Die RUTH-Weltmusik-Preisträger 2014:
RUTH: Alpenklezmer
Wer suchet, der findet. Eigentlich, so Andrea Pancur, haben jiddische und bayerische Musik nicht viel gemeinsam, sind zwei musikalische Welten. Aber dann fand sie doch das Bindeglied: die Sprache. „Das kann man sich vorstellen wie die Tür, die aufgeht vom Jiddischen ins Bayerische.“ Mit dem Litauer Ilya Shneyveys traf sie einen einfallsreichen Arrangeur, mit Lorin Sklamberg einen kongenialen Gesangspartner – das Projekt Alpenklezmer nahm Gestalt an. Wie hier die Hora den Zwiefachen beherzt an der Hand nimmt und jiddisches Pathos aufs vorzüglichste mit bayerischer Bodenständigkeit zusammengeht, hat die Jury überzeugt: Diese koscheren Gebirgsjodler kommen so lebensfroh, gefühlsecht und künstlerisch überzeugend daher, dass das Projekt dafür den Hauptpreis zur RUTH 2014 verdient hat.
Förder-RUTH: Liloba
Das passt: Ein Leipziger Soundtüftler trifft auf afrikanisches Rhythmusgefühl sowie frankophones savoir vivre. Rafael Klitzing, der Kongolese Pierre Kalonji Tumba und die Belgierin Elsa Grégoire sowie ihre drei Begleitmusiker überzeugten damit schon die Jury beim Creole-Regionalausscheid Mitteldeutschland und nun auch die RUTH-Jury: Hier entsteht eine spannende Mischung aus Elektronika, Tribal Beats und Chanson, meditativ und tanzbar, Klub- wie Open-Air-tauglich und zweifellos weiterhin spannend zu verfolgen. Dafür erhalten Liloba den Förderpreis zur RUTH 2014.
Bibliothekarin. Das klingt nicht gerade aufregend, eher staubig denn sexy. Noch weniger lässt der trockene Begriff das ungeheure Engagement, ja die Leidenschaft erkennen, die Barbara Boock von 1972 bis 2013 im Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg an den Tag gelegt hat. Unermüdlich stand sie Liedmaterial suchenden Musikern mit Rat und Tat zur Seite, pflegte ständigen Austausch mit Institutionen und Musikern (auch in der DDR), war darum bemüht, die Arbeit des DVA aus der Studierstube hinaus in die Welt zu tragen. Zahlreiche Publikationen zeugen von ihrer Fähigkeit, die Geschichte eines Liedes anschaulich zu vermitteln, sie aus dem Fundus der Vergangenheit in eine lebendige Gegenwart zu holen. Die Verleihung der Ehren-RUTH 2014 ist mithin auch ein Dank für das, was Barbara Boock in ihrem Berufsleben an Öffentlichkeitsarbeit für das deutsche Volkslied (und das DVA) geleistet hat.
TFF-RUTH: Rainald Grebe
Auf seinem selbst gewählten Weg, ein "Gesangsbuch für die Gegenwart" zu kreieren, ist Rainald Grebe schon ein gutes Stück voran gekommen. Dabei sind seine Lieder und Texte eigentlich nicht wirklich Mainstream-kompatibel. Aber sie sind dadaistisch und anarchistisch, böse und satirisch; oft treffen sie zielgenau den Punkt, an dem eigentlich nur der Masochist beglückt sein dürfte. Doch der Thüringer jubelt über Thüringen und der Brandenburger fordert Brandenburg als seine eigene, neue Nationalhymne – Grebe versteht es, genaue Alltagsbeobachtungen und feine Sottisen so zusammenzufügen, dass der Zeh, auf den er damit den Zuhörer tritt, nicht wirklich schmerzt. Für dieses verknappte, aber urkomische Mosaik der deutschen Gesellschaft erhält Raind Grebe mit seiner Kapelle der Versöhnung den Sonderpreis des TFF Rudolstadt zur RUTH 2014.
Photo Credits:
(1)-(2) Andrea Pancur & Ilya Shneyveys (unknown/from website).