FolkWorld #62 03/2017
© Walkin' T:-)M

English Book Reviews

T:-)M's Nachtwache



Wolf Biermann, Warte nicht auf bessre Zeiten! Die Autobiographie. Propyläen, 2016, ISBN 978-3-549-07473-2, 544 S, €28,-

Im Berliner Ensemble gab es die große Geburtstagsgala zum 80. Geburtstag von Wolf Biermann. Man kann von dem Liedermacher halten, was man will, er kann jedenfalls von einem prallen Leben berichten.

Der Vater wurde als Jude und Kommunist in Auschwitz ermordet, als Wolf gerade einmal vier Monate alt war.

Diese heillose Wunde blieb lebenslänglich offen ... Der Kummer um den Kommunisten, Arbeiter, den Juden Biermann ist meine Schicksalsmacht ... Durch ihn bin ich ein frecher Zweifler geworden, dann ein frommer Ketzer, ein tapferer Renegat des Kommunismus ... Mein Mut nährte sich aus der Achtung vor meinem Vater ... Wenn ich am Abkippen war, schwebte mein Vater unsichtbar von der Auschwitzwolke runter und sagte: "Wölflein, ich habe mit meinen Genossen das Leben aufs Spiel gesetzt - da wirst du ja nun wenigstens dein Wohlleben aufs Spiel setzen!" Recht hatte er.

Er wurde 1936 als Karl-Wolf Biermann in Hamburg geboren, benannt nach dem 1933 von den Nazis hingerichteten Schuhmacher Karl Wolff. Kurz nach Kriegsende spielt er die ersten Töne auf dem Klavier, greift dann aber 1950 lieber zur Gitarre, mein klingendes Holzschwert mit sechs Saiten.

»Die Waldeck gehört für mich zu den Orten, wo ich Lieder gehört habe und höre, die nicht so sind, wie es typisch deutsch klingt, also saudumm, soldatisch stramm, deutschnational, hohl heroisch, süßlich beseelt, sentimental und verlogen, kurz: irgendwie verheinot und kackdaneben.« (Pit Klein)

Die Waldeck Hotte Schneiders Die Waldeck ist ein umfangreiches Werk über die Ursprünge der deutschen Jugendbewegung, das vor allem belegt, dass der Mythos Burg Waldeck mehr als die legendären Festivals von 1964 bis 1969 beinhaltet. Die 1. Auflage von 2005 [32] ist mittlerweile vergriffen. Bei der überarbeiteten und erweiterten Neuauflage wurden einige Fehler korrigiert, sowie ein neues Kapitel hinzugefügt, das die Aktivitäten seit 2005 dokumentiert. Statt Wandervögel finden sich nun auch vermehrt Orks und andere Rollenspieler auf der Burg ein. Hein und Oss feierten 2007 ihren zweifachen 80sten Geburtstag; zum Wirtschaftsfaktor Nr. 1 ist Trommel-Guru Dudu Tucci mit seinen Workshops geworden. Die Peter Rohland Stiftung zur Förderung des Liedes wurde gegründet, die u.a. Stipendien vergibt, in deren Genuss z.B. Dota Kehr gekommen ist. In Gedenken an die alten Festivals fanden jeweils an Pfingsten Liederfeste statt; auf der Bühne standen u.a. Klaus der Geiger, Barbara Thalheim, Walter Mossmann, Manfred Maurenbrecher, Meike Köster, Annette und Kai Degenhardt, Wenzel, Stoppok, und viele mehr. Das Programm für das Liederfest vom 2.-4. Juni 2017 kann auf www.burg-waldeck.de eingesehen werden. Motto: 53 Jahre Liederfest Waldeck! Es zeigt sich eine Burg im Umbruch, die versucht, fit für die Zukunft zu werden.

Hotte Schneider, Die Waldeck: Lieder, Fahrten, Abenteuer - Geschichte der Burg Waldeck von 1911 bis heute. Spurbuchverlag, 2015, ISBN 978-3-88778-449-2, 624 S, €38,80 (Zweite, erweiterte und überarbeitete Auflage)


justinguitar Akustikgitarren-Songbook Dies ist ein weiteres Songbook aus dem umfangreichen Lehrwerk des britischen Gitarristen Justin Sandercoe. Das Akustikgitarren-Songbook führt querbeet durch die ältere und neuere Pop- und Rock-Geschichte. Nirvana und Coldplay treffen dabei auf, Tom Waits, Johnny Cash, Simon & Garfunkel, Leonard Cohen, Cat Stevens und Ed Sheeran. Billy Bragg pfeift sich dabei Way Over Yonder in the Minor Key. Das Büchlein ist gewohnt übersichtlich und bietet mit Songtexten, Akkorden und einer kurzen Einführung in die jeweilige Begleitung (klassisches Strumming als auch kurze Riffs) einen leichten Einstieg. Justin Sandercoe gibt kurze Übe-Tipps und hat für den anspruchsvolleren Gitarristen 5 Stücke transkribiert: "Blackbird" (Beatles), "Tears in the Rain" (Joe Satriani), "Spanische Romanze", "Tears in Heaven" (Eric Clapton), "More Than Words" (Extreme).

Justin Sandercoe, justinguitar.com Akustikgitarren-Songbook - 50 fabelhafte Akustiggitarren-Songs mit detaillierten Spieltipps. Bosworth, 2012/2016, ISBN 978-3-86543-899-7, 176 S, €19,95


Liederbuch Semmering 160 Jahre fährt nun auch schon die Semmeringbahn [60] über das Gebirge. Beiderseits des Passes wurden vom Steirischen Volksliedwerk im Rahmen einer Feldforschung insgesamt 460 Lieder aufgezeichnet; 76 davon – das ein und andere Allgemeingut, das meiste aber noch in keiner Publikation zu finden – wurden für Unser Liederbuch Semmering ausgewählt. Almlieder, Wildererlieder, Liebeslieder und Gstanzln finden sich zweistimmig und mit Akkorden versehen. Und so heisst es munter: Amål gehn ma’s no wohl übern Semmering ...

Lieder der Regionen 5: Unser Liederbuch Semmering. Steirisches Volksliedwerk, 2016, ISBN 978-3-902516-32-9, 168 S, €8,50


Franz Hohler: Immer höher Was richtige Musiker sind, lassen sich von keinem Gelände abschrecken. Auch nicht vom Gebirge. Der Schweizer Schriftsteller, Kabarettist und Liedermacher Franz Hohler (der Wolf Biermann in Ost-Berlin regelmäßig mit seinem Cello besucht hat) ist außerdem noch ein passionierter Wanderer und Bergsteiger. Er ist bei seinen Gebirgsgängen immer wieder überrascht, auch auf ausgesetzer Gratkletterei dann auf dem Gebirgskamm von Alphornbläsern empfangen zu werden, die ihm uralte Dreiklänge entgegenschmettern. Mit seinem Klangbuch Immer höher offeriert Hohler eine kleine Auswahl seiner Erlebnisberichte. Man darf keine dramatischen Bergdramen erwarten. Seine Wege sind unspektakulär, aber pointiert und poetisch, und daher nicht weniger zu Herzen gehend. Den Soundtrack dazu liefern die musikalischen Alpinisten Michael Büttler (Posaune, Alphorn), Ulrich Haider (Waldhorn, Alphorn) und Georg Glasl (Zither), für die Georg Haider über den nächsten Gipfel hinaus blickende Musik komponiert hat.

Artist Video Franz Hohler, Immer höher. Zytglogge Verlag, 2016, EAN 7-611698-043496, 2 CDs, €24,-

Mit sechzehn siedelt er in die DDR über. Während er am Berliner Ensemble Eisler-Lieder singt, dichtet er eine deutsche Fassung des Liedes über die Commune de Paris, "Die Zeit der Kirschen", was ihn dazu inspiriert, eigene Lieder zu verfassen.

[Regieassistentin Brigitt Soubeyran wollte] auch noch, dass ich mir einen Brassens-Schnauzbart wachsen lasse. Ich gab mein Bestes, doch die Haare unter der Nase waren noch zu mickrig und außerdem rotblond. Brigitt half auch darin nach. Sie färbte mir beherzt das Bärtchen schwarz mit einer Spezialpaste ... Kaum vorstellbar, aber solch ein Schnauzbart provozierte damals die Aufmerksamkeit von Jung und Alt in Ost-Berlin, viel mehr als Jahrzehnte später der rotgrünblaue Hahnenkamm eines Punkers.

Seine chansonartigen Lieder begeistern Hanns Eisler, der ihn fördert. Für ihn steht fest, er werde Liederpoet der Deutschen Demokratischen Republik. In Anlehnung an Brechts Stückeschreiber erfindet er den Begriff Liedermacher.

Doch bereits 1965 wird wegen seiner Spottliedchen ein Auftritts- und Publikationsverbot verhängt. Während er im Westen gefeiert wird, observiert ihn die Stasi rund um die Uhr. Erich Honecker bescheinigt Biermann staats- und parteifeindliche Syphilis.

Die einst vor Maschinengewehren mutig bestanden
fürchten sich vor meiner Guitarre. Panik
breitet sich aus, wenn ich den Rachen öffne und
Angstschweiß tritt den Büroelephanten auf den Rüssel
wenn ich mit Liedern den Saal heimsuche ...

1966 dichtet er "Ermutigung". Ihn ermutigt ein Besuch von Joan Baez in seiner Wohnung, die vor 200 Parteikadern spielt und das Lied "Oh Freedom" ankündigt mit: The next song is dedicated to my friend Wolf Biermann ...

Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.

Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid.

Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
daß wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, laß dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid.

Zum 20. Geburtstag der DDR erscheint im Westen seine erste Langspielplatte. Er darf zwar nicht auftreten, bekommt aber regelmäßigen Besuch von Daniel Viglietti bis Udo Lindenberg: Ausgerechnet in den elf Jahren meines Totalverbots war ich der wohl am wenigsten isolierte Mensch in der DDR.

1976 wird ihm zwar eine Konzerttour durch die Bundesrepublik genehmigt, aber die Wiedereinreise in die DDR verweigert. Im Westen schreibt er weiterhin Lieder. Er singt gegen Kanzlerkandidat Franz-Josef Strauss, engagiert sich für die Republik Freies Wendland, tritt auf der Klausurtagung der CSU auf, befürwortet das Eingreifen im Kosovokrieg und den Irak-Krieg.

Biermann ist ein Mann des Wortes, kein Mann der leisen Töne, direkt und immer mit einer gehörigen Portion Selbstgerechtigkeit. Er poltert, polemisiert und und polarisiert. Nach dem Motto:

Mein Lieber, das kommt von der Arbeitsteilung:
Der eine schweigt, und der andere schreit
- Wenn solche wie du entschieden zu kurz gehn
Dann gehn eben andre ein bisschen zu weit

Es zieht ein Panorama an Prominenten vorbei: Heinrich Böll, Ernst Busch, Hanns Eisler, Günter Grass, Robert Havemann, Stefan Heym, Manfred Krug, Wolfgang Neuss, Walter Mossmann (Er war von allen Liedermachern der alten Bundesrepublik der Einzige, der meinem Herzen gefiel, rein menschlich, unrein ästhetisch und schmutzpolitisch.). Seiner Stieftochter, die hübsche Nina mit kullernden Tollkirschaugen, zeigt er die ersten drei Griffe auf der Gitarre.



David Prudhomme, Rembetiko. Reprodukt, 2. Auflage, 2016, ISBN 978-3-95640-099-5, 104 S, €24,-



"Rebetiko - Die Musik der
städtischen Subkultur
Griechenlands" (FW#27)

Für mich, dessen Biermann-Hören und -Erleben noch aus der Zeit der Vinyl-Schallplatte stammt und sich nicht ins Zeitalter der CD gerettet hat, ist die Autobiografie Warte nicht auf bessre Zeiten! eine Wiederentdeckung. Und für Geschichtsinteressierte ist dieses Stück deutsch-deutsche Zeitgeschichte sowieso ein notwendiger Lesestoff.st

Gleichzeitig ist ein Sammelband seiner Lieder und Gedichte erschienen, Im Bernstein der Balladen, sowie eine CD, für die er alte Lieder neu mit dem ostdeutschen Zentralquartett eingespielt hat, eine der wichtigsten Bands für den Free Jazz in der ehemaligen DDR.

Athen 1936. Der faschistische Diktator Ioannis Metaxas hat in Griechenland die Macht übernommen. Die Freiheiten schwinden. Er will das Land von allem Orientalischen und Türkischen reinwaschen. Seinen Sündenbock findet er in den Rembetes-Musikern: Eure Schuld ist, Orient und Okzident in hypnotischem Gesang zu vereinen.

Rembetiko (ρεμπέτικο) ist der griechische Blues. Er hat sich aus der griechischen Folklore, aber auch vielen anderen Einflüssen, vor allem aus dem Orient, dem Balkan und dem Osmanischen Reich gebildet.

Die Graphic Novel Rembetiko von David Prudhomme folgt vierundzwanzig Stunden im Leben von fünf Musikern in den Armenvierteln von Piräus. Markos ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, mit seinen Freunden, den Mangas (μάγκας) Stavros, Batis, Artemis und Hund hängt er in den verrufenen Hafentavernen herum, raucht Haschisch, klimpert auf Bouzouki, Baglama und Rebec, singt von Liebe, Drogen, Gefängnis und Tod.

Die Faschisten fürchten die depressive Musik als subversive Kraft; für die Musiker und das Publikum ist es eine Befreiung von Not und Unterdrückung: Die Stimme dieser Bouzouki erlöst uns von den Bullen, den Idioten, unserem Elend ...

Komm zu uns, Mangas!
Lass die Welt vor der Tür!
Und dann, mein Freund,
Dann verbrenne wir sie, die Tür!

Im Hintergrund lauert aber schon der Amerikaner, um Schallplatten aufzunehmen. Am fernen Horizont ist zu erahnen, dass Rembetiko mal eine Renaissance erfahren und die populäre Musik Griechenlands werden wird. Aber: Man darf nur alberne Liebeslieder aufnehmen. Die Ohren unseres Diktators sind zart und vertragen bloß die banalen Sachen für die braven kleinen Frauchen. Nur nicht die Wirklichkeit!

Ich denke an jene Nacht, in der ich Wasser schlucken musste ... Ich hab mich umgesehen, wie du gesagt hast, Markos, und ich hab's erlebt ... Die Schnulzen, die ich erst gesungen habe, um der Zensur zu entgehen ... Die ging vorbei, die Moden auch ... Ich habe mich allem angepasst. Sie haben uns aufgenommen. Jetzt käue ich Abend für Abend unsere raue Sprache wieder, für diese Wohlgeborenen, die aus zweiter Hand jenes Feuer kosten wollen, das wir Rembetes in vollen Zügen genossen haben. Das uns wirklich verbrannt hat. Was bleibt, ist nur ein Abklatsch, eine Sehnsucht, zerbrochene Teller ... Wir waren kleine Kraken aus der Unterwelt, mit viel zu schwarzer Seele. Sie konnten uns nicht lieben, als wir in unseren trüben Wassern lebten. Doch ohne unseren Lebenssaft fanden sie uns genießbar. Hier feiern sie da wie einen Sieg ...

Es ist eine fiktive Geschichte. Aber Markos Vamvakaris, den Patriarchen des Rembetiko, hat es tatsächlich gegeben, genauso wie Yorgos Batis, den König von Piräus, und Anestis Delias, genannt Artemis. Stavros trägt die Züge von Giannis Papaioannou. Alles klassische Interpreten des Rembetiko.

Dies ist ein nüchterner und unromantischer Einblick in die Seelenwelt der damaligen Interpreten, für die selbst es kein Happy End gibt. Wenn das gleißende Licht der mediterranen Sonne in die zwielichtigen Haschischhöhlen fällt, ist kein Platz für Pathos. Übrig bleibt nur emotionslose Leidenschaft.




Mark Nowakowski, Straßenmusik in Berlin - Zwischen Lebenskunst und Lebenskampf - Eine musikethnologische Feldstudie. Transcript Verlag, 2016, ISBN 978-3-8376-3385-6, 450 S, €34,99

Wer in den größeren und auch den weniger großen Städten dieser Welt unterwegs ist, wird immer und überall über sie stolpern - Straßenmusiker. Manchmal unterhalten sie uns, manchmal nerven sie. Aber sie sind ein stets präsentes Bild unserer Straßen. Berlin, als multikultureller Sammelpunkt und kulturelles Zentrum der westlichen Welt, ist für Straßenmusiker besonders interessant. Hier kann man nicht nur darauf hoffen auf öffentlichen Plätzen ein sichtbares Ergebnis seiner musikalischen Bemühungen im Sammeltopf zu finden, hier kann man sich öffentlich auch durch neue musikalische Ideen tasten und mit Reaktionen rechnen. Und man findet an verschiedenen Plätzen ähnlich gestrickte Künstler, mit denen man gegebenenfalls interagieren kann. Die Szene ist vielfältig, abwechslungsreich und sehr breit aufgestellt. Musikethnologe Mark Nowakowski hat sich dem Phänomen Straßenmusik in seiner umfangreichen Feldstudie "Straßenmusik in Berlin - Zwischen Lebenskunst und Lebenskampf" gewidmet.

Zahlreiche Straßenmusiker beobachtete und interviewte Nowakowski. Er führt sie in seinem Buch nicht nur statistisch auf, sondern beschreibt Musikstil, Herkunft und Alter der Musiker und berichtet über die Zeit, die sie in Berlin verbringen. Er betrachtet dabei, wie der Ort, an dem die Musiker auftreten gewählt wurde, wie rentabel er für sie ist, wie die Aufmerksamkeit des vorbeilaufenden Publikums geweckt wird. Aufschlüsse über die Professionalität der Instrumentalisten gibt er in Nebenbemerkungen ebenfalls an.

Im Weiteren analysiert Nowakowski in Statistiken und Tabellen seine Beobachtungs- und Interviewergebnisse und seziert das sehr komplexe Feld der Straßenmusik. Dabei geht es um Fragen, welche Motive für die Straßenmusik entscheidend sind, welche Bildung und musikalische Ausbildung vorhanden ist, Einstellung und Perspektiven der Straßenmusiker werden ebenso ausgeleuchtet, wie Auftrittsstrategien. Auch die Frage, welche negativen Erfahrungen die Musiker in Berlin auf der Straße gemacht haben, ist dem Autor eine längere Passage wert.

Die soziokulturelle Bedeutung der Straßenmusik hat in diesem Umfang bisher niemand erforscht. Obwohl Straßenmusik alltäglich ist, weiß der Hörer und Betrachter im Allgemeinen nichts über den Menschen hinter den Instrumenten. Nur in den wenigsten Fällen sucht man den Kontakt. Oft sind Straßenmusiker im Bild des Vorbeieilenden gleichbedeutend mit Bettlern und Verkäufern von Straßenzeitungen. Das sich oft auch professionelle Musiker auf die Straße wagen, um in der Anonymität Ideen zu testen oder einfach Platz zum üben suchen, wissen die wenigsten.

"Straßenmusik in Berlin - Zwischen Lebenskunst und Lebenskampf" ist ein lupengenauer Blick auf die Musik der Straße für alle, die es genau wissen wollen. Ein Taschenbuch für die Stadtwanderung, in der man auch mal einen Musiker nachschlagen kann, den man wiedererkennt, ist es allerdings nicht. Vielleicht wäre das eine weitere Idee für den Autor: Eine Art interaktiver Straßenatlas, mit dem man auch mal einen Musiker, der einem im Vorbeigehen gefallen hat, wiederfindet. Aber das wäre dann der Schritt von der Anonymität zur Lokalisation, was schnell zu Registratur und Überwachung führt. Und das will ja auch keiner wirklich.

Karsten Rube

Sagax Furor

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www.sagax-furor.de

Fanfara Kalashnikov

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Klaus der Geiger

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Photo Credits: (1ff) Book Covers, (8) Sagax Furor, (9) Fanfara Kalashnikov (from website/author/publishers); (10) Klaus der Geiger (by Walkin' Tom).


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