FolkWorld #56 03/2015
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Gundis Lieder, Gundis Themen

Am 21.02.15 wäre der Liedermacher Gerhard Gundermann 60 Jahre alt geworden. Mit einem erarbeiteten Benefiz-Album möchten die Gestalter an das Leben und Wirken von 'Gundi' erinnern und gemeinnützige Zwecke fördern.

Gundis Lieder Gundis Themen

Artist Video Unbekannt Ver- zogen | Christian Haase | Philip Om- lor | Duo Hand in Hand | Hannes Kreuziger | Tricky Riddle | Ruben Witt- chow | Die Seilschaft | Car- men Orlet & Hugo Dietrich | Eisbrenners LaTino-Conex- ión | Stoppok | Krogmann | Konstantin Wecker | Jörg Zinke | Christian Budge | Caleb Shoop | Matthias Rohde | Christian Budge | Matt Sweetwood | Johanna Bergmann | Steinlandpiraten | Karl Thoralf Rittel | Rudy

16 Jahre nach Gundis Tod haben sich alte Wegge- fährten und Bekannte getroffen, um sich mit seinen Arbeiten aus der Gegenwartsperspektive zu beschäftigen.

Hierzu zählen neben pro- minenten Musikern wie Konstantin Wecker und Stoppok auch die letzte Gundermann-Band (Die Seilschaft) und Hugo Diet- rich (Brigade Feuerstein).

Beteiligt sind aber auch Interpreten, denen sein Werk bislang völlig unbe- kannt gewesen ist. Die Künstler covern „Gundis Lieder“ und transportieren „Gundis Themen“ in ei- genen Titeln.

Der amerikanische Filme- macher Matt Sweetwood hat die Arbeiten begleitet und die Beteiligten inter- viewt. Entstanden ist die eindrucksvolle Dokumen- tation „Gundis Lieder, Gundis Themen hinter den Kulissen“ (showcasepots- dam.de).

Das Album ist unverkäuf- lich. Bundesweit werden Bibliotheken mit Exem- plaren beschenkt. Mit einem Crowdfunding bei startnext sollen auch für die Fans kostenlose Alben als Geburtstagsgeschenk hergestellt werden.

Anspieltipps: Omlors "Ich mache meinen Frieden", Wittchows "Wo bleiben wir", Stoppoks "Keine Zeit mehr", Weckers "Gras", Krogmanns "Alle oder kei- ner (Rockin' in a Free World)"!

V/A "Gundis Lieder, Gun- dis Themen - Zur Erin- nerung an Gerhard Gun- dermann", Showcase Potsdam, 2015

Gerhard Rüdiger Gundermann (* 21. Februar 1955 in Weimar, Bezirk Erfurt; † 21. Juni 1998 in Spreetal, Landkreis Kamenz, Sachsen) war ein deutscher Liedermacher und Rockmusiker.

Vor der deutschen Wiedervereinigung galt Gundermann speziell als Sprachrohr der Menschen im Lausitzer Braunkohlerevier. Er wurde häufig kontrovers diskutiert, da einige seiner Texte sich sehr direkt mit den kleineren und größeren Problemen der Menschen im Revier auseinandersetzten. Nach der Wiedervereinigung widmete er sich verstärkt dem Umweltschutz und äußerte sich sehr kritisch über die soziale Entwicklung im Osten Deutschlands.

Gerhard Gundermann

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FW#7, #9, #11, #40

www.gundi.de

Seine oft von einem melancholischen Unterton geprägten Lieder spiegeln teils eine sehr persönlich wirkende Auseinandersetzung mit den Themen Leben, Tod und Sterben wider. Wenn Gundermann in seinen Texten politische, umweltspezifische und soziale Inhalte thematisiert, werden diese in der Regel untermalt durch die eigene Erfahrungswelt im beruflichen und privaten Alltag. Durch die derart vermittelten Themen gelten Gundermanns Lieder als getragen von einer persönlichen Authentizität.

Leben

1967 zog Gundermann nach Hoyerswerda in den Bezirk Cottbus, wo er 1973 sein Abitur ablegte. Danach studierte er zunächst in Löbau an der Offiziershochschule der Landstreitkräfte „Ernst Thälmann“ und sang dort im Armeesingeklub, wo er später ein Loblied auf einen General singen sollte. Da er sich weigerte, wurde er 1975 exmatrikuliert und arbeitete seitdem als Hilfsarbeiter im Tagebau Spreetal. Ab 1976 ließ er sich an der Abendschule zum Facharbeiter ausbilden und wurde während dieser Zeit vom Ministerium für Staatssicherheit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) angeworben. Er wählte den Decknamen Grigori. 1977 kandidierte er erstmals für die SED, im darauffolgenden Jahr schloss man ihn aus der Partei wegen unerwünschter eigener Meinung aus. Nach Protesten wurde der Ausschluss in eine „strenge Rüge“ umgewandelt. 1978 fuhr Gundermann mit dem „Singeklub Hoyerswerda“ zum Festival des politischen Liedes nach Ost-Berlin. Im gleichen Jahr benannte sich der Singeklub in „Brigade Feuerstein“ um. Das musikalische Märchen Raskadonien wurde erstmals aufgeführt. 1983 heiratete Gundermann. 1984 wurde er erneut aus der SED und im gleichen Jahr auch von der Stasi wegen „prinzipieller Eigenwilligkeit“ ausgeschlossen. Während seiner Zeit als IM erhielt er für seine Tätigkeit insgesamt 1500 Mark und 1981 die Artur-Becker-Medaille in Bronze, eine Auszeichnung der FDJ.

Mitte der 1980er-Jahre schrieb Gundermann zusammen mit Alfons Förster das Kindermusical Malvina, mit dem er zusammen mit „Brigade Feuerstein“ (Conny als Malvina) erfolgreich tourte. 1986 hatte er erste Soloauftritte als Liedermacher und gewann 1987 den Hauptpreis und den Preis der Schallplatte bei den Chansontagen der DDR. 1988 erschien seine erste LP, die wie seine weiteren offiziellen Studioplatten nicht im Liedermacher-Stil, sondern mit verschiedenen Rockbands eingespielt wurden (z. B. Gundermann und Freunde, Die Wilderer, Gundermann & Seilschaft). 1989 wirkte Gundermann als Texter für das neue Album Februar der in der DDR erfolgreichen Gruppe Silly mit.

Zu den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 kandidierte er erfolglos für das Aktionsbündnis Vereinigte Linke.

In den 1990er-Jahren konnte der „singende Baggerfahrer aus der Lausitz“ mit Titeln wie Engel über dem Revier (musikalische Verarbeitung der für sein Leben einschneidenden Entlassung aus dem Tagebau 1997) oder Hier bin ich geboren (Reflexion der eigenen Heimat und Herkunft) eine wachsende Fangemeinde um sich versammeln. Mit seinem breiten Themenspektrum in den Songs über niedergehende Industriereviere, Leben und Sterben, einfache Alltagsgeschichten, Umwelt oder Arbeitslosigkeit wurde Gundermann im Osten populär, während er im Westen Deutschlands nahezu unbekannt blieb. Die kritisch-poetische Analyse der Wiedervereinigung und ihrer Folgen für Ostdeutschland nahm auf seinen späteren Platten einen zentralen Stellenwert ein. Besonders wichtig war ihm die Auseinandersetzung mit Themen wie Ausbeutung, Mensch, Natur, Ökologie sowie Armut und Reichtum.

Gundermann hatte eine asketische Lebensweise. Er rauchte nicht und trank auch keinen Alkohol.

1995 kam Gundermanns Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit ans Licht. Der Musiker brachte seine Scham darüber zum Ausdruck, nicht schon eher über die eigene Rolle als Spitzel gesprochen zu haben. Er kommentierte seine Funktion als IM mit den Worten: „Ich sehe mich nicht als Opfer und auch nicht als Täter. Ich habe mich mit der DDR eingelassen – mit wem sonst? – und ich habe ausgeteilt und eingesteckt. Und ich habe gelernt. Deswegen bin ich auf der Welt.“ Sein Song Sieglinde kann als musikalische Aufarbeitung dieser Vergangenheit gedeutet werden.

Konstantin Wecker

Konstantin Wecker @ FW:
Artist Video FW#33, #48, #50

www.wecker.de

Neben seinen Band-Auftritten mit der Band „Seilschaft“ tourte Gundermann häufig als Liedermacher mit seinen Soloprogrammen und wirkte an verschiedenen Projekten mit, beispielsweise am Programm „Doppelkopp“ mit dem Liedermacher Manfred Maurenbrecher. 1994 spielte er im Vorprogramm von Bob Dylan und Joan Baez. Auch als ihm allein seine Musik längst ein existenzsicherndes Einkommen garantierte, arbeitete er zusätzlich weiter als Baggerfahrer im Braunkohlebergbau. Nach der Schließung des Tagebaus 1997 begann er eine Umschulung zum Tischler. Seine Maxime, nicht von der Kunst, sondern von „echter Arbeit“ zu leben, um eine kommerzielle Vermarktung seiner Lieder zu verhindern, führte zu einem übermäßig anstrengenden Lebenswandel mit extrem wenig Schlaf. Oftmals fuhr er von einem seiner dreistündigen Konzerte direkt zur Schicht oder umgekehrt, ohne sich eine Pause zu gönnen. Diese Umstände trugen wahrscheinlich maßgeblich zu seinem frühen, plötzlichen Tod bei. Gerhard Gundermann starb in der Nacht zum 21. Juni 1998 mit nur 43 Jahren in seinem Wohnort Spreetal (Sachsen) an einem Hirnschlag. Er hinterließ seine Frau und vier Kinder. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Hoyerswerda.

Nachwirkung

Am 12. September 1998 fand an der Freilichtbühne in Berlin-Weißensee ein großes Gedenkkonzert für Gundermann statt, an dem zahlreiche Künstler und Weggefährten teilnahmen, unter anderem der Liedermacher Gerhard Schöne, die Chansonsängerin Barbara Thalheim und die Brigade Feuerstein.

Seit 1999 hat sich der aus Fans und Freunden bestehende Verein „Gundermanns Seilschaft e.V.“ der Pflege seines Nachlasses verschrieben. Dabei sollen vor allem seine Lieder und die dahinterstehenden Gedanken lebendig gehalten werden.

Auch in anderen Teilen Deutschlands, wo Gundermann zeit seines Lebens nur wenig bekannt war, nimmt man sich mittlerweile dessen Erbe an: Im Jahr 2000 gründeten einige Mitglieder des Landestheaters Tübingen um den Musiker, Schauspieler und Regisseur Heiner Kondschak die Randgruppencombo. Die Band spielt Gundermann-Songs und hat mittlerweile drei Alben veröffentlicht. Seit ihrer Gründung gab sie mehr als 100 erfolgreiche Konzerte im gesamten Bundesgebiet.

Der niederländische Liedermacher Johan Meijer hat 2008 Lieder von Gundermann ins Niederländische übersetzt und die CD „Hondsdraf“ aufgenommen.

Anlässlich seines 10. Todestages fand am 21. Juni 2008 in der Berliner Columbiahalle ein Gedenkkonzert statt. Auf diesem Konzert traten unter anderem die Seilschaft, die Randgruppencombo, Polkaholix, Christian Haase sowie Silly auf. Das Konzert wurde aufgezeichnet, große Teile der Aufzeichnung wurden 2009 auf der DVD "Alle oder Keiner – Tribut an Gerhard Gundermann" veröffentlicht.

Anläßlich von Gundi's 60. Geburtstages organisierten Axel Prahl und Andreas Dresen ein Konzert im Kesselhaus in der Kulturbrauerei. Neben ihrer Band konnten sie die Gäste Judith Holofernes, Gisbert zu Knyphausen, Tobias Morgenstern und Wenzel auf der Bühne begrüßen. Da das "Tribut-Konzert" sehr früh ausverkauft war, wurde es am 22.Februar wiederholt.

Philip Omlor

Artist Video Philip Omlor @ FolkWorld:
FW#41, #47

www.pomlor.de

Stoppok

Artist Video Stoppok @ FolkWorld:
FW#18 #41 #42, #50, #53, #55

www.stoppok.de

Christian Haase

Artist Video Christian Haase @ FolkWorld:
FW#39, #52

www.haase-band.de


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Date: February 2015.


Photo Credits: (1) Gundis Lieder, Gundis Themen, (2) Gerhard Gundermann, (3) Konstantin Wecker, (4) Philip Omlor, (5) Stoppok (unknown/website); (6) Christian Haase (by Walkin' Tom).


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