Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 111 am 6. März 2020. Thema: Alter.
Alter? Wer hatte sich das wohl als Motto des Folk Clubs Nr. 111 ausgedacht. Und wer hätte gedacht, dass das Motto irgendwie auch bezeichnend für die aktuelle Situation stand. Gelten doch gerade die älteren Menschen aktuell als gefährdet, wenn sie sich mit dem Corona-Virus anstecken. Beim Folk Club im März saßen noch alle gemütlich und unbeschwert beieinander, aber schon ein paar Tage darauf geriet manch einer in Angst und Schrecken, und nun? Aus ist’s bis auf weiteres mit den Folk-Club-Abenden, und auch unser Treffen im Mai wurde abgesagt. Für weitere Treffen gibt es bislang nichts als das Prinzip Hoffnung.
Trotz des Trauerflors muss sich euer Chronist aber endlich aufraffen, ein paar Zeilen über den wirklich schönen Abend am 6. März zu schreiben.
Steve Crawford (Gitarre und Gesang) und Sabrina Palm (Geige und Gesang) sind in der Region bekannte Musiker, und auch im Folk Club hatten sie bereits vor Jahren einen umjubelten Auftritt. Diesmal sprangen sie glücklicherweise als Featured Artists für den erkrankten Gerd Schinkel ein, der eigentlich für den Abend vorgesehen war. Zum Aufwärmen spielten sie ein Jig, ein instrumentales Tanzlied, mit dem Titel „Three Little Steps“.
Eine Erinnerung an die Versenkung der kaiserlichen Flotte in Scapa Flow, einer Bucht inmitten der Orkney-Inseln, ist ein Lied, das das Ereignis indirekt aus der britischen Sicht schildert. Kris Drever, ein schottischer Liedermacher, der von den Orkneys stammt, lässt in seinem Lied einen deutschen Seemann die Geschichte schildern. So viel Empathie für das Schicksal deutscher Militärmaschinerie ist eurem Chronisten von britischer Seite noch nie begegnet. Steve sang das Lied mit seiner schönen Stimme mit großem Einfühlungsvermögen.
Ebenfalls aus Steves schottischer Heimat ist das Lied „Such A Parcel of Rogues In A Nation“, das aus der Feder des schottischen Nationaldichters Robert Burns stammt. Es fasst die grenzenlose Enttäuschung darüber zusammen, dass die Mitglieder des schottischen Parlaments 1707 mit ihrer Unterschrift das Gesetz über die Zusammenführung Englands und Schottlands (Act of the Union) besiegelten. Vorangegangen war eine katastrophale Pleite eines Kolonialprojekts in Panama, in das schottische Finanziers riesige Summen gesteckt hatten. Von englischer Seite wurde den Investoren eine Erstattung ihres Verlustes in Aussicht gestellt, wenn sie sich für die Vereinigung einsetzten. Letztlich kam es so, und der „Act of the Union“ gilt bei eingefleischten Schotten bis heute als das Ergebnis eines grandiosen Korruptionsskandals und als ein Verrat am Vaterland.
Ihre Virtuosität auf der Geige konnte Sabrina beim Reel (einem schottischen Tanz) „Scone Palace“ ausspielen. Immer wilder wird die Melodie, und Bogen und Finger müssen ganz gehörig flitzen. Steves Können auf der Gitarre bildet dazu die perfekte Ergänzung. „Hope Remains“ ist der Titel eines gefühlvollen Liedes über Vergangenheit und Zukunft, das aus Steves eigener Feder stammt. „Farewell Rory“ ist ein Instrumental, eine Melodie für einen Abschied, die aber eher wie ein Lied zur Begrüßung klingt.
Ebenfalls ein Instrumental war das letzte Stück von Sabrina und Steve mit dem Titel „Something Is Right About It“. Nach Sabrinas Worten handelt das von ihr geschriebene ruhige und melodische Lied sozusagen über das gesamte Leben und davon, dass es so, wie es ist, schon irgendwie richtig gefügt ist. Steve ergänzte noch ein riesiges Kompliment an den Folk Club, der der beste der Welt sei, natürlich nach dem Folk Club Aberdeens, Steves Heimatstadt – frenetischer Applaus für die beiden wunderbaren Musiker!
Ja, und wann wir uns wieder treffen können und werden, steht noch in den Sternen, und selbst dort haben wir es noch nicht lesen können. Liebe Gemeinde, bleibt geduldig und singt selbst ein bisschen. Vielleicht habt ihr ja inzwischen etwas einstudiert für das erste Treffen des Folk Clubs nach der langen Zwangspause in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft.
Jeder weiß, es ist nicht leicht mit der momentanen Situation umzugehen. Natürlich gibt es harte Einschnitte für viele, aber auch doch eher sanfte Veränderungen für einige. Natürlich gibt es viele Verlierer, aber tatsächlich auch einige Gewinner (die Umwelt zum Beispiel).
Wenn wir uns in dem Rahmen des Folkclubs umschauen, stoßen wir sofort auf eine riesige Gruppe von Extremverlierern – ja von Menschen, die in ihrem sonst so selbstverständlich higenommenen Gesellschaftsbeitrag schlicht von breiten Teilen der Gesellschaft im Stich gelassen worden sind.
Es ist die Gruppe der Künstler, die bewusst in der Regel als Selbstständige arbeiten, um alle Freiheitsgrade ihres Schaffens ausnutzen zu können. Die als Selbstständige aber auch keine Absicherung durch andere haben. In Corona Zeiten mussten und durften selbst feste Verträge von Veranstaltern gekündigt werden, mit der Folge, dass Künstler ohne Einkommen da stehen – und sofern sie keine Geschäftsräume oder andere Infrastrukturen betreiben auch aus dem Netz der Soforthilfe fallen.
Nun will ich hier gar keinen gesellschaftliche Diskurs anzetteln, trotzdem sollte es immer wieder gesagt werden, damit die Sensibilität jedes Einzelnen auch in „Normalzeiten“ zu der Situation der Künstler geschärft wird. Nehmen wir es nicht alle als selbstverständlich hin, dass wir uns künstlerisch berieseln lassen, ohne ein wirklich entsprechenden Obulus zu leisten? Nehmen wir es nicht als natürlich hin, wenn eine CD gekauft wird und die Musik mit 3 oder mehr Freunden geteilt wird? Würden wir es nicht als unverschämt ansehen, wenn ein Musiker einen Stundenlohn z. B. eines Waschmaschinentechnikers für seine Auftrittszeiten incl. Vor- und Nachbereitung, Fahrzeiten und Fahrtkosten nehmen würde und sich nicht mit im Hut gesammelten 80,-- € zugfrieden gäbe?
Wir alle nehmen Kunst als selbstverständliches Gut des gesellschaftlichen Zusammenlebens an. Aber wir (oder viele von uns) bereichern dieses Gut auch durch eigene Beiträge, die häufig auch aus dem Amateurbereich kommend sehr professionell sind. Auch diese Gruppe der „Hobbymusiker“ kommt in Corona Zeiten zu neuen Herausforderungen. Spiele ich alleine, kann ich weiterhin wie auch sonst proben. Spiele ich mit mehreren, muss ich mir überlegen, wie Proben gestaltet werden können. Einige sind auf die Idee gekommen virtuelle Proben zu gestalten – ich habe es auch ausprobiert, komme damit aber nicht gut klar - weder über zeitgleiche Videokonferenzen, noch über zeitverschobenen Austausch von Audiofiles kommt das normale Gruppengefühl auf.
Glücklicherweis gehen wir auf den Sommer zu und so konnten wir – die Gruppe Fomiander (Folk, Mittelaltermusik und andere schöne Lieder) die neue Lockerung, dass sich wieder kleine Gruppen bei Einhaltung eines gehörigen Sicherheitsabstandes im freien treffen können, für open air Proben nutzen (nun zugegeben – ganz open air sind die Proben nicht, sondern sie finden in einem Gartenpavillon statt).
– Mario Dompke
Dear Folkies, The Folk Club Bonn is temporarily stopping its events due to the general situation in connection with the spread of the Coronavirus disease (COVID-19) and especially due to the recent general disposition of the city of Bonn concerning future public events and gatherings.
Let's hope that sometime further on down the road herd-mentality will eventually give way to the more laudable concept of herd-immunity, despite there being as yet no potential vaccine in imminent sight for the Coronavirus (COVID-19). I personally fear it may be quite a while before we can sing Jock Stewart again. Call me a pessimist, or rather a realist, but history tells us that oftentimes things rapidly constructed in a hurry, can take a whole lot longer to be disengaged and dismantled. Just look at the Berlin wall for example. Please feel free to make me happy and prove me wrong.
On the bright side, we can take consolation that quite often "out of adversity comes opportunity." Sir Isaac Newton was born in 1643 in Woolsthorpe, Lincolnshire in England and later became a world-renown mathematician, physicist, astronomer, philosopher, theologian, scientist, and author. When the Great (Bubonic) Plague of 1665 shuttered Cambridge, where he was studying at the time, Newton returned home for "home officing" and began formulating his theories on calculus, light and colour on his farm, which also served as the setting for the "falling apple" which inspired his work on gravity. So great good came out of Newton's time-out for refreshing new thoughts, inspired by the shutdowns of the bubonic plague in the 17th century.
So do follow Newton's example of using your own unexpected advancing virus-induced free time usefully during the current shutdowns for the current Coronavirus (COVID-19) for some refreshing new thoughts. One of Newton's most famous sayings was, "Men build too many walls and not enough bridges." This is a thought that we have always born in mind at the folk club and will continue to do so in future, however it turns out to be.
– John Harrison
Photo Credits:
(1) Folk Club Bonn,
(2) Sabrina Palm & Steve Crawford,
(3) Mario Dompke,
(4) John Harrison,
(by Folk Club Bonn).