Ausgabe 15 8/2000
FolkWorld
CD-Besprechungen
Four 2 The Bar "Four 2 The
Bar"
Label: Earprint Music; FTTB 12990100;
2000; Spielzeit: 46.14 min
Four 2 The Bar sind vier Musiker aus dem Ruhrgebiet, die sich
zusammengefunden haben, um einige ihrer Lieblingslieder - vorwiegend
aus der anglo-amerikanischen Songwritertradition der sechziger Jahre -
gemeinsam zu singen. Das Ergebnis ist eine hörerfreundliche,
durcharrangierte akustische Gitarrenmusik - drei Gitarren, ein
Baß, bis zu vier Stimmen - die sich sowohl zum aufmerksamen
Zuhören als auch als angenehme Geräuschkulisse bei anderen
Aktivitäten bestens eignet. Die Lieder sind zur Hälfte
Eigenkompositionen von Detlef Neuls oder Peter Karkowski, zur
Hälfte Coverversionen von mehr oder weniger bekannten Stücken
mit Komponisten wie Graham Nash, Albert Lee und Lennon/McCartney.
Für eine deutsche Produktion erfreulich stimmig und
"originalgetreu"; Fans von Crosby & Nash unbedingt zu
empfehlen. Sehr schön ist übrigens auch die Coverillustration
von Rudolf Bieler.
Earprint Music, Postfach
10 14 46, 45414 Mülheim, Tel. 02054-86406.
Anja Beinroth
Barachois
"Encore!"
Label:
Magnetic Music; MMR CD 1030; 2000; Spielzeit: 50.33 min
Die verrückten Franko-Kanadier vom Prince Edward Island haben in
Deutschland mit ihren Konzerten viele Freunde gewonnen, die sich freuen
werden, daß jetzt beide CDs der Gruppe problemlos über
Magnetic Music zu beziehen sind. "Encore!", ihre zweite
Veröffentlichung, klingt genauso energiegeladen und einfallsreich
wie der Erstling, aber insgesamt etwas
runder und ausgereifter. Im Mittelpunkt stehen nach wie vor die für die
Insel typischen Geigen- und Steptanztraditionen, mit deren Hilfe
keltisch beeinflußte Tunes und französischsprachige Lieder
interpretiert werden. Das klingt lebendig und lustig, besonders wenn
man Barachois schon einmal live erlebt hat und sich daher die visuelle
Komponente dazudenken kann.
Barachois Webseite
Anja Beinroth
Tannahill Weavers
"Epona"
Label:
Green Linnet; GLCD 1193; 1998; Playing time: 54.15 min
Die Tannies zählen in Deutschland seit Jahren zu den Bands, die
einem als typische Vertreter des schottischen Folk sofort einfallen -
nicht zu letzt dank der vielen Tourneen durch deutsche Lande in den
letzten zwanzig Jahren. "Epona" ist ihr aktuelles, insgesamt
vierzehntes Album und bietet genau die solide Qualität, die man
von den Tannahills erwartet: mitreißende, abwechslungsreich
arrangierte traditionelle Melodien (mit Dudelsack, Geige, Flöten,
Gitarren usw.) und alte wie selbstgeschriebene schottische Folksongs.
Überraschungen hat diese CD nicht zu bieten, aber es ist eine
abwechslungsreiche, unterhaltsame Aufnahme, die man sich immer wieder
gern anhört.
Tannahill Weavers
Webseite
Anja Beinroth
V/A "Les Grands Airs Celtiques/The Great Celtic Airs"
Label: Keltia Musique; KMCD104; 2000; Spielzeit: 48.19
min Oh je! Einer der Momente, in dem das Herz des Rezensenten zu
stocken beginnt, ist, wenn eine Kompilation mit dem Titel "Great Celtic Airs" auf dem
Schreibtisch liegt. Liest man die Titelliste, läuft ein Schauer den Rücken
herunter: "Scotland the Brave", "Molly Malone", "Danny Boy", ... Um so erfreulicher, wenn
sich die aus Vorurteilen gespeisten Ewartungen als Irrtum erweisen. Keltia Musique dachten sich, es wäre Zeit
für das "manchmal vergessene und oftmals aufgegebene keltische Repertoire."
Es gäbe immer noch "Schönheit und Wunder in den ausgetretenen keltischen
Alleen zu finden." Für die Kompilation wurden keine existierenden Aufnahmen
genommen, vielmehr Künstler und Repertoire neu zusammengemixt. Die Besetzungsliste
allein spricht fur Qualität: Jamie McMenemy,
solo als auch mit Kornog
und Orion, Patrick Molard, Alain Genty, Anuna, Richie Buckley, Donal Lunny, Pat O'May, Fred Guichen, die Fallen Angels,
Dominig Bouchaud, Jacky Molard, Yann-Fanch Kemener, Bohinta, David Hopkins und Jack Lukeman. Beinhaltet sind Weisen aus Irland,
Schottland, Frankreich und Galizien (leider kein galizischer Musiker). Einige
Interpretationen sind sehr gut gelungen, andere funktionieren weniger, aber allesamt sind
sie nicht für den Touristenmarkt gedacht. Ob eine CD mit überwiegend
wohlbekannten keltischen Weisen wirklich Not getan hätte, mag man vielleicht
bezweifeln. Aber falls man schon immer daran gedacht hat, seine Sammlung zu
vervollständigen, dann kann es nur diese sein. Anspieltip: "Auld Lang Syne" - und
man hört, was ich meine.
Keltia
Musique, info@keltiamusique.com; 1, place
au Beurre, F-29000 Quimper, Tel.+ 33 29895 4582; Fax + 33 29895 7319
Walkin' T:-)M
Tony McLoughlin "Cine Rama"
Label: R&T Musikproduktion; Spielzeit:
50.36 min Die CD-Hülle zeigt offenbar die Westküste von
Irland. "Cine Rama" ist jedoch anglo-amerikanischer Folkrock mit leichtem
Country-Einschlag, geprägt insbesondere von der Stromgitarre von Thomm Jutz. Auch
thematisch ist Tony McLoughlin eher jenseits des grossen Teichs zu Hause als im
heimatlichen Belfast. Die "Waters and the wild" haben nichts mit W.B. Yeats zu tun, sondern liegen irgendwo zwischen
"Houston" und "Mexico". Mein Favorit ist das Titelstück "Cinerama", eine
musikalische Hommage an die Westernfilme aus Tonys Kindheit in Dublin. Tony McLoughlin
lebt derzeit in Deutschland, wo er sowohl solo als auch im Duo oder mit
vollständiger elektrischer Band erlebt werden kann. Diese Musik ist allerdings dazu
bestimmt, Grenzen auch zu überschreiten.
R&T Musikproduktion, thomm@thomm.de; Eisenbahnstr. 4, D-76571 Gaggenau; Tel.
+49 7225 3225
Walkin'
T:-)M
Craobh Rua "If Ida Been Here, Ida Been There"
Label: Lochshore/KRL;
CDLDL 1296; 2000; Spielzeit: 54.27 min
Craobh Rua
entstammen der blühenden Belfaster Folkszene. Mit ihrem fünften Album
"If Ida Been Here, Ida Been
There", setzen sie ihre Fahrt fort, nicht zuletzt mit der Wahl sonderbarer
Albentitel. "Es gibt so viele herrliche Redensarten rund um Belfast,"
erklärt Gründungsmitglied Brian Connolly (Banjo, Mandoline), "der neue
stammt von Patricks Grosmutter, die eine Antiquitätenausstellung verpasst hatte,
weil sie in Ferien war." Neben Brian und Michael Cassidy (Fiddle) wurden Patrick
Davey (Pipes, Flote) und Aaron Jones (Cittern, Gitarre, Gesang) angeworben. Pat steuert
sieben eigene Tunes dazu, darunter die wunderbaren "Antrim Narrow Gauge Jigs". Wie auch
mit dem "Motorbike Set" kann da schon mal ganz schön Dampf abgelassen werden,
ansonsten verläuft die Reise eher beschaulich. Man hat es nicht nötig, sich mit
halsbrecherischem Tempo etwas zu beweisen. Ein Höhepunkt ist das eher unbekannte
Carolan-Stück "Turlough Og McDonagh". Aaron singt das gälische "Cul Tiubh na
bPearlai" und das muntere "Belfast Mountains". Schottland liegt nicht in allzuweiter
Ferne und so fanden auch zwei schottische Lieder den Weg über den North Channel, der
Klassiker "A Man's A Man" von Robert Burns und das traditionelle "Loch Tay Boat Song".
Lochshore/KRL, krl@krl.co.uk; 9 Warr Road, Hillington, Glasgow G52 4RY;
Tel. +44 141 8829986, Fax +44 141 8833686
Walkin' T:-)M
Kathryn Tickell "Debateable Lands"
Label:
Park Records;
PRKCD50; 1999; Spielzeit: 57.39 min
Die "Debateable Lands"
lagen einst zwischen England and Scotland. Ein unruhiger Ort für Jahrzehnte.
Um die Northumbrian Small Pipes,
die kleinere, friedlichere Schwester des schottischen Kriegsinstruments
braucht man sich nicht zu beunruhigen und auch nicht zu debattieren.
Mancheiner behauptet, die Small Pipes hätten "das bestimmte, aber nicht
fassbare Gefühl von Weiblichkeit an sich."
Wie auch immer,
Kathryn Tickell
ist sicherlich eine der begabtesten Vertreter(innen) dieses Instruments.
Die gleichnamige Suite ist ihre Interpretation der verschiedenen Seiten und
Eigenarten der "Debateable Lands". Der Rest besteht aus traditionellen
und eigenen Stücken aus dem englischen Norden, Schottland und Irland.
Kit Haigh begleitet auf der Gitarre, Julian Sutton (melodeon) and Gregor Borland (fiddle)
stimmen melodisch ein. "Our Kate", zusammen mit dem englischen Uilleann Piper Troy Donockley, harmonisiert den
männlichen und den weiblichen Klang beider Instrumente. Manche sagen, zum ersten Mal
auf einer Aufnahme. War aber auch Zeit.
Park
Records; PO Box 651, Oxford OX2 9RB; Tel. +44 1865 241717; Fax +44 1865
204556
Walkin'
T:-)M
Quintessence "Songs for a Winter's Night"
Label: Hard Yacka Records;
HYR CD 1010; 1997; Spielzeit: 53.24 min
Jetzt ist es mittlerweile August. Aber schaue ich aus dem Fenster, kann man
vom anhaltenden Regen noch frustriert werden.
Es fehlt nur der Schnee. Denn kann man allerdings in
Australien finden.
Die richtige Zeit also, um ein gemütliches Kaminfeuer anzufachen und ein paar Lieder
anzustimmen. Quintessence liefern dazu
die passende Begleitmusik. Man stelle sich eine Mischung aus Joan Baez und Peter, Paul & Mary vor, dichte Harmonien plus
zwei akustischen Gitarren, und das ist es schon. Nicht mehr, nicht weniger. Die Lieder
stammen von britischen und irischen Komponisten - Jez
Lowe, Dougie MacLean, Chris de Burgh -, aus Amerika - Si Kahn, Gordon Lightfoot, Nanci Griffith, Rick West, Eileen McGann -, als auch von
australischen Landsleuten wie Eric Bogle
und Judy Small. Man kann Quintessence
im Hills
Folk Club antreffen, vielleicht beim Besuch der Olympischen Winterspiele.
Tschuldigung, ich meine natürlich Sommerspiele.
Hard Yacka Records; PO Box 250,
Nairne SA 5252; Tel.+ (08) 8388 0232
Walkin' T:-)M
Rod Paterson "Up-To-Date"
Label:
Greentrax;
CDTRAX 197; 2000; Spielzeit: 76.45 min
Rod Paterson aus Dundee gilt als einer von Schottlands begnadesten Sängern,
bekannt für seine Arbeit mit
Jock Tamson's Bairns und dem Easy Club,
und neuerdings
Ceolbeg.
Mit "Two Hats" und "Smiling Waved Goodbye" aus den Jahren
1987 und 1988 hat er auch eine erfolgreiche Solokarriere vorzuweisen.
Beide Alben waren seit langem nicht mehr erhältlich, aber nun ist Rod
wieder "up-tp-date". Rod präsentiert eine Mischung aus traditionellen
schottischen Balladen, Klassiker von
Robert Burns
sowie eigene und zeitgenössische Lieder
von Musikern wie Cole Porter oder
Paul Simon. Auf
dem ersten Album wurde er nur von Dick Lee (Saxophon, Klarinette) begleitet, auf dem
zweiten von einer vollständigen Band, darunter Piper Hamish Moore. Eine
Warnung sei angebracht: Rod ist eher in einem Jazz-Club zu Hause als in einer
Schluckhalle..
Greentrax, greentrax@aol.com; Cockenzie Business Centre,
Edinburgh Rd., Cockenzie, East Lothian, EH32 0XL, Scotland; Tel.+ 1875 814155, Fax +
1875 813545
Walkin'
T:-)M
Wenzel "Schöner Lügen"
Label: Conträr
9252-2; 1999; Spielzeit: 49.24 min
Jahrzehntelang galt das Clown-Duo Wenzel/Mensching "in der DDR als die
herausragenden Gestalten des satirischen Liedtheaters in ihrer speziellen,
eigenartigen Mischung aus Gesellschaftskritik und Comedy", schreiben
die Kollegen vom "Folker!". Auch nach der Wende preisgekrönt:
Heinrich-Heine-Preis, Preis der deutschen Schallplattenkritik, Deutscher
Kabarettpreis, uswusf. Jetzt wandelt
Hans-Eckardt Wenzel
nach dem Motto "Alles wird anders, nichts wird besser"
auf Solopfaden.
Die Stücke sind garantiert Radio-untauglich:
"Miserere Militaria" ist eine Bestandsaufnahme der Bundeswehr, "Am Lagerfeuer"
werden die Alt-68er aufgearbeitet, beim "Klassentreffen" kriegen die
ostdeutschen Brudern und Schwestern ihr Fett weg und den "Nazi im Regen"
konnte ich beim abendlichen Nachhausefahren beim Tanzfest Rudolstadt
beobachten. Warum muß man heutzutage erst die Elbe überqueren, um noch
zeitkritische deutsche Texte anzutreffen?
Conträr,
mail@contraermusik.de;
Am Dreworp 24, 23554 Lübeck, Tel/Fax 0451 404158
Walkin' T:-)M
Leipziger Folk Sessions Vol. 2 "Ein freyes Leben
führen wir"
Label:
HeiDeck/Löwenzahn; HD 99/07; 1999; Spielzeit: 67.37 min
Häufig wird bedauert, daß Folk in Deutschland - bei Zuhörern als auch
Musikern - oft der Irish/Klezmer/Balkan-Connection angehört. Dann werden die guten
alten Zeiten beschworen, als Gruppen wie Zupfgeigenhansel und Fiedel Michel im Westen oder
Folkländer im Osten die deutsch(sprachig)e Antwort auf das Folkrevival waren. Die
Leipziger Folk Session Band hat jetzt ein zweites Album vorgelegt. Auf 1848-Lieder folgen nun Räuber-
und Wilddiebsgesänge. Wie beim Erstlingswerk wird prächtige Unterhaltung
geboten. Neu sind ein paar E-Gitarren, die sich hineingeschlichen haben. Manchmal ist man
leider nah an der Schunkelmusik (beim Konzert in Rudolstadt 1999 brach teilweise
Bierzeltstimmung aus). Nur manchmal beschleicht mich das Gefühl: Werden da nicht
doch nur die 70er Jahre abgefeiert? Coolfin klingt
schließlich auch nicht wie Planxty. Und zwischen
Liedermachergeschrammel und Mittelalterschwermetall ist doch noch reichlich Platz in der
deutschen Folk- und Weltmusikszene. Aber wo laufen sie nur?
HeiDeck/Löwenzahn, loewenzahn@t-online.de; Fr-Ebert-Str. 66, 04109
Leipzig, Tel. 0341 2118495; Fax 0341 2118496
Walkin' T:-)M
Zur zweiten CD-Seite
Zum Inhalt der FolkWorld CD
Besprechungen
Zum Inhalt des FolkWorld online magazins Nr. 15
© The Mollis - Editors of
FolkWorld; Published 8/2000
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