FolkWorld #75 07/2021

CD Rezensionen

Albaluna "Heptad"
CPL-Music, 2021

Article: Dialogue Along the Silk Road

www.albaluna.pt

Die Welt ist in Unruhe und auch in Pandemiezeiten beständig unterwegs. Selbst Lockdowns lassen uns nicht den Fokus auf die Region richten, sondern wir sehen weiter lieber in die Ferne. Kulturell geht das nun schon eine ganze Weile so. Regionale Künstler beschäftigen sich immer weniger mit Heimatklängen. Es mischen sich die Kulturen. Das ist einerseits gut, wird doch Vielfalt zur Normalität. Andererseits verlieren sich in der Melange oft regionale Eigenheiten. So ist auch die portugiesische Worldfusionband Albaluna vom Westen Europas über das Mittelmeer, durch den Nahen Osten bis auf die Seidenstraße und weit ins ferne China unterwegs. Das Album "Heptad" klingt wie der Soundtrack zu einer Marco-Polo-Verfilmung. Zwischen historischer Sichtweise und moderner Klangästhetik angesiedelt, suchen die sechs Portugiesen ihren Weg durch die Kulturen dieser langen Reisestrecke. Die Songtexte werden auf Portugiesisch vorgetragen, die Kompositionen auf Instrumenten, die an der Seidenstraße rechts und links des Wegrandes zu hören sind. "Heptad" ist ein prachtvolles Album für Enthusiasten der Weltmusik und der kulturellen Fusionen. Für den weniger fokussierten Hörer klingt es jedoch eher bemüht.
© Karsten Rube


Ale Möller "Xeno Mania"
MTA Production, 2020

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facebook.com/AleMollerBand/

Beim Versuch, den Schweden Ale Möller musikalisch einordnen zu wollen gerät man schnell an Grenzen. Wohl auch, weil er selbst gar nicht weiß, was Grenzen sind und wozu sie gut sein sollen. Selbst Nils Landgren, der künstlerische Leiter des Festivals Jazz Baltica sagte, er habe gar nicht gewusst, dass man das eigentlich Weltmusik nennen müsste, und lud ihn zum Festival ein. "Xenomania" heißt das aktuelle Projekt des umtriebigen Multiinstrumentalisten. Die Klangwelten, die sich Möller und sein Publikum erschließen, sind eigenwillig gewoben. Irgendwo zwischen Klassik, Turmbläsern und Rock ordnen sich Jazztunes ein, nordische Folkmusik und westafrikanische Rhythmen. Dank zahlloser Inspirationen aus vielen Teilen der Welt schlägt Ale Möller mit seinem Ensemble mühelos Brücken zwischen den Kulturen. "Xeno Mania" ist ein mitreißendes Album voller Lebensfreude.
© Karsten Rube


Dota "Wir rufen Dich, Galaktika"
Kleingeldprinzessin Records, 2021

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www.kleingeldprinzessin.de

Differenziert betrachtet Dota Kehr die Probleme, die in der Welt benannt werden und dabei auch - und das hebt sie heraus aus der Menge der Dauerbetroffenen - mit Ironie und feinem Sprachwitz. Sie kennt die Ängste der Gegenwart, sie benennt sie und sie hat auch keine Lösung. Schuldgefühle und der Wunsch trotz dieser, ein halbwegs angenehmes Leben führen zu dürfen prägen die Texte der neuen CD von Dota. “Wir rufen dich, Galaktika” ist wie so häufig bei Dota musikalisch zurückhaltend und textlich feinsinnig, mit Ehrlichkeit gefüllt und gelegentlich auf respektvolle Weise frech. Der Song “Bademeister*in” spielt mit dem Gefühl eines heißen Strandbadtages, einem alten Ärztesong und geschlechtsneutraler Sprache im Kontext der poetischen Versdichtung. “Ich bin leider Schuld” ist ihr Bekennerschreiben zur Klimakatastrophe und “Wir rufen Dich, Galaktika” - entlehnt einem Lied aus der Fernsehserie “Hallo Spencer” - ist ein nicht ganz ernstgemeinter Hilferuf an eine ferne außerirdische Macht, die kommen soll, um unsere Erdprobleme zu lösen. Dota! Lass dieses Lied keinen Begründer von Verschwörungsmythen hören, sonst stehen bald ein Dutzend Aluhutträger jeden Montag auf einem zentralen Parkplatz einer deutschen Großstadt und rufen laut zum Himmel hoch nach Galaktika. Doch fernab der Problembewältigung beherrscht Dota auch die feine Sehnsucht nach gedankenloser Schönheit. “Sommer für Sommer”, “Bleiben” oder “Besser als nichts” bergen Schätze zärtlicher Poesie. Wieder gelingt Dota Kehr ein einfühlsames Werk ohne den Krampf der großen Kunst, sondern mit der Selbstverständlichkeit des Lebens in Straße, Kietz und Gegenwart.
© Karsten Rube


Camilla Barbarito "Sentimento Popolare Vol. 2"
Felmay, 2020

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www.camillabarbarito.com

Mailand wird als multikultureller Schmelztiegel schnell übersehen. Doch wehen in der Stadt, zwischen enger historischer Altstadt und gesichtslosem modernen Finanzplatz zahllose Gerüche und Geräusche, die auf offene Welten jenseits urbaner Verschlossenheit schließen lassen. Camilla Barbarito hat nun bereits zum zweiten Male diese Welten erschlossen und folgt dem eigenen musikalischen Vagabundieren mit Hingabe. "In musikalischem Schutt plündernd, gefunden zwischen den Klangruinen der Vergangenheit, versuchte ich mein benommenes und rudimentäres Mosaik zu formen, gestärkt durch meine Lust und meine Anmaßung." So sieht die Sängerin ihr eigenes Werk. Tatsächlich fördert sie eine enorme Vielfalt an musikalischer Weltläufigkeit zutage, beginnend bei italienischer Folklore, über mediterrane Reisen von Zypern bis in den Nahen Osten, lässt sich von einem früheren Besuch in Mali inspirieren oder infiziert sich mit balkanesker Springkrautmentalität. Sie rockt, sie singt herzerwärmende Balladen und erliegt am Ende doch wieder dem Charme ihrer weltoffenen, aber zweifelsfrei italienischen Heimatmetropole. Camilla Barbaritos "Sentimento Popolare Vol. 2" ist ein Album von mitreißender Vielfalt.
© Karsten Rube


Monika Stadler und Harald Peterstorfer "Diary from Within"
Galileo Music, 2020

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www.harp.at

Die Harfe ist eines der ältesten Musikinstrumente der menschlichen Kulturgeschichte. Viel Mystik windet sich um den Klang der Saiten. Vom alten Mesopotamien über Brian Boru, dem König der Iren und der nach ihm benannten Harfe bis hin in die Gegenwart der Konzertharfe, besitzt dieses Instrument meist den Ausdruck zärtlicher Verspieltheit. Monika Stadler aus Österreich ist seit ihrem dreizehnten Lebensjahr dabei, die Vielfalt und den klanglichen Facettenreichtum der Harfe herauszukitzeln. Eine Vielzahl von Aufnahmen hat sie in den letzten Jahren gemacht. Die neueste findet sich im Album "Diary from Within". Zur Seite steht ihr Harald Petertorfer an der Harp Guitar. Das Album entstand aus der Lust an der Improvisation. Gesang in Fantasiesprache, das Plätschern von Tönen verschiedener Saiteninstrumente, Elemente aus Klassik, Ethnomusik und verschiedene Improvisationstechniken lassen die Musik wie einen Gebirgsbach durch eine wandlungsreiche Landschaft fließen. Beruhigend und belebend zugleich.
© Karsten Rube


Piirainen | Bloom | Company "Matka"
Bafe's Factory, 2020

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www.piirainenblomcompany.com

In der finnischen Musik sind sie keine Unbekannten. Der Gitarrist JP Piirainen und die Sängerin, Komponistin und Expertin für Drumcomputerprogrammierung Venla Ilona Blom fanden sich traditionellem Terrain wieder. Zwar benutzen sie zeitgenössische Spieltechniken, die Wurzeln der Kompositionen ihres gemeinsamen Werkes "Matka" finden sich jedoch im finnischen Volkstanz. Fast alle Lieder werden von den beiden Künstlern allein eingespielt. Einige Fiddletunes werden von bekannten finnischen Folkmusikern ergänzt und die Akkordeonspielerin Viivi Maria Saarenkylä gibt bei einem Titel ein eindrucksvolles Gastspiel. Auf "Matka" hören wie also moderne Folklore des 2020er Jahrgangs.
© Karsten Rube


Jaro, 2020

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New York in Vergangenheit und Gegenwart präsentieren die beiden Musiker Rachelle Garniez und Erik Della Penna. "An Evening in New York" ist die musikalische Umsetzung eines Fotobuches über New York, das die Stadt im Jahr 1928 zeigt.[67] Die Songs orientieren sich an den historischen Fotos, erzählen die Geschichten, die die Bilder darstellen. Vom ersten Zeppelin über New York, vom Jahrmarkt auf Conny Island, von irischen Einwanderern und dem Hochhausboom. Garniez und Penna verbinden die Geschichten von einst mit der Jetztzeit und bringen so eine persönliche Sicht auf die Veränderungen der letzten neunzig Jahre zu Gehör.
© Karsten Rube


Suistamon Sähkö "Varokaa! Henganvaara"
Nordic Notes, 2021

Article: Flamboyant, Apocalyptic, Lovable

www.suistamonsahko.fi

Die finnische Akkordeonistin Anne-Marie Kivimäki hat um sich ein Musikerkollektiv gescharrt, das sich Suistamon Sähko nennt. Das aktuelle Album der bunten Truppe nennt sich “Varokaa! Henganvaara”. Übersetzt heißt das so viel wie “Achtung Gefahr”. Und tatsächlich könnte die Musik von Suistamon Sähko gefährlich werden, für das traditionelle Folkloreverständnis. Sie selbst empfinden den Sound aus Folk und Technobeats als Musik für das nächste Jahrhundert. Das klingt fortschrittlicher als derzeit denkbar. Tatsächlich ist “Varokaa! Henganvaara” ein fröhlich schriller Mix aus Ethnopop, Sprechgesang und Elektronik, der erstaunlich gut harmoniert und mit einer Länge von knapp 38 Minuten dem Hörer auch nicht zu viel abverlangt.
© Karsten Rube


The Secret Sisters "Saturn Return"
New West Records, 2020

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Www.secretsistersband.com

Das Folk- und Country Duo The Secret Sisters hatte mit ihrem Debüt-Album im Jahr 2010 einen kommerziell recht erfolgreichen Start hingelegt. Seitdem regnet es Grammynominierungen und Kritikerlob, auch wenn alle folgenden Aufnahmen kommerziell eher floppten. Das Album "Saturn Return" erschien 2020. Es liegt eine deutliche Note Seventies-Folk über den Kompositionen. Die zehn Songs der Geschwister setzen sich mit Ängsten auseinander, mit Verlusten, mit Vorurteilen, versuchen aber in allem auch positiv mit der Gegenwart umzugehen. Musikalisch ein recht ansprechendes Album, dessen Songs kraftvoll und sinnlich zugleich sind.
© Karsten Rube


Yat-Kha "We will never die"
Lollipoppe Shoppe, 2020

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www.yat-kha.ru

Der tiefe Kehlkopfgesang des tuvanischen Sängers Albert Kuvezin, den er mit seiner Band Yat Kha seit knapp 30 Jahren zelebriert, gehört zu den ungewöhnlichsten Ausdrucksformen in der Musik der Gegenwart. Europäische Hörmodelle sehen anders aus. Und ganz ehrlich, wenn ich als Heranwachsender solche Töne am Tisch machte, wurde ich rausgeschickt. In Tuva ist das Volksmusik und in der Weltmusikszene ist es Kunst. Tatsächlich besitzen die Lieder eine eigenwillig, fremde Harmonie. Sie tragen Weite in sich, spielen geschickt mit den Hörgewohnheiten. Nach dem Hören von zwei Liedern wird aus der fremden Vortragsweise ein Gesang, der zum musikalischen Bild passt und das Fremde beginnt vertraut zu werden. Aus dem einstigen selbst kreierten Yenissei-Punk ist eine bildgewaltige Musik geworden. Ziemlich gelungen ist auf diesem Album auch die Coverversion von George Harrisons Song "While My Guitar Gently Weeps".
© Karsten Rube


Niamh Ní Charra "Donnelly’s Arm"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

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www.niamhnicharra.com

Die irische Fiddlerin brilliert auf dieser CD auch als Concertinaspielerin, und dass sie wunderbar singen kann, wissen wir schon seit langem (nur zur Erinnerung: Sie kommt aus einer überaus musikalischen Familie, ihr Onkel Pádraig Ó Carra mit seiner Zither war mehrmals beim Irish Folk Festival dabei), und nun bringt sie alle ihre Talente zusammen und holt noch hochqualifizierte Gäste dazu – Resultat: wirklich ein Hörgenuss. Instrumentals und auf Irisch und Englisch gesungene Lieder, traditionelle Stücke und sogar, Überraschung, ein Lied des Kollegen Si Kahn aus den USA. Auf dem Cover sehen wir einen auf wirrem Wurzelwerk hochgereckten Arm, der aussieht wie aus einem Lehrbuch der Anatomie entsprungen. Der Preisboxer Dan Donnelly starb 1820 mit nur 31 Jahren. Was es mit seinem Arm, dem die CD ihren Titel verdankt, auf sich hat, verrät das überaus informativ und lesbar gestaltete Beiheft – wir begreifen, dass der Arm einen Roman verdient hätte, aber diese CD ist so schön, da geben wir uns gern ohne Roman zufrieden.
© Gabriele Haefs


David Munyon "American Guitar"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

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www.davidmunyon.de

Aufgenommen wurden die Lieder dieser CD mehr oder weniger am Stück im November 2020, nach einer von Katastrophen geprägten Zeit im Leben des Songwriters und Sängers David Munyon – das Beiheft berichtet und die Hörerin fühlt sich fast yoyeurisch, denn Außenstehende geht das eigentlich nichts an. Aber die Lieder selbst sind zwar fast alle melancholisch, haben aber nicht direkt mit den privaten Sorgen des Künstlers zu tun. Vom Titel her könnte man eine reine Instrumental-CD erwarten, aber die virtuos gespielte Gitarre tritt doch eher in den Hintergrund. David Munyon dankt auf dem Cover Jesus für Seine immerwährende Hilfe, und wir finden religiöse Motive in mehreren Songs, ohne dass es aufdringlich missionarisch wirkte. Mit seiner heiseren Stimme besingt Munyon Sehnsüchte vieler Art, lehnt sich oft an traditionelle Vorbilder an, wie im Lied „Beautiful Magnolias“. Nicht jedermenschs Sache ist vielleicht ​ „Nuclear Joe“, das einzige witziggemeinte Stück, indem es um nukleare Strahlung geht, aber der ernste Grundton überwiegt, musikalisch wie thematisch, und macht die CD zur angenehmen Begleitung für lange Regenabende.
© Gabriele Haefs


Wren "Pink Stone: Songs from Moose Lodge"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

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www.wren-music.com

Die Moose Lodge steht im Methow Valley im Staat Washington. Die Presseinfo teilt mit, dass dieses Tal die alte Heimat des Methow-Volkes ist – dessen Überreste aber heute in einem Reservat leben und Englisch sprechen, auch wenn ihre eigene Sprache noch nicht vollständig ausgestorben ist. Das macht natürlich neugierig, allerdings haben die Lieder der Songwriterin Wren gar nichts damit zu tun. Nur zieht sie sich eben gern in die Lodge Moose zurück, zuerst 2016 nach einer langen Krankheit, inzwischen, um in Ruhe arbeiten zu können und sich von der Natur um sie herum inspirieren zu lassen. Ihre Lieder, zu denen sie sich auf der Gitarre begleitet (von den GastmusikerInnen sind unbedingt erwähnenswert Krista Detor – Akkordeon – und Gordon Lowry – Geige) sind Americana vom Besten; Titel wie „The Sun is Going Down“ und „Corn Stalks“ weisen auf die Themen hin. Fast alle Stücke sind eher melancholisch geprägt, Ausnahme, der schmissige Walzer „Cedar Tree Boy“. Macht absolut Lust auf mehr Wren (denn so bekannt, wie sie es offenbar verdient, ist sie hierzulande ja noch nicht).
© Gabriele Haefs


Sveriges Vänner "Fin är du"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

www.sveriges-vaenner.de

Das Duo „Freunde Schwedens“, bestehend aus Gudrun Selle und Johannes Uhlmann, bringt auf dieser CD schwedische Musik mit dem Untertitel „Fin är du“, also: „Fein bist du“. Wer immer gemeint ist, das Kompliment können wir zurückgeben. Es geht los mit ​ einem Schottis, ein munterer Einstieg in die CD. Der Rest ist bunt gemischt, ein strenger Choral, allerlei Tanzmusik, Walzer, Polskas, noch mehr Schottis und ein Rheinländer. Eine Polska trägt den wunderbaren Titel „Polska, die Gustav Adolf mit Ebba Brahe tanzte“, man sieht die beiden richtig vor sich, wie sie sich vom strikten Hofzeremoniell befreien! Auch das in den skandinavischen Ländern so verbreitete Wiegenlied „Vem kann segla“ ist mit von der Partie. Flöte und Akkordeon der beiden Duo-Mitglieder sorgen für den richtigen schwedischen Sound, und wenn überhaupt eine minimale Kritik geäußert werden sollte, dann diese: Ein bisschen mehr die schwedische Aussprache üben, gerolltes R und Bindungen, dann wäre alles perfekt!
© Gabriele Haefs


Steve Tilston "Such Times"
World Music Network, 2021

English CD Review

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www.stevetilston.com

Der Liederschreiber aus Leicestershire hat mit so vielen legendären Menschen zusammengearbeitet, nennen wir nur Bert Jansch, John Renbourn und Maggie Boyle, da ist es leicht zu vergessen, dass er auch ganz allein mehr als hörenswert ist. Diese CD ist wohl ein haarscharf verspätetes Geschenk an seine Fans zu seinem 70, und vielen Dank dem rüstigen Jubilar. 14 Lieder und ein Instrumentalstück, alle selbst geschrieben, Lied Nr. 3 ist vielleicht programmatisch: This is living with the blues. Das Leben unterwegs, im realen wie im übertragenen Sinn, prägt die Stimmung der Lieder, sehr viel Bewegung, sehr viel Sehnsucht, viele ungelöste Fragen, die die weitere Wanderung noch spannender machen („My mystery train“). Das Cover sagt, dass Steve Tilson hier den „Zeitgeist anzapft“, aber das ist noch die Frage, sind es nicht eher zeitlose Themen, die er hier aufgreift und zu denen der Zeitgeist kaum etwas zu sagen hat? Ist aber egal, wunderbare Musik, Texte zum Träumen und zum Tun, und ab und zu ein umwerfender Ohrwurm wie „Dust from my heels“.
© Gabriele Haefs


Emma Langford "Quiet Giant"
Eigenverlag, 2021

Emma Langford "Sowing Acorns"
Eigenverlag, 2020

English CD Review

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www.emmalangfordmusic.com

Emma Langford kommt aus der Nähe von Limerick, verarbeitet auf "Quiet Giant" aber kaum irische Einflüsse. Das Cover ist märchenhaft, ein dunkler Wald mit einem Hexenhäuschen, den stillen Riesen müssen wir einen Moment suchen, aber er ist vorhanden! Es gibt viele Märchenmotive in den Liedern, der Sandmann tritt auf, eine Rapunzelprinzessin, die Schöne und die Ruine, und biblisch wird es mit dem Auftritt von Eva, hier schon längst aus dem Paradies vertrieben. Alle Lieder aber sind von heute – übrigens alle von Emma Langford geschrieben! Sie begleitet sich auf der Gitarre und hat eine beeindruckende Schar von GastmusikerInnen dabei, besonders beeindruckend Hanna NicGearailt, die Klavier spielt und Backing Vocals bringt. Es gibt so viele Stile, die zusammenfließen, so viele unterschiedliche Melodieführungen, diese CD ist einfach ein Abenteuer, das kein Ende nimmt, weil man gleich wieder von vorn anfangen und nach weiteren Anspielungen suchen muss, musikalisch wie inhaltlich.

Auf "Sowing Acorns" greift Emma Langford auf irische und auf schottische Traditionen zurück, das erste Lied ist von der Melodie her von Waulking Songs inspiriert, „Ready- O“ zeigt, was sie für eine hinreißende a-capella-Sängerin ist, Wieder hat sie alle Lieder selbst geschrieben, die Anlehnungen an irische Musik sind hier allerdings viel stärker zu erkennen als auf „Quiet Giant“ von 2021. Wieder hat sie viele Gäste ins Studio gebeten, gibt aber trotz der Vielzahl der Instrumente allem ihr eigenes, inzwischen unverwechselbares Gepräge. Vom Inhalt her beschäftigen sich die Lieder oft mit ​ Menschen in einer Krise – die 12jährige, die ihre Stimme verliert, der Mann, der sich in seinem Land nicht mehr zurechtfindet, die Person, die in eine katastrophale Beziehung geraten ist, Menschen, die keinen Ausweg sehen – doch die instrumentale Begleitung zeigt jedesmal, dass es fast immer Hoffnung geben kann. Traumhaft schön das alles.
© Gabriele Haefs


Varo "Varo"
Eigenverlag, 2020

English CD Review

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www.varodublin.com

Varo ist ein französisch-italienisches Duo, das sich irischer und schottischer Musik verschrieben hat und in Dublin lebt. Beide Sängerinnen spielen Geige, dazu noch etliche andere Instrumente, und sie haben Studiogäste aus Irland dabei, die für allerlei weitere Saiteninstrumente sorgen. Es geht los mit „Ye Jacobites by name“, das in Irland gerade groß in Mode zu sein scheint. Wie einst die Johnstons singen Varo eine Version mit standardenglischem Text – und die Johnstons sind offenbar eine ihrer Inspirationsquellen, auch das Belfaster Lied „The Doffing Mistress“ stammt aus deren Repertoire. Überhaupt gibt es viele alte Lieblinge zu hören, „As I roved out“, „Sovay“ und „Streets of Forbes“, um nur einige zu nennen. Alles angenehm im Ohr, gefällig und mit Sinn für Details in Stimm- und Melodieführung dargebracht, wirklich eine interessante Bekanntschaft. Wer allerdings irisches, italienisches oder gallisches Temperament erwartet: Irrtum, hier wird gesäuselt und geflüstert, nicht einmal bei „The Streets of Forbes“ scheint die Wut durch, die der Text doch erwarten lässt und die wir aus June Tabors kanonischer Version kennen und schätzen.
© Gabriele Haefs


Deborah Henriksson "So far"
Eigenverlag, 2020

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www.deborahhenriksson.com

Deborah Henriksson ist eine schwedisch-amerikanische Sängerin und Liedermacherin, die auf Englisch singt. Die meisten Stücke auf ihrer Doppel-CD hat sie selbst geschrieben, andere stammen von Clannad, Robert Burns und Eleanor McEvoy, um nur einige zu nennen. Auf ihrer Website wird ihr Stil beschrieben als Contemporary Folk/Pop/Celtic, was sicher zutrifft: Die Pop-Elemente überwiegen, allerdings klingt es auch manchmal, sicher auch durch die Piano-Begleitung von Mats Nyman, wie ein klassischer Liederabend. „Ae fond kiss“, z.B., bekannt in unendlich vielen Versionen, wird hier vorgetragen, als wäre es von Schubert und nicht von Rabbie Burns, nur der Titel ist noch Scots, der gesamte restliche Text ist ins Standard-Englische übersetzt. Immerhin, auch Anklänge an anders schottische Lieder sind zu hören, bei „Breakers’Roar“ hat einwandfrei „Mó ghille mòr“ Pate gestanden. Es klingt alles ​ lieblich, schön, macht Spaß, es zu hören, aber manchmal wäre ein bisschen weniger Glätte vielleicht auch ganz nett. Jedenfalls, ideale Musik für Fans klassischer Liederabende.
© Gabriele Haefs


Merry Hell "Emergency Lullabies"
My Hell Music, 2020

Merry Hell "When we meet again" [EP]
My Hell Music, 2020

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www.merryhell.co.uk

Rogue Folk wurde vor vielen Jahren diese Musik genannt, als die Pogues und The Men They Couldn’t Hang jung und wegweisend waren, und bei Merry Hell passt diese Bezeichnung perfekt. Diese englische Band scheint ein Familienunternehmen zu sein, die Hälfte der Belegschaft heißt jedenfalls Kettle mit Nachnamen. Besonders erwähnt werden muss unbedingt Virginia Kettle, die rotzfrech singt, wie eine Göre von der Gasse, einfach wunderbar. Die Texte, alle von der Band selbstgeschrieben, handeln vom alltäglichen Wahnsinn, vom nötigen Widerstand („Go down fighting“), von der Umweltkatastrophe, die wir vielleicht doch noch aufhalten können, von Sister Atlas, die sich die Erdkugel auf die Schulter lädt und die Sache vielleicht besser macht als damals Bruder Atlas, und natürlich von Seeleuten, Liebe und dem Wunsch, eine Heimat zu haben und sie behalten zu dürfen. Merry Hell haben eine kleine Liebe zu Chorälen, das zeigt sich auch auf der EP „When we meet again“, wo sie zusammen mit dem Social Isolation Choir drei Lieder singen, die zu Solidarität mahnen, egal, wie hoffnungslos alles aussehen mag. Der Chor besteht aus über 300 Stimmen, die sich alle selbst aufgenommen und an Merry Hell gemailt haben. Einfach umwerfend gut!
© Gabriele Haefs


Teyr "Estren"
Sleight of Hand Records, 2021

English CD Review

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www.teyr.co.uk

Das Trio Teyr (Teyr ist Kornisch und bedeutet „drei“, in der weiblichen Form, da sind die keltischen Sprachen sehr genau) hat eine neue CD, und die hat den schönen kornischen Namen Estren (Fremder, dies also maskulin) – und wenn man die Freude über die kornischen Wörter ausgekostet hat und in Ruhe zuhört, ist nur eine Reaktion möglich: Begeisterung! Die stellt sich sicher auch ohne Kornischkenntnisse ein: Die Liebe des Trios gehört zwar dem Land Cornwall und seiner Sprache und Kultur, aber sie singen doch vor allem auf Englisch. Wir hören eine bunte Mischung aus gesungenen Liedern und Instrumentalstücken, bei letzteren sind internationale Einflüsse deutlich – baskisch, spanisch, finnisch – und werden dem unverwechselbaren Teyr-Stil angepasst. Eine wunderbare Zugabe: Gastsängerin Ruth Cory mit einer ungewöhnlichen Version von „The female drummer“, nicht die übliche Melodie, und bei ihr wird diese Ballade zum mitreißenden Antikriegslied. Einfach grandios, dieser „Estren“!
© Gabriele Haefs


Perttula "Pajavasara"
Bafe's Factory, 2020

English CD Review

Pajavasara, Schmiedehammer, wirklich ein passender Name für diese CD des finnischen Akkordeonvirtuosen Perttula. Er vergleicht die Arbeit an seinem musikalischen Material mit der Arbeit des Schmiedes, der aus Eisen und Erz schließlich auch heraushämmern muss, was an Möglichkeiten drinsteckt. Und dann ist da noch der Rhythmus, denn Perttula hat es gern temperamentvoll, und so glauben wir, den Schmiedehammer am Werk zu hören. Doch ehe der wackere Schmied den Amboss in den Grund schlägt, wird es dann sanft und melancholisch, wir sind schließlich in Finnland, dem Land der heftigen Gefühlsschwankungen. Statt finnischem Tango gibt es Walzer, so vielseitig ist diese CD. Die Infos sind spärlich, „Kompositionen und Arrangements“ von Perttula, aber ob er nun alles selbst geschrieben hat oder auch traditionelle Stücke neu arrangiert, es klingt alles wunderbar Finnisch und eben doch unverwechselbar nach dem Meisterschmied Perttula!
© Gabriele Haefs


GF Morgan "Driftwood"
Eigenverlag, 2020

English CD Review

Artist Audio

www.gfmorganballads.com

Auf dem Cover sieht GF Morgan mit seiner keck schiefgerückten Schottenmütze aus, als wolle er sich gleich Rogers‘ Rangers anschließen, aber wie diese kommt er aus Maine, und das erklärt sicher alles. Nach dem Coverfoto ist es eine Überraschung, wie sanft er singt, absolut nicht martialisch, nicht einmal bei einem Lied, in dem Tommy in den Krieg zieht. GF Morgan spielt Gitarre und Konzertina, er schreibt selbst, singt aber auch Traditionals, und diese am liebsten in der Form, in der sie nach Maine mitgebracht wurden und sich dort erhalten haben, „Barbary Allyn“ oder „Twa Corbies“ zum Beispiel. Die Corbies weisen darauf hin: GF Morgan hat auch einen Hang zu schottischer und irischer Musik, mehrere Instrumentals auf der CD stammen von Carolan oder werden diesem blinden Harfner zumindest zugeschrieben. Eine Komposition stammt von James Scott Skinner, „Hector the Hero“, und wirkt ungeheuer aktuell. Hector McDonald, hochdekorierter britischer Offizier, geriet in den Verdacht, sich in Indien an minderjährigen Jungen vergriffen zu haben, an richtiger Aufklärung war dann aber niemand interessiert. Kleine historische Abschweifung, es ist ein Instrumentalstück und bezieht keinerlei Position, sondern ist einfach ein weiterer Juwel auf dieser an Juwelen reichen CD.
© Gabriele Haefs


Sigrid Moldestad "Tonen i meg"
Grappa/Heilo, 2021

English CD Review

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www.sigridmoldestad.com

Die Norwegerin Sigrid Moldestad ist ein Multitalent: Sie schreibt fast alle ihre Lieder selbst, singt, begleitet sich auf Geige, Hardingfele und Ukulele und hat noch dazu eine geniale Hand beim Aussuchen der Studiogäste. Klar, dass eine wunderbare CD dabei herauskommt. Moldestad jongliert dabei munter mit den Stilen, es geht sehr folkig los, wird im selben Stück („Tonen i meg“, „Der Ton in mir“, also dem wegweisenden Lied des Albums) dramatisch. Viele Inspirationsquellen sind aus den Liedern herauszuhören, die norwegische Tradition, schwedische Liedermacherei, internationales Songwritertum, Country, um nur ein paar zu nennen, Den Country-Einflüssen verdanken wir einige echte Ohrwürmer, „Karolina“ z.B. Sogar ein Instrumentalstück gibt es: Blågras, das bedeutet „Blaues Gras“ oder eben „Bluegrass“ und so klingt’s. Wunderbar ist auch Sigrid Moldestads klare, klangvolle Stimme, bei der jedes Wort verständlich ist. Es ist schon ihre sechste CD, höchste Zeit, diese Künstlerin auch hierzulande nachhaltig zu entdecken.
© Gabriele Haefs


Liz Simmons "Poets"
Eigenverlag, 2021

English CD Review

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www.lizsimmons.net

Eine (viel zu) kurze CD der Liederschreiberin aus Vermont. Die meisten Lieder stammen von ihr, andere von u. a. Sandy Denny und Joni Mitchell – und Joni Mitchell scheint ihr großes Vorbild zu sein, immer wieder ist der Mitchell-Stil aus dem Gesang von Liz Simmons herauszuhören, natürlich ganz besonders bei „Night in the City“. Die große Überraschung ist ein Lied von Holland-Dozier-Holland, Songwriterkönige aus der Motown-Szene der 60er Jahre: „This old heart of mine“ – ganz anders als alle je gehörten Versionen und unbedingt ein Höhepunkt der CD. Liz Simmons begleitet sich selbst auf der Gitarre, es klingt wunderbar folkig, sie hat fähige Studiogäste dabei gehabt, nur die Schlagzeuger übertreiben manchmal (ist nicht immer derselbe) und schlagen einen eintönigen, aufdringlichen Rhythmus, als ob sie in einer Bar irgendwo zum Tanz aufspielen sollten.
© Gabriele Haefs


Tony Trischka "Shall We Hope"
Shefa Records, 2021

English CD Review

www.tonytrischka.com

Der Banjospieler Tony Trischka ist auch so einer, der gefühlt immer schon da war und doch noch zu entdecken ist. Nun legt er ein Themenalbum vor, auf dem er natürlich heftig mit seinem Banjo zugegen ist. Eine Menge Studiogäste hat sich dazugesellt, zu viele, um alle aufzuführen. Wenn eine genannt werden soll: Maura O’Connell, Ex-De Danann, die hier die Rolle einer irischen Einwanderin in die USA hat. Es geht nämlich um den amerikanischen Bürgerkrieg, und viele Beteiligte kommen zu Wort, Einwanderer, die sofort zur Armee geholt wurden, Soldaten, die das alles ganz toll finden (Warnung: Wer Probleme hat mit Zeilen wie „I’ll march away to the fighting line and I’ll kill that enemy soldier“, wird mit dieser CD nicht glücklich werden), Sklaven, die für ihre Befreiung kämpfen, und sogar Franklin D. Roosevelt, der viele Jahre später etwas über American Patriotism erzählt. Eine musikalisch reich variierte CD mit vielen interessanten Namen, die es hierzulande noch zu entdecken gilt.
© Gabriele Haefs


Ensemble Vinorosso "Schräge Zeiten"
Kaleidos Musikeditionen, 2021

English CD Review

Artist Video

www.ensemble-vinorosso.de

Schräge Zeiten, in der Tat. „Corona-gerechte Kammermusik“, so die Pressemitteilung, liefert das achtköpfige Ensemble Vinorosso. Unerwartete Taktwechsel sind ihre Spezialität, und auf dieser reinen Instrumental-CD lassen sie dieser Leidenschaft freien Lauf. Eine Vielzahl von musikalischen Stilen wird hier vorgestellt, Klassik, Gypsy Swing, viel Balkanisches, aber auch ein überaus alpiner Zwiefacher, es geht aber auch orientalisch zu (und klingt wie die Musik zu „Angélique und der Sultan“), Klezmer ist natürlich auch herauszuhören, tückische Walzer wie in Wien, und einmal hat Ravels Bolero Pate gestanden. So viel ist los auf diesem Album! Und wer es ganz genau wissen will, wird fündig in den ausführlichen Erklärungen zu jedem Stück, die im Umschlag abgedruckt sind: „Der 5er (hier in C-Dur) ist der kleinste zusammengesetzte Takt (ein 3/8- gefolgt von einem 2/8-Element) …“, und das hört man!
© Gabriele Haefs


Ian Melrose und Uwe Neumann "Heine gets the Groove"
Timezone, 2021

English CD Review

Artist Video

www.heinegetsthegroove.com

Texte von Heinrich Heine, mal als Sprechgesang, mal mit richtiger Melodie, vorgetragen von dem Schauspieler Uwe Neumann. Manchmal singt auch Ian Melrose, vor allem aber brilliert er auf allerlei Saiteninstrumenten. Von den übrigen Gastmusikern ist vor allem zu erwähnen Jan Hermerschmidt, dessen Klarinette das Klangbild entscheidend prägt. Uwe Neumann hat die Texte ausgewählt, es sind nicht unbedingt die bekanntesten (die „Loreley“ z.B. ist nicht dabei), und die CD ist eine gute Möglichkeit, den überaus facettenreichen Dichter aus Düsseldorf kennenzulernen: den scharfen politischen Beobachter, den unglücklich Liebenden, die Zielscheibe antisemitischen Mobbings, den Urheber sexistischer Sprüche, den Liebhaber alles Pariserischen, um nur einige Aspekte seines Werkes zu nennen. Hochinteressant, das alles zu hören, vor allem, wenn man die Texte bisher nur geduckt gekannt hat. Es gibt allerdings Irritationsmomente, z.B. wenn Uwe Neumann den flämischen Ortsnamen Waterloo aus unerfindlichen Gründen englisch ausspricht (Paris allerdings deutsch, immerhin).
© Gabriele Haefs


Mark Schatz & Bryan McDowell "Grit & Polish"
Patuxent Music, 2021

English CD Review

Artist Audio

www.markschatz.net

Schatz und McDowell kommen aus Tennessee, ihre Postadresse ist gar in Nashville, das weckt nun wirklich Erwartungen. Und die werden aufs Feinste erfüllt. Es geht gleich los mit fetzigem Fiedeln, aber sie können auch langsam, melancholisch, hier ein blumiger Walzer (der „Gardenia Waltz“), da ein Heimatlied („My East Tennessee Home“), in der Hoffnung, dass die Heimat von Katastrophen aller Art verschont bleiben möge. Liebe spielt natürlich eine Rolle in den Liedern, es gibt eine Menge Hillbilly-Humor, wie in „There ain’t nobody here but us chickens“, dieses Album ist überhaupt eine sehr gelungene Mischung von laut und leise, traurig und lustig, von Instrumentalstücken und gesungenen Liedern. Und als Krönung ein Lied von Bob Dylan, ganz anders, als wir es von ihm noch im Ohr hatten: „One too many mornings“. Übrigens muss unbedingt noch die Maultrommel von Mark Schatz erwähnt werden, so virtuos ist das lange nicht mehr zu hören gewesen.
© Gabriele Haefs


Andy Irvine & Lillebjørn Nilsen "Live in Telemark"
Grappa/Heilo, 1994/2021

English CD Review

Article: Live in Telemark

Article: Andy's Favourite Child Ballads

www.andyirvine.com
www.lillebjorn.no

Auf diese CD mussten wir lange warten, live in Telemark sind die beiden zwar auch später noch aufgetreten, aber aufgenommen wurden sie 1994! Warum diese Aufnahmen so lange in den Archiven geruht haben, scheint niemand so recht zu wissen. Spinnweben angesetzt haben sie jedenfalls nicht – die CD ist ein Hörgenuss, und mit einer knappen Stunde natürlich viel zu kurz. Ein Foto zeigt die beiden Sänger damals, Lillebjørn mit kurzen Haaren, düster gerunzelter Stirn und Zigarette, Andy noch kein bisschen ergraut. Wie die Musik eben! Der eine singt auf Norwegisch, der andere ist im Hintergrund zu hören, umgekehrt genauso, ihre vielen Instrumente passen perfekt zueinander, sie singen alte Lieblinge („My heart’s tonight in Ireland“ und „Ola Tveiten“), Stücke, die wir nicht so oft hören („A Prince among Men“ und „Jenta in Chicago“), ein paar Instrumentals sind auch dabei, zwischendurch stellen sie sich gegenseitig dem Publikum vor und lassen ein paar muntere Sprüche los, ach, alles ist ein Hochgenuss. Kann man gar nicht oft genug sagen.
© Gabriele Haefs


Basco feat. Jullie Hjetland "Ræk mig Faklen"
GO' Folk, 2021

English CD Review

Artist Video

www.bascoband.com
www.julliehjetland.dk

Dänische Gruppe mit schottischem Frontmann und dänischer Sängerin, das verheißt allerlei Gemischtes, und musikalisch ist es auch so. Wir hören die dänische Musiktradition, norwegische Gesangsstile, immer wieder schottische Rhythmen im Hintergrund, Elemente, die nicht leicht zu definieren sind, sogar orientalische Anklänge. Verbindendes Element: die Themen, europäische Balladenstoffe in dänischem (schwedischem und norwegischem) Gewand. Es geht los mit einer dänischen Variante der Child-Ballade „Prince Heathen“, in der der kühne Rittersmann erkennen muss, dass die holde Jungfrau mit brutaler Gewalt nicht zu gewinnen ist. Uns begegnen (gar nicht so) wilde Wassermänner, das, was heute euphemistisch als „Ehrenmord“ bezeichnet wird, Blut, Leidenschaft, Rache. Eine CD, auf der ungeheuer viel los ist, also. Rache verdient, wer immer das Beiheft gestaltet hat – (ein Name ist nicht zu entdecken), andererseits, einen dermaßen unleserlichen Satzspiegel zu entwerfen, ist auch eine Leistung!
© Gabriele Haefs



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