FolkWorld #59 03/2016
© Walkin' T:-)M

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T:-)M's Nachtwache

Die Reisen des Kapitän Dun Karm Die Münchner Musikerin Astrid Lang, dem FolkWorld-Leser durch ihr Projekt Shockwave Riders bekannt, hat ihr schrift- stellerisches Debüt vorgelegt, eine Fantasy-Geschichte, in der Musik eine große Rolle spielt. Die als eBook erhältlichen Reisen des Kapitän Dun Karm erzählen mit blühender Fantasie und prächtigen Ideen von dem weitgereisten Seemann, der verstand ein Seemannsgarn zu spinnen: ein riesiger Mammutwal; eine Kathedrale unter dem Meer; ozeanische Kantilenen, die die Seeleute betören; oder die Insel der Behäbigkeit:

Vormittags tat man nicht viel auf der Insel, mittags hielt man Siesta und nachmittags trafen sich stets alle im Schankraum der Herberge, im Volksmund Taverne genannt, um Steinbold zu spielen. Dies ist ein Spiel, das nirgendwo sonst auf der Welt gespielt wird, und es geht folgendermaßen: sobald einer »Steinbold« ruft, muss jedermann in der eben innegehabten Position verharren und derjenige, der sich als Erster bewegt, hat verloren, und wenn er auch nur mit einem Augenlid zuckt. Die meiste Zeit verlor Kapitän Dun Karm. Er war deutlich im Nachteil, denn alle Einheimischen beherrschten die Kunst, sich, stets wenn »Steinbold« gerufen wurde, in einer sehr bequemen Position zu befinden, anders als Dun Karm. Das lag daran, dass das Sich-in-einer-bequemen-Position-befinden auf der Insel der Behä- bigkeit als hohe Kunst galt und bereits von Kindesbeinen an gelehrt, geübt und einstudiert wurde ...

Eine Flaschenpost führt Dun Karm in die geheimnisvolle Stadt Tamarhokh am Grunde eines erloschenen Vulkans, wo die Novizen im Fache Gesang

... von den legendären Sängern und Virtuosen der Ongoren nicht nur das Spiel auf ihren Instrumenten erlernen und die Kunst des Vortrags, sondern auch die größte der Künste. Eigene Melodien zu erschaffen und Lieder, die den Menschen ans Herz griffen ...

Doch Dramatisches tut sich im Staate Tamarhokh. Und nur Kapitän Dun Karm (und seine Gefolgsleute) scheinen in der Lage zu sein, den Rettungsring zu werfen.

»Nun, du weißt doch, dass wir nur Lieder über das Schöne und das Gute ersinnen sollen.« »Ja, ja«, gab Vendaahr zurück, »sie bläuen es uns täglich ein. Die Musik soll erfreuen und verzaubern. ›Nur das Gute und das Schöne, und nichts niedrig und gemein, soll in jedem deiner Töne, soll in deinen Worten sein.‹ Ich kanns schon nicht mehr hören!« »Ja, ich weiß«, entgegnete Galbareth, »ich habe viel darüber nach- gedacht und, nun ja, nicht die ganze Welt ist gut und schön. Es gibt auch Furcht und Hass, Verrat und Habgier. Die Menschen haben Probleme und müssen Ent- scheidungen treffen, manche davon folgenschwer. Früher halfen ihnen unsere Lieder dabei. Sie machten ihnen Mut und zeigten ihnen, dass sie mit ihren Nöten, Sorgen und Kämpfen nicht allein da standen. Und jetzt? Jetzt singen wir vom Glück, als ob das Unglück eine Krankheit wäre.« Sie schwiegen beide eine Weile. »Es ist als ob wir lügen würden! In einem fort!«, stieß Galbareth schließlich hervor und Vendaahr war erstaunt über die Stärke des Abscheus in seiner Stimme ...

Astrid Lang, Die Reisen des Kapitän Dun Karm - Durch den Spiegel nach Tamarhokh. eBook, Via tolino media, 2015, ISBN 978-3-739326726, 200 S, €7,99.

Der Roman wird am 1. September 2016 als Taschenbuch bei Black Flag Books erscheinen.


Shockwave Riders

          Astrid Lang @ FolkWorld: FW#38

Lucy Murray, aufgewachsen im konservativen Texas der 1950er/1960er Jahre, ist eine geborene Außenseiterin. Sie hört Countrymusik und singt Songs von Leonard Cohen und Judy Collins in Kaffeehäusern.

Sie trat immer häufiger in kleinen Clubs oder irgendwelchen merkwürdigen Schuppen auf. Meist bestand ihre Entlohnung aus freiem Essen und Getränken, Geld gab es nur selten. Aber das war ihr egal. Diese Auftritte boten ihr eine gute Gelegenheit, Bühnenerfahrung zu sammeln, und damit einher ging die Hoffnung, den ständigen Kampf mit dem Lampenfieber irgendwann zu gewinnen. Denn diese Angst vor jedem Auftritt quälte sie sehr. Und dennoch waren die Konzerte auch eine Flucht, eine Flucht vor allem, was vor der Bühne passierte. Eine Flucht vor dem Leben da draußen, das lange Zeit nicht ihr Leben gewesen war.



Markus Dehm, Bluestage. Früher Vogel Verlag, 2015, ISBN 978-3-937463-16-2, 233 S, €18,-

Lucy kämpft um ihren Platz innerhalb der Musikindustrie. Es gelingt ihr, einen (allerdings unfähigen) Manager zu finden, der sie bei einem großen Plattenlabel unterbringt. Die Folge heisst allerdings: Kreativität vs. Kommerz!

Eigentlich verstand sie das ganze Musikbusiness nicht. Die Wankelmütigkeit und Planlosigkeit, die dort vorherrschten, gepaart mit Eitelkeiten, falsch verstandenem Selbstbewusstsein und Popularitätsgeilheit, wurden Lucy immer mehr zuwider.

Während der Rausschmiss bei einem Major für viele das Ende ihrer Karriere, ihrer Bemühungen im Musikgeschäft, ja, quasi den totalen Zusammenbruch bedeutet hätte, hieß er für Lucy Befreiung und löste bei ihr wahre Glücksgefühle aus.

Die Erlebnisse der Lucy Murray orientieren sich laut Klappentext an wahren Begebenheiten. Bluestage ist eine Geschichte a la "Gegen die Wand": schwierige Kindheit und Partnerschaften, Lug und Trug, Einsamkeit und Misserfolg, Krankheit und Missbrauch.

Lucys Odyssee und Ochsentour liest sich wie eine Dokumentation. Die Erzählsprache ist nüchtern und lakonisch. Markus Dehm, der für die Musikzeitschrift "Folker" und die Musikseiten des "irland journal" schreibt, kennt sich aus im Haifischbecken des Musikgeschäfts und hat eine Schwäche für die musikalischen Talente, die nicht in die Schubladen passen, nicht zur rechten Zeit am rechten Ort sind oder sich schlichtweg weigern, nach den Regeln anderer zu spielen.

Schwachpunkt der Biographie ist, dass Dehm sich nicht mit detaillierten Schilderungen aufhält, insbesondere musikalischer Erfahrungen und Erlebnisse. Wir erfahren z.B. leider nicht, wie sich die Abfolge meist negativer Ereignisse auf Lucys Songwriting auswirkt. Der Romantitel bezieht sich auf die depressive Grundstimmung, nicht Lucys Musikstil. Sie ist so eine Art Country-Balladensängerin, die nur einmal im Vorprogramm eines namhaften Bluesmusikers gespielt hat.

Sie rechnete sich selbst keinem bestimmten Genre zu, während andere sie gerne in die Countryecke steckten. Sie sah sich als Songschreiberin, als Balladensängerin, die sich musikalisch gerne beim Country anlehnte, aber auch rockige und folkige Klänge nicht verschmähte.

Ihre Musik, das waren dreiminütige Kurzgeschichten in Liedform über verlassene Highways zwischen Arizona und Montana, das waren Songs mit Inhalten, kraftvolle Songs über starke und schwache Charaktere, Lieder über Abenteurer und Langweiler, über Aktivisten und Duckmäuser, über Gewinner und Verlierer, über gerade noch Gestrandete und solche, die das Ufer nicht mehr erreicht hatten. Sie wollte ehrliche Lieder schreiben und singen, kein Allerweltsgeplänkel.

Musikalisch wesentlich tiefer geht beispielsweise der ehemalige Jazz-Schlagzeuger Bill Moody in seinen im Jazz-Milieu spielenden Kriminalromanen. Konzerte und Studio-Aufnahmen werden zwischen der eigentlichen Kriminal-Handlung immer wieder ausführlich geschildert.

Als der Wegbereiter des modernen Jazz Charlie Parker, genannt Bird, 1955 frühzeitig verstarb, tauchten auf allen Wänden Slogans auf: Bird lives! Nun werden jeweils am Jahrestag eines wichtigen Jazzereignisses bekannte und erfolgreiche Popjazzfuzzis ermordet.



Bill Moody, Bird lives! Unionsverlag, ISBN 978-3- 293-20392-1, 256 S, 1999 (dt. 2006), €9,90

Jazz-Pianist Evan Horne wurde gezwungenermaßen Privatdetektiv, nachdem ihm bei einem Unfall die rechte Hand zerschmettert wurde. Nun sind die Folgen seiner Handverletzung auskuriert, der erste Liveauftritt ist bestens gelaufen und ein Plattenvertrag winkt.

Doch Evan Horne scheint auch der Einzige zu sein, der mit den rätselhaften Botschaften des Mörders etwas anfangen kann und Polizei und FBI bitten ihn um tatkräftige Mithilfe bei der Aufklärung der Mordserie.

Evan Horne scheint der richtige Mann für den Job zu sein, da sind sich sowohl die Polizei:

Erster Eindruck? Intelligent, ehrgeizig, vielleicht ein bisschen besessen, so wie die meisten Künstler. Sie sind ein talentierter, begeisterter und ehergeiziger Musiker, der einiges Pech gehabt hat und der sich jetzt offensichtlich auf bestem Wege zu einem Comeback befindet.

als auch der Täter einig:

Du bist immer auf der Suche nach der Wahrheit, und du bist sehr gut darin ... Weil du nie aufgibst, und wenn es um Musik geht, kannst du dir noch nicht mal vorstellen aufzugeben.

Autor Bill Moody ist ein Vertreter des Bebop, jener Spielweise der 1950er Jahre, die immer noch Grundlage der meisten Jazzsessions weltweit ist, und er nimmt mit Vorliebe die Vertreter des kommerziellen, elektrischen Jazz (Massenware) aufs Korn:

Smooth Jazz ist eine von der Plattenindustrie erfundene Kategorie. Der Begriff wird von Radiosendern und Plattenfirmen benutzt. Manche Sender spielen ausschließlich Smooth Jazz. Die Musik ist leicht, stellt keine Ansprüche an die Zuhörer und besteht meistens aus einem Blasinstrument mit einer Rhythmusabteilung wie in der Rockmusik und jeder Menge Elektronik. Die meisten Musiker, die Puristen, mögen den Begriff nicht. Für echte Fans bedeutet Jazz Miles Davis, John Coltrane, Keith Jarrett, geradlinige, swingende Mainstreammusik. Und die ist für gewöhnlich akustisch.

Ist das der Schlüssel, um den Mörder zu finden?

Ihre Theorie ist also, dass unser Mörder ein verbitterter Musiker sein könnte, der es den Smooth-Jazz-Typen übel nimmt, dass sie Erfolg haben und er nicht ...


Alle Jahre wieder

Es wird scho… Steiri- sches Volksliedwerk, 2015, 16 S, €3,00.
Es wird scho… Steiri- sches Volksliedwerk, CD, 2015, €19,00.
Wohl auf der Ålm, då is so ...

„Wohl auf der Ålm, då is so wunder- schen“ - Lieder und Jodler aus dem Repertoire von Burgi Fellner Steirisches Volksliedwerk, 2015, 16 S, €2,00.
P.S.: Nachschlag zum Weihnachtsfest! Glücklicherweise wiederholt sich das Ereignis in regelmäßigen Abständen. Alle Jahre wieder… heißt nicht nur der Titel eines der beliebtesten Weihnachtslieder, sondern so nennt sich auch der Titel des Liederheftes aus der Reihe meine Lieder – deine Lieder des Steirischen Volksliedwerkes. Die Liedauswahl dieser gekürzten, unter dem neuen Titel "Es wird scho…" publizierten Sonderausgabe setzt sich zusammen aus 13 Klassikern alpenländischer Advent- und Weihnachtslieder, allseits bekannte Melodien und Texte vom steirischen Hirtenlied "Hiaz is der rauhe Winter då, den siacht ma umadum" über den Südtiroler "Andachtsjodler" bis hin zu "Stille Nacht, heilige Nacht" der Salzburger Herren Mohr und Gruber. Ein Büchlein, das nicht in den Schrank gehört, sondern in jede geselligen Runde in der Vorweihnachtszeit.

Die dazugehörige CD Es wird scho… ist die Antwort des Steirischen Volksliedwerks auf die immer wiederkehrende Frage nach einer CD mit bekannten Weihnachtsliedern zum Mitsingen. Nun haben die MitarbeiterInnen 19 Klassiker aufgenommen, zweistimmig gesungen und von Harmonika, Hackbrett und Gitarre begleitet. Alles frei nach dem Motto des Liedes des oberösterreichischen Mundartdichters Anton Reidinger: Es wird scho glei dumpa, es wird scho glei Nåcht, drum kimm i zu dir her, mei Heilånd auf d’Wåcht. Will singen a Liadl dem Liabling, dem kloan, du mågst jå ned schlåfn, i hör di nur woan. Hei hei, hei hei! Schlåf süaß, herzliabs Kind!

Wånn i hoch drobn steh auf oana Felsnhöh, wo i weit außi siach ins greane Steirerlånd, wia mir dås Herzerl låcht bei dera reichn Pråcht, wia schen du liaba Herrgott, håst es gmåcht! Holdi edi edi edi rituljo ... „Wohl auf der Ålm, då is so wunderschen“ aus der Reihe meine Lieder – deine Lieder des Steirischen Volksliedwerkes vereinigt ausgewählte Almlieder, Almschreie und Jodler aus dem umfangreichen Repertoire der Burgi Fellner (*1929) aus Gußwerk im Salzatal im Gerichtsbezirk Bruck an der Mur in der Steiermark.

Notburga Fellner, geb. Grünschachner, ist seit frühester Kindheit eine begeisterte Sängerin. Ihre singende Familie hat ihr viele Lieder beigebracht, als 7jährige hat sie das Zitherspielen erlernt. Mit ihrem Ehemann Eustachius Fellner (1921-2000) sang sie zweistimmig, er die Haupt-, sie die Überstimme, und zusammen mit Hermann Lengauer (1925-1994) traten sie fast 30 Jahre lang als Gesangstrio Fellner-Lengauer auf.


Photo Credits: (1ff) Book/CD Covers, (6) Astrid Lang / Shockwave Riders (from website/author/publishers).


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