Ausgabe 15 8/2000

FolkWorld CD-Besprechungen

Dog

Flairck "Symphony for the old world"
Label: own label; 2000; Spielzeit: 51:32min und 67:07min
Flairck zählt zu den legendären Folkgruppen unseres Nachbarlandes, den Niederlanden - und dies voll zu recht!
Flairck hat schon verschiedenste innovative Projekte gehabt; beim neusten begeben sich Musiker und Zuhörer auf eine musikalische Reise durch ganz Europa, und zu diesem Projekt ist die CD 'Symphony for the old world' erschienen. Die Musiker stammen vor allem aus den Niederlanden, es findet sich aber in diesm Projekt auch eine Finnin, ein Rumäne und eine Frau aus einer Polnisch/Flämischen Familie.
Diese Doppel-CD enthält eine Menge hervorragende Musik - man spürt die Begeisterung, mit der sich die Musiker auf die Europareise vorbereitet haben. Die Reise führt von West (8 Tracks) nach Ost (9 Tracks) (CD 1) und von Nord (6 Tracks) nach Süd (7 Tracks) (CD 2), dem folgen dann noch das Finale und die Zugabe.
Die Musik wurde komponiert und arrangiert von Erik Visser und Ben van den Berg, sie basiert dabei stark auf den musikalischen Traditionen Europas. Alle vier Himmelsrichtungen bieten jeweils einem Musiker die Chance zu improvisieren und die Musik der Region zu präsentieren. Für den Westen übernimmt der Uilleann Piper Roelof Rosendal diese Funktion, im Osten kann der Hackbrett-Spieler Marius Preda glänzen, den Norden übernimmt die Finnische Geigerin Mirella Pirskanen und den Süden der Flamenco Gitarrist Eric Vaarzon Morel. Die musikalische Reise ist vielfältig und aufregend - man entdeckt längs des Weges immer wieder neues, aber auch viel altvertrautes. Die neun Musiker haben ein sehr gelungenes Album eingespielt, das die Schönheit der Europäischen Muik in ihrer großen Breite und Tiefe aufzeigt.
In der letzten Ausgabe wurde in einem
Artikel über Flairck berichtet.
Flairck,Tolsteegplantsoen 27, 3523AJ Utrecht Holland; tel.+31-02545691
Christian Moll


Ôbrée Alie "alment d'if"
Label:
Coop Breizh; CD 904; 2000; Spielzeit: 54.38 min
Im Mittelpunkt der Bretonischen Band Ôbrée Alie steht tradtioneller Gesang. Der Gesang selbst klingt auch traditonell, die Arrangierung dagegen eher modern und improvisiert.
Die Band besteht aus Bertran Ôbrée (Gesang und vokale Improvisation),Mikaël Coroller (Gitarre), Cécile Girad (Violincello) und Pierre-Yves Prothais (diverse Instrumente, einschliesslich Calebasse-Tambour, Bongos, Cymbalon, etc.). Als Gastmusiker kommen noch Emmanuel Frin (Clarinnette, Gaida) und Nicols Giraud (Trompete, Bugle) hinzu.
Insgesamt ein spannendes Album mit viel Improvisation - es werden traditionell klingende Gesänge zusammen mit vokaler Improvisation in neuer Umgebung präsentiert.
Coop Breizh
Christian Moll


Gout d'hier "Aujourd'hui"
Label:
Verlag der Spielleute; CD 0005 ; 2000; Spielzeit: 47.37 min
Hinter dem Namen Gout d'hier (ein Hauch von Vergangenem) verbergen sich vier hochtalentierte europäische Musiker, die sich den wundervollen Melodien Zentraleuropas verschrieben haben.
Die vier - die Belgierin Hilde Pierad (diatonisches Akkordeon), Wolfram Zimmermann von Trio Grande (Gitarre, Mandoline), Gudrun Walter von Passepartout und More Maids (Violine) und Klaus Feketics von An Tor (Gitarre, Bouzouki), zeigen ihr Können in purer Form, werden dabei nicht von Gastmusikern begleitet. Das haben sie auch gar nicht nötig - sie schiefen auch so ein wundervolles Album voller abwechslungsreicher Melodien.
Ihr Repertoire umfasst traditionelles (und im traditionellem Stil geschriebenes zeitgenössisches) Material aus der Bretagne, Zentralfrankreich, aber auch Irland, England oder Québéc (Kanada). Das Schöne an dem Album (und auch an der Gruppe insgesamt) ist, dass sich die Musiker gegenseitig den musikalischen Raum lassen, den sie benötigen - jeder kann sich gut entfalten, so dass ein hervorragendes Gesamtklangbild entsteht .
Auf dass der Hauch der Vergangenheit weiter in die Zukunft weht!
Verlag der Spielleute
Christian Moll


Maria Kalaniemi "Ahma"
Label:
Rockadillo Records; ZENCD 2059; 1999; 12 Tracks; Spielzeit: 50:32 min
Die Akkordeonistin Maria Kalaniemi gehört zu den Pionieren einer noch jungen finnischen Musikszene; einer Musikszene, die bemüht ist, die Grenzen zwischen traditioneller und populärer Musik niederzureißen. Maria Kalaniemi studierte und spielte bereits einige Jahre finnische Folkmusik, bis sie merkte, das sie die reinen traditionellen orientierten Stücke in ihrer starren Konstruktion einengten. Ihr 1999 erschienenes Album "Ahma", welches sie mit der Gruppe Aldargaz und Gastmusikern aus verschiedenen bekannten finnischen Folkbands wie z.B. JPP einspielte, zeigt, das sie die Grenzen längst hinter sich gelassen hat.
"Ahma" ist keine Mitpfeiffplatte. Die Musik Kalaniemis besteht aus ziemlich komplexen Strukturen, gewebt wie ein Teppich mit kompliziertem Muster, das erst in seiner Gesamtheit auf den Betrachter wirkt. Dann jedoch enorm beeindruckend.
Nach dem Titelsong "Ahma", der fröhlich, stimmungsvoll und Dank des meisterhaften Bläserarrangements sehr druckvoll auf den Zuhörer losgeht, wird die CD leiser und melancholisch. Das wirklich nur als virtuos zu bezeichnende Akkordeonspiel Maria Kalaniemis ist äußerst facettenreich in seinem Ausdruck. Mal klingt es verspielt, wie französische Musette, dann schräg und rotzig wie ein Schifferklavier, dann so sehnsuchtsvoll wie Piazolla und schließlich traurig wie ein finnischer Tango an einem trüben, vernieselten Spätherbstabend auf den trostlosen Strassen eines Helsinkis Vorortes.
"Ahma" ist eine CD die sich langsam erschließt, aber äußerst bestimmend. Die Bläsersektion hat daran neben dem Akkordeon einen besonderen Anteil. Fast immer spielt sie sich aus dem beinahe unhörbaren Hintergrundbereich langsam, mit spärlich, aber wohlgesetzten Einsätzen nach vorn, bis sie neben dem Akkordeon zum bestimmenden Element wird. Darin ähnelt sie unverkennbar der Bläsersektion der franko-kanadischen Band La Bottine Souriante, die seit Jahren den Einsatz komplizierter Bläserarrangements in der Folkmusik vorantreiben. Die Bläser, die mit Maria Kalaniemi zusammen das Album eingespielten, haben von ihren großen Vorbildern hervorragend gelernt. "Ahma" ist ein CD, die zu den kleinen Schätzen in meinem CD-Regal gehört, zu den wenigen wirklich guten Freunden, die erst gewonnen werden mussten.
Rockadillo Records
Karsten Rube


Caridad Hierrezuelo "Como Yo Queria"
Label:
Endirecto; ECD004; 2000; Spielzeit: 45.05 min
Kubanische Musik in ihrer puren Form. Nachdem ich die lebendige Bühnenpräsenz der großen kubanischen Sängerin Caridad Hierrezuelo im Rahmen der EXPO in Hannover gesehen habe, kann ich kaum glauben, dass diese Folkmusikdiva schon 76 Jahre alt ist! Sie ist aber noch hervorragend bei Stimme, und kann die Magie der kubanischen Son-Musik in ihrer traditionellen Form besser als die meisten anderen 'rüberbringen.
Auf dem Album wird die kubanische Dame begleitet von u.a. Piano, Percussion, Trompete und Posaune, Kontrabass und Gitarre. Insgesamt entsteht leichte, dennoch sehr anspruchsvolle Musik für laue Sommerabende, die in allererster Linie durch ihre ehrliche Natürlichkeit besticht.
Endirecto, E-mail endirecto
Michael Moll


Cabestan "La mer est trop vieille pour qu'on se moque d'elle"
Label:
Keltia Musique; KMCD110; 2000; Spielzeit: 45.34 min
Cabestan kommen aus der Bretagne und singen Seemannslieder (oder "Chants de Marin") - allerdings fernab vom Klischee eines volkstümlichen Seemannchores, sondern in einer sehr ansprechenden modernen Form. Die vier Bretonen von Cabestan werden allerdings auch noch durch einen Kanadier ergänzt, der typische franko-kanadische Elemente einbringt - darunter auch die typische Fussperkussion ("Sitting Step"). Instrumental sind ansonsten Gitarren, Bass, Bouzouki, Akkordeon, Harmonika, Violine, Cello sowie - nur auf der CD - Schlagzeug zu hören. Ausserdem singen alle fünf Mitglieder von Cabestan.
Die Lieder sind zum großen Teil selbst geschrieben oder traditionell; alle handeln dabei vom Meer, von seinen Gefahren, vom Leben der Seemänner. Aufgenommen wurde das Album gerade zu einer Zeit, als die bretonische Küste wieder einmal von einer schweren Ölpest betroffen war - und als gute Liedermacher, die das Meer und die Küste lieben, haben Cabestan direkt ein ziemlich pessimistisches Lied über den leichtfertigen Umgang mit dem Meer geschrieben: "Noir Total".
Cabstan sind ohne Zweifel eine der sehr guten Interpreten von französischen Chanties - traditionell und selbstgeschrieben.
Keltia Musique
Michael Moll


Twalseree "Balswaree"
Label:
Alea/Wildboar Music; WBM21009; 2000; Spielzeit: 51.38 min
Dieses Album hätte auch schon vor 20 Jahren aufgenommen wirden sein können - es bietet unspektakuläre, natürliche flämische Folkmusik, ohne viele Einflüsse aus den Traditionen anderer Länder zu besitzen. Je öfter ich mir diese Scheibe anhöre, desto besser gefällt sie mir; die Einfachheit der Arrangierung von schönen Melodien und Liedern gibt der CD sehr viel Atmosphäre. Das Quartett spielt unter anderem auf Drehleier, Gitarre, Harmonika, Schalmei, Dulcimer, Dudelsack, Violine und Blockflöte; ausserdem singen alle vier auch - auf Flämisch. Die Stücke (Lieder und Tunes) sind zu einem beachtlichen Anteil von Twalseree's Jeremy Vervoort geschrieben; daneben gibt es auch einige traditionelle und zeitgenössische Stücke.
Die CD besticht vor allem durch ihre Natürlichkeit und Ehrlichkeit - dies ist handgemachte Musik, die einem Abend mit einer Flasche Wein die perfekte Atmosphäre bietet.
Alea/Wildboar Music, e-mail Twalseree
Michael Moll


Paddy Goes to Hollyhead: "PaddyTales"
Label:Indigo LC 3728; 2000; Spiellänge 45:18
Mit den "PaddyTales" hat hat die deutsche Folkrock-Band "Paddy goes to Hollyhead" ihr mittlerweile siebtes Album vorgelegt. "Back to the roots" könnte als Motto der erfolgsverwöhnten Band Pate gestanden haben. Nach einer Pop-Phase widmet sich Frontman Harald Schmidt wieder ganz den keltischen Wurzeln der Band: 13 Lieder im typischen Paddy-Sound mit einer Mischung aus gitarrenorientiertem Party- Folkrock mit Geige, Mundharmonika und Akkordeon.
"Geschichten über Solidarität und Zusammenheitsgehörigkeitsgefühl" erzählt "PaddyTales". Mal selbstkomponiert, mal dem keltischem Volksliedgut entnommen, bieten die Paddies eine bunte Mischung aus Tanzbarem, bekannten Celtic-Folk-Klassikern und Neukompositionen. Dass die Südhessen auch ganz anders können, zeigen sie auf dem letzten Track "Elias". Dort entpuppen sie sich als ausgewachsene Jazzer, interessant.
Paddy's homepage
Dorthe Luebbert


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 8/2000

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