Ausgabe 12 12/99

FolkWorld CD-Besprechungen

Dog

Geraldine MacGowan "Timeless"
Label:
Magnetic Music; MMR CD 1029; 1999; Spielzeit: 48.00 min
Geraldine MacGowan (vormals Oisin) nahm eine Auszeit und - anstatt ein gutes Pint zu zapfen, MacGowan's in Hannover war 1998 "Irish Pub of the Year" - ging sie ins Studio, um ihr drittes Soloalbum aufzunehmen. Ihre klare, lebendige Stimme haucht neues Leben in alte klassische Balladen ein, u.a. ein prächtiger Mix vom "Demon Lover" mit dem "House Carpenter". Geraldine hat außerdem ein Faible für die Liedermacher Sandy Denny ("Listen", "One Way Donkey Ride") und Kieran Halpin ("Don't Come Looking", "Miror Town"). Zwei Instrumentalsets stellen die Talente ihrer Begleitband heraus, Flötist Brian O'Connor und Gitarrist Chris Jones. Außerdem auf der Gästeliste: Steve Baker (Mundharmonika) Annie Grace (Gesang). Die Arrangements mögen ein wenig zu zahm geraten sein. Aber das ist wohl beabsichtigt: Zeitlos, aber niemals am falschen Ort!
Magnetic Music, e-mail; Planie 22, D-72764 Reutlingen, Tel +49/7121/478605; Fax +49/7121/478606
Walkin' T:-)M


Battlefield Band "Leaving Friday Harbor"
Label:
Temple Records; COMD 2080; 1999; Spielzeit: 55.34 min
Ihr Xstes Album und weiterhin auf Erfolgskurs: Die Battlefield Band! Dieselbe Besetzung, die "Rain, Hail or Shine" eingespielt hat - das einzig übriggebliebene Gründungsmitglied Alan Reid an Keyboards und Gesang, Mike Katz an den Bagpipes (Ex-Ceolbeg), John McCusker an der Fiddle und Davy Steele an Gesang und Gitarre (Ex-Ceolbeg, Caledon) - liefert abermals eine ausgewogene Mischung von Liedern und Tanzstücken ab. Schlagzeuger Donald Hay (Mystery Juice) peppt einige Titel auf. "One more Chorus" von Davy steht in einer guten Tradition schwungvoller Battlefield Band Songs (und ist ein angemessener Abschied für die Tron Tavern in Edinburgh). Zusätzlich sollen vier Kostproben - eine von "Rain, Hail or Shine" und jeweils eine von den Soloalben von Alan, John und Davy - Appetit auf mehr machen. So give us one more, lads!
Temple Records, e-mail; Shillinghill, Temple, Midlothian, Scotland EH23 4SH, Tel.+44/1875/830328; Fax +44/1875/830392
Walkin' T:-)M


Magna Carta "Live at the Grassington Festival"
Label:
HTD Records; HTDCD 98; 1999; Spielzeit: 69.37 min
Magna Carta - benannt nach der berühmten englischen Verfassungsurkunde - sind Chris und Linda Simpson mit ihrem Gesang und ihren akustischen Gitarren. Die ursprüngliche Besetzung wurde vor exakt dreißig Jahren ins Leben gerufen, Linda gesellte sich 1984 dazu. Dutzende Alben und unzählige Lieder später spielt das Duo (plus Begleitband) 1998 auf dem Grassington Festival in den Yorkshire Dales, einer malerischen Landschaft aus Feldern und Steinwällen im Norden Englands. Hier ist das heartland der Simpsons, Quelle und Inspiration vieler ihrer lyrischen Lieder. Irgendwie sehr englisch zwischen Folk, Blues und Country. Während die Magna Carta von 1215 zu ihrer Zeit ein Fehlschlag war, hat ihr moderner Namensträger schon zu Lebzeiten einen außerordentlich produktiven Output. Vielleicht ein weiterer lohnenswerter Beitrag Englands an die Welt.
HTD Records, e-mail; Unit 10, Kent House, Old Bexley Business Park, 19 Bourne Road, Bexley, Kent DA5 1LR, Tel +44/1322/557355; Fax +44/1322/522878
Walkin' T:-)M


Brou - Hamon - Quimbert "Trois p'tits oiseaux"
Label:
Coop Breizh; CD 890; 1999; Spielzeit: 58.32 min
Ein Booklet in einer Sprache, die man nicht versteht, mag einige Vorteile haben. Man ist nur vom Ohr abhängig und wird nicht abgelenkt von dem, was einen Musiker und Management glauben lassen wollen. Das Sprachproblem mag jedoch ein Grund sein, warum traditionelle bretonische Musik nicht die Aufmerksamkeit erfährt, die sie haben könnte. Die "drei singenden Vögelein" aus der Nord-Bretagne - Roland Brou, Mathieu Hamon, und Charles Quimbert - sind schließlich aber in meinem CD-Spieler angekommen und es sind offensichtlich drei Burschen am Werk, die mit Spaß dabei sind, traditionellen bretonischen Gesang (in französischer Sprache) an den Mann und die Frau zu bringen. Es wird ausschließlich a capella gesungen, das charakteristische "Kan Ha Diskan" (Ruf & Antwort) als auch solo und unison gesungene Balladen. Man vergesse für eine Weile Folkrock-Gruppen wie Tri Yann, hier gibt es Reinkultur ohne Verpackung in seiner archaischsten Form.
Coop Breizh, Kontakt: Mathieu Hamon, T 0240 519041
Walkin' T:-)M


Hotel Palindrone "Elegance"
Label: Extraplatte; EX 350-2; Spielzeit: 64.49 min
Kontinentaleuropäische Bands neigen ja oftmals dazu irischer (schottischer, bretonischer usw.) als irische (schottische usw.) Bands selbst zu sein, das Repertoire ist entsprechend einseitig irisch (usw.). Eine erfrischende Ausnahme ist Hotel Palindrone. Die fünfköpfige Wiener Band spielt Instrumentalmusik aus allen Regionen, wo jemals "Kelten" gelebt haben (und einigen mehr): Da gibt es asturische Reels und einen galizischen Walzer, bretonische An Dros und schottische Airs, eine finnische Mazurka und allerlei Undefinierbares. Im Zentrum stehen der galizische Dudelsack, gaita, von Nupi Jenner und die Geige von Stephan "Stoney" Steiner, die auch beide Eigenkompositionen beisteuern. Das Saxophon von Albin Paulus fügt einige jazzige Elemente hinzu. Kombiniert mit John Morrisseys dichtem Mandola-Backing und Peter Natterer am Bass entsteht druckvolle Musik, die zum Tanzen einlädt. Der einzige Wermutstropfen betrifft nicht die Musik, aber ein paar Bemerkungen über die Stücke - insbesonders bei einem so breitem Spektren - wären schon sehr hilfreich gewesen!
Extraplatte; POBox 2, A-1094 Vienna, Tel +43/1/3101084; Fax +43/1/3100324
Walkin' T:-)M


"Sessions from the Hearth"
Label:
Sessions from the Hearth Ltd.; SFH001; 1998; Spielzeit: 63.01 min
Am Anfang stand der Ärger: "Einige Jahre zuvor ging ich mit einigen Italienern zu einer Session. Was ich fand, überraschte und schockierte mich. Die Musik machte nicht so viel her, die Musiker ignorierten ihr Publikum und die ganze Sache war zu laut." Gesagt, getan! Gitarrist Benny O'Carroll stellt eine Band zusammen, um den Geist und die Stimmung einer "traditionellen irischen Session" neu zu erschaffen (d.h. daß traditionelle Musik gespielt wird, nicht daß die Session als solches eine lange Historie hätte). Zwei Vorstellungen im Siamsa Tire Folk Theatre in Tralee wurden im Januar 1997 mitgeschnitten. Die Legende geht, daß das neun-köpfige Orchester sich eine halbe Stunde traf, bevor der Vorhang hochging; die zweite Hälfte des Programms wurde in der Pause ausgearbeitet. Maith thu! Solch frisches und spontanes Vorgehen hat man einige Zeit nicht mehr gehört. Zwischen die Jigs und Reels hat sich sogar eine osteuropäische Weise eingeschlichen (warum werden also nicht-irische Musiker schief angesehen, wenn sie irische Musik spielen?). Sean-nos Sänger Sean Garvey singt das ausgezeichnete "You can't boil potatoes in Cahirciveen". Sein weibliches Gegenstück ist Deirdre Scanlon, neuerdings bei Solas zu hören. Nun touren Sessions from the Hearth erfolgreich über den Kontinent. Eine Session in einem gemütlichen Pub ist jedoch eine Sache, das Ganze auf die Bühne zu bringen, ähnelt allerdings der Quadratur des Kreises. Letztendlich ist es doch nur ein weiteres verdammtes Konzert.
Sessions from the Hearth Ltd., e-mail; Fortlands, Ballard, Tralee, Tel/Fax +353/66/7126952
Walkin' T:-)M


Liederjan "Loses zum Fest – Weihnachtslieder"
Label:
Pläne Verlag; Pläne 88822; 1999; Spielzeit: 46:42 min
Und es kamen drei Könige aus dem Nordenlande namens Anselm, Hein und Jörg, auch bekannt unter dem Namen Liederjan. Und die brachten „Loses zum Feste“, eine CD ohne Weihnrauch, Myrrhe und Gold, dafür aber mit Liedgut und Kabarett zum Weihnachtsfest.
„Bunt gemischt“, dieses Etikett darf sich diese CD ohne Bedenken auf die Hülle kleben: Mal satirsich, mal traditionell, aber vor alllem abwechslungsreich nähern sich die drei Liederjäne dem frohen Fest. Da endet das gemeinsame Singen unter dem Weihnachtsbaum im Kreise der Liebsten im Fiasko, die Idee „dieses Jahr doch mal etwas schönes selbst zu basteln“, endet im Kauf der obligatorischen CD für seine Lieben – wer kennt das nicht? Aber wer kann das so treffend in Worte fassen wie Liederjan?
Daneben Liederjan traditionelles Weihnachtsliedgut („Maria durch ein Dornwald ging“) ausgesucht und mit auf die CD gepresst, so daß sich die CD wahlweise auch dazu eignet, unterm Weihnachtsbaum – zum Beispiel statt selbst zu singen – gespielt zu werden.
Auch instrumententechnisch zeigt sich Liederjan mal wieder von seiner virtuosen Seite, unzählige Instrumente vom Keyboard bis zur Tröte begleiten die Musiker auf der CD und auf Live-Auftritten.
Fazit: Rundum eine schöne CD, die nicht nur zu Weihnachten Spaß macht.
Pläne Verlag Dortmund;
E-mail: plaene- records@t-online.de

Dorthe Lübbert


Colin Reid "Colin Reid"
Label:
Veesik Records; VKCD 102; Spielzeit: 45:54 min
Colin Reid stammt aus Belfast und gehört zu jüngeren Generation der "British Fingerstyle" Gitarristen, und er hat ein excellentes Soloalbum abgeliefert. Natürlich fallen einem sofort Namen wie Bert Jansch oder John Renbourn ein, wenn man diese Art von Musik hört, aber es handelt sich um keinen Bert Jansch Klon, sondern Colin Reid hat seinen eigenen Stil entwickelt, und auch fast alle Stücke auf seiner CD selbst komponiert. Unterstützung erhält der Gitarrist, der in den verschiedensten Stimmungen (klasisch, DADGAD, DGDGBD...) sein Istrument bedient, von so illustren Folkmusikern wie Tony MacManus, selbst ein begnadeter Mann an der Gitarre und Mandoline, Fiddlerin Catriona MacDonald und Cellist Neil Martin. Alle drei Mitmusiker, die ja eigentlich mehr aus der traditionellen irisch/schottischen Ecke bekannt sind, stellen sich voll in den Dienst der Sache und kommen insgesamt nur auf vier der fünfzehn Tracks vor, vorwiegend bei den ruhigeren Stücken. Also eine richtig schön Gitarren-Solo Scheibe, ein wenig Jansch, ein wenig früher Werner Lämmerhirt aber eben ganz viel Colin Reid. Eine Platte für den ruhigen Winterabend, allerdings nicht zum Einschlafen !!
Veesik Records, Havelock Cottage, Back Charlotte Lane, Lerwick Shetland, ZE1 0JD, UK, Veesik.records@zetnet.co.uk, tel. / fax: +44 1595 - 696622
Rolf Wagels


Ann Gray, "Shouting at Magpies"
Label: Lochshore; CDLDL1288; Spielzeit: 53:04 min
Aus dem Hause Lochshore kommt ja in letzter Zeit nur Erfreuliches, ich erinnere nur an die letzte Moher CD oder auch an die in der letzten Ausgabe besprochene Kinnell CD. Und so verwundert es nicht, wenn diese Serie nun fortgesetzt wird durch Anne Gray an diversen schottischen Dudelsäcken. Zwar steht hinten auf dem Cover: " a gael force of Celtic and Contemporary World Music", was mich ja schon Schlimmes ahnen lies, aber ganz so ein Misch-Masch wurde es dann zum Glück nicht. Zwar taucht hier und da eine etwas zusammenhanglose Flamence Gitarre als Intro auf, auch ein Didgeridoo ist schon mal zu hören, aber das stört in keiner Weise. Ann Gray hat sehr schöne Tunes ausgesucht, bzw. einige davon auch selbst geschrieben. Die Sets sind recht unterschiedlich arrangiert, mal sind nur Ann und ihre Pipes zu hören, dann wieder gibt ein großes backing ensemble, die aber nie die Tunes und die schöne Spielweise Ann Gray's in den Hintergrund drängen. Ann Gray selbst spielt dabei einen sehr kontrollierten, aber dennoch flotten Stil. Nie wird ein Tune der Geschwindigkeit geopfert, trotzdem haben die Tanzmelodien den nötigen Drive und Lift. Ergänzt wird das Ganze durch einige wenige Songs und eine Rezitation. Da kann man nur hoffen, das es so weiter geht bei Lochshore.
Lochshore: 9 Watt Road, Hillington, Glasgow. G52 4 RY. Tel.: +44 (0)1418829986
krl@krl.co.uk
Rolf Wagels


Paddy Moloney "Silent Night A Christmas in Rome"
Label: BMG Records; Nr. 09026 632502; 15 Titel Spielzeit: 52:56 min
Ein multikulturelles Weihnachtskonzert aus dem Vatikan, so lautet die Aufschrift auf der CD Hülle. Chieftains Piper Paddy Moloney hat einige illustre Gäste für diese Projekt gewinnen können: Montserrat Caballe, Zuchero, Sissel, The Harlem Gospel Choir, Maire Brennan und nicht zuletzt den alten Chieftains Freund Carlos Nunez. Dazu gibt es ein wenig Chieftains, ein paar bretonische Musiker, viel Streicher (und natürlich auch Bläser, Schlagwerk etc.) des Orchestra Sinfonica della Diocesi di Roma und den Choir of the Basilica of S. Giovanni in Laterno. Anhand dieser Auflistung läßt sich ja schon erkennen, daß es sich um wenig folkiges handelt, was uns der Altmeister hier präsentiert. Vielmehr geht es wohl darum, auf der Weltmusikwelle ein paar Mark, Pfund oder vor allem Dollar im Weihnachtsgeschäft mitzunehmen. Die gesamte CD hat sicher ihre musikalischen Höhepunkte, etwa der kurze Einsatz des Harlem Gospel Choir oder der Gastauftritt der Bulgarian Voices Angelite. Aber drumrum gibt es viele Versionen von Stille Nacht, häufig mit viel Streichern, dazu etwas Pipes oder Gaita, aber eben alles sehr Mainstream ausgerichtet. Den wirklich Folkinteressierten wird sowas trotz Weihnachtszeit wohl eher abschrecken, aber für den ist die CD wohl auch nicht gemacht worden....
Rolf Wagels


Zur zweiten CD-Seite
Zum Inhalt der FolkWorld CD Besprechungen

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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 12/99

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