FolkWorld #53 03/2014
© Jürgen Kiontke / amnesty journal

Sing es laut!

Can't Be Silent

Icon Movie
Can't Be Silent
Dokumentarfilm
Regie: Julia Oelkers
Laufzeit: 85 Minuten
© 2013 autofocus


www.cant-be-silent.de

Folk on the Silver Screen: Der Musikfilm "Can't Be Silent" ist ein ebenso beeindruckender wie bedrückender Film über Flüchtlingsleben in Deutschland.

Viele Deutsche wissen nicht, was in Deutschland passiert." Der Musiker Revelino, der in einem Asylbewerberheim versauert, stellt klar: "Es gibt Menschen, die überrascht sind, wenn wir sagen, dass wir mit fünf oder sechs Personen in einem Raum leben." Und zwar jahrelang.

Dass Revelino diese Eindrücke in einem Film schildern kann, ist seinem Talent geschuldet. Der Musiker Heinz Ratz von der Band Strom und Wasser besuchte etwa 80 Flüchtlingsheime auf der Suche nach musikalischen Profis. Seitdem ziert der Zusatz "feat. Refugees" den Band-Namen. Künstler wie Revelino finden in Ratz' Projekt eine Wirkungsstätte.

Regisseurin Julia Oelkers hat die Musiker in ihrem Film ­"Can't Be Silent" während einer Tournee porträtiert. Ohne Musik, sagen die Flüchtlinge aus Gambia, Russland, Ex-Jugoslawien und Afghanistan, wären sie schon tot.

Strom & Wasser ft. The Refugees

Artist Video Strom & Wasser @ FolkWorld:
FW#30, #35, #40, #44, #49, #50, #52

www.strom-wasser.de

Doch wie sieht ihr Alltag aus, wie können sie sich bewegen? Die Residenzpflicht wird für den Abend des Konzerts aufgehoben, das Publikum kommt zahlreich. Anschließend geht es zurück ins Heim. Wenn man es schafft, dort anzukommen - denn als Schwarzer ist man an einem Bahnhof per se verdächtig und kann schnell festgesetzt werden.

Die Band bietet einen Kurzurlaub von der überwältigenden Isolation. Oelkers besucht die Protagonisten in ihren sechs Quadratmeter großen Zimmern, gleich neben einem Gefängnis. Die Etagen haben breite Hinterausgänge, damit die Polizei während der nächtlichen Abschiebungen genug Platz hat und nicht durchs Haus lärmen muss.

Dann wird es hochoffiziell: Die Kamera folgt Ratz und seinen Musikern ins Bundeskanzleramt, wo die Ausländerbeauftragte Maria Böhmer Integrationsmedaillen an die Künstler verteilt. Mit den Auszeichnungen wandert die kleine Band davon. Es ist ein Witz und doch keiner: Zwei Wochen später kommt der Abschiebebescheid.

Sam sagt: "Eine Sache ist wirklich schwer für mich zu verstehen: Wenn du auf der Bühne stehst, klatschen alle, tanzen und sind happy. Aber wenn du die gleichen Leute irgendwann später wieder triffst, bist du jemand völlig anderer für sie. Wenn du nicht auf der Bühne stehst, sehen sie in dir nur den Flüchtling." "Can't Be Silent": Ein bedrückendes Dokument des deutschen Flüchtlingsalltags - und ein höchst künstlerischer Film über den Aspekt der Freiheit in der Kunst.

Um die Situation der Flüchtlinge in Deutschland zu verbessern, engagiert sich Amnesty International seit Jahren. Die Organisation setzt sich gegen Abschiebungen ein und erstellt Gutachten über Menschenrechtsverletzungen in den Heimatländern. Amnesty International plädiert für einen rechtlich gesicherten Aufenthalt, wenn Menschen akut gefährdet sind, und fordert einen fairen Zugang zu einem umfassenden Asylverfahren.

In Zeiten, in denen auch Asylbewerber selbst öffentlich für die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse demonstrieren, dürfte "Can't Be Silent" mit seinem innovativen und unprätentiösen Ansatz für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen.

amnesty international


Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung dem Monatsmagazin der Menschenrechtsorganisation amnesty international entnommen: amnesty journal Oktober 2013 (www.amnesty.de/journal).


Photo Credits: (1) 'Can't Be Silent', (2)-(3) Strom & Wasser ft. The Refugees, (4) amnesty international (logo) (unknown / from websites).


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