Ausgabe 23 09/2002

FolkWorld CD-BesprechungenDog

Capercaillie "live in concert"
Label: Survival Records (Deutschland über Indigo); SURCD027; 2002; Spielzeit: 73.12 min
Capercaillie gelten als eine der herausragendsten schottischen Folk-Pop-Bands, und auch in Deutschland haben sie sich ihren Ruhm erspielt. In den letzten Jahren war Capercaillie immer seltener live zu sehen, auch wenn die Band noch regelmässig Alben eingespielt hat. Um so überraschender und erfreulicher ist es, dass sie nun eine Live-CD vorlegen. Eingespielt wurde das Album beim diesjährigen Celtic Connections Festival in Glasgow, einem beeindruckenden mehrwöchigen Folkfestival im Januar. Die Tonqualität ist hervorragend; das Hörerlebnis ist mindestens genauso gut wie bei einer Studio-CD.
"live in concert" knüpft eher an die frühe Album-Phase von Capercaillie, an die Zeit des meiner Meinung nach besten, klassischen Capercaillie-Albums "Delirium". Während die Band auf den Nachfolgealben viel (eventuell zu viel?) mit World und "Tribal Music" herumexperimentiert hat, präsentieren sich Capercaillie hier wieder mit dem, wo sie wirklich erstklassig sind: Schottische Musik mit Pop- und Rockeinflüssen. Eine gelungene Auswahl an Stücken aus der langen Capercaillie-Karriere umfasst unter anderem hervorragende Instrumentalstücke, z.B. die klassichen Rob Roy Reels, und erstklassige gälische Folk-Pop-Lieder, wie Coisich a Ruin. Und auch die englischen Lieder gehören zu den Capercaillie- Highlights: Crime of Passion, The Miracle of Being etc.
Das Line-Up hat sich seit dem Klassiker "Derilium" etwas geändert, der damalige Kern der Band ist aber noch immer dabei: Sängerin Karen Matheson, Saiteninstrumentalist Manus Lunny, Donald Shaw (Akkordeon, Keys) und Fiddler Charlie McKerron. Relativ neu dabei ist vor allen Dingen Michael McGoldrick, einer der besten keltischen Musiker, der beeindruckende instrumentale Einlagen auf Flöte und Uillean Pipes liefert.
Meiner Meinung nach eines der besten Capercaillie-Alben seit langem.
Band/Musiker-Homepage: www.capercaillie.co.uk
Michael Moll


Nordic Ethno Grooves - Collection 3
Label: Westpark; WP87083; 2002; Spielzeit: 56.41 min
Westpark ist der wohl wichtigste Verlag für nordische Folkmusik in Deutschland. Diese CD ist die nunmehr dritte Sammlung von akutellen und modernen nordischen Folkbands, professionell zusammengestellt von Westparks Ulli Hetscher. Auf dem Album finden sich einige der bekanntesten Bands Skandinaviens wieder - Värttinä, Wimme, Väsen, Triakel und Hoven Droven, aber auch Bands, von denen man ausserhalb Schwedens kaum gehört hat, wie Tva Fisk och en Fläsk oder Anders Hagberg. Die Bandbreite geht von traditionell (Triakel, Plommon) über bodenständigen Folk-Rock (Hoven Droven, Väsen) bis sehr experimenteller Musik, z.T. strak von World Music beeinflusst (Wimme, Hulu Project). Bei einer solchen Bandbreite ist es unwahrscheinlich, dass vielen jeder Titel gefällt, dennoch dürfte für jeden etwas dabei sein, dass Appetit auf mehr macht. Persönliche Highlights dieser CD sind meine All-Time Favourites Hoven Droven und Väsen, Plommon's Lied "Emma" und das Lied "Valevann" von der deutschen Sängerin Kerstin Blodig. Ich persönlich kann mir nicht viel aus den extrem eperimentellen Stücken von Wimme und Hulu Project machen, aber dafür gibt es ja die Programmierfunktion des CD-Spielers.
Ein guter Einsteiger, um tief in die skandinavische Szene zu tauchen.
Michael Moll


Niña Pastori "maría"
Label: BMG Ariola; 74321 928482; 2002; Spielzeit: 44.21 min
Niña Pastori wird als einer der neuen Stars der spanischen Flamenco-Szene gefeiert. Die junge Frau hat eine energische, kraftvolle und ein wenig rauchige Stimme, wie geschaffen für Flamenco. Sie wird begleitet von u.a. Flamenco-Gitarren, Kastagnetten, Piano, Bass, Schlagzeug, z.T. E-Gitarre. Mit viel Temperament und voller Leidenschaft singt sich die Spanierin durch 11 zeitgenössische Flamenco-Lieder. Besonders gelungen sind anfeuernde Zwischenrufe der Mitmusiker, die dem Studioalbum eine Live-Atmosphäre geben. Stilistisch bewegt sich das Album oft in Richtung Flamenco-Pop, was sicherlich dessen Popularität weiter steigern dürfte. Die ausdrucksstarke Stimme Niñas und die zum Teil einfallsreiche musikalische Begleitung rettet jedoch den größten Teil der CD davor, in langweiligen seichten Pop abzudriften. Eine nette Scheibe.
Management Homepage: www.rlm.es Kontakt: rml@rml.es
Michael Moll


Franz-Josef Degenhardt "Quantensprung"
Label: Koch Universal; 340 050; 2002; Spielzeit: 58.42 min
Hi, sieh da, der Degenhardt. In die Jahre auch gekommen, wie? Na, was sagen Sie denn nun: 11. September. Nichts ist seitdem mehr so wie vorher. Nach diesem Quantensprung in eine neue Zeit, in eine neue Dimension (-> FW#21 FW#22). Politisch? Immer noch der Alte? Na ja, sagte ich. Musikalisch/inhaltlich ist das sicherlich kein Quantensprung. Da ist Franz-Josef Degenhardt, das Urgestein des deutschen Politfolks, immer noch ganz der Alte. Und wenn die Zeitgenossen ihre Segel in den Wind hängen - Dichter und Denker, einst Pazifist, sind jetzt Menschenrechts-Bellizist; Vizekanzler, einst Anarchist, der nun ein geiler Macht-Junkie ist; Innenminister, einst RAF-Anwalt, macht, was Herold im deutschen Herbst sich erdacht - und die Kreuzzüge des 21. Jhds. vorbereiten - und er wird länger dauern als der von Barbarossa, und wir Deutschen machen wieder mit -, dann ist es fast schon erfrischend, wenn Väterchen Franz beschließt, nicht mit ihnen [zu] ziehn, werd nicht mal winken, wenn man im Chor die Killerhymne singt; diesmal werde ich am Hoftor stehn, wenn sie geschlagen, ohne Tritt nach Hause ziehn. Ausserdem gibt es eine Vertonung von Josef von Eichendorffs "Nachruf", eine Übersetzung der Hymne der Pariser Commune, "Le Temps de Cerises", und eine musikalische und sehr hintergründige Umsetzung des Spitzweg-Bildes "Jugendfreunde". Schließlich sind ja nicht alle Lieder gesungen, nicht alle unsere Träume zerrieben, noch liegt ja alles vor uns - na, sagen wir mal, solange wir leben.
Koch Universal
Walkin' T:-)M


Kai Degenhardt "Dekoholic"
Label: Plattenbau; 00002; 1999; Spielzeit: 50.54 min
Wie der Vater (s.o.), so der Sohn! Ein fast zum verwechseln ähnliches Timbre, Sprechgesang, minimale Gitarrenbegleitung und die klare Message. Ich schreibe und singe politische Lieder, die sich auch als solche verstehen, Lieder also, die auf gesellschaftliche Zusammenhänge und Auseindersetzungen explizit und parteilich Bezug nehmen. Albern ist bei weiten Teilen der heutigen Popmusik ihre allgemeine Unernsthaftigkeit. Die drückt sich entweder im blöden Einverständnis mit dem Bestehenden oder in der Sehnsucht nach behaglicher Unverbindlichkeit aus. Der Entertainment-Industrie, der es auf Einschaltquoten, Auflagen und Chartpositionen ankommt, ist es egal, was sie verkauft, wenn sie genug verkauft. Allein das Erwähnen eines ausserhalb der Warenästhetik liegenden Gebrauchswerts von Musik läuft ihrem Verkaufszweck zuwider. Der Teufel steckt im Detail: Kai Degenhardt weiss, was man mit sechs Saiten so alles anstellen kann. Das Politische ist indirekter, aber darum nicht weniger ins Volle treffend. Er - ohne Not und ohne Grund im Jahre was-weiss-ich-geboren hatt' ich schon früh den kalten Krieg und meine Religion verloren - hat sich durch zahlreiche Hamburger Rockbands gespielt, seinen Vater begleitet und ist seit einigen Jahren auch solo unterwegs: was man bezahlt für einen minderen Akkord auf der Gitarre und diesen müden Saatkrähengesang. Ein bißchen Dylan, ein wenig früher Billy Bragg, kreiert er den "Antipop" der Jahrtausendwende: Kleinbürger aller Herren Länder, die zu Hause noch entlohnt, zur Ferienzeit nach draussen reisen, um als Großkotze zu thronen über die Zahnlosen und Nackten; alle fett wie Elvis, in ihren Graceland-Appartments. Ein Nachsatz zur Fußball-WM: Mir reicht ein Unentschieden gegen Uruguay, wenn man nur überall in Frieden stirbt und ohne Hunger lebt. Zwei Wochen vor der Wahl zwischen Teufel und Belzebub: In den Schaufenstervitrinen stehen die Siegestrophäen aus ihren blutigen Raubzügen, unterm grünen Band der Sympathie. Es verteilt die Neue Mitte jetzt den Kuchen und die Tritte. Los, Peter, hol den roten Fetzen raus! Es muss doch irgendwie gehen, dass die Dienstleistungsdackel merken, für wen sie da Gassi gehen, und auch die hippen Lifestyle-Pudel. Dann geb ich uns nochmal Feuer, damit die Straße wieder brennt.
Plattenbau
Walkin' T:-)M


Schandmaul "Von Spitzbuben und anderen Halunken"
Label: Fame; 74321 893632; 2001; Spielzeit: 46.48 min
Da formiert sich eine Band, will aber nicht das übliche Popperlapapp spielen, covert ein bisschen Pogues, dann kommt der Sänger mit selbstverfassten schelmischen Mittelaltergesängen an. Der Rest ist wie immer Geschichte, in diesem Fall etwa 1000 Jahre zurückreichend. Schandmaul spielt eine interessante und eingängige Mischung von Rockmusik mit mittelalterlichen Elementen. Geige, Drehleier, Flöte und Dudelsack dürfen sich vor dem Hintergund von Stromgitarre, Bass und Schlagzeug wie im Veitstanz austoben. Einige Texte sind durchaus witzig, wie "Die letzte Tröte": ,Dem Volke die Musik verwehren', sprach der König; jedes Instrument, das man fand, brannte schon bald lichterloh; doch meine Tröte fand man nicht. Andere haben sogar einen kritischen Kern: Hoch oben auf den Zinnen wartet die schöne Maid, von fern hört man den Vater, ,Die goldene Kette nimm dir, ich gab einem Feind den Tod dafür'; die goldene Kette vom Mädchen erkannt, als Zeichen der Liebe gab sie es ihrem Liebsten in gar zärtlicher Stund. Andererseits ist auch viel Nostalgie im Spiel. Und Lieder von schwerterschwingenden Knaben zu singen (wie Phönix eine Heldengestalt, die Schreiber werden Lieder dichten, Lobgesang der Heldentat), das ist doch ziemlich reaktionär. Bleibt also ein zwiespältiger Eindruck. Aber noch zieht die Karawane weiter, weitergetragen von unserem Gesang; wir können uns selbst nicht mehr entfliehen, spüren die Welt durch unseren Klang.
Fame Recordings
Walkin' T:-)M


Joint Venture "kleinti"
Label: Capriola; 71875 07150 2; 2002; Spielzeit: 76.58 min
Götz Widmann "Götz Widmann"
Label: Ahuga!/EFA; 06534-2; 2001; Spielzeit: 49.10 min
Nicht weit von uns im Westen, da liegt ein kleines Land, das ich immer, wenn ich da war, ziemlich überzeugend fand. Ich liebe Superskunk und ich liebe Sauce special. Aber eine Sache gibts, da bin ich meganational. Es kam über die Jahre und jetzt sitzt es ziemlich fest. Solangs um Fußball geht, hasse ich Holland wie die Pest. Hey, lassen wir mal den Kirch im Dorf, schließlich haben unsere holländischen Nachbarn während der Fußball-WM alles übertragen, was uns vorenthalten wurde. Jedenfalls ist das in etwa der Stil des Liedermacherduos "Joint Venture", bestehend aus "Kleinti" Simon und Götz Widmann (wenn auch Ironie nicht unbedingt von jedem Fußball-Fan verstanden wird: www.austrinken.com). Witziges, Zynisches und Nachdenkliches über den Wahnsinn des Alltags. Tach, Herr Chef, ich tu in ihrem Laden schon ne Weile meine Pflicht, ich will ihnen was sagen, ich mag sie nicht; erstens ham sie kein Niveau, zweitens sind sie 'n mieser Knauserer, und das ewige Genöle ist das letzte, was ich brauch. Oder besser, so war er, denn Kleinti starb überraschend im Juni 2000 an einem Herzinfarkt, gerade einmal 33 Jahre alt. Ob ich über den Jordan lauf, weil keiner mehr meine Platten kauft; Ob ich beim Singen voll lauter Selbstverliebtheit das Einatmen glatt vergesse; ich kann dem Tod gelassen ins Auge sehn, ich werd jedenfalls älter als Kurt Cobain. Ex-Partner Götz Widmann hat für diese Kompilation nun 24 Stücke ausgewählt, die schönsten seiner Songs, für Kleintifans wie uns, ohne Stücke von mir dazwischen, die man immer mühevoll wegzappen muss, remixed und remastered, darunter auch ein unveröffentlichtes Lied und eine Liveaufnahme. Und tschüss, ihr könnt mich alle mal, ich hau jetzt ab, wohin ist völlig egal; und tschüss, ich sag dem Kaff hier ade, und tschüss, ich bin auf Welttournee.
Das Nachfolgewerk von Götz Widmann hat es naturgemäß schwer. Da es nur mit meinem Gesang und meiner Gitarre eben doch etwas zu sehr nach Joint Venture ohne Kleinti klingt, wurden ein paar Freunde mit ins Studio gebeten, und so ist am Ende fast ne Bandplatte dabei rausgekommen. Gleich im Auftaktstück geht es um eines seiner Lieblingsthemen, Bruder Alkohol: Dein Vater hat 'nen Kater und deine Mama den Katzenjammer, ihr geht's nicht gut, sie war grad spucken, sei lieb, geh noch was KiKa gucken. Es ist sein Sonntagsnachmittagspläsier, "Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4": Irgendwie Verdacht erwecken, Wunder wirkt ein grünes Blatt, ein Briefumschlag voll Rosmarin, ein Gramm zerriebenes Aspirin; willst du nen Profi provozieren, musst du dein Fahrzeug präparieren, Müll in Tüten ist ein Tip, der gute Bremsspurherrenslip, Gebrauchtkondome, Binden; aus dem Radio Peter Tosh und grinsen wie ein Breitmaulfrosch, so leistet man sehr elegant, völlig gewaltlos Widerstand. Wiedmann meint, Kohl ist ein verdienter Mann, er hat viel verdient daran; die fühln sich immer noch zu wohl, Beugehaft für Helmut Kohl. Das Cover-Bild zeigt den Waverley Cemetery in Sydney, passend zu "Das Leben sollte mit dem Tod beginnen" (das Thema ist ja bekannt aus der LBS-Werbung, beide haben aber bei einem Text von Donald Sutherland im Stern "geklaut"): Ein Leben, das als Orgasmus endet, war auf keinen Fall verschwendet. Aber am Ende steht die "Einsamkeit": Es gibt nichts, was so geil macht wie Einsamkeit, ich Idiot hab nicht mal n Nacktfoto von dir ...
Capriola/Blankomusik; Ahuga!/EFA
Walkin' T:-)M


Sheevón "Sláinte!"
Label: Errigal; MGCD 678; 2001; Spielzeit: 44:51 min
Sheevón leitet sich vom irischen Mädchennamen Siobhán (sprich: schiwån) ab. Dieser hat weniger mit einer blonden Fee zu tun, wie die eigene Bandlegende wissen will, sondern ist ursprünglich wohl eine gälische Variante der normannischen Je(h)anne, also die weibliche Form von Johannes (Yochanan, hebr. Gott ist gnädig). Das Sextett ist bereits 1981 ins Leben gerufen worden und damit eine der dienstältesten, bestehenden deutsch-irischen Formationen. Das 20jährige Bestehen wird mit dem Jubelalbum "Sláinte!" (zum Wohl!, lit. Gesundheit) begangen. Es ist das 9. Werk noch dazu. Sheevón gehört, ähnlich wie Peter Kerlin ( -> FW#21), nicht zu den Bands, nach derem Vortrag kein Gras mehr wächst, sondern pflegt die dezentere Note und alle 40 Schattierungen des sprichwörtlichen irischen Grüns. Drei Instrumental-Sets, die mal nicht aus dem üblichen Session-Pool gefischt sind, zwei Eigenkompositionen, das traditionelle "Do You Love An Apple" Robert Burns "Green Grow The Rushes" (sehr beliebt allenthalben seit dem vorletzten Altan-Album -> FW#14), Chris Jones "Whatever Goes Around Comes Around". Die 1001. Version von Jimmy MacCarthys "Ride On" hätte vielleicht nicht unbedingt sein müssen. Wie auch immer: Ride on, boys and girls, the finest horse I've ever seen. Vielleicht noch einmal 20 Jahre.
Sheevón/Errigal Records
Walkin' T:-)M


The McCalmans "Where the Sky Meets the Sea"
Label: Greentrax; CDTRAX232; 2002; Spielzeit: 52.30 min
Was für irische Musik Gruppen wie die Dubliners (siehe Artikel in dieser Ausgabe) geleistet haben, das tun für Schottland die McCalmans (-> FW#3). Und das auch schon seit 1964. Im vergangenen Jahr schien der Tod von Derek Moffat (-> FW#20) die Fortführung zu bedrohen. Doch die übriggebliebenen "Macs", Ian McCalman und Nick Keir haben sich Stephen Quigg ins Boot geholt. Jeden Sommer touren wir die Highlands von Schottland. Viele Jahre lang war Stephen Quigg Teil der Tour. Es schien uns nur natürlich, dass die Lieder unser ersten gemeinsamen CD diese Welt reflektieren sollte, Fischerboote und Häfen, Berghöfe und halbvergessene Schlachtfelder, niemals weit von der Küste entfernt - where the sky meets the sea. Das Markenzeichen ist weiterhin Harmoniegesang, Humor und ein tief verinnerlichter Respekt vorr traditionellem schottischen Liedgut. Neben Eigenkompositionen findet man Richard Thompsons "Galway to Graceland" (acapella), Robbie Burns "Ae Fond Kiss", Andy Barnes "The Last Leviathan" und das traditionelle "Gallant Murray". I will go to the highlands tomorrow. I'll wander this land and I'll take the old road to the sea. Was there ever a land with such beauty to share.
Greentrax
Walkin' T:-)M


Dick Gaughan "Outlaws & Dreamers"
Label: Greentrax; CDTRAX 222; 2001; Spielzeit: 50.18 min
Through pastures of plenty and dark city byways. Thirty five years of singing and playing, thirty five years of life on the road. Laughing at tyrants and spitting at despots. They've called me an outlaw, they've called me a dreamer. (-> www.dickalba.demon.co.uk) Der schottische Sänger und Gitarrist Dick Gaughan darf sich mittlerweile eines nicht unbedeutenden Lebenswerkes rühmen: Seine Mutter aus den schottischen Highlands ist eine preisgekrönte Sängerin, seine irischen Großeltern väterlicherseits spielten Fiddle und Akkordeon. Die weiteren Stationen heissen Boys of the Lough (siehe auch Rezension in dieser Ausgabe), Five Hand Reel, Clan Alba, und nicht zuletzt ist er ein äusserst erfolgreicher Solointerpret. Stimme und Gitarre, mehr braucht der Mann selbst nicht. Nur ein wenig Fiddle und Konzertina von Brian McNeill hie und da, dafür revanchiert sich Dick mit Interpretationen von "Yew Tree" (ein Blick auf Schottland durch die "Augen" eines tausendjährigen Baumes in Lothian) und "Strong Women Rule Us All" (über Flora MacDonald, die einst Bonnie Prince Charlie errettet hat) und der gemeinsamen Komposition "John Harrison's Hands". John Harrison ist der Erfinder der ersten Uhr, mit der man auf See die geographische Länge bestimmen konnte. Phil Ochs "When I'm Gone" und Si Kahns "What You Do With What You've Got" wurden bereits einmal auf dem Album "Call It Freedom" (1988) aufgenommen. Sehr typisch für Dick sind Stücke wie Woody Guthries "Tom Joad" (basierend auf John Steinbecks "Früchte des Zorns") und Graham Moores "Tom Paine's Bones": I only talked about freedom and justice for everyone. They say I preached revolution. All I did was to talk a lot of common sense. Es gibt natürlich auch ein traditionelles Zuckerl, "Dowie Dens o Yarrow". Insgesamt kommt "Outlaws and Dreamers" beinahe an das Jahrhundertwerk "A Different Kind of Love Song" (1983) heran. Dick steckt voller Energie, er alleine könnte genug Energie zur Verfügung stellen, um Edinburgh zu beleuchten.
Übrigens ist Dick Gaughan passionierter Computerfreak und Website-Bastler. Er glaubt, dass Webseiten unabhängig von Plattform und Software konstruiert sein müssen, damit jedermann und -frau vollständigen Zugriff hat. Er zeigt deshalb auch wenig Langmut mit Seiten, die best viewed on ... verkünden oder mit nicht-standardisiertem Code programmiert worden sind, so dass sie nur bei bestimmten Browsern sinnvolle Ergebnisse zeigen. Ich finde: Mach weiter so, Dick!
Greentrax
Walkin' T:-)M


Reinig, Braun + Böhm "Verzehl ma nix"
Label: Pfalz; PRCD2002-01; 2002; Spielzeit: 46.42 min
Paul Reinig (Gitarre, diat. Knopfakkordeon, Mandoline, Hackbrett), Peter Braun (Gitarre, Gesang) und Rüdiger Böhm (Blockflote, Krummhorn, Klavier) sind keine Unbekannten in der deutschen Folkszene. Lismore (-> FW#13), Siebenpfeiffer, Grashalm, Däumling und Passepartout heissen die Stationen, in der die umtriebigen Drei ihr Handwerk gelernt haben. Nun haben sich die Musiker dem pfälzischen Liedgut in allen Facetten, abseits von Weck, Worscht un Woi, verschrieben. "Var hin ze guoter Stunde" stammt immerhin aus der Manessischen Liederhandschrift (um 1200), "De Palzer Bauer" aus dem 17. Jhd. Es gibt auch etwas lokales Tanzgut: Eine Sage berichtet, dass in früheren Jahren oft nur eine Musikkapelle engagiert wurde, die an verschiedenen Plätzen zum Tanz aufspielen sollte. So begann die Musikkapelle mit dem ,Birkweiler' und die ,Haschdner' stampften so laut den ,Schottisch'-Rhythmus, dass die Musik nicht mehr zu hören war. Dabei packten die Musiker ihre Instrumente zusammen und gingen zum nächsten Festzelt. Mir persönlich ist das Ganze etwas zu gefällig. Ich hätte mir auch die pfälzischen Texte im Booklet abgedruckt gewünscht. Es versteht ja nicht jeder Fremdsprachen.
Pfalz Records / Reinig, Braun + Böhm
Walkin' T:-)M


V/A "Songs an einem Sommerabend - Die Dritte"
Label: pläne; 88872; 2002; Spielzeit: 74.25 min
Wie könnte man in einer Zeit, wo das Leben für Liedermacher zusehends schwerer wurde, ein Forum schaffen, wo alle Jahre wieder die Wichtigsten aus Deutschland und der europäischen Nachbarschaft zu einem fröhlichen Sangesfest zusammenkommen. "Songs an einem Sommerabend" ist ein alljährliches Festival, die fünfte Jahreszeit in Oberfranken sozusagen, vor dem Kloster Banz, durchgeführt vom Bayerischen Rundfunk und ausgestrahlt in Radio und TV. Im Juli 2002 fand es mit Liedern, die auch Texte haben, immerhin zum 16. Male statt. Ado Schlier, die graue Emminenz hinter den Kulissen, hat nun einen repräsentativen (?) Querschnitt zusammengestellt. Um nicht missverstanden zu werden, hier liegen keine Liveaufnahmen von den Festivals vor (warum eigentlich nicht?), sondern 20 Titel, überwiegend in den 90er-Jahren auf Platte gebannt: Wolfgang Ambros, Lydie Auvray (-> FW#20), Giora Feidman (-> FW#12, FW#21), Reinhard Fendrich, Hubert von Goisern (-> FW#19), Haindling (-> Rudolstadt-Bericht in dieser Ausgabe), Ludwig Hirsch, Klaus Hoffmann, Reinhard Mey, Odetta, Krista Posch, Kerstin Rodger, Rosenstolz, Bernardo Sandoval (-> FW#22), STS, Hannes Wader und Konstantin Wecker (-> FW#18), Hans-Eckhard Wenzel (-> FW#15, FW#22), Stefanie Werger. Es finden sich durchaus einige Perlen, aber auch Mittelmäßig- und Belanglosigkeiten bis hinab in die Niederungen deutschen Schlagerlebens.
pläne
Walkin' T:-)M


Hartmut E. Höfele & Freunde "Europa in 80 Tönen"
Label: Ökotopia; 2002; Spielzeit: 62.36 min
In einer Zeit, in der die Grenzen Europas mehr und mehr verschwinden, sollte das Kennenlernen der Kultur der Nachbarn eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn wir viel übereinander wissen, können wir einander besser verstehen! Musizieren, Singen & Spielen ohne Grenzen fördert das gegenseitige Verstehen und Vertrauen. Es dient dem Miteinander und der Gemeinsamkeit. Musik ist ein idealer Weg, gleichzeitig auf die kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede Europas aufmerksam zu machen. Sagt sich Hartmut E. Höfele (Musiktheater Firlefanz) und bringt gleich Kinderlieder und Tänze aus ganz Europa - in Deutsch und Originalsprachen gesungen mit. Die 80 europäischen Töne sind (traditionelle) Kinderlieder, Reime und Tänze vom gesamten Kontinent. Der Test zeigt, dass Kinder in der Regel auf die Musik voll abfahren und auch trotz fehlender Sprachkenntnisse begeistert mitsingen. (Muss man allerdings unsere Kleinen schon mit dem "Wild Rover", vulgo "An der Nordseeküste", quälen? Irland fällt im Übrigen auch nicht unter den Sammelbegriff "Britische Inseln".) Das ist nur eine von zahlreichen Publikationen des verdienstvollen Münsteraner Ökotopia-Verlags (-> FW#20, FW#19). Und auch hierzu gibt es ein Begleitbuch mit Spielaktionen (-> FW#23).
Ökotopia
Walkin' T:-)M


Gunnel Mauritzson & Band "Åter"
Label: D/A/CH: Laika (Hauptlizenz: Xource); LAIKA3510158.2; 2002; Spielzeit: 58.52 min
In Schweden ist Gunnel Mauritzson eine gut bekannte Sängerin; hierzulande hingegen betritt sie eher Neuland. Einige ihrer Bandmitglieder sind wohl in Deutschland bekannter als sie selbst: Roger Tallroth spielt seine Gitarre und Bouzouki auch in Väsen; Rickard Åström sein Piano/Keyboards in Groupa. Hinzu kommen Anders Hagberg an Saxophon und Flöte und Hans Kennemark an Geige und Viola.
Alle elf Stücke auf "Åter" sind Lieder; die talentierten Musiker haben oft nur eine begleitende Rolle. Die Lieder der CD sind zum großen Teil Gunnels Kompositionen, ergänzt durch ein paar zeitgenössische und traditionelle Stücke. Gunnel spielt viel mit ihrer Stimme, sehr im schwedischen Stil; die Lieder sind meist langsam und getragen. So gut die Sängerin und ihre Musiker sein mögen, der CD fehlt irgendwo für meinen Geschmack Abwechslung und Frische; der Gesang von Gunnel wird leicht etwas viel, um ihn sich fast 60 Minuten anzuhören. Für die nächste CD würde ich mir eine Mischung von Lieder und Instrumentalstücken wünschen, nicht nur, um das Talent der Musiker voll auszuschöpfen, sondern auch, um die Lieder stärker scheinen zu lassen.
Gunnel Mauritzson & Band sind übrigens im Februar 2002 auf Deutschlandtour.
Michael Moll


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Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 23

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 09/2002

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