FolkWorld #53 03/2014

CD & DVD Rezensionen

Gustav Peter Wöhler "Wegen mir"
Kurtbuero, 2013

www.gustavpeterwoehler.de

Schauspieler, Sänger, Hörspielsprecher. Manchen Leuten gelingt einfach alles. Gustav Peter Wöhler ist so einer, ein knuffiger Kumpeltyp als Schauspieler (jedenfalls meistens), ist er andererseits ein sensibler Interpret weltbekannter oder wenigstens regional gefeierter Evergreens. "Wegen mir" heißt die CD, die er frisch aufgenommen hat und die einfühlsamen Neuinterpretationen solch bekannter Songs, wie Rio Reisers "Halt dich an deiner Liebe fest" oder Ideals "Blaue Augen". Man muss schon deutlich hinhören, um die Originale zu orten, die Wöhler originell verwandelt. "Azzuro" besitzt nicht die hektische Geschwindigkeit eines Paulo Conte. Stattdessen schleicht er träge unter einem heißen blauen Himmel durch seine Einsamkeit. Die wunderbar melancholische Begleitung aus Klavier, Bass und Gitarre sorgt für eine deutliche Entschleunigung des Alltags. "Wegen mir" sollte man sich immer dann gönnen, wenn einem etwas nach Rührseligkeit und innere Einkehr zu Mute ist und man dafür nicht extra einen Seelsorger bemühen will. Die einfachen Streicheleinheiten Wöhlers ersparen die Couch des Therapeuten.
© Karsten Rube


Fernando Miceli "Arrabal y Exilio"
Juramento Productions, 2013

Artist Video

www.fernando-miceli.com

Buenos Aires - Berlin. Der Brückenschlag fällt einem Tangomusiker nicht schwer. "Arrabal y Exilio" bedeutet so viel wie Heimatstadt und Exil. Für Fernando Miceli ist Berlin beides. Seit 20 Jahren lebt der Argentinier in Berlin. Die Hingabe zum Tango seiner einstigen Heimatstadt Buenos Aires hat er sich bewahrt. Berlin ist ein gutes Pflaster für den leidenschaftlichen Schritt des Tangos und so konnte er hier die Musik weiterentwickeln. Auf dem Album "Arrabal y Exilio" kann man hören, wie Miceli den Herzschlag Berlins und den von Buenos Aires synchronisiert. So verschieden schlagen die beiden Herzen gar nicht, wenn man der Musik Micelis folgt. Einflüsse aus dem Orient auf der europäischen Seite sind so selbstverständlich für Berlin, wie der afrikanische Einfluss der Candombe in Südamerika. Von all dem trägt der Tango Micelis Fragmente. Doch trotz Exil, deutscher Kultur, Einflüssen von Weltmusik bleibt die Musik Fernando Micelis unverkennbar geradliniger Tango Argentino: leidenschaftlich und voll Sehnsucht. Zum Schmelzen schön.
© Karsten Rube


Septentrio "Nordic Folk Music"
ARC Music, 2013

www.septentrio.bandcamp.com

Das schwedische Folkmusic Trio Septentrio spielt seit 2011 zusammen traditionelle Musik aus Skandinavien. Während der Geiger Hans Kennemark aus Schweden stammt und mit der Volksmusik aufgewachsen ist, erarbeitete sich die Cellistin Leonor Palazzo den nordischen Kulturkreis erst langsam. Sie kam als argentinisch-belgische Musikerin nach Göteborg und studierte dort nordische Musik. Es gesellte sich noch der finnische Akkordeonist Hannu Kella dazu. Finnland scheint eine ganze Reihe hervorragender Akkordeonisten hervorzubringen. Die vom ARC Label zusammengetragene Auswahl verschiedener Stücke des Trios zeigt die große Bandbreite, die die Musiker aufweisen und beweist dabei ebenso die Vielfalt der skandinavischen Folkmusic. Traditionelle Weisen werden vom Trio ebenso interpretiert, wie eigene aber an traditionellen Mustern orientierte Kompositionen. Bei Septentrio gibt es kein begleitendes Instrument. Cello, Geige und Akkordeon besitzen gleichberechtigte Stellungen in den Liedern und spielen angenehm harmonisch miteinander. Ein gelungener Einblick in den Nordic Folk der Gegenwart.
© Karsten Rube


Baraka "Tribute to Nargis"
Sketis Music, 2013

nargistribute.wordpress.com

Die lettische Ethno-Jazz Band Baraka sucht nach Spuren zentralasiatischer Traditionen aus Tadjikistan und dem Pamir. Fündig werden sie vor allem im Jazz. Dieser ungewöhnlichen Kombination entspringt ein außergewöhnlich harmonisches Album, wie es selbst in der Weltmusik nicht alle Tage zu hören ist. Dimitry Evsikov gelingt mit seinem Ensemble Baraka auf der CD "Tribute to Nargis" genau die richtige Balance aus traditioneller Inspiration und zeitgemäßem Jazz. So entsteht meditative Worldmusic mit weichen, warmherzigen Melodien, exzellenten Instrumentalstücken und dem bezaubernden Gesang der Tochter des Bandleaders. Die CD ist zugleich ein Tribut an die tadjikische Sängerin Nargis Bandishoeva, die in ihrer Heimat bereits ein Star war, bevor sie im Alter von 25 Jahren bei einem Autounfall starb.
© Karsten Rube


Laura Cortese "Into the Dark"
Eigenverlag, 2013

www.lauracortese.net

In der größten irischen Gemeinde außerhalb Irlands, in Bosten wird seit über zehn Jahren ein bedeutendes Celtic Music Festival ausgerichtet. Musiker der keltischen Musikszene treffen sich dort Anfang Januar für mehrere Tage und spielen in Clubs und Kirchen der Stadt. Gründerinnen des Festivals waren Shannon Heaton[44] und Laura Cortese. Letztere ist nicht nur eine ziemlich gute Geigerin, sondern außerdem eine einfallsreiche Songschreiberin. Ihr Album "Into the Dark" ist ein spannendes Celtic-Pop Album, auf dem sie sich im Pool von Celticroots, Americana und radiokompatiblen Wohlfühlsound bedient. Eine hervorragende Mischung, die abwechslungsreich ist und keine Sekunde langweilig wird. Songs wie "Life is good Blues" und "I am the House" begeistern vorbehaltlos durch ihr treibendes Tempo und ihre Anlehnung an flinke American Folk Traditionen. "Heel to Toe" besitzt deutliche Cajunzüge. Ein überzeugendes Folkalbum voller musikalischer Überraschungen.
© Karsten Rube


Pierre Bensusan "Encore" [3 CDs]
DADGAD Music, 2013

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www.pierrebensusan.com

Eine Legende des akustischen Gitarrenspiels feiert sein vierzigjähriges Bühnenjubiläum: Pierre Bensusan. Der in Algerien geborene und in Frankreich aufgewachsene Musiker hat sich früh von Folkmusik begeistern lassen. Doch festlegen ließ er sich nicht darauf, sondern entwickelte seinen Stil stetig weiter. Beeinflusst von George Mustaki, Pat Metheny und Aldi Meola weiß er in einer Vielzahl musikalischer Stile zu brillieren. Weltmusik, Kammerjazz, Country, Celticmusic und New Age werden genannt, wenn man ihn einordnen möchte. Doch beim Hören seiner Musik merkt man schnell, dass sie sich elegant aller Einordnungsversuche entzieht. Die meiste Zeit seines Lebens war er auf zahllosen Bühnen der Welt live zu hören. Studioalben finden sich nur eine Handvoll. Einen gelungenen Querschnitt seiner Liveperformance wurde 2013 von DADGAG-Music mit der Dreier CD-Box "Encore" veröffentlicht. Darauf kann man den Gitarrenklängen Pierre Bensusans lauschen, aktiv vierzig Bühnenjahre nacherleben und dabei für drei Stunden die Zeit vergessen.
© Karsten Rube


Monster Ceilidh Band "Charge"
MCB Recording, 2013

Artist Video

www.monsterceilidhband.co.uk

Die dritte CD der Monster Ceilidh Band ist aufgemacht wie die Verpackung eines Action-Computer Spiels. Ähnlich chaotisch und ungestüm ist sie auch anzuhören. Die Musiker, die außer bei den Monstern auch noch in anderen bekannten britischen Bands spielen, mischen wieder die Folk- und Drum & Bass Szene auf, in dem sie beide Stile zu einem hypnotischen Elektroschock verbinden. Nervös bis extrem tanzbar ist das Ergebnis dieser Fusion. Der Elektrospeedfolk der Monster Ceilidh Band passt sich bestens in die junge Folkmusik der Inseln ein, die derzeit von Bands wie Celtech und den Peatbog Faeries geprägt wird. Es ist eine konsequente Weiterführung dessen, was Transglobal Underground mit der Erfindung des Ethno-Techno einst lostraten.
© Karsten Rube


Duo Milla Viljamaa & Johanna Juhola "Tango Diary"
Sibelius Academy Folk Music Recording, 2013

Article: 100 Years of Tango in Finland

Artist Video

www.tangoduo.net

Sie nennen sich schlicht Tangoduo. Doch hinter dieser einfachen Bezeichnung verbirgt sich ein aufregendes musikalisches Projekt, das in seiner Virtuosität und Ausdrucksstärke im Moment keine Konkurrenz zu fürchten braucht. Johanna Juhola und Milla Viljamaa sind beides Absolventen der Sibelius Academie für Folk Music in Helsinki. Juhola gehört zu den uneingeschränkt besten Akkordeonistinnen Finnlands. Von ihrem Akkordeonspiel wurden Bands wie Johanna Juhola Reaktori und Las Chicas Del Tango geprägt. 2013 konnte man sie auf dem Tanz und Folkfest in Rudolstadt bewundern. Milla Viljamaa spielt Klavier und Harmonium und ist mittlerweile selbst Lehrerin an der Sibelius Academie. Beide sind von der finnischen Folklore ebenso beeinflusst, wie vom Jazz und vom Tango. "Tango Diary" ist ihre dritte gemeinsame Veröffentlichung. Deutlich ist die Anlehnung an den argentinischen Tango Astor Piazzollas zu hören. Als Duo gewannen die beiden Frauen einen internationalen Piazzolla-Wettbewerb. Während die beiden Vorgängeralben noch auf Piazzollakompositionen zurückgriffen, besteht "Tango Diary" ausschließlich aus Eigenkompositionen. Die mitreißende Leidenschaft des Tango Argentino wird immer wieder vom Schwermut des finnischen Tangos gestreckt. Aufwühlende Tempowechsel und fast schon pathetische Melodiebögen verschmelzen auf dem Album "Tango Diary" zu einem emotionalen Musikerlebnis.
© Karsten Rube


Marco Zappa & Guests "PolentaEPess"
Zytglogge Verlag, 2013

www.marcozappa.ch

Hinter dem Titel "Polenta e Pess" (Maisgries und Fisch - ein einfaches Gericht einfacher Leute, wie es im Alpen- und Balkanraum verbreitet ist) verbirgt sich die Musik des Tessiner Multiinstrumentalisten Marco Zappa. Zusammen mit der ebenfalls aus der Schweiz stammenden Flötistin Renata Stavrakakis und dem Percussionisten Ginger Poggie hat er dieses abwechslungsreiche Album mit Liedern gefüllt, die das Leben in Gegenwart und Vergangenheit miteinander vergleichen. Viel hat sich im Handeln und Denken der Menschen nicht verändert, erfahren wir in seinen Texten. Nur die Umstände sind in Bewegung und verändern den Blickwinkel. Die Gier nach Reichtum und Anerkennung sind Themen seiner Lieder. Von der Verdrängung kleiner Wirtschaften durch Großunternehmen singt er. Aber auch ganz banale und schöne Momente beschreibt er, wie den Duft von Basilikum oder das fast verloren gegangene Ritual eines Barbierbesuches. Musikalisch untermalen Marco Zappa und seine Gäste diese Geschichten mit barockem Folk, traditionellem Liedgut und leichten Gipsyswinganklängen. "PolentaEPess" lässt sich sehr angenehm anhören und ist dank der mitgelieferten Erklärungen zu den Liedern ein schönes Liederbuch aus dem Tessin.
© Karsten Rube


Pippo Pollina "L'appartenenza"
Jazzhaus Records, 2014

www.pippopollina.com

Mit dreizehn neuen Liedern erscheint das Album "L'appartenenza" des sizilianischen Liedermachers Pippo Pollina. Die Bezeichnung als Liedermacher geht mir beim Hören des Albums ebenso schwer von der Feder, wie die Eingrenzung als Sizilianer. Pollina lebt zeitweise in der Schweiz, wo er mit einheimischen Musikern gelungene Kollaborationen bildete. Zerrissen zwischen der sizilianischen Unbekümmertheit und der Schweizer Korrektheit gelingt es ihm zumindest musikalisch, das Beste aus beiden Welten herauszufiltern. Herausgekommen ist ein emotional aufgeladenes Album, auf dem er im Exil Heimat zu finden versucht und sich trotzdem mit Sehnsucht an seine Herkunft erinnert. Pollina liebt es, alle Stilmittel einzusetzen, die er beherrscht und das sind wahrlich eine Menge. Vom leisen Lied bis zum orchestralen Werk bedient er alle musikalischen Stimmungen. Manchmal rockt er, manchmal setzt er kammermusikalische Akzente und auch vor Poparrangements scheut er nicht zurück. L'appartenenza" ist Pippo Pollinas grandioses Resümee auf die ersten fünfzig Jahre seines Lebens.
© Karsten Rube


Ulrika Bodén Band "Kärlekssånger"
Westpark, 2013

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www.ulrikaboden.se

Liebeslieder hat man in allen Jahrhunderten gesungen. Schließlich sind es des Menschen liebste Träume vom Glück. Ulrika Bodén hat auf ihrem Album "Kärlekssånger" aus alten Gedichten und überlieferten Melodien ein Kaleidoskop des menschlichen Lieblingsleidens zusammengestellt. Abwechslungsreich und voll Hoffnungsfreude gefüllt ist diese Sammlung. Selten passiert es, dass sie sich in folkloristischen Klischees verliert. Ulrika Bodéns Lieder wirken, wie frisch erdacht. Die Band der Sängerin agiert gelungen mit Trompete, Geigen, Laute, Glockenspiel und Akkordeon. "Kärlekssånger" ist ein erfrischend munteres Folkalbum, das so überhaupt nicht nach Winterschlaf klingen will. Stattdessen lässt Ulrika Bodén musikalische Frühlingswiesen blühen.
© Karsten Rube


Fjarill "Tiden"
Edel, 2013

Artist Video

www.fjarill.de

Zeit kann man nicht begreifen, sondern nur erleiden. Sie verrinnt und sie jagt uns durch unser Leben. Fjarill widmet dem Thema Zeit ein ganzes Album "Tiden" heißt es und es ist vor allem eins: eine Hommage an den einzigen wirklich treuen Begleiter unseres Daseins. Das fällt stellenweise recht melancholisch aus, lässt Raum für Lebensbetrachtungen und für zärtliche Erinnerungen, die es schaffen, die Zeit für einen Moment zurückzudrehen, wenn auch nur im Gedächtnis. Fjarill nehmen den Hörer auf diesem wunderschönen Album sanft bei den Ohren und drehen ihn im immerwährenden Lauf der Uhr. Wer genau wissen will, wovon sie singen, kann die deutschen Texte im Booklet mitlesen. Notwendig ist es jedoch nicht, denn bei Fjarills Zeitenreise kann man genauso gut ohne wörtliches Verständnis mitgehen. Als Begleiter haben sie die beiden schwedischen Musikerinnen zwei Mitglieder des Tingvall Trios dazu geholt. Schlagzeuger Jürgen Spiegel und Bassist Omar Rodriguez Calvo geben eine vorzügliche Rhythmusgruppe ab, die eine für Fjarill bisher unbekannte Dynamic erzeugen. Andrea Matinella erweitert mit dem English Horn die musikalische Hörwelt des schwedischen Folkduos. Als Gast hören wir Stings Leibgitarristen Dominic Miller im ersten Lied an der Gitarre. Fjarill erscheinen auf "Tiden" gereifter, entfliehen der reinen Folklehre und erweitern ihren Horizont um jazzige und klassische Elemente. Damit gewinnt ihre Musik dann doch etwas Zeitloses.
© Karsten Rube


Fei Scho "Weltensprung"
Galileo, 2013

Artist Video

www.fei-scho.de

Weltmusik aus Bayern? Na und ob. Nachdem schon die Cubaboirischen Latin-Bajuwarische Fusion erfolgreich in den Bierzelten dieser Welt getestet haben, geht die Gruppe Fei Scho noch einige Schritte weiter. Das bayrische Element ist ein Grundelement ihrer Musik, die Zutaten jedoch kommen aus allen Teilen der musikalischen Welt. Das geht mit dem Andenjodler los. Nun kann man sich die Geschichte des Jodelns vornehmen und feststellen, das sich Bergvölker immer irgendwie über größere Strecken verständigt haben. Also warum nicht auch in den Anden. Das Lied beginnt mit einem zünftigen Jodler und einem bayrischen Bläsereinsatz, der dann unvermittelt in lateinamerikanische Sphären wechselt. Dieser Start ist Programm für die CD "Weltensprung". Die Polka haucht eine Nuance Bossa Nova aus und ergibt die "Polka Brasileira". Der "Walzer für den Frühling" ist ebenso gelungene Worldfusion. Melancholisch tanzen die Töne des Akkordeons einen traurigen Walzer, der jedoch immer fröhlicher zu werden scheint, als sich Trompete und spanische Gitarre einklinken, ohne dabei in übertriebenen Enthusiasmus auszubrechen. Beim "Quartl" ist von der bayrischen Note kaum noch was zu hören. Es klingt eher wie ein Mariachi für ein Roadmovie, düster und depressiv. Fröhlich bis albern setzen sie dann beim "Welttag des Ausmistens" nach. Die bayrische World-Fusion ist den Musikern der Band Fei Scho mit ihrem Weltensprung bestens gelungen.
© Karsten Rube


Mókus és a Fabula Rasa "Hühó much ado"
Gramy Records, 2012

www.fabularasa.hu

English CD Review

Fabularas sind als Band in Ungarn seit ein paar Jahren eine Institution. Harmonisch verbinden sie die Folklore ihrer Heimat mit Celtic, Balkan, jüdische Motive und Pop. Das ergibt eine eigenwillige, aber mitreißende Mischung. "Hüho´much ado" ist das vierte Album seit ihrer Gründung im Jahr 2006. Die Band bezieht ihre Inspiration aus der Verbindung, die zwischen den verschiedenen Musikstilen besteht. Sie suchen die Verwandtschaft in der Musik, die über viele Kilometer entfernt an unterschiedlichsten Orten beheimatet ist. Was musikalisch funktioniert, besitzt sicher auch seine Wirkung in den Texten. Doch diese liegen im Booklet nur auf Ungarisch vor.
© Karsten Rube


Kozma Orkestar "Kozma Orkestar"
Eigenverlag, 2013

www.kozmaorkestar.com

Ramona Kozma gab dem Orkestar nicht nur ihren Namen, sondern auch die Inspiration. Seit 2008 zieht sie begleitet von Tuba, Trompete, Saxophon, Akkordeon und Klarinette durchs Land, um auf Straßenfesten und Festivals mit ihrer Mischung aus Balkanbrass, Rummelplatzpolka und Klezmeradaptionen eine andere Form der Blasmusik unter die Leute zu bringen. Das führte sie bereits mehr als einmal zum Tanz und Folkfest in Rudolstadt, wo sie mit dieser fröhlichen und tanzanimierenden Musik das Publikum begeistern konnte. Die CD, die schlicht den Namen der Band trägt, präsentiert einen gelungenen Querschnitt des Kozma Orkestars.
© Karsten Rube


Phon & Zu "Nr.1"
Eigenverlag, 2013

achimprigge@web.de

Eine Debüt-CD schlicht "Nr.1" zu nennen zeugt von genügend Selbstvertrauen, dieser eine Zweite folgen zu lassen. Wenn man sich die CD "Nr.1" der schleswig- holsteinischen Folkgruppe Phon & Zu anhört, darf man sich auf folgende Veröffentlichungen freuen. Denn "Nr. 1" ist ein wahrer Ohrenschmaus nordisch inspirierter Folkmusik. Volker Linde mag dem einen oder anderen bereits von der Folkkapelle "Schmelztiegel" bekannt sein. Manchmal tritt man künstlerisch auf der Stelle und benötigt neue Inspiration. Die fand er in Christiana Linde von den Landstreichern der Musikschule Flensburg. Gemeinsam loteten sie die Welt der folkloristischen Tänze des Norden aus und haben dabei ein paar ganz vorzügliche neue Melodien geschaffen. Diese lassen eine eigene musikalische Hörwelt entstehen. Mühelos schwingen sie zwischen skandinavischem Bauerntanz und barocker Folklore hin und her. Ein Walzer erinnert an die verspielte Eleganz einer Maria Kalaniemi. An anderer Stelle tritt das deutsche Lied stärker in den Vordergrund, wie bei "Vereinsamt" das einen Text von Friedrich Nietzsche zu Grundlage hat, oder das "Octoberlied" nach einem Text von Theodor Storm. Beendet wird das freundliche Album "Nr.1" der Band Phon & Zu mit einer Nachtserenade, die aufs angenehmste zum Träumen einlädt. Vielleicht träumt man dabei ja bereits von einem Album mit dem Titel "Nr 2". Schön wäre es.
© Karsten Rube


Evelyn Kryger "Evelyn Kryger"
Hey!Blau Records, 2013

Artist Video

www.evelynkryger.de

Würde man Musik in ihrer heutigen Form hören, wenn nicht Joseph Berliner in Hannover die erste Grammophonfabrik der Welt gegründet hätte? Wer weiß? Urenkel der Grammophonmusik ist die CD, eines der wichtigsten Mittel der Gegenwart, um sich musikalisch Gehör zu verschaffen. Nach langem Überlegen hat die Evelyn Kryger Band beschlossen ihre jahrelang erfolgreich getesteten Livequalitäten, im Studio auf CD-Format zu trimmen. Balkan-Gipsy-Ska mit einer Spur Latin vereint ja schon in der Kategorisierung einige der schweißtreibendsten Tanzstile. Leichte Technogrooves sorgen für die nötige Bedröhndosis. Also alles in allem Worldmusikpartystimmung, was Evelyn Kryger da produziert. Und doch habe ich den Eindruck, dass es bei Evelyn Kryger ein bisschen durchtriebener zugeht, als beim Hau-den-Lukas-Rummelbumms ähnlicher Balkanstimmungskapellen. Wer sich auf der CD beispielsweise "Wyster Groove" genauer anhört oder "Balcancan", bemerkt einen Hauch von afro-orientalem Jazz. Gerade "Balcancan" ist eine ausgeklügelte Komposition. Ebenfalls gelungen sind die Rapnummern, die Evelyn Kryger auf einige Balkantunes aufsetzt. Wie hervorragend sich Gipsymusik, Balkanfolklore, Jazz und Rap ergänzen, ist in "Too Many Elephants in the Room" zu hören. "Weyn doch nicht" entführt in einen Traum, der jüdischer Melodien aus dem Nahen Osten mit elektronischen Psychodelicelementen vermengt. Ich kann mich der Aussage des Folker-Magazins nicht anschließen. "Geil" ist einfach zu profan und zu ordinär als Bezeichnung für die Musik von Evelyn Kryger. Es wird weder den hervorragenden Arrangements gerecht, noch dem Spaß, den man beim Zuhören und Mittanzen hat. Die Musik von Evelyn Kryger ist bestes Crossover, das für oberflächliche Tanzpartys fast zu schade ist.
© Karsten Rube


Firil "Smile som sumarsole"
Etnisk Musikklubb, 2013

Wo nehmen die Skandinavier eigentlich ihren morbiden Charme her. Ganze Schriftstellergenerationen lassen literarische Blutorgien zu Bestsellern werden, freundlich lächelnde Mädchen wie Emma Härdelin von Garmana singen von gar grauseligen Taten und die Texte von Firil sind auch nicht immer harmlos. Auf der CD "Smile som Sumarsole" singt Margit Myhr davon, dass es besser ist, Gift zu nehmen, als den Liebsten nicht heiraten zu dürfen. Von Beschwerden über treulose Männer berichtet sie und von der Idee, dass eine Frau mehr davon hat, allein zu bleiben und sich hin und wieder mit einem Liebhaber zu amüsieren. Dabei klingen die Songs selten nach Klage. Manche sind sogar von einer Schmissigkeit, die den Hörer unweigerlich von Stuhl zieht. So das Lied über die Schnapsbrennerei. Kurz, flink und verwegen im Abgang. Firil bearbeitet auf der CD "Smile som sumarsole" vor allem alte Weisen aus Mittelschweden. Der Folklore der alten Melodien werden sie mit Hardangerfidel, Bratsche und dem sehr schönen Gesang von Margit Myhr mehr als gerecht. Und doch erscheinen die alten Lieder frisch und modern. Ein überraschend gutes Album.
© Karsten Rube


Pristup "Wien, Ostbahnhof"
Groove, 2013

Artist Video

www.pristup.at

Drei Österreicher mit unterschiedlichen Herkunftsgeschichten fanden sich zum Trio Pristup zusammen. Ob ihre Spuren am Wiener Ostbahnhof zusammenfanden, ist nicht verbrieft. Aber viele Menschen aus Osteuropa erreichten Wien über den nicht mehr in dieser Form bestehenden Ostbahnhof der österreichischen Hauptstadt. Möglich ist es dennoch. Einer der Musiker stammt aus Belgrad, der andere hat ungarisch-kroatische Wurzeln, einer ist im Südburgenland zu Hause. Der Gast am Saxophon kommt aus Odessa. Wer jetzt denkt, hier bekommt man es mit Balkanmusik zu tun, der liegt nur zum Teil richtig. Gekonnt verweben die drei Musiker die Musik Pannoniens und des Balkans mit der schwelgerischen Drehlust eines Wiener Walzers und bringen die Melodien der osteuropäischen Juden mit alpenländischem Ländler zusammen. Oder sie verpassen Ellingtons "Caravan" einen jazzig-folkloristischen Anstrich, der zum Jazzclub genauso gut passt, wie zum Heurigen. Das gilt im Übrigen für das gesamte Album. Wunderbar sind die Wechsel von traditioneller pannonischer Musik zu jazzigen Elementen. Besonders schön anzuhören ist dabei das harmonische Zusammenspiel von Sopransaxophon, Gitarre und Akkordeon. Selten habe ich mich von österreichischer Musik so angenehm unterhalten gefühlt.
© Karsten Rube


Various Artists "Black Horse Tracks"
Blind Lemon Records, 2013

www.schleiken.de

Thomas Schleiken ist ein gleichermaßen passionierter Gitarrist wie Gastgeber. Im Kaminzimmer des "Schwarzen Ross" in Bookholzberg im östlichen Oldenburger Land lädt er regelmäßig Bluesmusiker und Liedermacher ein, um in überschaubarer Runde und auf engstem Raum auf musikalische Wanderschaft zu gehen. So finden kleine exklusive Akustikkonzerte statt, von denen Ausschnitte auf der vorliegenden CD "Black Horse Tracks" zu hören sind. Die CD beginnt mit zwei Beiträgen des Gastgebers, dem instrumentalen Gitarrenstück "Black Horse Rag" und dem düsteren "Deep Water Horizon". Auf Thomas Schleiken folgt der Liedermacher Michael Gerdes, dessen englischer Song "Good Night My Love" mich wesentlich eher überzeugt, als seine beiden deutsch gesungenen Lieder. Steve Westway stammt aus Bristol, lebt bei Bremen und kommt mit drei klassischen Bluestiteln zur Geltung. Memphis Blues von David Evans folgt. Evans ist ein gestandenes Bluesurgestein, das bereits einen Grammy sein eigen nennt. Den raffinierten Gitarrenblues von Slowhand Eric Clapton empfindet Alwin Schöneberger aus Österreich gekonnt nach. Diese zwei Songs sind für mich der Höhepunkt der insgesamt abwechslungsreichen Bluessammlung. Das Ende der CD bestreitet der Münchner Multiinstrumentalist Titus Waldenfels, dessen Leidenschaft die Musik von Django Reinhardt ist. Akustisch sehr schön in Szene gesetzt wurden die Aufnahmen von Andree Klose aus dem Hörwerk Tonstudio. Klose reduziert hier die Aufnahmetechnik auf eine analoge Basis. Das versetzt den Hörer dank der Liveakustik und einiger Nebengeräusche ins Auditorium der Konzerte. Feines Handwerk, das die Authentizität der Musik gut zur Geltung bringt.
© Karsten Rube


Betse Ellis "High Moon Order"
Smiling Violet Music, 2013

www.fiddlebetse.com

Betse Ellis besitzt eine klassische Ausbildung als Geigerin. Sie hat sich mit verschiedenen Spieltechniken auf der Geige beschäftigt und sich schließlich stark mit der Country- und Folkmusik identifiziert. Einige Jahre war sie als Fiddlespielerin mit der Hillibilly-Riot Band The Wilders unterwegs. Als sich die Band auflöste, gab es für sie nur die Möglichkeit ihre Erfahrungen in ein Soloprojekt einfließen zu lassen. "High Moon Order" ist ihr zweites Soloalbum. Es ist prall gefüllt mit gut ausgewählten Songs und zeigt die brillante Instrumentalistin auch als originelle Arrangeurin. Neben Countrymusik, die für einen fröhlichen Abend in einer Tanzscheune gedacht sein könnte, gibt sie auch mal die Punkgöre. "The Complainer" ist ein wilder Rocksong, in der sie scheppernd die Existenz einiger Gitarren gefährdet. Den alten Clash Song "Straight to Hell" wandelt sie mit Geigen, Cello und kräftigen Drums zu einer Americananummer um. Doch auch die leisen Countryballaden beherrscht Beste Ellis ausgezeichnet, wie besonders der Song "The Collector" beweist. "High Moon Order" ist ausgeschlafene Country- und Americanamusik, wie man sie sich besser nicht wünschen kann.
© Karsten Rube


Les Tireux d'Roches "Xo 15 Ans d'Age"
Musicor, 2013

Artist Video

www.tireuxderoches.com

Les Tireux d'Roches feierten 2013 Geburtstag. 15 Jahre gibt es die Steinewerfer aus Quebec nun schon. Grund genug, sich mal wieder eine CD zu schenken. Das Album "XO 15 Ans d'Age" ist aber keine schnöde Besinnung auf Erreichtes. Vielmehr gelingt es den fünf Musikern aus Quebec erneut frischen Wind in die Folkszene ihrer franko-kanadischen Heimat zu bringen. Die Musik von Les Tireux d'Roches lebt ein weiteres Mal von den Geschichten, die sie erzählen. Frontmann Dennis Masse ist ein großer Geschichtenerzähler, der sich gerade live schwer zügeln kann. Da wird der Abend schon mal ein halb- literarischer. Doch wenn sie zu ihren Instrumenten greifen, werden die Geschichten mit Musik gefüllt, die einen schwerlich auf den Sitzen verbleiben lässt. Die Musik ordnet sich auf der CD "XO 15 Ans d'Age" noch deutlicher den Geschichten unter, als bei den Vorgängeralben. So wirkt es beinahe wie ein Konzeptalbum. Häufig erzählen die Lieder von den eigenwilligen Menschen Quebecs, wie das von dem alten Sänger, der die ganze Nacht am Lagerfeuer sitzt und singt, bevor er sich im Morgengrauen in seinen Schlafsack rollt - sicher ein Vorbild von Dennis Masse. Auch die Geschichte der kanadischen Provinz wird zum Thema, die auch nicht immer ganz unblutig vorangetrieben wurde. Das fünfte Album der Band ist auf einem Majorlabel erschienen. Darüber kann man froh sein oder nicht. Auf jeden Fall zeigt es die Aufmerksamkeit, die diese Band inzwischen nicht nur in Kanada erregt. "XO 15 Ans d'Age" geht nicht so leicht ins Ohr, wie das stimmungsvolle Album "Ce Qu'esse?" aus dem Jahre 2010, gewinnt aber mit jedem weiteren Hören.
© Karsten Rube


Christina Zurbrügg "Doodle It"
GAMS Records, 2013

Article: Orvuse on Oanwe

www.zurbruegg.cc

Das Jodeln ist schon ein eigener Sport. Das textlose Singen mit schnellem Umschlagen zwischen Kopf- und Bruststimme benötigt eine spezielle Technik, die nicht jeder beherrscht. Für die normale Radiowelt ist diese Musik ohnehin nicht gemacht. Und dass die Kommunikationsform des Jodelns irgendwann mal mit Worten, wie "Cool" und "Hip" verbunden werden könnte, ist eher unwahrscheinlich. Aber nicht unmöglich, wie die CD "Doodle it" beweist. Die Schweizer Musikerin und Filmemacherin Christina Zurbrügg lebt seit einigen Jahren in Wien und hat die letzten heimischen Dudler aufgespürt. Die Dudler waren hauptsächlich Frauen, die nicht auf den Bergkuppen standen und jodelten, sondern in geschlossenen Räumen ihren Gesang präsentierten. Gern als Begleitung zum Heurigen könnte man diese traditionelle Darbietung in den Wiener Gasthäusern durchaus mit den Fadogesängen in den Lissabons Tascas und Bars vergleichen. Christina Zurbrügg war begeistert von den Dudlerinnen. Selbst hervorragende Stimmmodulatorin begnügt sie sich jedoch nicht damit, Traditionen vor dem Aussterben zu bewahren, sondern bringt diese in die Gegenwart. Ihre Form des Jodelns vermischt sie mit Jazz und Rap, aber auch mit Klezmer. Christina Zurbrüggs Gesang auf der CD "Doodle it" wirkt folkloristisch. Ins Volkstümliche rutscht sie allerdings nicht, was ihren Arrangements zu verdanken ist, die das Wienerlied durchaus groovig klingen lässt, Latinanleihen unterbringt oder mit elektronischen Elementen zu einem kleinen Sammelsurium aus Star Wars Geräuschen verfremdet. Das klingt schräg, stellenweise aber ziemlich cool. Ob es Frau Zurbrügg gelingt, das Jodeln zur Trendmusik des 21. Jahrhunderts zu verwandeln, bleibt abzuwarten. Ein höchst intelligenter Umgang mit Volksmusik ist das, was sie tut, auf jeden Fall.
© Karsten Rube


Maurice Tani & Mike Anderson "Two Stroke"
Western Independent Recording, 2013

English CD Review

www.77eldeora.com

Maurice Tani ist in San Francisco aufgewachsen, suchte seine musikalischen Erfahrungen aber in Texas. Eine Weile zog es ihn nach New York, bevor es ihn wieder an die Westküste trieb. Seine Einflüsse sind also ebenso sommerhaft kalifornisch, wie bärbeißig texanisch und dabei so unbeeindruckt von Kategorisierungsverpflichtungen, wie man es von den New Yorkern kennt. "Two Stroke" ist ein Akustik Album. Tani an der Gitarre, Anderson am Bass und gelegentlich von Gästen aufgefüllt, die Mandoline, Geige, Pedal Steel oder Piano spielen. Nachdenklich und sensibel wirken seine Songs, die selbst dann eine leichte Countrynote als Grundlage pflegen, wenn sie als Ballade vorgetragen werden. An mehreren Stellen erinnern sie an Rufus Wainwrights Art zu singen. Als herausragend sind dabei besonders "Poison" zu nennen und "Hard Times Come again no more" mit der Gospelsängerin Aireene Espiritu als Gastsängerin. "Rain" ist ein sentimentaler Song, der mit David Phillips' Pedalstil zwar in die Countryrichtung geschoben wird, stilisitsch aber eher wie ein langsamer Soul klingt. Two Stroke" ist ein entspanntes Songwriteralbum mit dezenter Countryanlehnung, angenehm instrumentiert und überzeugend vorgetragen.
© Karsten Rube


Oysterband "Diamond on the Water"
Navigator, 2014

www.oysterband.co.uk

Als die Oysterband mit June Tabor im Jahr 2011 das Album "Ragged Kingdom"[46] aufnahm, überschlug sich die Kritik. Die alten Austern haben es noch drauf, rief man. Vielleicht lag es aber auch an June Tabor, die die Oysterband noch einmal kreativ motivieren konnte. Diese Motivation scheint ihnen bei der Produktion von "Diamonds on the Water" abhanden gekommen zu sein. Schwer schleppen sich die Folkrocker über eine drei viertel Stunde durchschnittlichen Schlager-Rock-Pop bei dem ihre einstige Folkorientierung bestenfalls am Rande durchschimmert. Sämtliche zwölf Titel klingen nach müde gewordenen Altrockern. "Diamond on the Water" ist für mich das bisher langweiligste Album der ehemaligen Helden des keltischen Folkrock..
© Karsten Rube


Nameless Trio "Explore"
BMI, 2013

www.thenamelesstrio.com

The Nameless Trio nannten sich drei Musiker aus Neu England, als sie sich erfolglos den Kopf zerbrachen, wie sie ihr Bandprojekt nun nennen sollten. Inzwischen sind sie zwar immer noch namenlos, aber zwischen Boston und New Heaven und nicht mehr ganz unbekannt. "Explore" heißt ihr Album, das mit Bluegrass, Folk und Pop gediegene amerikanische Radiomusik bereithält. Die zehn Songs sind alle handgefertigt und handwerklich ordentlich in Szenen gesetzt. Mit dem Gesang klappt es nicht immer so gut. "Cruel love" fällt als Song etwas aus dem Rahmen, da es so amüsant wie ein Saloonswing klingt. Das ist das mit Abstand beste Stück auf einer insgesamt recht durchwachsenen aber hörenswerten Americana-CD.
© Karsten Rube


Las Hermanas Caronni "Vuela"
Broken Silence, 2013

English CD Review

www.lashermanascaronni.com

Die beiden argentinischen Zwillingsschwestern Gianna und Laura Caronni lieferten mit ihrem Album "Baguala de la siesta" im Jahr 2011 ein viel beachtetes Debüt. "Vuela" ist die zweite Produktion der Musikerinnen. Wieder gelingt es ihnen, eine Brücke zwischen Klassik und Tradition zu schlagen, argentinische Folklore und Kammermusik zu einer eigenen musikalischen Gattung zu vereinigen. Häufig auf Cello und Klarinette, sowie Gesang reduziert, spielen sie Tango und Chacarera, lassen aber auch Ravels "Bolero" anklingen. Die meisten Stücke stammen aus eigener Feder. Gelegentlich zitieren sie Vorbilder, wie Lhasa de Sela und George Brassens. Ein kleines Ensemble aus ausgezeichneten Gastmusikern unterstützt das Duo mit Akkordeon, Gesang und einigen recht einfallsreichen perkussiven Spielereien.
© Karsten Rube


Tako Lako "Though the Mud"
Sony Music, 2012

www.takolako.dk

Tako Lako sind die führenden Vertreter des skandinavischen Urban Psychodelic Gipsybeats. Genau genommen haben sie dieses Stilmixungetüm geboren. "Through the Mud" heißt die Debüt-CD der dänischen Musiker mit der Vorliebe zur serbischen Discothekenbespaßung. Balkaninspiriert sind die energieintensiven Popsongs, die eine massive Schweißproduktion bei Livepräsentationen vermuten lässt. Bedacht mit zwei dänischen Music Awards könnte man sie in die Nähe von Shantel und dem Bucovina Club Orkestar stellen. Allerdings sind Tako Lako in den Experimenten mit modernen Soundelementen wesentlich mutiger als der einstige Schallplattenunterhalter. Da verpassen sie einem Balkanbeat auch mal Afrobeats. Die Nähe zum Pop, die in den gesungenen Passagen durchscheint, würde sie allerdings auch zum idealen Vertreter beim Eurovision Song Contest machen, bei dem in den letzten Jahren immer wieder Worldbeatproduktionen gut abschnitten.
© Karsten Rube


Etage.2 "An Hellen Tagen"
Eves Apple, 2013

www.etage-2.de

Die Hannoveraner Band Etage.2 haben sich seit knapp zehn Jahren dem poetischen Songwriting verschrieben. Bilder von Dämmerung, Methaphern vom Licht als Bild für die Liebe, beginnende, wie verendende füllen die CD "An hellen Tagen", die passend mit einem Lied über die Nacht und die Dunkelheit beginnt. Lieder über die Liebe kann man eigentlich nie genug hören, obwohl einem gerade beim Hören manch Liebesschnulze das ganze Gegenteil in den Sinn kommt. Bei Etage.2 ist es glücklicherweise kein Problem, ihrer Liebesbesoffenheit im alltäglichen Lebenseinerlei zu folgen. Musikalisch dezent füllen sie ihre Songs mit zärtlichen Betrachtungen der Gegenwart mit schönster Hinterhofromantik. Endlich mal wieder ein paar Liedermacher, ohne weinerliche Betroffenheitslyrik.
© Karsten Rube


Bejarano & Microphone Mafia "La Vita Continua"
Aldente Records, 2013

Artist Video

www.microphone-mafia.com

Esther Bejarano wird 2014 90 Jahre alt. Sie ist eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters Auschwitz. Das Orchester hatte die Aufgabe, die neu eintreffenden Häftlinge im KZ Auschwitz bei deren Eintreffen am Eingangstor mit Musik auf das Lagergelände zu geleiten, eine Taktik der Nazis, den neuen Häftlingen eine leise Hoffnung zu suggerieren, die sie nicht zu erfüllen bereit waren. Esther Bejarano überlebte das KZ auf Grund dieser Maßnahme. Später wanderte sie nach Israel aus und kehrte schließlich nach Deutschland zurück. Noch immer aktiv im Kampf gegen Ungerechtigkeit, hat sie in der Band Micophone Mafia junge Mitstreiter gefunden. Mit der Band aus Köln, die sich selbst als den ältesten HipHop-Act Deutschlands bezeichnet, ist Esther Bejarano aktuell noch unterwegs. Microphone Mafia haben sich nicht auf die Wiedergabe amerikanischer HipHop- und Rapstilistiken beschränkt, sondern die Musik der Einwanderer eingebunden. Mit Esther Bejarano kam, wie auf der CD "La Vita Continua" zu hören ist die jüdische Kultur dazu. So verbinden sich auf der CD auf recht kämpferische Art und Weise StreetArt mit Kibuzz, sowie Rhythm & Besque mit Kriegsdienstverweigerung. Das Leben geht weiter, trotz aller Widrigkeiten, ist die Botschaft. Mit dieser Botschaft sind Microphone Mafia aktuell (Winter 2014) wieder auf Tour.
© Karsten Rube


Contracorrente "Contracorrente"
Dorfeu, 2014

dorfeu.pt/contracorrente

Fünf Lieder des Widerstands haben die portugiesischen Musiker unter dem Begriff Contracorrente (Gegenstrom) gestellt. Mit Widerstandsliedern kann man heute sicher ganze Compilations füllen, doch der Band genügen fünf aussagekräftige Lieder, um das Thema ausreichend zu präsentierten. Sie beginnen mit dem Lied "El derecho de Vivir en Paz" des chilenischen Gitarristen Victor Jara. "A morte saiu à rua" des portugiesischen Fadosängers José Afonso folgt in einer sehr schönen Version, die der von Cristina Branco auf ihrer dem Künstler gewidmeten CD "Abril" sehr nahe kommt. Als politischer Künstler verstand sich ebenfalls der Baske Mikel Laboa, dessen Lied "Txoria Txori" als Drittes folgt. Selbstverständlich darf ein Beitrag der Argentinierin Mercedes Sosa nicht fehlen. Hier ist es "Cancion del Derrumbe Indio". Den Abschluss macht "Marié Alta" von Sergio Godinho, der noch heute 40 Jahre nach der Nelkenrevolution vom 25. April 1974 sehr beliebt ist. Die CD zeigt, dass Lieder des Widerstandes nicht ausschließlich im Stil eines Kampfmarsches gesungen werden müssen.
© Karsten Rube


The Pokes "Mayday"
TollShock, 2014

www.thepokes.de

The Pogues galten als die Mutter der Folkpunkbands. Ganz der Tradition der erfolgreichen Iren haben sich seit einigen Jahren ein paar in Berlin ansässige Musiker verschrieben, die sich nicht von ungefähr den Namen The Pokes gaben. The Pokes machen Spaßpunk mit irischem Einfluss. Ihre aktuelle CD "Mayday" ist energiegeladener Kneipenfolk vom Feinsten. 13 Titel und ein paar Überraschungen in Form von Hiddentracks lassen den Hörer eine Stunde lang in einen verqualmten Pub eintauchen - wobei man schon etwas Geduld braucht, wenn man die Hiddentracks hören will. Wer die Special-Edition bestellt, darf sich sogar schon beim Aufklappen darüber freuen, von einem Grußkartenchip angebrüllt zu werden. The Pokes stammen zwar aus Berlin, allerdings ist mit Ian Stuart Beer ein echtes Urgestein von den Inseln an der Front, was man nicht zuletzt auch an seiner kantigen Stimme erkennt. "Mayday" von The Pokes ist nicht nur die passende Unterhaltung zum St. Patricksday, sondern für jede Gelegenheit mit ausgelassenem musikalischen Spaß, bei der es dann auch gern etwas lauter zugehen darf.
© Karsten Rube



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