Ist es ein Problem, dass die Musiker heute ihre Licks und Riffs von Clapton anstatt von Robert Johnson lernen?
Die ganz alten Bluesmen haben auch nicht mehr als eine Generation zurückschauen können.
Es gilt dennoch, dass es immer noch am besten ist, von den Originalen zu lernen als von den Epigonen,
und: Die Altmeister wurden vom Musikbusiness in der Regel bereits mehr als genug bestraft; das Mindeste,
was wir ihnen heute schulden, ist Respekt und ehrliches Interesse an ihrem Werk.
Der Schweizer Slide-Gitarrist [25][38]
und Autor [26]
hat in einem Band sowohl die Lebensgeschichten als auch die Spieltechniken der wichtigsten
Bluesmen zusammengestellt.
15 stilbildende Pioniere des Folk Blues, sowie 5 davon inspirierte aktuelle Künstler von heute,
die den Gral weiterpflegen, werden in chronologischer Reihenfolge - nicht Schwierigkeitsgrad -
vorgestellt: vom Vater des Country Blues Charley Patton (perkussiver Fingerpicking- und
Rhythmus-Stil) bis zu Muddy Waters (der Übergang vom Delta-Blues zum elektrifizierten
Chikago-Blues, hier sein Fingerpicking in Open-G-Stimmung)
und John Lee Hooker (rhythmische vom Piano inspirierte Boogies).
Zu jedem Künstler gibt es eine Biografie, eine Stilbeschreibung, 3 Vorübungen und 2 Tunes (sowohl
Noten als auch Gitarren-Tabulatur).
Koechli hat sich intensiv damit auseinandergesetzt und ein grundlegendes Werk geschaffen,
das Techniken mit Historie verbindet.
Das ist teilweise recht anspruchsvoll, nicht unbedingt für Anfänger geeignet. Der Autor
selbst rät zu Vorkenntnissen: die wichtigsten Akkorde, Anschlags- und Zupftechniken,
erste Erfahrungen mit offenen Stimmungen und Bottleneck-Technik.
Die CD enthält aber auch jeweils eine langsamere Version zum Mitspielen .
Richard Koechli, Masters of Blues Guitar - Geschichte, Interpreten und Spieltechniken des American Folk Blues.
AMA Verlag,
2010, ISBN 978-3-89922-138-1, 148S, €24,95 (inkl. CD).
Andrew Gordon hat zuvor ein Buch für fortgeschrittene Gitarristen verfasst.
Dies hier ist nun eine schmale, aber erschöpfende Anleitung,
um Anfänger mit den rhythmischen als auch solistischen Techniken der Bluesmusik bekannt zu machen,
d.h. charakteristische riffs (kurze melodische oder rhythmische Phrasen) zu lehren,
die das Blues-Gitarrenspiel ausmachen. Gordon stellt 100 dieser Ideen in 5 Abschnitten vor,
und zwar grundlegende Blues-Riffs, sowie von R&B-, Boogie-, Rock- und
Gospel-beinflusste Phrasen. Zuguterletzt werden aus diesem Vokabular zwei improvisierte Blues-Solos geschaffen,
die man als Vorlage verwenden kann. Eine Audio-CD ist inbegriffen, die jedes Beispiel als Play-along zu
Klavier, Bass und Schlagzeug enthält. Optional sind MIDI-Dateien mit Schmankerln
wie Tempi- und Tonart-Änderungen erhältlich.
Andrew D. Gordon, 100 Ultimate Blues Riffs for Guitar.
A.D.G. Productions ADG145,
2011, ISBN 1-934163-40-6, 66 S, US-$21.95 (incl. CD).
Pioneers of English Folk Guitar enthält zehn klassische Songs des Folk-Revivals,
beginnend mit Richard Thompsons [39]
Biker-Hymne "1952 Vincent Black Lightning". Erste Übung: eine gleichmäßige Bassfigur mit dem Daumen-Plektrum
spielen, die Gitarre gestimmt in CGDGBE. Das Nächste ist
Davey Grahams [38]
Instrumentalstück "Anji", von dem Ralph McTell sagte: Hart
war, dass da zwei Schläge für jede Bassnote waren, anstatt der einen,
die die meisten von uns in der Lage waren zu spielen ...
Das Büchlein enthält traditionelle Lieder - "Black Waterside" (Gordon Giltrap), "Canadee-i-o" (Nic Jones),
"The Whale Catchers" (Martin Carthy) [45]
- als auch Kompositionen von John Renbourn, John Martyn, Nick Drake (siehe engl. Rezis),
Jake Thackray und dem jüngst verstorbenen Bert Jansch [46].
Die Stücke wurden in Noten und Tabulatur von den originalen Plattenaufnahmen aufgezeichnet.
Liedtexte sind enthalten als auch kurze Biographien der Künstler.
Adrian Hopkins (ed), Pioneers of English Folk Guitar - 10 Acoustic Guitar Songs from the Heroes of British Folk.
Wise Publications,
2011, ISBN 978-1-78038-199-2, 72 S, € 21,90.
Der Glasgower Gitarrist Tom Richardson (Phamie Gow Band [31],
Brolum [20])
hat einen zweiten Band selbst-verfasster Tunes im keltischen Stil veröffentlicht - geeignet für jedes
Melodieinstrument, nicht notwendigerweise, wenn überhaupt für die Gitarre.
63 Stücke sind in 5 Kapiteln geordnet: 4/4-Tunes wie das herumtollende "Cowboy Ceilidh",
der ungebändigte "Reel for Bartok" inspiriert von Bartoks Klavierstücken, oder der
flatternde "Flight of the Butterfly". Es gibt einen Jig, "America," basierend auf Leonard Bernsteins Tune
aus der "Westside Story", "Galloping Home" mit sich änderndem Takt zwischen 9/8 und 12/8,
und Pipe tunes wie "Gordon and Fred", gewidmet seinen Lieblingspipern
Gordon Duncan [25]
und Fred Morrison [41].
Die Stücke sind in Standardnotation mit Akkorden niedergeschrieben.
Tom Richardson, Jigs, Reels and Fancy Feels Volume 2 - A Collection of 63 New and Exciting Tunes for Fiddle or Accordion.
Spartan Press,
2011, ISBN 979-0-57998-120-6, 39 S, £11,50.
Akustik- und E-Gitarre stehen für unterschiedliche Welten: das Lyrische und In-sich-Gekehrte der Akustik-
und das Aggressive und Erotische der E-Gitarre. Das ist nur eine Gitarristen-Weisheit.
Der diplomierte Gitarrenlehrer Jörg Jewanski erzählt die Geschichte dieses
in Folk, Flamenco, Rock und vielen anderen Genres klangprägenden Instruments
von der Renaissance (der erste Gitarrist erscheint im Spanien des 16. Jhds.) bis heute -
kein umfangreicher Wälzer, sondern ein kompaktes Porträt -
und liefert Aus- und Einblicke über grundlegende Typen und ihre Stimmungen,
die Greatest Guitarists of All Time wie
Django Reinhardt [41]
oder den jüngst verstorbenen Bert Jansch [46].
Vorgestellt werden einige wichtige Gitarristen, die innerhalb ihres Genres prägend waren:
von Merle Travis bis Bob Dylan [45] -
"Blowin' in the Wind" ist einer der ersten Songs, die ein Gitarrenschüler einübt.
Jewanski hat zudem Kurzinterviews mit dem Lautenisten Hopkinson Smith, den Gitarristen Neuer Musik Reinbert Evers
und Seth Josel, sowie den Gitarrenbauern Bernhard Kresse und Oliver Baron geführt.
Jörg Jewanski, Portrait Gitarre - Kultur, Praxis, Repertoire, Interpreten.
Bärenreiter,
2011, ISBN 978-3-7618-1843-5, 153 S, €27,95.
Forever Young! Heuer wurde der Meister 70 Jahr jung [45]!
Feiern allerorten, wie z.B. beim D-Day Tribute
auf dem Tønder-Festival [46];
die zwei Stunden waren kein bißchen langweilig, das Œuvre ist umfassend und abwechslungsreich genug.
Das zeigen auch diese 100 Hits von den frühen 60ern (Blowin' in the Wind) bis in die jüngste Vergangenheit
(Beyond Here Lies Nothin'), kompakt verpackt mit Noten, Texten und Gitarrenakkorden.
Die Stücke sind nach Kapiteln geordnet:
von "New Kid On The Block" in der Greenwich-Village-Szene
über "Songs of Social Conscience", "Plugged In", "Back to Basics", ... Das PVC-Cover
sollte dafür sorgen, dass man es lange Zeit mit sich herumtragen und intensiv benutzen kann.
Mindestens bis zum 100. Geburtstag.
The Gig Book: Bob Dylan - Perfect for guitarists, keyboard players and all other musicians.
Wise Publications,
2010, ISBN 978-1-84938-071-3, 304 S, €22.99.
Klein, aber dick ist das Kleine Grüne Volksliederbuch im handlichen DIN-A6-Format mit
200 deutsch- und englisch-sprachigen Volksliedern. Das geht vom böhmischen Wiegenlied
"Aber Heidschi Bumbeidschi" bis zu "Zogen einst fünf wilde Schwäne", der masurischen Vorlage für
"Sag mir, wo die Blumen sind". Es gibt aber nicht nur deutsche Volkslieder, wie das Shanty
"Hamborger Veermaster" [46]
oder "Wenn die bunten Fahnen wehen", das die Edelweisspiraten sangen, sondern
eben auch auch anglo-amerikanische Balladen (Banks of the Ohio, Greensleeves),
das irische "Whiskey in the Jar", Gospel (Go Down Moses) und Shanties (Drunken Sailor),
genauso wie "Bella Ciao", "Sur le pont", das mexikanische Revolutionslied
"La Cucaracha" und das lateinisch-sprachige Studentenlied "Gaudeamus Igitur", sowie die
deutsche, britische und französische Nationalhymne.
Mancheine Entdeckungen kann man am Wegesrand machen.
Alle Lieder sind als Melodielinie mit Texten und Gitarrenakkorden notiert.
Das Kleine Grüne Volksliederbuch.
Bosworth Edition BOE7559,
2011, ISBN 978-3-86543-667-2, 384 S, €9,95.
Hiaz is der rauhe Winter då, den siacht ma umadum,
in Bergn sengt der Reimfrost her, in Gråbn, då scheint ka Sunn.
Ma hört ka Vogerl pfeifn, ma siacht ka Blattl Klee,
ka Brentlglockn läutn, ka Gamserl auf der Höh ...
Seit mehr als zehn Jahren gibt das Steirische Volksliedwerk, das in der Adventszeit
ein Büro für Weihnachtslieder unterhält, Bücher mit diesem Liedgut heraus.
Da diese mit der Steirischen Harmonika gespielt vermeintlich in besonderer Weise klingen,
war ein Büchlein mit Griffschrift für dieses Instrument überfällig.
(Aus diesem Grunde wurden auch nur Lieder in Dur ausgewählt, da wegen der unterschiedlichen Bass-Anordnungen
keine allgemein gültige Griffschrift möglich wäre.) Die 63 Lieder enthalten
gesamt-deutsche Klassiker wie "Alle Jahre wieder" genauso wie den
südtiroler "Andachtsjodler" und das niederösterreichische "Wir sagen euch an den lieben Advent" aus jüngerer Zeit.
"Stille Nacht" findet sich in der heute bekannten, melodisch vereinfachten
als auch der originalen Version, die noch sechs Strophen hatte.
Weihnachtslieder selber singen ... in Griffschrift
Steirisches Volksliedwerk,
2011, ISBN 3-902516-24-0, 120 S, €15,00.
Der Kölner Thórralf Schuh spielt Bodhrán und
andere Perkussion bei den Gruppen Troyl [46]
und Spillÿck [44].
Nachdem man sich in seiner Bodhrán-Fibel
durch ein paar Seiten Palaver durchgeschlagen hat, erläutert er Spielhaltung,
Schlagwinkel zum Fell und Pendelweite. Das ist detailliert beschrieben, aber ob man dem
wirklich folgen kann? Er sagt selbst, dass es unerläßlich ist,
von einem versierten Lehrer die Spieltechnik gezeigt zu bekommen. Jedes Lehrbuch ist begleitend, ein
Richtfaden für praktischen Unterricht. Zum Selbstlernen nur geeignet für sehr begabte Anfänger oder Leute,
die schon perkussive Vorbildung haben.
Besser, um nicht zu sagen, sehr gut folgen kann man, wenn es um Spielmodi,
Randschläge und Dribblings geht. Los geht's dann mit einem Reel (4/4) und Tonmodulationen
mit der linken Hand, sowie einem Jig (6/8) und Verzierungen wie Schleifschlag und Triolen.
Nach diesen beiden wichtigen irischen Rhythmen folgen
verschiedene Grooves, Muiñeira und Andro, Polska und Rumba, griechisch, türkisch, ...
Thórralf hat dazu, orientalischem Beispiel folgend, eine Tabulaturschrift entwickelt, um Notenwerte
und Klanggestaltung darzustellen.
Thórralf Schuh, Bodhrán Fibel - 100 keltische und internationale Rhythmen.
2011, 48 S, €18.
Die peruanische Kistentrommel Cajon hat die letzten Jahre eine große Popularität erfahren
und ist mittlerweile Standard bei allen Unplugged Settings [44].
So einige Bücher beschäftigen sich mit dem Instrument, der Dresdner Perkussionist
Torsten Pfeffer will
zeigen, wie man am besten Rock, Pop, aber auch HipHop, House und Drum'n'Bass spielt.
Um dem typischen Schlagzeug-Sound möglichst nahe zu kommen, wird in die
drei Grundspieltechniken Bass (Bassdrum), Tipp (Hi-Hat) und Ton (Snaredrum) eingeführt.
Einfache Grundrhythmen werden verfeinert,
am Ende stehen 5 komplette Songs mit Breaks, Fills, Intros und Outros.
Die beiliegende CD-ROM beinhaltet Videos zur Spieltechnik, Übungen als Audiofiles und Playalongs.
Pfeffer bietet mehr als andere Anleitungen, als Beispiel sei nur genannt
Tonhöhenveränderung durch Abdämpfen der Schlagfläche durch die Ferse.
Man muss mit diesem Wissen ja nicht unbedingt HipHop
spielen, ist jedenfalls gut gerüstet, um andere Rhythmen zu entdecken.
Torsten Pfeffer, Nur für Anfänger: Cajon.
Bosworth Edition,
2011, ISBN 978-3-86543-693-1, 48 S, €14,95 (inkl. CD).
Gefährliche Lieder: Während der Nazi-Diktatur gab es einige tausend Jugendliche im Rheinland die sich gegen die Nazi-Barbarei aufgelehnt haben.
Fotos aus der Zeit zeigen: Junge Menschen, darunter langhaarige Jungen und burschikose Mädchen, in trachtenähnlicher Wanderkleidung um Gitarren und andere Instrumente versammelt, zumeist inmitten romantischer Naturlandschaften. Die sogenannten Edelweisspiraten hatten die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Hintergründe; gemeinsam war den unangepassten Jugendlichen nur die Liebe zum Singen unangepasster Lieder in freier Natur.
Die Kölnerin Gertrud 'Mucki' Koch berichtet, dass sie
Mucki wurde 1942 verhaftet, verhört und geschlagen.
Der Kehrreim Rio de Janeiro, Aho Caballero, Edelweißpiraten sind treu ist noch heute lesbar in einer Zelle im Kölner EL-DE-Haus, der ehemaligen Gestapo-Zentrale, in die Wand geritzt.
Das jährliche Edelweißpiratenfestival setzt seit 2005 im Kölner Friedenspark der naziresistenten Jugend der Region ein musikalisches Denkmal. Die Autoren von Gefährliche Lieder haben mit den letzten Zeitzeugen der Jugendbewegung gesprochen und ein Dutzend exemplarische Porträts erstellt.
Im Mittelpunkt stehen jedoch die Lieder, zumeist Fahrten- und Wanderlieder aus dem Liederschatz der bündischen Jugend stammend - mit vollständigen Texten, Noten, Akkorden und Kommentaren. Auf der beiliegenden CD stimmen zudem die Zeitzeugen ihre Lieblingslieder an.
Wenn die bunten Fahne wehen, geht die Fahrt wohl übers Meer. Wolln wir ferne Lande sehen, fällt der Abschied uns nicht schwer Leuchtet die Sonne, ziehen die Wolken, klingen die Lieder weit übers Meer Hei die wilden Wandervögel ziehen wieder durch die Nacht! Schmettern ihre alten Lieder, dass die Welt vom Schlaf erwacht. Kommt dann der Morgen, sind sie schon weiter, über die Berge, wer weiß, wohin.
"Wenn die bunten Fahne wehen" hat längst den Rang eines Volksliedes erreicht. Das Lied verbreitete sich von dem Nerother Wandervogelbund aus.
"Die Gedanken sind frei" und "Wir sind des Geyers schwarzer Haufen" kennt jeder, "In Junkers Kneipe" ist ein bekannter Wandervogel-Gesang.
In Junkers Kneipe, bei Bier und Pfeife, da saßen wir beisamm'. Ein kühler Tropfen, vom besten Hopfen, der Teufel hält die Wacht. Ja wenn die Klampfen klingen und die Burschen singen und die Mädel fallen ein, was kann das Leben Schöneres geben, wir wollen bündisch sein!
Genauso wie aus schlage Hader und Zwietracht entzwei in dem Lied "Hohe Tannen" schlage Baldur von Schirach entzwei wurde, erfuhr der "Junker" eine spätere Umdichtung:
Hei, wo die Fahrtenmesser blitzen und die Hitlerjungen flitzen .. Was kann das Leben bei Hitler uns geben, wir wollen bündisch sein.
Themenwechsel. Leonard Cohen wurde 1934 im kanadischen Montreal geboren, vom Vater hat er die Vorliebe für polierte Schuhe, Manschettenknöpfe, maßgeschneiderte Anzüge und den leicht schräg aufgesetzten Hut geerbt, von der litauischen Mutter die angeborene Neigung zur Schwermut und die Liebe zum Liedersingen.
Cohen nimmt Flamenco-Gitarre-Stunden, die wahrscheinlich für seinen charakteristischen Gitarrenstil verantwortlich sind. Er spielt Folkmusik und singt mit einer schwermütigen, eigentümlich klingenden Stimme zu seiner mit Nylonsaiten bespannten spanischen Gitarre.
Sein Hauptinstrument ist aber zunächst die Schreibmaschine. 1956 wird ein relativ erfolgreiches Buch mit Gedichten veröffentlicht. Seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: scharfsinnig, ansehnlich, belesen, geistreich, romantisch und geil. Sein zweites Buch will er als farbenfrohes Büchlein im Hosentaschenformat herausbringen, seine Dichtung solle so leicht zugänglich und so populär wie möglich sein und so allgegenwärtig wie Folkmusik.
Das Schicksal nimmt einen anderen Lauf. Er schreibt "Suzanne" und durch Judy Collins[44] populäre Version steigt er ins Musikgeschäft ein. Talent-Scout und Produzent John Hammond muss gegen die Mächtigen bei Columbia kämpfen, die in Cohens Alter und seiner allgemeinen Aura der Andersartigkeit ein kommerzielles Hindernis sahen, das Debütalbum findet aber allmählich seinen Weg und sein Publikum.
Die Biographie einen ruhigen, introvertierten Persönlichkeit ist selten spannend. Auch Anthony Reynolds kann Cohens Außergewöhnliches Leben nicht rüberbringen. Das größte Abenteuer scheint für den Sänger, Poeten und Gentleman die Zusammenarbeit mit dem egozentrischen Produzenten Phil Spector gewesen zu sein: Er hat einige sehr sanfte und wunderbare Lieder gemacht wie 'To Know Him Is To Love Him'. Damals war er in seiner Debussy-Phase. Als wir uns begegneten, war er jedoch in seiner Wagner-Phase.
Das untypischste Album in Cohens Plattenkanon bietet im Wesentlichen solide, melodisch starke Stücke, die wirr in einem opulenten panoramaartigen und paranoiden Klangmeer schwimmen. Insbesondere in Nordamerika war Cohen in der Disco- und New Wave-Ära etwa so angesagt wie der Burenkrieg.
Cohen selbst sagt: Meine Musik wird die neue Welle überdauern. New Wave ist eine Art letzter Versuch, den Rock'n'Roll innerhalb eines kommerziellen Rahmens wiederzubeleben, aber es ist nichts Neues gemacht worden ...
Dann schreibt er "Hallelujah", das über die Jahre zu einem Phänomen wird. Sein großes Comeback macht er 1988.
Bis 1993 ist er unermüdlich auf Tour. Dann zieht er sich ausgebrannt in ein Kloster zurück und steht erst 2008 wieder vor einem Publikum und witzelt: Ich stand zuletzt vor 15 Jahren auf dieser Bühne, als junger Knabe von 61 Jahren und mit dem Kopf voller Flausen.
Cohens Innerstes bleibt auf über 300 Seiten unergründlich und Reynolds Spekulationen deshalb äußerst vage, vor allem da abgesehen von einigen wenigen Hintergrund-Informationen keine Textanalyse des Cohenschen Werkes erfolgt. Einige Übersetzungsfehler fallen auf, so wird z.B. aus der englischen Folksängerin Sandy Denny ein Mann gemacht, und ich denke nicht, dass es damit zu tun hat, dass bei der Übersetzung versucht wurde, sich so nahe wie möglich an der ursprünglichen Stilistik des Autors zu orientieren, wie es im Vorwort heisst.
Cohens langjähriger Produzent John Lissauer meint: Cohen hat einen europäischen Hintergrund, kommt sogar aus der Tradition des französischen Chansons. Er hat eine europäische Sensibilität, mit der er in Amerika nie großen Erfolg haben wird. Cohen also eigentlich ein Europäer; das Instrument, das Hummel genannt wird, hat auch eine mitteleuropäische Entwicklungsgeschichte und keinen westasiatischen Ursprung, wie die Literatur behauptet.
Das will zumindest der Instrumentenbauer Wilfried Ulrich im Buch zur Ausstellung von historischen Instrumenten im Museum Cloppenburg belegen.
Die Hummel ist ein einfaches, zitherähnliches Saiteninstrument, das neben Melodiesaiten frei mitschwingende Bordunsaiten besitzt (bourdon, frz. Hummel). Ein Vorläufer oder eine Verwandte ist das Scheitholt, welches der herzoglich-braunschweigische Kapellmeister Praetorius zu Beginn des 17. Jhds. als Bettler- und Lumpeninstrument beschrieben hat.
Einst war das Instrument weitverbreitet, im 19. Jhd. wurde der Klang zunehmend als altmodisch empfunden und die Hummel wurde wie Drehleier und Sackpfeife auch von anderen Instrumenten verdrängt. Ulrich fand bei der Restaurierung einer Northeimer Hummel die resignierten Worte: Du kömst nicht wieder mit. Sie können nach der Orgel [Handorgel = Ziehharmonika] gehen und tanzen.
In Amerika hingegen wurde das Scheitholt zum Mountain Dulcimer weiterentwickelt,[22] welches durch das Folk-Revival eine Wiederbelebung erfahren hat und durch das auch Ulrichs Interesse Mitte der 1970er Jahre geweckt wurde. Nun unternimmt der Instrumentenbauer eine Entdeckungsreise durch die Museen dieser Republik und die dort ausgestellten Hummeln, die er teilweise auch restaurieren und spielbar machen durfte.
Anhand der noch existierenden Exemplare in Museen von Schlesien bis Schleswig erzählt Ulrichs Buch reich bebildert und gut recherchiert die Geschichte des Instruments, beschreibt die Spielweise und dokumentiert die detaillierte Maße von 44 Instrumenten.
Da möchten wir doch der Hummel dieselbe Wiedergeburt wünschen, wie sie bereits
Drehleier und Dudelsack erfahren haben. Wie Ulrich augenzwinkern zu mir meinte: Die Hummel ist eigentlich
sehr Nachbarschafts- und Mietwohnungskompatibel im Gegensatz zu den anderen beiden Borduninstrumenten.
Tom Anderson, World Grooves - Elemental Rhythms from Around the Globe. Hal Leonard HL09971490, 2010, ISBN 978-1-61774-161-6, pp32, US-$29,99 (inkl. CD).
Photo Credits:
(1ff) Book Covers (from website/author/publishers);
(15) Sharron Kraus
(by Bruce Cardwell).