FolkWorld #65 03/2018
© Walkin' T:-)M

Whiskey you are the devil!

The Sound of Whiskey

The Sound of Whiskey: Die mittlerweile dritte Stepptanz-Show der Danceperados of Ireland tourt durch die Lande, natürlich die dazugehörige CD im Gepäck. Diesmal dreht sich alles um Segen und Fluch des die Sinne belebenden als auch abstumpfenden geistigen Getränks irischer Fabrikation.

Danceperados of Ireland: Whiskey you are the devil!

CD: Danceperados of Ireland - Whiskey
you are the devil!, Magnetic Music, 2018


Artist Video Danceperados @ FROG

www.danceperados.com

Die Iren sind berühmt und berüchtigt für Gesang und Tanz. Und was fällt einem noch spontan bei dem Gedanken an die Grüne Insel ein: St Patrick's Day, Kobolde, Lammeintopf - und natürlich das milde, dreifach destillierte Wasser des Lebens.

Das Wort Whiskey ist eine Verballhornung des gälischen uisce (Wasser), und natürlich ist uisce beatha nur das Äquivalent für das Lateinische aqua vitae, wie die mittelalterlichen Mönche ihren Trank genannt haben.

Whiskey you're the divil, you're leading me astray
Over hills and mountains to Amerikay
Whiskey you're me darling drunk or sober

Die Danceperados-Show beginnt mit dem bekannten traditionellen Gassenhauer "Whiskey You Are the Devil", der uns direkt in die shebeens des ländlichen Irlands führt, die kleinen Bars, Zentrum des sozialen Lebens, in denen sich nicht nur ohne Sinn und Verstand die Kante gegeben, sondern auch überschwänglich musiziert und getanzt wurde.

Dies ist quasi die Wiege der irischen Stepptanzshows - von Riverdance bis zu den Danceperados. Das Reel-Set "E For Exceptional" (bestehend aus den traditionellen Reels "Maids of Castlebar / Toss the Feathers / Dinky's Chasers") verweist in seinem Titel denn auch darauf, dass die irischen Whiskey-Produzenten ihrem Produkt das E hinzufügten, um es von der unliebsamen schottischen Konkurrenz zu unterscheiden. Die Musik bringt das Blut in Wallung, und ist genausowenig eine harmlose Angelegenheit wie der unmäßige Alkoholgenuss.

Ian Smith

Artist Video Ian Smith @ FROG

www.iansmithmusic.net
Choreograph - Michael Donnellan
Musikalischer Leiter - Eimhin Liddy
Künstlerischer Leiter - Petr Pandula

Musiker:
Geraldine MacGowan - vocals
Joanna Hyde - fiddle
Eimhin Liddy - accordion
Conor Martin - drums & bodhrán
Ian Smith - vocals & guitar
Tadhg Ó Meachair - piano & keyboards
Michael Donnellan - dancing & rapping

Studiomusiker:
Sean Óg Graham - bouzouki, guitar, bass
Martin O' Malley - guitar
Richard Nelson - dobro
Damien McGeehan - mandolin
Antonio Andrade - flamenco guitar

Tänzer:
Alan O'Donnell, Annie Profeta, Amy Hunt, Ashleigh
John, Charlotte O'Boyle, Clodagh Roper, Codie
Shiels, Gary Pender, Fiona Shellum, Gillian
Monaghan, Holly Dalton Heath, James O'Farrell,
Joseph Fee, Kelly Witherspoon, Natasha Loughran,
Rachel Hallahan

Doch noch einmal ganz zurück zu den Anfängen. "John Barleycorn" ist die Personifikation des beliebten Trankes. Die traditionelle Ballade beschreibt, wie die Gerste (engl. barley) geerntet und verarbeitet wird, tausend Tode stirbt und als trinkbare Flüssigkeit wiederaufersteht.

Im 16. Jahrhundert wurde in Irland damit begonnen, die Destillation der Gesetzgebung und Besteuerung zu unterwerfen. So behauptet die Bushmills Distillery im irischen Norden, mit einer Lizenz aus dem Jahre 1608 die älteste, durchgängig bestehende Brennerei zu sein.

Der legal produzierte Whiskey trägt deshalb auch den Titel Parliament Whiskey, während das illegal hergestellte Produkt aus den einsamen Hügeln Irlands Poitín (kleiner Topf) genannt wird. Das "Toxic Tax Set" umfasst drei spritzige Slides im schwungvollen 6/8-Takt.

     Gather up the pots and the old tin can
     The mash, the corn, the barley and the bran
     Run like the divil from the excise man
     Keep the smoke from rising, Barney

     Keep your eyes well peeled today
     The tall, tall men are on their way
     Searching for the mountain tay
     In the Hills of Connemara

Eimhin Liddy

Geraldine MacGowan

Artist Video Geraldine MacGowan
@ FROG


www.geraldine-macgowan.com

"The Hills of Connemara" beschreibt die Jagd der Polizei und Steuereintreiber auf die Gesetzesbrecher, die nahezu als Helden und Freiheitskämpfer angesehen wurden. (Nur nebenbei sei bemerkt, dass 1979 der allererste Spielfilm vollständig in irischer Sprache "Poitín" hieß, in dem Schauspiellegende Cyril Cusack einen Schnapsbrenner in Connemara darstellte.)

Ein weiterer Poitín-Song ist das eher unbekannte "Illies Still", das Danceperados-Leiter Petr Pandula im Irish Traditional Music Archive entdeckt hat.

     It’s not that far to the Illies cross over grey gramhar
     And there view the clear crystal stream at its font
     Where the whiskey from stills it is running like fountains
     The door on the stranger it never will shun

     A wish to the whiskey it never protects us
     Or a wish to the bogs that the guards cannot crawl
     For the whiskey’s the best of the spirits existing
     That’s made on the mountains of old Donegal

     If ever the North and South be united
     It will be all o’er the head of a glass of wee still
     And if not until then that the wrong will be righted
     In place of two Irelands sure one will be seen

Nun führt uns die Geschichte aber erst einmal in die Vereinigten Staaten im Zeitalter der Prohibition. Nicht nur ertappte und verurteilte Schnapsbrenner emigrierten in Scharen über den Großen Teich. Irische Gangster fabrizierten, schmuggelten und schenkten die begehrte Ware nicht nur an ihre Landsleute aus. "The Speakeasy", die Flüsterkneipe, wird zum Nachfolger des Shebeen. Musik eingeschlossen, da die populäre Jazzmusik, dort die traditionellen Jigs und Reels. "My Whiskey Is Over the Ocean" beginnt sinnigerweise mit irischer Musik und endet mit dem amerikanischen "Cherokee Shuffle", ist Country- und Bluegrassmusik doch ein legitimer Spross der Rootsmusik der Alten Welt.

"Whiskey Lullaby", verfasst von Bill Anderson und Jon Randall, aufgenommen und zum Hit gemacht von Brad Paisley und Alison Krauss, ist eine epische Ballade neueren Datums, die sich mit den Alkoholproblemen eines geschiedenen Paares befasst.

Ende des 19. Jahrhunderts begann eine Phase der Niedergangs. Mitte der 1970er-Jahre gab es auf der Grünen Insel nur noch zwei in Betrieb befindliche Whiskey-Destillen, die New Midleton Distillery und die Old Bushmills Distillery. Irland wurde von Schottland überholt und die Hochländer wurden die größten Produzenten des Stoffes.

Ironischerweise befanden sich in diesem Zeitraum auch traditionelle irische Musik und Tanz im Niedergang. Für beide gab es glücklicherweise eine Renaissance. Irish Music ist so lebendig wie nie zuvor, und Irland kann derzeit wieder mit 18 Destillen prahlen.

"Spanish Connection", bestehend aus einem Fandango (spanischer Singtanz aus dem 18. Jahrhundert) und dem populären brasilianischen Choro "Tico Tico", ist ein latino-keltisches Tanzset, bei dem sich Akkordeonist Eimhin Liddy und Flamenco-Gitarrist Antonio Andrade gegenseitig die Bälle zuspielen. Die Idee dahinter ist, dass irischer Whiskey häufig in spanischen Sherry-Fässern heranreift, was diesem einen feineren und lieblicheren Geschmack verleiht.

Ian Smith bringt in seinem Lied noch einmal das mittlerweile einkassierte irische Gesetz der Holy Hour in Erinnerung. Wer erinnert sich nicht an die skurrile Geschichte in Heinrich Bölls "Irischem Tagebuch", als die Pubs an Sonntagen zwischen 2 und 4 Uhr Nachmittag noch ihre Pforten schließen mussten. (Was natürlich oftmals ignoriert wurde!)

The Old Bushmills Distillery

Die Show geht mit fünf rasanten Reels in ein furioses Finale und leitet - Off To the Distillery - in die verdiente After-Show-Party über. Es ist ein Spektakel für Auge und Ohr - die Tanzszenen werden begleitet von einer Multivision und 100% live dargebotener Musik -, von dem das Team um Petr Pandula geltend macht, es sei noch atemberaubender als die vorherigen Danceperados-Shows.

Für die Choreographie ist der zweimalige Weltmeister Michael Donnellan zuständig, der als Solist sowohl bei Riverdance als auch bei Lord of the Dance geglänzt hat. "Whiskey You Are the Devil" ist somit hochkarätig besetzt, erstklassig inszeniert und besitzt eine sozial-geschichtliche Relevanz, die die Thematik nicht nur für die unbelehrbare Schnapsdrossel, sondern auch für den strikten Abstinenzler konsumierbar macht.




Photo Credits: (1)-(2) Danceperados of Ireland: Whiskey you are the devil!, (3) Ian Smith, (4) Eimhin Liddy, (5) Geraldine MacGowan (by Magnetic Music); (6) Bushmills Distillery, Co. Antrim (unknown).


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