FolkWorld #64 11/2017

CD & DVD Rezensionen

Lauren Mitchell "Desire"
Eigenverlag, 2017

www.laurenmitchellband.com

Nach langer intensiver Frontarbeit hat sich der Female Blues deutlich durchgesetzt. Lauren Mitchell stammt aus Florida, wo sie bereits seit ein paar Jahren recht erfolgreich tourt. Ihre Produktion “Desire” ist ein Rhythm & Blues Album alter Schule. Eigene Songs und gut gewählte Fremdkompositionen von Etta James, Betty Lavette und Aretha Franklin erzählen von Lauren Mitchells Empfinden des Blues. Dabei hat sie mit Jose Ramirez, Josh Sklair und Johnny Lee Schell ein paar erstklassige Bluesgitarristen an ihrer Seite. “Desire” ist geradlinig komponiert, von Könnern arrangiert, künstlerisch nahezu perfekt eingespielt und mit Leidenschaft und starker Stimme interpretiert.
© Karsten Rube


Lisa Biales "The Beat of my Heart"
BMI, 2017

www.lisabiales.com

“The Beat of my heart” ist bereits das neunte Album der wandlungsfähigen Musikerin Lisa Biales aus Ohio. Zwölf Songs sind auf der CD vertreten, die gekonnt zwischen Gospel, Blues, Soul und Jazz angesiedelt sind. Ihre Stimme schwingt sanft, aber kraftvoll, zeigt weibliche Präsenz und wirkt nur bei den heftigeren Bluessequenzen etwas rotzig. Gefühlvolle Bluessongs mit jazziger Note sind auf diesem Album die herausragenden Momente, wie “Brotherly Love”, “Wild Stage of Life” und “Crying over you”. Die begleitenden Musiker setzen dezente Akzente zur Interpretation der Songs. Erwähnen möchte ich vor allem den Trompeter Darrell Leonard und Jim Pugh am Piano. “The Beat of my Heart” ist ein herzerwärmendes Album einer Künstlerin mit einer glänzenden Stimme.
© Karsten Rube


Maz "ID"
Distribution Select, 2017

www.espacemaz.ca

Was in Politik und Gesellschaft aktuell so ungeheuer schwerfällt, gehört in Musik und Kultur zu einem Jahrhunderte alten Trend: Brücken schlagen. Tradition und Moderne zu verbinden und unterschiedliche kulturelle Sichtweisen mit einander experimentieren zu lassen gehört zu den Grundideen für Inspiration und künstlerischer Weiterentwicklung. Die traditionelle Musik im Quebec zum Beispiel ist keine alt eingesessene Kultur, sondern für sich schon ein Gewächs aus dem verflochtenen Wurzelwerk der Lebenstile von Einwanderern aus aller Welt. Setzt man dieser Tradition noch modernes Equipment hinzu, ist man kulturell auf der Höhe der Zeit. MAZ heißt ein Sextett aus Montreal, das frisch und ungehemmt mischt, was sich mischen lässt. Ihr drittes Album “ID” lebt vom Rhythmus des Fußgetrappels, oder Stepptanzes im Quebec-Style, den Mandolinen- und Fiddletunes, aber auch vom Groove der Keybords, E-Gitarren und perkussiven Elementen. Das rollende “R” im Ausdruck des franko-kanadischen Dialekts bringt den Gesang auf kantige Weise in Schwung. Das sehr kurze Album ist abwechslungsreich, stellt auf der einen Seite traditionelle Kompositionen in den Vordergrund und lässt an anderer Stelle der Elektronik einen größeren Spielraum. Beides fließt harmonisch ineinander. Ein wunderbares Beispiel für moderne Weltmusik.
© Karsten Rube


Oluf Dimitri Røe "Thalassa"
Etnisk Musikklubb, 2016

facebook.com/...

Der norwegische Geiger, Multiinstrumentlist und Schauspieler Oluf Dimitri Røe hat sich für sein ambitioniertes Ethnojazzprojekt vom griechischen Wort “Thalassa” inspirieren lassen. Das Wort “Thalassa”, das soviel wie “Meer” bedeuten soll und als Albumtitel herhält, ist sinnstiftend für den Künstler, der die Verbindung verschiedener Kulturen und musikalischer Ausdrucksmittel in den Mittelpunkt stellt. Griechische Volksmusik geht auf dem Album auf jüdischen Klezmer und nordische Klänge zu. Blasinstrumente treffen auf Streicher, Jazz auf Tradition. Røe führt zudem ein hervorragendes Ensemble aus Musikern zusammen, die aus Griechenland, Rumänien und Norwegen stammen. Gelungenes Crossover.
© Karsten Rube


Tango Fuego "Confesión"
Westpark-Music, 2017

www.tango-fuego.de

Beim Tango ist es, wie in jedem anderen Lebensbereich auch. Es ist das Gefühl, das man für ihn aufbringt, um sich mit ihm verbunden zu fühlen. Alle anderen Attribute sind nebensächlich. Zwar hilft es ungemein, wenn man als Tangomusiker Argentinier ist, aber zwingend notwendig ist es nicht. Auch in Deutschland haben sich in den letzten zwanzig Jahren hervorragende Tangoensembles etabliert. Die Gruppe Tango Fuego gibt es inzwischen bereits seit über fünfundzwanzig Jahren. Vier Musiker gehören zu diesem Ensemble, drei Deutsch und ja, auch ein Argentinier. Sergio Fabian Carbone ist das argentinische Moment in der Gruppe. Das südländische Feuer brennt aber auch auf Grund seiner sizilianischen Wurzeln. Er pumpt das Bandoneon mit Luft und Leidenschaft und versorgt damit den Tango mit Blut. Ebenso passioniert agieren der Pianist Detlef Strüwe, Violinist Sebastian Reimann und Kontrabassist Fritz Roppel. Befeuert durch die Tango-Passion präsentieren sie auf ihrem Album “Confesión” ein bildhaftes Klangfeuerwerk. Einige der auf dem Album vertretenen Songs wurde von Kinoszenen inspiriert und entsprechend verwendet. So fanden drei der Titel Verwendung bei einer Aufführung des Fritz Lang Klassikers “Metropolis”. Einen besonderen Einfluss auf die Musik von Tango Fuego haben die Kompositionen von Astor Piazzolla. Immer wieder werden Themen des argentinischen Tangogroßmeisters zitiert. Die Wandlungsfähigkeit der Musiker zeigt sich allerdings auch, wenn sie, wie mit dem Abschlusssong “Oración” einen Bach-Choral aus der Welt der Klassik in ein Tangogewand kleiden. “Confesión” ist keine Tango-CD für das Ballhaus, sondern brillantes künstlerisches Klangwerk. Doch bei aller durchkomponierter Komplexität, vermisst man an keiner Stelle die dem Tango so eigene Spontanität und Leidenschaft.
© Karsten Rube


Hot Stop Banda "Dali, Dali"
Eigenverlag, 2013

www.hopstopbanda.com

Hot Stop Banda haben einen kleinen Fehler in ihrem Bandnamen. Von Stop kann keine Rede sein, wenn sie erstmal mit ihrem launigen osteuropäischen Ramba-Zamba angefangen haben. Auf dem Album “Dali, Dali” paaren sich ukrainisch-jüdischer Weltschmerz und russische Seele mit ausgelassenem Balkanbeat. Das allein würde schon für feurige Stimmung sorgen, aber es ist der Bande noch nicht Würze genug. Ein Schuss Rummelplatz, ein großer Löffel Klezmer, ein kleiner Löffel Oriental, eine Prise Latin, eine Messerspitze Jazz und ein Schnapsglas voller Kölner Karneval. Das alles bringt den multikulturellen Eintopf mit der osteuropäischen Grundnote ordentlich zum Kochen. “Dali, Dali” ist nur für diejenigen unverdaulich, die um ihren Suppenteller herum einen unüberwindbaren Grenzzaun ziehen.
© Karsten Rube


Lautmaler "Hinter den Fassaden"
Timezone, 2015

www.lautmaler-musik.de

Der Blick hinter die Fassaden ist nur wenigen vergönnt. In kleinen Räumen dreht sich häufig ein eigener Kosmos, häufig ähnlich anderen Welten, aber manchmal auch völlig fremd. Ein paar dieser geheim genossenen Blicke hat die Gruppe Lautmaler auf dem Album “Hinter den Fassaden” aufgezeichnet. Ganz eigenwillige Geschichten sind dabei im Kopf von Texterin Miriam Bohse entstanden. Sie führt den Hörer ins wunde Innenleben eines Deprimierten (“Seelenschatten”), legt sich aber auch sehr wuchtig mit dem Klimaproblem an. Heinz Ratz steht ihr in dem Lied “Das Schauermärchen vom Graupelschauer” mit seiner rissigen Stimme hilfreich zur Seite. Im weiteren Verlauf des Albums wird immer wieder die Frage nach dem Glück gestellt und mit Träumen jongliert. Von der leisen Ballade über dezent angedeuteten Rock bis zur indischen Meditationsmusik finden sich so viele musikalische Stilandeutungen auf dem Album, wie es Kulturen hinter den Fassaden der Städte gibt. Mit einer wunderschönen Pianoträumerei klingt das Album nach einer gefühlt viel zu kurzen dreiviertel Stunde leise aus.
© Karsten Rube


Marc Pendzich "Selma"
Lighttone Music, 2016

www.pendzich.com

Wie man angesichts von Not und Entbehrung Gedichte von solcher Lebens- und Liebeslust wie Selma Merbaum schreiben kann, ist auch heute 75 Jahre nach dem Tod des damals 18 jährigen jüdischen Mädchens in einem Arbeitslager der Nationalsozialisten kaum begreifbar. Mit jugendlicher Unbeschwertheit, jung verliebt, gießt sie ihre Gefühle und ihre Lebensträume in Poesie von seltener Schönheit. Selbst als der kleinen Ort Czernowitz in der Ukraine, in dem sie lebte, im schrecklichen Spiel der Kriegsmächte Deutschland und Russland von beiden Seiten ausgeweidet wurde, schrieb sie im Ghetto weiter ihre Gedichte von der Hoffnung auf Glück. Dass Selma Merbaum das Ausweglose ihrer Situation durchaus bewusst war, ist den Texten deutlich anzuhören. Trotz allem überwiegt Hoffnung. Marc Pendzich hat sich elf Gedichten Merbaums angenommen. Er hat sie modern vertont, auf elektronische Effekte nicht verzichtet. Die entstandenen Songs treiben nun zeitlos im Raum, lassen Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen. Dass die Geschichte die Einfallslosigkeit besitzt, sich von Zeit zu Zeit zu wiederholen, macht das Wiederveröffentlichen solcher Texte, wie die von Selma Merbaum um so wichtiger. Allerdings ist das Album “Selma” von Marc Pendzich nicht nur wunderschön anzuhören. Es ist auch ein kleines flackerndes Licht in Zeiten aufziehender Dunkelheit.
© Karsten Rube


Neue Wiener Concert Schrammeln "Zwanzig"
Col Legno Music, 2015

www.concertschrammeln.at

Der Weana Tanz, wie er in Heurigenstuben und Gartenlokalen zum Besten gegeben wurde, ist auch in der modernen Zeit nicht totzukriegen. Im Gegenteil, die Retrokultur lässt vielerorts einen nostalgischen Blick in die Vergangenheit zu. Das ist nicht immer gut, wie in der politischen Landschaft zu sehen ist, sollte aber in der Kultur etwas unproblematischer sein. Die Neuen Wiener Concert Schrammeln wagen schon seit zwanzig Jahren diesen Blick zurück. Ihre Interpretationen und Neukompositionen des Wiener Tanzes werden mittlerweile nicht nur in den Schrammelstuben gemocht, sondern in Konzertsälen rund um den Globus. Zum zwanzigsten Jubliäum haben sich die Herren Uhler, Dickbauer, Stippich, Soyka, Havlicek und Tunkowitsch mit dem Album “Zwanzig” ihrer Jahre in der Pflege der Wiener Volksmusik besonnen. Dreizehn wunderschöne Tänze sind auf der CD zu hören, die beweisen, dass die Wiedererweckung des Wiener Tanzes nicht nur wichtig war, sondern auch gelungen ist. Denn jede große Welthauptstadt besitzt ihre eigene Identität, die sich nicht zuletzt musikalisch darstellt. Was für Lissabon der Fado, für Paris die Musette, für Berlin der Gassenhauer und für Buenos Aires der Tango, ist für Wien die Schrammelmusik. Alexander Katzenberger, Joseph Mikulas und Johann Strauss haben ihren Anteil an den Liedern auf dieser geselligen Produktion. Ebenso sind sehr feine, neue Kompositionen von Helmut Stippich und Johannes Dickbauer zu finden. Das Album zu hören ist etwa so, als würde man ein Stück Sachertorte essen. Man weiß sofort, wo man sich befindet, und isst oder wie im Falle des Albums “Zwanzig” hört mit Genuß.
© Karsten Rube


Aquabella "Jubilee"
Jaro Medien, 2017

www.aquabella.net

20 Jahre ist das Vokalensemble Aquabella bereits unterwegs, um mit reinen Stimmen zu bezaubern. Die CD “Jubilee” ist also ein selbst eingespieltes Geburtstagsständchen mit Coverversionen aus der Weltmusik. Aus sechs Live-Auftritten haben die vier Sängerinnen Aufnahmen ausgesucht, die sie nun auf diesem Album mit ihren Geburtstagsgästen teilen wollen. Klassiker, wie der brasilianische Wohlfühlsong “Mas que nada” und das schwedische Traditional “Herr Mannelig” sind ebenso zu hören, wie der arabische Hit “Aicha” und das jüdische Lied “Dortn iz mayn rueplatz”. Im Repertoire der stimmgewaltigen Sängerinnen Aquabellas findet die ganze Vielfalt der Weltkulturen einträchtig zueinander.
© Karsten Rube


Lucie M. und das Tribunal des Escargots "Kreuzweise"
Way Out Records, 2016

Artist Video

www.luciemackert.de

Schauspielerin, Chansonniere und Sängerin Lucie Mackert bewegt sich auf mehreren Standbeinen. Eins ist die Band Lucie M. und das Tribunal des Escargots. Hier tobt sie sich zwischen Zirkusmusik, Rock’n Roll und Avantgarde ordentlich aus, hopst mit jedem Lied aus dem vorgesehenen Schubfach und textet sich chaotisch durchs Programm. Das Album “Kreuzweise” treibt kreuz und quer wilde Gedankenspiele. Die Band klingt dabei aber alles andere als wirr. Die Songs sind meist tanzbar, ausgeklügelt arrangiert. Die Texte gehen leicht über die Zunge der Sängerin, jedes Versmaß stimmt. Ein schwer einzufangendes Album, das auch nach dem es verklungen ist, eine Weile weiter im Kopf herumtollt. Ein eigenwilliges, aber durchaus gelungenes Debütalbum.
© Karsten Rube


Manfred Maurenbrecher "flüchtig"
Brokensilence, 2017

Article: Wichtig ist nur, du bleibst flüchtig

www.maurenbrecher.com

Manfred Maurenbrecher konnte noch nie die Klappe halten. Und das ist auch gut so. In einer Zeit, in der der Anstand immer mehr der Verrohung weicht, ist es beruhigend, ab und zu ein paar aufrechte Töne zu hören, die sich nicht auf dem Niveau eines Facebookposts bewegen. Maurenbrechers Album “Flüchtig”, das er im heißen Herbst 2017 veröffentlicht hat, handelt zunächst vom Reisen. Doch es gibt so viele Formen des Reisens: das erholsame Urlaubsreisen, das erfahrungsreiche Forschungsreisen, das freiwillige Streunen und das unfreiwillige Vertrieben werden. Maurenbrecher beleuchtet all diese Momente und erkennt sehr schnell, dass alle Arten des Reisens eine Form von Flucht beinhalten. Ob Flucht vor dem Alltag, Flucht vor der Bildungslücke oder Flucht vor Gewalt. Und immer kommt man irgendwo an, um festzustellen, dass man schon wieder unterwegs ist. “Flüchtig” wirft dabei einen alles anderen als flüchtigen Blick auf die gesellschaftlichen Blockaden der Gegenwart, auf die Angst vor der Fremde und die Angst vor dem Fremden. Das tut er laut und deftig und mit dem unverstellten Blick des Alltagspoeten. Man kann sich auch bei dem aktuellen Album darauf verlassen: Manfred Maurenbrecher bleibt ein trotziger Fels der Vernunft in einer immer lauter brüllenden Brandung der Verdummung.
© Karsten Rube


Massa Dembele "Mezana Dounia"
IZNIZ, 2015

www.izniz.com

Die Mandinka sind ein altes afrikanisches Volk, das vor allem in Mali und Burkina Faso noch heute eine wichtige kulturelle Rolle spielen. Massa Dembele ist der Tradition dieses Volkes verhaftet und veröffentlicht mit dem Album “Mezana Dounia” sein Debüt-Album mit Liedern neo-traditioneller Mandinkamusik. Seine Lieder drücken seine Unzufriedenheit mit dem Zustand der modernen Welt aus. Losgelöst von Modernität spielt er auf der afrikanischen Harfe und singt dabei mit inniger Leidenschaft seine Lieder in der traditionellen Vortragsform. Dembele und Balafon begleiten seinen Gesang.
© Karsten Rube


Sarah Aroeste "Together/Endjuntos"
Aroeste Music, 2017

www.saraharoeste.com

Sarah Aroeste versucht das Ladino, die Kultur und Sprache der sephardischen Juden, in einer modernen Welt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Sie lebt in Manhattan/New York, wo Licht und Schatten schnell wechseln, Besinnlichkeit und Besinnungslosigkeit nur einem Atemzug von einander entfernt sind. Hochkultur und Kitsch wohnen nirgends so eng beieinander, wie man auch auf dem Album von Sarah Aroeste schnell erkennen kann.
Schon beim ersten Hören des Album “Together” der amerikanischen Sängerin wundert man sich über die Einfachheit der Kompositionen und das fröhlich-kommerzielle Gepophopse, dass einem da mit leichter Weltmusiknote entgegenbrusselt. Etwas beliebig klingt es schon, wie die Frau, die aus einer Familie sephardischer Juden abstammt, mit den Feiertagsliedern des hebräischen Kalenders umgeht. Auf ihrem Album “Together/Endjuntos” mischt sie alle bekannten Partymusikstile von Latinpop, über HipHop und Bhangra. Diese Stile legt sie über Lieder, die Feiertage wie Sabbat, Rosch Haschana, Hanukah und Pessach repräsentieren und interpretiert dies in einem Mix aus Englisch und Ladino. Das alles klingt auf einer Länge von dankenswerterweise nur 30 Minuten billig. Allerdings muss man dem zu Gute halten: wenn christliche Weihnachtslieder von kommerziellen Kitsch nur so durchsumpft sind, dass man sie nur mit Glühwein ertragen kann, ist es das gute Recht der jüdischen Glaubensanhänger, ihre Feiertagsmusik ebenso zu verunstalten. Diese Recht gilt für alle Kulturen gleichermaßen. Und damit ist es dann auch im gleichen Maße nur schwer zu ertragen. Schade, denn in der Musik der sephardischen Juden finden sich ein paar Perlen von seltener Schönheit. Auf dieser CD ist davon leider nichts zu bemerken.
© Karsten Rube


Seth Kibel "Songs of Snark & Despair"
Azalea-City Recordings, 2017

www.sethkibel.com

Seth Kibel begann seine Karriere als Klarinettist und Klezmermusiker. Inzwischen ist er Multiinstrumentalist, genreübergreifend tätig und politisch meinungsbildend. Sein aktuelles Album “Songs of Snark & Despair” ist voller Songs, die von der Entwicklung der U.S.A. nach der Wahl Donald Trumps inspiriert wurden. In einer Vielfalt von Stilen, die der Mann mit dem Entennamen vermutlich noch nie gehört hat, exerziert Kibel mit zahlreichen Gastmusikern musikalische Zeitkritik. Dem politischen Morast der Gegenwart werden Fragen entgegengesetzt, wie etwa: “Was würde Lennon, Martin Luther King oder Woody Guthrie heute von sich geben, was Thomas Jefferson, wenn er CNN sehen müsste?” Mit schwarzem Humor und mitreißendem Blues, Gospel und Swingnummern tanzen und singen sich die Akteure um Seth Kibel durch die neun Songs dieses witzigen Albums praktizierter politischer Musiktherapie.
© Karsten Rube


Trio Tekke & Dave De Rose "Zivo"
Eigenverlag, 2017

Article: When the Atmosphere Gets Smoky

www.triotekke.com

Die beiden in London lebenden zypriotischen Freunde Antonis Antoniou und Lefteris Moumtzis hegten schon länger eine Liebe zum Rempetiko. Der griechische Blues, der auch auf ihrer Heimatinsel Zypern gern interpretiert wird, animierte sie zur Gründung ihrer ersten Band R. Jahre später nahmen sie ihre erste EP auf und gelangten zu einiger Bekanntheit, als die BBC auf die beiden aufmerksam wurden. Nachdem der anglo-chilenische Bassists Colin Somervell dazu kam, nannte sich die Kapelle Trio Tekke. Dem aktuellen Album “Zivo” gesellt sich nun noch der Schlagzeuger Dave de Rose hinzu. “Zivo” besticht durch seine klare musikalische Linie, die dem griechischen Rempetiko folgt. Das Trio modernisiert moderat den klassischen Stil, ist dabei einfallsreich, behält aber den Respekt vor der traditionellen Musik. Thematisch setzen die Musiker sich dabei mit Alltagssorgen, Liebe und Drogenkonsum auseinander, bearbeiten aber auch den Krieg in Syrien und die Flüchtlingsproblematik, Themen die in Zypern und Griechenland noch etwas näher liegen, als im restlichen Europa. Alle Kompositionen und Texte des Album “Zivo” stammen aus der Feder von Antonis Antoniou und Lefteris Moumtzis.
© Karsten Rube


Bill Jackson "The Wayside Ballads Vol. 2"
Laughing Outlaw Records, 2016

www.billjacksonmusic.com

Wie unterscheidet man Americanamusic von australischer Roadmusic? Am Besten ist es, man liest das Booklet. Bill Jackson ist einer der umtriebigsten Songwriter Australiens. "The Wayside Ballads Vol.2" wurde in Nashville produziert. An Bill Jacksons Seite, der selbst Gitarre spielt und singt, findet sich Produzent und Gitarrist Thom Jutz. Der gebürtige Badener hat in Nashville ein Netz von profilierten Musikern gewebt, von dem letztlich auch die CD von Bill Jackson profitiert. Das Album kommt mit einer verhaltenen, aber konsequenten Wucht auf den Hörer zu. Ähnlich wie eine Lok, die man auf langem Schienenstrang schon ewig sieht. Der Song “Rollin’ into Rosine” z.B. ist inspiriert von einer Pilgerfahrt zur Geburtsstätte von Bill Monroe, der als Vater des Bluegrass gilt. Einer der schönsten Bluegrasssongs, den ich in den letzten Jahren hören durfte. Themen, wie häusliche Gewalt greift Bill Jackson ebenso auf, wie Heldenverehrung und den Herzschmerz junger Liebe. Bill Jacksons "The Wayside Ballads Vol.2" ist ein aufrichtiges und anrührendes Countryalbum.
© Karsten Rube


Cristina Branco "Menina"
Universal Music, 2016

www.cristina-branco.com

In Portugal kommt es häufig vor, dass kleine Mädchen, Mütter, Großmütter “Menina” genannt werden, also Mädchen. Das Alter ist dabei nebensächlich. Vielleicht würde sich bei dieser Anrede in Deutschland schnell ein Hashtag finden, der den Skandal sucht. Dort ist diese Anrede meist freundlich gemeint und allgemein üblich. Cristina Branco, eine der großen Stimmen des portugiesischen Liedes hat ihr Album “Menina” ausschließlich mit Liedern gefüllt, die das “Mädchen-sein” in der Musik und Literatur Portugals aufgreifen. Über Probleme und Eigentümlichkeiten singt sie, wie über das Mädchen, das mit vierzig Jahren noch bei den Eltern lebt, über Frauen, die mit Gerüchten über sich leben müssen, die nichts mit der Realität zu tun haben, über Frauen zwischen Leidenschaft und Eifersucht und über Frauen die die Wanderung durch die Generationen durchmachen, vom kleinen Mädchen bis hin zur Großmutter, in der dann noch immer das Kind von einst zu finden ist. Die Texte auf “Menina” stammen von namhaften Künstlern, von Ana Bacalhau bis hin zu Antonio Lobo Antunes. Mal heiter, mal verspielt, mal träumerisch, manchmal sentimental. Ohne sich im Fado zu verlieren, blickt Cristina Branco in viele Gesichter des “Mädchens”. Das Album zeigt eine weitere Facette der Wandlungsfähigkeit dieser großartigen Sängerin.
© Karsten Rube


Helene Blum "Dråber af Tid"
Westpark, 2017

www.heleneblum.dk

Sängerin Helene Blum und Folkgeiger Harald Haugaard sind seit Jahren ein privates wie künstlerisches Gespann. In ihrer Heimat Dänemark zählen sie zu den einflussreichsten Musikern in der Folkszene. Auf dem fünften Soloalbum Helene Blums widmet sie sich dem Thema Zeit. Zu diesem Thema haben sich viele schlaue Leute schon schlau geäußert und auch weniger Schlaue werden nicht müde, ihre Meinung kundzutun. Aber selten hat sich eine Künstlerin auf so charmante Weise mit der Zeit auseinandergesetzt. Verlorene Zeit, sinnvoll genutzte Zeit, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Lebens- und Leidenszeit, alles flüchtige Dinge, die man nicht festhalten kann. Helene besingt all diese Momente mit zarter, klarer Stimme. Angstfrei lässt sie sich von den wandelnden Zeiten führen. Die Kompositionen, die meist von Harald Haugaard stammen, fühlen sich dabei gut aufgehoben im Wechsel von Folklore, Jazz und nordischer Tradition. Das Tempo ist gemäßigt, die Stimmung von verhaltener Fröhlichkeit, nicht überschwänglich, aber freundlich. "Dråber af Tid" ist ein wärmendes Album. Gefühlvoll vermag Helene Blum das Herz des Hörers für die leisen Momente des Lebens zu öffnen.
© Karsten Rube


Misia "Do Primeiro Fado Ao Ultimo Tango"
Warner Music, 2016

www.misia-online.com

Vor 25 Jahren, als Amalia Rodriguez, die Königin des Fado noch lebte, machte sich eine junge Künstlergeneration auf, den melancholischen Blues Lissabons mit neuem Leben zu füllen. Vom Kampf um den Thron der Fadolegende schrieb die Presse gern, ein Kampf, den es so nie gab, denn all die jungen Fadointerpreten entwickelten ihren eigenen Stil und ließen Amalia auch nach deren Tod 1999 im Status der Einmaligkeit. Misia gehörte zu den ersten Frauen des jungen Fado. Nach einem Vierteljahrhundert blickt sie mit dem Album "Do Primeiro Fado Ao Ultimo Tango" auf ihre bisherige Karriere zurück. Zwei CD’s füllt sie mit ihren persönlichen Lieblingsliedern. Neben Klassikern, wie “Lagrima”, “Ainda Que” und der Piazzollakomposition “Yo soy Maria” sind auch ausgewählte Perlen zu hören, die sie mit Gastkünstlern eingespielt hat. “Esas Lágrimas son pocas” mit der Dead Combo und “Chancon D’Hélene” mit Iggy Pop stechen besonders heraus. Auf dem Album befindet sich eine gelungene Sammlung wundervoller Aufnahmen, die man gern wieder hört, legt man sich Misias zahlreiche exzellente Alben nun mal nicht jeden Tag in den CD-Player. Mit dem Album "Do Primeiro Fado Ao Ultimo Tango" reist man an der Seite Misias durch ein Vierteljahrhundert leidenschaftlich interpretierter Sehnsucht.
© Karsten Rube


Lydie Auvray "Musetteries"
Westpark Music, 2015

www.lydieauvray.de

Das mittlerweile 21. Album der Grande Dame des französischen Musette-Akkordeons Lydie Auvray beschwingt den Freund dieser Musik erneut. Doch Lydie Auvray hat sich in den vierzig Jahren, in denen sie ihr Publikum mit ihren unverwechselbaren musikalischen Harmonien begeistert, an so manchen musikalischen Stilen probiert. “Musetteries” verlässt die klassische Musette immer wieder, kokettiert mit Walzer und Tango und gelegentlich mit dem Chanson. Auch dem Gipsy-Swing-Stil, der sich in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gern mit der Musette paarte, huldigt sie. Lydie Auvray feiert auf ihrem Album “Musetteries” die Schönheit der französischen Musik mit einem leichten Hang zur verspielten Schwermut.
© Karsten Rube


Kit und Klampfe "Kit und Klampfe"
Starfish Music, 2014

www.kitundklampfe.de

Das Bremer Akustikduo Kit und Klampfe geht auf ihrem Debütalbum auf eine ausgedehnte Weltreise. Mit Schlagzeug und Gitarre auf Minimalismus im Equipment bedacht, verlegen sie all ihre Energie ins musikalische Konzept. Und das kann sich Hören lassen. Aus David Niedermayer an der Gitarre und Torben Janz am Schlagzeug besteht Kit und Klampfe. Dieser Bandname ist angesichts des musikalischen Könnens, mit dem die beiden agieren, so tiefgestapelt, wie nur möglich. Janz hat sich ganz auf die Vielfalt perkussiver Elemente verlegt, vom Schlagzeug, bis zu den zahllosen Möglichkeiten, die sich in der Schaffung von Geräuschen finden. David Niedermayer hingegen ist der Virtuose an der Konzertgitarre. Seine Spielvariationen bedienen die ganze Palette der Worldmusic, vom Flamenco, über orientalische Harmonien und Latinmusik bis hin zu klassischen Elementen. Die 16 Kompositionen auf der CD stammen weitgehend aus der Feder von David Niedermayer. Ein paar der Songs sind traditionelle Adaptionen. Das Debütalbum des perfekt harmonierenden Bremer Duos Kit und Klampfe ist eine gelungene Reise durch die musikalische Reichhaltigkeit der Welt. Ausgezeichnet erdacht und brillant umgesetzt. Mehr davon.
© Karsten Rube


Janusz Prusinowski Kompania "Wild Music from the Heart of Poland"
Eigenverlag, 2016

www.januszprusinowskikompania.pl

Die ländliche Musik Polens aufzuspüren, wiederzubeleben und zu bewahren ist das erklärte Lebensziel des polnischen Folkmusikers Janusz Prusinowski. Der Mann aus Warschau hat mit seiner Kompania die Folklore Polens bereits bis in amerikanische Konzerthallen gebracht. "Wild Music from the Heart of Poland" ist eine weitere akribisch zusammengestellte Sammlung polnischer Folklore aus mehreren Jahrhunderten. Tänze, Gesänge und Kompositionen von Chopin sind zu hören, ein Hochzeitslied aus Lublin, jüdische Tänze aus Masowien und zwei Kinderlieder. Prusinowskis Musiker bedienen sich eines breiten Klangspektrums, benutzen Drehleier und Blasinstrumente, traditionelle und moderne Instrumente und bringen Folklore, experimentelle Elemente und Improvisation ausgewogen zueinander.
© Karsten Rube


Frieda & Matti "Kleine Dinge"
Hey!Blau Records, 2016

www.friedaundmatti.de

Wenn man sich Zeit nimmt, findet man alle spannenden Geschichten, die man braucht im Alltag, ohne dass der Untertitel “Szene nachgestellt” drunter aufblinkt. Mit offenen Augen gehen Frieda & Matti durch den Alltag und betrachten die skurrilen und normalen Dinge, die man übersieht, wenn man nur mit sich selbst beschäftigt ist. “Kleine Dinge” heißt das zweite Album des Liedermacherduos aus Köln. Mit Spaß, Gitarre und einer etwas unkonventionellen Art zu singen teilen sie auf charmante Weise in alle Richtungen aus. Gegen zweifelhafte Anstellungspraktiken in (“Praktikant”), Dauerbetreuung durch den Computer (“Tausch Computer”) und Leute, die einem einfach nur auf den Zünder gehen, weil sie nichts auf die Reihe bekommen (“Ging es nach Darwin”). Reich an subtilen und manchmal auch konkreten Beleidigungen ist dieses Album doch oft auch selbstironisch und manchmal sogar ganz sanft und sentimental. Ein hörenswertes Werk gefüllt mit der ganzen Bandbreite des Alltags, von andrer Leute Probleme, bis hin zum eigenen Befinden.
© Karsten Rube


Beth Wimmer "Bookmark"
Eigenverlag, 2017

www.bethwimmer.com

Beth Wimmer wuchs in Boston an der amerikanischen Ostküste auf. Später zog es sie an den amerikanischen Gegenpol nach Südkalifornien. Unter der Sonne des Südens fand sie eine Menge Inspiration für ihre Musik. Und dann wechselte sie in die Schweiz, wo sie seit einigen Jahren lebt. Auf ihrem aktuellen Album “Bookmark” beweist sie aber, dass sie mit ihrem Umzug ihren Esprit nicht gegen das Alpenjodeln getauscht hat. Zehn Titel präsentiert sie auf der CD, die außer des Bowiesongs “Starman” alle von ihr geschrieben wurden. “Starman” ist ihre Huldigung an den 2016 verstorbenen Musiker. Beth Wimmer punktet mit einer sehr klaren Stimme, die ein etwas dunkleres Timbre aufweist und in einigen Passagen an Edie Brickell erinnert. Ihre Songs sind auf angenehme Weise eingängig und können dabei qualitativ so manches Radioprogramm aufwerten. Titel wie “Loosen my Grip” und “Mexico” sind mitreißend und klingen, wie kalifornische Orangen schmecken: erfrischend. “Louisiana” ist ein klassischer Americanasong, den man immer wieder hören kann. Mit “The Last Part” liefert sie eine langsame, traumwandlerisch schöne Liebesballade.
© Karsten Rube


Marialena Fernandes & Hotel Palindrone "Tambdde Roza"
Gramola Records, 2016

www.marialenafernandes.com
www.hotelpalindrone.com

Marialena Fernandes stammt aus Indien, die Musiker des Hotel Palindrone aus Österreich. Auf ihrem gemeinsamen Album “Tambdde Roza” schlagen sie einen Bogen vom fernen Indien auf den Balkan, bis in die Alpen und nach Skandinavien. Vom Almjodler begeben sie sich direkt nach Indien, und spielen die melancholische Weise “Tambdde Roza” die dem Album auch den Titel gibt. Ein schneller Rückwärtssalto und schon sind wir beim “Bulgarischen Tanz” von Béla Bartók. Klassik zwar, aber mit Saxophon und jazzigen Rhythmen neu interpretiert. So gehts weiter im Länder- und Stilhopping. Traditionelles aus Schweden, Joseph Haydn und ein traditionelles Lied aus dem Burgenland folgen. Die Stimme Marialena Fernandes ist wandlungs- und facettenreich. Den getragenen indischen Mando kann sie ebenso überzeugend vortragen, wie den fröhlichen Gesang zum volkstümlichen Tanz. Dazu spielt sie Piano. Hotel Palindrone bringen ihrerseits Folklore und Klassik unbeschwert zusammen und ergänzen das Klavier der Fernandes mit Violine, Nickelharpa, Dudelsack, Klarinette, Saxophone, E-Bass und gelegentlichem Jodeln. “Tambdde Roza” ist ein ziemliches durchdachtes Durcheinander.
© Karsten Rube


Pulsar Trio "Cäthes Traum"
T 3 Records, 2016

Artist Video

www.pulsartrio.de

Trotz der Versuche George Harrisons, die Sitar in die westliche Popkultur zu integrieren, bleibt die indische Langhalslaute ein exotischer Klangkörper. Das Pulsar Trio gibt diesem magischen Instrument in ihrer Musik viel Raum zu Entfaltung. Das Jazzensemble aus Weimar gehört zu den Glücksfällen, bei denen sich drei Musiker aus unterschiedlichen Stilen zu einem neuen, eigenen musikalischen Mikrokosmos zusammenschweißen konnten. Metal, Hip Hop, Pop und freie Improvisation waren die Stationen der Pianistin Beate Wein. Punk, Polka und Blues prägten den Schlagzeuger Aaron Christ aus Rudolstadt. Matyas Wolter aus Brandenburg hat sich mit der Musik Indiens infiziert und studierte lange vor Ort die Sitar. Die Kombination aus diesen Prägungen führten die drei Musiker unweigerlich zur Improvisation und schließlich zu einer eigenen Spielart des Jazz. Das Album “Cäthes Traum” des Pulsar Trios lebt vom Tempo, von radikalen Klavierläufen und einer Spur meditativen Indiengefühls. Dabei wird die Musik des Trios nie zu einer Art Jazz-Curry, das nur verschiedene Elemente zusammenpackt. Nein, Matyas Wolter lässt die Sitar klanglich nicht in Indien, sondern modifiziert sie immer wieder zur Jazzgitarre, ohne sie ihrer Seele zu berauben. Aaron Christ bedient alle Facetten des Schlagwerks. Rhythmisches Tempo vorgeben, einen dezenten Klangteppich weben und perkussive Geräusche zaubern, das alles lässt er kantenlos von seinen Händen und Füßen fließen. Beate Wein am Piano ist einfach unübertrefflich. Gefühlsausbrüche, wild, ekstatisch, federleicht und sensibel, sind in ihrem Spiel nur einen Tastenanschlag von einander entfernt oder gehen direkt ineinander über. Als Spielmacherin am Piano und auf der Bühne kann man sich an ihrer fröhlichen, fast überdrehten Art einfach nicht sattsehen und satthören. Das Album “Cäthes Traum” vom Pulsar Trio fesselt mit jedem Ton, jedem Titel, jeder Sekunde Musik, macht mal hippelig, mal verträumt und am Ende rundum glücklich. Ein Traum, nicht nur für die imaginäre Cäthe.
© Karsten Rube


Pastorale Gasconne De Noël "Misteri de Nadau" [2 CDs]
France Bleu/Agorila, 2017

FolkWorld Xmas

www.institutoccitan.com

Weihnachten bleibt ein Mysterium. Für die einen ist es ein kommerzieller Supergau, für den nächsten eine seltsame Ansammlung von überholten Gebräuchen. Für andere ist es das wichtigste Fest des Kalenders, nach wie vor, seit knapp zweitausend Jahren. In den ländlichen Regionen Frankreichs ist Weihnachten ein Fest der Gemeinsamkeit unter dem Dach des Glaubens. Das Album “Misteri du Nadau” mit Liedern, Gesängen und Texten zur Weihnachtszeit, entführt den Hörer in einen feierlichen Gottesdienst am Weihnachtsabend irgendwo in der Gascogne. Weihnachtslieder und traditionelle Gesänge sind in der alten Sprache der Region zu hören. Die Pflege der okzitanischen Sprache wird neben der Zelebrierung der Weihnachtsrituale auf dieser Platte ebenso in den Mittelpunkt gestellt, wie das Spiel mit den regionalen Folkloreinstrumenten. Dudelsack, Drehleier, diatonisches Akkordeon, Flöten und Lauten bilden das Hauptinstrumentarium der traditionellen Musik in der Gascogne. Harmonische Chorgesänge ergänzen die feierliche Stimmung, die auf dieser CD erzeugt wird. Selbst gestandene Weihnachtsverächter sollten mit dieser Musik zu etwas Besinnung finden. Für alle anderen ist die Musik dieser mittelalterlich anmutenden Weihnachtsplatte ein Feiertagsgeschenk von mystischer Faszination.
© Karsten Rube


Omiri "Baile Electrónico"
Bigorna, 2017

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Traditionelle Musik mit modernen Beats zu kombinieren ist für die Weltmusik mittlerweile ein gängiger Standard. Kaum einer der sich in der Folk- und Weltmusikszene umhertreibt, lüpft dabei mehr eine Augenbraue. Oft genug wird dabei wild mit den Stilen herumgemixt. Hauptsache es rumpelt am Ende tanzbar. Vasco Ribeiro Casais gehört in Portugal zu den Hauptakteuren, wenn es darum geht Folk und elektronische Trends zu verbinden. Bands, wie Dazkarieh und Seiva brachte er ins Rollen. Das Projekt Omiri ist eher ein Sololäufer von Casais, an dem er alle paar Jahre mal herum experimentiert. Sein neues Album “Baile Electronico” spielt mit verfremdeten Aufnahmen alter portugiesischer Gesänge, denen er Elektrobeats, E-Gitarre und Folkinstrumente untermogelt. Manchmal wird gerappt. Zwischendurch könnte es allerdings auch ein Ableger des glücklicherweise längst vergessenen Stars on 45-Gemixes sein. Die Aufnahmen klingen an einigen Stellen recht spannend, an anderen allerdings nur schräg. »Baile Electrónico ist ein ambitioniertes Album des Soundtüftlers, aber leider nicht durchgängig hörenswert.
© Karsten Rube



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