen mit exzellenten Stimmen, die manchmal zart und empfindsam, ja federleicht zirpen, doch häufiger energisch und emphatisch schmettern und damit in einem eigenen und unnachahmlichen Stil frischen Wind in die internationale Folk-Pop-Szene blasen.
Mittlerweile sind einige ihrer Alben vergoldet und Värttinäs Fähigkeiten regelmäßig in den überwiegend von Afropop und Cubanismo dominierten Weltmusikcharts an vorderster Front mitzumischen, kann man nicht hoch genug einschätzen.
Im Jahr 2000, zum Nikolaustag, schenkte Värttinä den Fans ein ganz besonderes Konzert. In Helsinkis Savoy-Theater stellte die Band einmal mehr ihre hervorragende Livequalität unter Beweis. Der Mitschnitt des Konzertes erschien nun unter dem schlichten Titel "6.12." auf CD. Pekka Lehti, Bassist bei der Band und Produzent des Live-Albums hat bei der Auswahl der Titel gute Wahl getroffen und dafür gesorgt, dass nun ein vorzüglicher musikalischer Querschnitt aus knapp 20 Jahren Värttinä vorliegt. Den Kölner Skandinavienprofis von Westparkmusic ist es zu verdanken, dass die CD auch in Deutschland zu bekommen ist.
Zudem beinhaltet die CD ein Video des Titels "Äijö", das die vier jungen Frauen von einer wilden, zornigen, beinahe zänkischen Seite zeigt. Man möchte nicht Ziel ihres Zorns sein.
Das Album ist ein Muss für alle Värttinä-Fans, selbst wenn sie Live-CD's eher mit Skepsis betrachten.
Band/Musiker-Homepage: www.varttina.com
Karsten Rube


Mariza "Fado em mim"
Label: World Connection; WC43028; 2001; Spielzeit: 45:46 min; 12 Tracks + Hidden Track
Das der Fado nicht ausschließlich für Leute mit schwarzen Augenringen und Trauerflor auf dem Hut reserviert sein muss, beweist das Album "Fado em mim" der portugiesische Sängerin Mariza. Zwar präsentiert auch sie sich auf den Fotos, die für die Covergestaltung ausgewählt wurden, als schwebende Schönheit mit schmachtender Mine. Allerdings kann man sich die junge Frau mit der eigenwillig blonden und angeklatschten Kurzhaarfrisur auch ebensogut bauchnabelgepierct in den Discotheken ihrer Heimatstadt Lissabon vorstellen.
Mariza ist sechsundzwanzig Jahre alt und singt seit einigen Jahren Fado. Anfänglich wurde sie mit Amalia Rodriguez verglichen. Aber wer sich an den Fado wagt, wird immer an Amalia gemessen werden, gilt sie doch als die obere Messlatte aller Fadistas. Was soll man also tun, wenn man als junge Sängerin hören muss: "Ja, es gibt Ähnlichkeiten. Natürlich fehlt ihr die Reife. Natürlich wird niemand so wie Amalia singen." Man müsste resignieren und aufhören. Aber Resignation ist ein Teil der Sentimentalität und damit idealer Nährboden für den Fado. So lässt sich es Mariza nicht ausreden zu singen und den Fado so zu singen, wie sie es für richtig hält. Vergleiche mit Amalia hört sie, aber sie entzieht sich diesen, so gut sie kann.
Den Fado, mit seiner Schwermut und seinen schwierigen Tonfolgen beherrscht sie vorzüglich. Doch nimmt sie ihn auf ihrer CD nicht sonderlich ernst. Zwischendrin erklingen immer wieder frohe, lebenslustige Töne. Ein Lied preist den Senhor Vinho und kommt sogar tanzbar daher und - hier werden die Fadopuristen die Hände über den Kopf zusammen schlagen - begleitet von einem Schlagzeug.
Hört man ihre CD "Fado em mim", so spürt man, dass sie mehr kann und will, als sich als portugiesische Sängerin auf den Fado festlegen zu lassen, auch wenn die CD hauptsächlich darin ankert.
Nun mag man ihr vorwerfen, dass sie sich auf dieser CD an den Werken anderer bedient. Viele der Lieder hörte der aufmerksame Kenner portugiesischer Musik bereits in anderer Interpretation, allerdings bedienen sich viele Musiker bekannter Werke. In Portugal sind es vornehmlich die großen Poeme der Dichter, die sich einst in den Dienst von Amalia Rodrigues stellten und die auch heute immer wieder neu interpretiert werden.
Marizas Stimme besitzt ein bemerkenswertes Volumen, das um so erstaunlicher ist, wenn man diese recht schmale Frau betrachtet. Aber damit ist sie unter den portugiesischen Interpretinnen nicht allein. Misia, die neue Königin des Fado ist ebenfalls recht filigran und singt doch den Mond vom Himmel und noch ein Vergleich, der auch stimmlich passend ist, die von mir sehr verehrte Dulce Pontes gehört auch eher zu den schlanken Frauen, die eine gewaltiger Stimme in ihrer schmalen Brust beherbergen. Der stimmlichen Brillanz von Dulce Pontes ist Mariza noch nicht gewachsen - hoppla, hier stell ich plötzlich selbst Göttinnen in den Olymp - doch die Voraussetzungen dazu besitzt sie allemal, wie sie mit "Fado em mim" unter Beweis stellt.
Kontakt: J.P.Ruela Management
Karsten Rube


Kepa Junkera "Maren"
Label: EMI-Espana; 7243 535490 08; 2001; Spielzeit: 62:42min; 13 Tracks
Die Trikitixa ist eines der Nationalinstrumente des Baskenlandes. Es ist ein Knopfakkordeon und kaum ein Künstler beherrscht es mit solch einer Virtuosität wie der 1965 geborene Baske Kepa Junkera.
Ich hörte Kepa Junkera das erste Mal im Jahr 1998 auf Radio Multikulti. Damals war gerade sein Doppelalbum "Bilbao 0:00 h" erschienen und da der Berliner Spartensender hin und wieder unter Weltmusik mehr versteht, als den hauptsächlich von ihm servierten Cocktail aus afro-cubanischem und griech-türkischem Mainstream, hatte ich das Glück auf diesen Musiker aufmerksam zu werden.
"Bilbao 0:00 h" zählt bis heute zu meinen Favoriten. Eingespielt mit einer Auswahl der besten Musiker der Folk- und Weltmusikszene wurde das Album zu einem schwer zu übertreffenden Meilenstein kulturübergreifender Produktivität.
Junkera betätigte sich selbst als Gastmusiker auf zahlreichen Alben verschiedener Künstler. Von der portugiesischen Sängerin Dulce Pontes bis zu Andreas Vollenweider, seine Trikitixa ist überall herauszuhören.
Vier Jahre ließ sich Kepa Junkera Zeit bis er sich an ein neues eigenes Werk wagte. Das Album, das zum Jahresende 2001 erschienen ist, heißt "Maren" und wieder versammelte er klangvolle Namen, die sich in der Gästeliste lesen, wie ein Buch des "Who is who" der Weltmusik.
Als Akkordeonist muss man seine Arme öffnen, um die Luft, die das Instrument benötigt zu bewegen. Kepa Junkera öffnete seine Arme weit genug, um damit die halbe Welt musikalisch zu umarmen.
Das Baskenland im Zentrum reichen seine Arme auf der einen Seite über Katalanien, wo er auf die Sängerin Maria del Mar Bonet stieß, weiter über Albanien und Bulgarien, Heimat stimmgewaltiger Chöre, bis in die Schluchten des Kaukasus, in denen er den armenischen Dudukspieler Roston Kuchichian fand.
Auf der anderen Seite konnte er den asturischen Dudelsackrevolutionär Angel Hevia, den französischen Drehleierspieler Gilles Chabenat, den madagassischen Sänger Justin Vali und den Quebeqer Fußpercussionisten Michel Bordeleau von der franko-kanadischen Folklegende La Bottine Souriante für sein Projekt begeistern.
Wieder hat Junkera einfache Melodien gefunden, die fast an Kinderlieder erinnern, sie mit viel Raffinesse arrangiert und dank der Spielfreude seiner Gäste zu komplexen Werken reifen lassen.
Sein Lied "Bok-Espok", das er auf der CD "Bilbao 0:00h" mit der schwedischen Gruppe Hedningarna einspielte und das damals eine etwas düstere Austrahlung besaß, wirkt auf "Maren" freundlicher und verspielter, zum Teil auch deshalb, weil er es mit den wunderbaren Stimmen des Bulgarka- Junior Quartetts veredelt hat.
Dies ist auch im Video, welches sich auf der CD befindet, sehr farbenfroh all Musiker in Szene gesetzt und mit ein paar landestypischen Eigenarten und Kostümierungen garniert worden.
"Maren" ist eine ganz vortreffliche CD. Sie gehört für mich bereits jetzt zu den schönsten Platten, die dieses Jahr hervorbringen wird.
Band/Musiker-Homepage: www.kepajunkera.com
Karsten Rube


Uxía "Danza das Areas"
Label:Virgin Records Espana; 8494282; 2000
Galizien im Nordwesten Spaniens ist kein Land, das musikalische Chartstürmer hervorbringt, keinen Mainstream, keine massenkompatiblen Hits, auch nicht für die Weltmusikcharts. Die Musikszene Galiziens produziert eher kleine Perlen, die nicht von jedem, der sie hört, als Perlen erkannt werden.
Eine dieser Perlen ist die Sängerin Uxia Senlle. Nach ihrem ersten Soloalbum "Estou vivindo no ceo", das 1997 auf dem Nubrenegra-Label erschien, waren sich alle, die Uxia hörten im Urteil einig. Eine sanfte Stimme voller Kraft, hieß es. Eine große Sängerin, die sich mit Galiziens traditioneller Musik vorsichtig in die Zwischenwelt zwischen Folk, Pop, Kunstlied und Jazz wagt. Und alles wartete gespannt, was daraus werden würde. Doch Uxia ließ sich Zeit. Sie folgte gern den Bitten zahlreicher Musiker, deren Alben mit ihrer Stimme zu schmücken. Mit der afrikanischen Sängerin Rasha und der Spanierin Maria Salgado spielte sie die gemeinsame Platte "Sal de la vida" ein und Galiziens Folkszene konnte sich immer wieder auf ihre Mitwirkung verlassen. Kürzlich sang sie zusammen mit ihrer Tochter ein Lied auf der CD "Pipeline" von Dermot Hyde und Tom Hake.
Endlich erschien das zweite Album der Künstlerin und alles ungeduldige Warten wurde schon beim ersten Hören entschädigt. Mit "Danza das Areas" legt Uxia eine sehr gefühlvolle CD vor.
Für Uxia steht das Wort Musik im Plural. Es ist immer die Summe aller Einflüsse und Ergebnis eines stetigen Prozesses von Veränderungen. Schon aus diesem Grund versteht sie sich nicht als Folkmusiker, sondern lediglich als Musikerin, die aus all den Dingen, die auf sie wirken, ihre eigene Musik schöpft. Und die ist der traditionellen Musik so nah, wie dem Jazz und der Musik der iberischen Halbinsel überhaupt, vom Bolero, über den Fado bis hin zur heimgekehrten Habanera.
"Danza das Areas" ist auch ein typisches Album für Galiziens Musik, da sich zum Einspielen der CD wieder einmal zahlreiche bekannte Künstler des Landes und darüber hinaus zusammen fanden. Ein ständiges "Spielst du bei mir, spiel ich bei Dir" erweist sich für dieses kleine vergessene Ländchen als überaus kreative Produktionsform. So wirken der Violinist Quim Fariña sowie die Sängerin Guardia Galego von Berrogüetto mit, die Gaitaspieler Xosé Manuel Budiño und Susana Seivane, die Katalanische Sängerin Maria del Mar Bonet, Schottlands schönste Stimme Karen Matheson von Capercaillie und die portugiesische Sängerin Dulce Pontes, die mit Uxia im Duett im Lied "A rula" einen der bezauberndsten Momente der CD schafft.
Ein CD, die ich allen ans Herz legen möchte, die sich zurücklehnen wollen, um auf Reisen gehen.
"Danza das Areas", eine Perle von einer großen Sängerin.
Uxia wird vertreten durch Nordesia E-mail: nordesia@ctv.es, Via Sacra 3, Santiago de Compostela
Karsten Rube


Anonimi "Ouranio Taksidi"
Label: Raumer Records; LC03050; 1999; Spielzeit: 44:55min; 12 Tracks
Den Begriff Weltmusik zu definieren, gestaltet sich immer etwas schwierig. Stammt Musik aus Spanien, so ist es für viele spanische Musik, stammt sie aus Bulgarien, so ist es bulgarische. Kommt sie aus Griechenland, so ist es eindeutig griechische Musik. Weltmusik wird es immer dann, wenn sich die Kulturen kreuzen und etwas Eigenständiges hervorbringen. Etwas, das den Begriff multikulturell nicht aufsetzt, sondern prägt.
Genau das kann man von der Musik der Gruppe Anonimi behaupten, die zwar Musik aus der griechischen Tradition spielt, allerdings kulturelle Einflüsse ihrer Musiker zulässt. Diese kommen neben Griechenland aus Russland, der Türkei und Spanien und bereichern damit die griechische Basis mit multikulturellen Gewürzen.
Anonimi scheut sich nicht vor modernen Einflüssen, was vor allem Live zu bemerken ist.
Ihre Debüt-CD "Ouranio Taksidi" ist eine lebendige Mischung aus tanzbaren Rhythmen und der Melancholie der Kulturen des östlichen Mittelmeeres in Harmonie mit den Einflüssen westlicher Hörgewohnheiten.
Kurzweilig, lebendig und unbedingt hörenswert.
Band/Musiker-Homepage: www.anonimi.de, Kontakt: info@anonimi.de; Tel.: 030 3333181; Fax: 030236222644
Karsten Rube


Duncan Chisholm"The Door of Saints"
Label: own; 2001 ; Spielzeit: 43:01 min; 9 Tracks
Unaufdringlich, aber leider auch unbedeutend kommt die CD "The Door of Saits" des schottischen Wolfstone-Fiddlers Duncan Chisholm daher, die im Dezember 2001 in Eigenproduktion des Künstlers erschien.
Trotz renomierter Gastmusiker, wie des Akkordeonisten Phil Cunningham und des ehemaligen Wolfstonegitarristen Ivan Drever, gelingt es der CD äußerst selten in Fahrt zu kommen. Lediglich bei der Kepa Junkera Adaption "Bok- Espok" weicht die sanfte Dämmermusik einem plötzlichen Aufwallen von kraftvoller zum Teil bedrohlich vorwärtsstrebender Rastlosigkeit. Doch leider ist der Imaginationen damit auch bereits genug.
Chisholm beherrscht seine Fiddle wirklich fabelhaft und auch alle anderen Musiker, die ihm bei dieser Einspielung behilflich waren, sind Meister ihrer Instrumente. Leider fehlt der Musik das nötige Quentchen Inspiration, die aus dieser CD eine wirklich hörenswerte machen könnte.
Schade ist auch, dass Chisholm die Frische, die er im vorletzten Track spüren lässt, nicht das ganze Album durchhält.
Das ist für den Mitbegründer der schottischen Band Wolfstone etwas dürftig. Wer dennoch darauf Wert legt, erhält die CD im Internet- Store von www.scottish-irish.com.
Duncan Chisholm ist kontaktierbar über www.wolfstone.co.uk
Karsten Rube


Drinkers Drouth with Davy Steele "A Tribute"
Label: Greentrax; CDTRAX 223; 2001; Spielzeit: 69.50 min
Davy Steele - einer der großen Sänger des schottischen Liedes - wird vielen Lesern sicher noch lebhaft in guter Erinnerung sein, gerade als Moderator und Spassvogel bei der bekannten Scottish Folk Festival Tour hat er sich einen guten Namen in der deutschen Szene gesichert. Viele seiner Fans und Freunde vermissen seine Lieder, seinen Humor und natuerlich am meisten ihn selbst.
Davy ist im vergangenen Frühahr an einem Gehirntumor viel zu jung verstorben. Als Tribut an Davy wurden nun diese beiden zuvor als LP erschienenen Alben der auf Liedern basierten Gruppe Drinkers Drouth, deren fünftes Mitglied zeitweilig Davy war, wiederveröffentlicht. Alle Einnahmen aus dieser CD gehen an die Marie Curie Cancer Care.
Wer mehrstimmigen schottischen Gesang mag, der wird sicherlich schon im Besitz der LPs sein - aber eine CD ist doch viel handlicher...
Schon nur wegen des guten Zwecks leg ich Euch die CD an Herz - mir selbst gehen beim Hören der meist ruhigen Lieder immer wieder schöne Erinnerungen an tolle Abende mit Davy durch den Kopf...
Christian Moll


Boban Markovic Orkestar featuring Laiko Felix "Srce Cigansko"
Label: Fonorecords; XP005; 2000; Spielzeit: 44.27 min
Balkan Brass Musik auf Top Niveau - so könnte man zusammenfassen, was das Boban Markovic Orkestra macht. Boban Markovic spielt Trompete, das vielleicht wichtigste Instrument der Gipsys des Balkans. Im Booklet schreibt Bojan Djordjevic: "Für die Gipsys des Balkans hat die Trompete 100 verschiedene Bedeutungen: der Ruf zu Festivitäten, Parties und zum Tanz, wo es dann Atmosphäre und Energie hervorruft, es kann aber auch, wenn nötig, melancholisch sein. Im Gegensatz zu anderen Kulturen hingegen wurde es nie benutzt um zum Krieg zu rufen. Auf dem Balkan ist der Trompetenspieler der König, er ist die populärste Person der Region. Und wenn es außerdem noch eine gute Band gibt (und Dank der Gypsies des Balkans gibt es einige) gehört die Welt ihm..."
Das Boban Markovic Orkestra besteht aus 10 Musikern (2 Trompeten, 1 x Saxophon/Klarinette, 4 Flügelhorn, 1 Tuba und zwei verschiedene Trommeln) hinzu kommen auf der CD noch zwei Gäste, ein Perkussionist sowie der bekannte Geiger Lajko Felix.
Die Musik ist genial - oft recht einfach aber sehr effektiv und wunderschön.
Ein äußerst gelungenes Album mit Balkan Brass Musik, das aus Ungarn (genauer gesagt von dem Ungarischen Label Fonorecords) zu uns gelangen ist.
Christian Moll


Besh o drom "macsó hímzés"
Label: Fonorecords; FA-082-2; 2000; Spielzeit: 57.53 min
Und gleich noch ein Album von dem Ungarischen Label Fonorecords...
Besh O Drom dürften spätestens seit dem Rudolstadt Festival 2001 auch in Deutschland ein Begriff sein. Die Band aus Ungarn versteht es, sehr schnelle Melodien zu spielen und dabei ihr Publikum in Trance zu versetzen. Neben den vielen traditionellen Elemente scheuen sie sich nicht, auch moderen Einflüsse aufzunehmen - so gibt es Drum Programming und sogar einen Scratcher bei der Band.
Herzstück sind die Brassinstrumente (Saxophone, Trompeten), ergänzt werden diese durch Perkussion, Gitarre, Bass, Akkordion, Geige, Dulcimer und auch Gesang. Die Lead Vocals (4 Lieder) stammen von der Sängerin Szalóki Ágnes. Wenn man schnelle osteuropäische Musik zwischen Tradition und Moderne kennenlernen möchte sind Besh o Drom sicherlich der richtige Ansatz...
Band/Musiker-Homepage: www.beshodrom.hu
Christian Moll


Makam - Lovász Iren composed by Krulik Zoltán "9 Colinda"
Label:Fonorecords; FA-095-2; 2001; Spielzeit: 48.10 min
Diese CD ist eigentlich ein Album der Winterzeit, es widmet sich einer bestimmten Sorte von Liedern der Weihnachts/Neujahrszeit. Auch wenn man nun schon wieder nicht mehr so gerne an den Winter denkt und eher den kommenden Sommer im Blickfeld hat, möchte ich doch schon nun diese exzelltente CD empfehlen. Zum einen ist sie viel zu schön um nur in der 'passenden' Zeit gehört zu werden, zum anderen kann man (zumindest wenn man die Sprache nicht versteht) nicht wirklich den Wintercharakter heraushören...
Wenn man sich in der Materie etwas auskennt, sagt schon der Titel über den Inhalt der CD aus: 9 Colinda. Die CD enthält 9 Kolinda-Lieder, und Kolinda werden Choräle, Weihnachtslieder sowie Neujahrslieder in den Rumänisch - und slavisch - sprechenden Ländern Osteuropas und des Balkans genannt.
Iren Lovász hat eine tolle Stimme und steht mit den Liedern immer im Mittelpunkt, die Musik aber ist ebenso herausragend - Makam sind innovativ und die Arrangierung und Kompositionen von Zoltán Krulik sind spektakulär. Die Musiker sind: Irén Lovász (Gesang), István Grencsó (Saxophon), Balázs Thurnay auf Udu und Kaval; Eszter (Geige) und Zoltán Krulik (Gitarre), Zoltán Mizsei auf dem Synthesizer und schließlich auf dem Double Bass Balázs Horváth und der Perkussionist Csaba Gyulai.
Ein Winter-Album, das im ganzen Jahr Freunde bereiten kann.
Christian Moll


Nikola Parov "Naplegenda - Sunlegend"
Label: Tom Tom Records/Fonorecords; TTCD06; 2000; Spielzeit: 67.02 min
Was für die Irische Musik Riverdance ist, ist wohl für die Ungarische 'Naplegenda'. Sunlegend ist eine Tanzschau, die die Vielfalt der ungarischen Musik und des Tanzes auf der Bühne presentieren will. Zu dieser Schau ist die Musik von dem Mulitinstrumentalisten Nikola Parov komponiert worden - und alles findet sich auf dieser CD wieder.
Zum Teil ist die Musik bombastisch, oft ergreifend, insgesamt sehr unterschiedlich. Es finden sich drei Violinisten, ein Viola-Spieler, ein Saxophonist, ein Trompeter, zwei Sänger (eine männliche und eine weiblische Stimme) und der Multiinstrumentalist Nikola Parov (Kaval, Gadulka, Gayda, Bouzouki, Gitarre, Keyboards, Perkussion und Programming) auf der CD. Teilweise klingt das Album traditionell, teilweise sehr jazzig, teils bombastisch, teils sehr experimentell und eigenwillig.
Eine CD, die nicht unbedingt in der Gesamtheit überzeugt, aber viele interessante Aspekte bietet.
Christian Moll


Schmelztiegel "Jeedeen na sein Möög!"
Label: Verlag der Spielleute; CD9908; 2001; Spielzeit: 53:22 min; 14 Tracks; mit Texten u. Infos
"Jeedeen na sein Möög!" heißt die Jubiläuums-CD von Schmelztiegel zu ihrem 25jährigen Bestehen. Und damit sind im Fall von Schmeltiegel plattdeutsche Lieder, Tänze und Instrumentalstücke gemeint.
14 Tracks hat die CD der norddeutschen Folk-Kapelle, die sich zu den Urgesteinen der deutschen Folk-Landschaft zählen dürfen. Auf "Jeden na sein Möög" sind ein buntes Sammelsurium von Instrumenten zu hören, zu nennen wären zum Beispiel Drehleier, Mandoline, Maultrommel, Glöckchen, das "Club Jordan Cocktail Set", Waldzither, diverse Gitarren und vieles mehr. Ob es jetzt die vielseitige Instrumentierung, die eingängigen Melodien oder die plattdeutschen Klänge sind: Bei mir sorgt "Jeden na sein Möög" für gute Laune, da drückt man auch schon mal auf den Repeat-Knopf.
Und Schmelztiegel ist sogar lehrreich: wer nicht recht versteht, was die plattdeutschen Texte meinen, kann sein Sprachvermögen beim Multiple-Choice-Test im Bookleet verbessern. Aber aufgepasst, das ist nichts für Döösbartels, wird man beim Nichtbestehen doch gleich zu "angstfreiem Klöppeln" auf Föhr oder "Plattdeutsch" beim Privatlehrer verdonnert.
Band/Musiker-Homepage: www.schmelztiegel-folk.de
Dorthe Lübbert


Thomas Friz "Endlich"
Label: Conträr Musik; 2001
Zum 50. Geburtstag hat sich "Zupfgeigenhansel" Thomas Friz wieder ins Studio begeben und legt mit seiner neuen CD "Endlich" eine stimmungsvolle Mischung aus deutschem, jiddischem und schweizerdeutschem Liedgut vor.
Begleitet wird Friz vom Ingvo Clauder am Klavier, Einflüsse aus Jazz und Klassik sorgen für Abwechslung beim Zuhören. Vergleicht man "Endlich" mit alten Zupfgeigenhansel-Aufnahmen, wird der Wandel vom Folk-Liedermacher zum Chansonnier deutlich, vielleicht ist es gerade die Klavierbegleitung, die die CD so konzertant wirken läßt.
Textlich hat sich Friz einmal quer durch die deutschsprachige Literatur gearbeitet: Zu hören sind zum Teil eigene, zum Teil aufgegriffene Vertonungen zu Gedichten von Theodor Kramer, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Kurt Tucholsky sowie jiddische und schweizerdeutsche Lieder. Kritisch und mit nicht zu überhörender Melancholie setzt sich Thomas Friz mit deutscher Politik, Menschen und ihren Schicksalen auseinander.
Dorthe Lübbert


Giora Feidman "The Art of Klezmer - Feidman playing Klezmer music by Issachar Miron"
Label: Pläne-Rekords; CD Nr. 88847; 2000
"The Art of Klezmer" ist eine Compilation der beiden LPs "Long live Giora" und "The Art of Klezmer". Zu Giora Feidman selbst muß man wohl nichts sagen, als "King of Klezmer" ist er spätestens nach dem Kinofilm "Zeit der Stille" auch bei nicht Klezmer-Fans bekannt und beliebt.
Auf "The Art of Klezmer" hören wir den jungen Giora Feidman, die beiden Ursprungsalben erschienen 1977 und 1979. Vielseitig und modern wirken die 27 (!) Tracks der CD auf mich, modern, mitreißend und fesselnd. Die Lieder bedienen sich stilistisch bei Jazz und Dixieland, der typische Feidmann-Stil ist schon hörbar, prägt die CD aber nicht. Wer moderne Klezmermusik mag, dem sei diese CD unbedingt empfohlen!
Dorthe Lübbert


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Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 21

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 03/2002

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