Riccarda Vedana "Quai Sun Jau!"
Brambus Records, 2014
In Graubünden in der Schweiz ist Romanisch Amtssprache. Dieses Rätoromanisch gehört zu den vielen Regionalsprachen, die der Gefahr ausgesetzt sind, auszusterben. Riccarda Vedana hat sich mit dem Album "Quai Sun Jau!" (So bin ich) einen Traum erfüllt, nämlich ein Album komplett in der Bündener Sprache. Stimmlich ist Vedana als Blues und Rockröhre schon lange auf der Höhe. Sprachpolitisch geht sie Wagnis ein, denn zu verstehen sind die Texte nicht ohne Übersetzungshilfe, die dem Album in der Bemusterungsvariante jedoch nicht beiliegt. Und leider ist "Quai sun jau!" trotz des interessanten sprachlichen Ansatzes musikalisch eher allzu gefällige Popware. Ausnahmen wie "Cun tai dasperas", in dem sie energiegeladen mit Streichern und Bläsern agiert und das bluesige "Trais pas" reißen dieses Album auch nicht aus der Mittelmäßigkeit heraus.
© Karsten Rube
Spafudla "Hörbarium"
Progressive Folk Records, 2014
Was die steirischen Musikanten der Familie Froihofer unter Zuhilfenahme des Salzburger Daniel Fuchsberger mit dem Album "Hörbarium" veranstalten, könnte man schlicht als alpenländische Volksmusik bezeichnen. Doch so Stadlkonform, wie es auf dem ersten Blick scheint, ist die Musik der vier progressiven Folkmusiker dann doch nicht. Das liegt schon in den unterschiedlichen musikalischen Wegen begründet, die zum Ensemble führen. Eine gelernte Barockgeigerin trifft hier auf musikalische Profis aus dem Jazzbereich. Das Ergebnis ist stellenweise radikal und unkonventionell. Moderne Arrangements, die nach intuitiver Musik klingen, gibt es auf diesem Album zu hören, aber auch das schlichtes Wienerlied "Herzbua". Zitate aus Jazz und Klassik zieren ihre Melodien ebenso. Die äußeren Ränder der Musik Spafudlas liegen also weit auseinander. Grundlage ihrer Arbeit ist allerdings eine unbändige Spielfreude, die sich in jedem Ton des Albums widerspiegelt.
© Karsten Rube
BartolomeyBittmann "Meridian"
Preiser Records, 2014
Das Streicherduo Bartolomey Bittmann legte im Jahr 2014 ihr Debütalbum "Meridian" vor. Der klassische Cellist Matthias Bartolomey trifft hierbei auf den ebenfalls klassisch ausgebildeten Geiger Klemens Bittmann. Bittmann hat sich neben der Klassik allerdings auch dem Jazz verschrieben und bringt in die Musik des Duos vor allem die Lust an der Improvisation ein. "Meridian"
© Karsten Rube
Kel Amrun "Sol"
Narrenschiff, 2014
Die Schweizer Mittelalterbarden Kel Amrun lösen sich mit ihrer CD "Sól" aus gängigen Klischees der Mittelaltermusikszene. Sie bewegen sich weit in den Süden des Kontinents, um die Musik des angeblich dunklen Zeitalters mit Sonne und Wärme zu füllen. Auf dem Album hört man viele Bearbeitungen aus Okzitanien und Spanien. Die eigenen Kompositionen, die mit schwizerdütschem Gesang begleitet werden, sind weitaus melodiöser, als manch gängiges Marktgeschrammel. Kel Amrun scheuen sich nicht, das Mittelalter mit ihren Arrangements zu modernisieren. Neben den Dudelsäcken agieren die Musiker mit Klarinette und Kontrabass. Sehr schön ist die regionale Ausweitung des Instrumentariums. Saz und Oud lassen erkennen, dass die Band mit den Klangfarben des Nahen Ostens zu arbeiten weiß. "Sól" ist ein mitreißendes und abwechslungsreiches Album, das man als Weltmusikalbum mit historischem Anstrich verstehen kann.
© Karsten Rube
René Lacaille "Fanfaroné"
DoBWA, 2014
Das würzige Inselparadies La Réunion im Indischen Ozean gilt nicht nur den Franzosen als Sehnsuchtsziel. Eine paradiesische Landschaft, eine reichhaltige Küche und fröhliche Menschen unter einer kontinuierlich wärmenden Sonne. So der vermittelte Eindruck, der in Europa ankommt. Musikalisch bestätigt wird dies durch die lebensfrohe Musik der Insel. René Lacaille stammt von dort. Der mittlerweile in Frankreich ansässige Meister der Ségarhythmic hat diese traditionelle Volksmusik, die auf La Réunion, den Seychellen und Mauritius sehr populär ist, im Laufe von sechzig Jahren musikalischer Ruhelosigkeit längst mit Jazz und Reggae verbunden. Die CD "Fanfaroné" aus dem Jahr 2014 ist wie seine Vorgängeralben geprägt von Lacailles multiinstrumentalem Können, der Verbindung von Improvisation und Tanzmusik. Es ist ein Vergnügen diese Musik zu hören, sich danach zu bewegen und gedanklich all den positiven Traumklischees zu folgen, die über La Réunion bekannt sind.
© Karsten Rube
Nathan James "Hear me Calling"
Sacred Cat Records, 2014
Nathan James "Natural Born that way"
Sacred Cat Recordings, 2014
Der amerikanische Kim Wilson ließ sich hinreißen, über Nathan James zu sagen, er wäre einer der wenigen, die die traditionellen Sachen richtig spielen können. Hört man sich seine beiden 2014 erschienen CDs "Hear me calling" und "Natural Born that way " an, will man ihm Recht geben. Nathan James erscheint hier im Doppelpack. "Hear me calling" hat er also Solo-Akustik-Album aufgenommen. Gitarre, Mundharmonika, Fußperkussion und Gesang reichen aus, um ein vollmundiges erdiges Blues- und Songwriteralbum abzuliefern. James entführt den Hörer mit seiner Musik in den Deltablues, also dorthin, wo der Mississippi Richtung Golf schlingert. Etwas Country mischt sich dabei in die Songs. Die CD klingt verspielt, abwechslungs- und einfallsreich. Wenn man sich beim Hören auf eine Melodieführung eingepfiffen hat, dreht er die Stimmung geschickt etwas um und man pfeift ins Leere. Nathan James gelingt es mit wenigen Mitteln, ein rundes Bluesalbum abzuliefern. Das zweite Album, "Natural Born this way" hat er zusammen mit seiner Band "The Rhythm Scratchers" aufgenommen. Hier greift er vehement in die elektrischen Saiten. Das Album klingt nach altmodischem Rhythm & Blues. Er greift auf New Orleans Blues, auf Jazzelemente und deftigen Southern Rock zurück. Ein paar der akustisch aufgenommen Songs von "Hear my calling" finden im Repertoire der zweiten CD ebenfalls Verwendung. Nathan James beherrscht das Genre wie kaum ein anderer, ist sich nie zu schade Seitenlinien in seine Musik einzubinden und weiß genau, wann es laut klingen muss und wann leise. Nathan James Blues besitzt dieses leichte Californiafeeling, das dem schwer ernstgemeinten Southernblues die Bitterkeit nimmt.
© Karsten Rube
Die Wallener "... und nun bordun ..."
Eigenverlag, 2014
Die Bezeichnung Bordunmusik trifft auf eine Spielweise zu, in der ein Dauerton als Melodieführer fungiert. Sackpfeife oder auch Drehleier eignen sich gut dafür. Besonders in der mittelalterlichen Folklore ist diese Form beliebt. Die Wallener, ein der traditionellen mittelalterlichen Volksmusik zugetanes Ensemble von der Nordseeküste spielt diese Bordunmusik. Auf ihrer CD » ... und nun Bordun .." bringen sie Stücke zu Gehör, die bestens geeignet sind, die Zeit des späten Mittelalters aufleben zu lassen. Allerdings fühlen sich die Wallener zwar der Traditionspflege verpflichtet, aber nicht auf puristische Art. Die Melodien werden sanft und liebevoll mit Instrumenten, die nicht typisch für die Bordunmusik sind, angereichert. Akkordeon, Flöte, Harfe und diverse Trommeln fließen in die Kompositionen ein. Die CD ist ein sehr entspannender musikalischer Blick in die Vergangenheit.
© Karsten Rube
Ricardo Dias Ensemble "Coimbra Fado"
ARC Music, 2014
Der Fado aus Coimbra unterscheidet sich vom bekannteren Fado aus Lissabon vor allem dadurch, dass er sich stärker über die instrumentale Seite äußert, während in Lissabon vor allem der Gesang im Mittelpunkt steht. ARC Music veröffentlichte 2014 eine CD vom Ricardo Dias Ensemble, das sich dem Coimbra Fado verschrieben hat. Auf dieser CD interpretiert die Gruppe Musik von Carlos Paredes, Edmundo Bettencourt, José Afonso und Luiz Goes. Die Lieder werden auf eine musikalisch sehr offene Interpretationsweise als Fados arrangiert. Eine leichte Jazznote fügt sich gelegentlich ein. Doch der Coimbra Fado als Leitlinie bleibt auf dem ganzen Album erhalten. Angenehm arrangiert und mit der für die portugiesische Musik typischen Sentimentalität vorgetragen.
© Karsten Rube
Rosa Morena Russa "Está ficando Russo!"
Dacasa Records, 2013
Die Zeiten, in denen die russische Seele ihren Schwermut auf höchst russische Weise mit Wodka und Balalaika tröstete, scheint lange vorbei. Jetzt, während der Globalisierung kann man auch mal mit der Melancholie anderer Kulturen fusionieren. Im Falle der russischen Sängerin Rosa Morena Russa ist es die brasilianische Art der Seelentröstung. Die Bossa Nova und selbst die Samba Brasiliens sind die etwas leichteren Varianten, mit Sentimentalität und lustvollem Leiden umzugehen. Bei den Brasilianern scheint diese Mentalität zu einer recht sonnigen Ausgeglichenheit zu führen. Rosa Morena Russa schafft die Grätsche, sonnenverwöhnte brasilianische Musik mit der schweren russischer Sprache zu kombinieren. Und höre da, alles ist leicht und weich und gefühlvoll und harmonisch. Die sentimentale Grundstimmung schwingt aber immer noch mit, wenn sie im Candobléstil des brasilianischen Nordostens "Sem você" vorträgt, Tangoharmonien einbaut und auf russisch "Ya ne lublu tebja" (Ich liebe Dich nicht) singt. Auch das auf Deutsch interpretierte "Vorbei" klingt textlich nicht unbedingt nach Freudensprüngen. Rosa Morena Russa und ihrer bunt zusammengewürfelte Band von Musikern aus Brasilien, der Ukraine, Kuba, den USA und Australien ist mit "Está ficando Russo!" ein Debütalbum gelungen, dem es mühelos gelingt, kulturelle Unterschiede mit spielerischer Leichtigkeit zu überbrücken.
© Karsten Rube
Barcelona Gipsy Klezmer Orchestra "Imbarca"
TEM Productions, 2014
Bei dieser Band aus Barcelona steht das grenzenlose Europa schon im Namen festgeschrieben. Das Barcelona Gipsy Klezmer Orchestra integriert europäische Musikstile, die sich auf der Iberischen Halbinsel eingefunden haben. Gipsymusik gehört bereits seit Jahrhunderten in verschiedenster Form zur spanischen Kultur, Klezmer hat sich ebenfalls gut dort verankert und dass die Musik des Balkans heute ganz bequem ohne das namensgebende Gebirge auskommt, ist auch keine Neuheit mehr. Auf der CD "Imbarca" des BGKO, wie sich die Band abkürzt, treffen aber auch Elemente Arabiens, der Türkei und Griechenlands zu den bekannten und stellenweise sehr vertrauten Klezmerklängen. Die Musiker, die aus allen Teilen Europas und darüber hinaus in die Band eingestiegen sind und damit eine Variante der 17 Hippies auf Spanisch darstellen, mischen ihre verschiedenen Herkunftstraditionen gekonnt in diesen großen Kochtopf der Kulturen. Der Klezmer bleibt zu jeder Zeit das geschmacksbindende Element, was dazu führt, dass die vielen Zutaten harmonisch zueinander finden. Schön zu hören, dass viele Köche nicht immer den Brei verderben.
© Karsten Rube
Port Royal "Royal Flush"
Hey!Blau, 2015
Port Royal kennt man als ehemalige jamaikanische Hafenstadt, die als ideales Schlupfloch für Freibeuter diente, bis die Stadt Ende des 17. Jh. durch ein Erdbeben zerstört wurde. Das heutige kleine Fischerdorf hat nichts mit der Musik der Berliner Band Port Royal zu tun, wohl aber die Erinnerung an die Heimat der Freibeuter. Die Berliner Ska-Band nimmt es mit der Leichtigkeit der Piraten und entert sich durch die musikalischen Stile, die entfernt was mit Jamaika zu tun haben. Es wird auf ihrem Album mächtig in die Hörner geblasen, Ska und Pogo getanzt und Reggae mit Heavy versetzt. Eine mächtige Tanzmugge haben sie da geschaffen, bei der die Stimmung schon mal überschwappt. Das Ganze ist in Deutsch, Englisch und Spanisch angerichtet und besitzt gerade in den reineren Skamomenten einen leichten Retrocharme, der stark an die zweite englische Skawelle erinnert, in der vor allem die Band The Specials für Freude sorgte. "Royal Flush" ist fetzige Musik für die lauten Stunden des Abends.
© Karsten Rube
Mississippi Heat "Warning shot"
Delmark Records, 2014
Wenn man sich schon allein den Namen der Bluesband Mississippi Heat anschaut, weiß man, dass man es mit kräftigen Deltablues zu tun bekommt, mit den hitzegeschwängerten Tönen des Deep South. Pierre Lacocque und seine Mannen von Mississippi Heat stammen - wie soll man es anders erwarten - aus Chicago. Aber Örtlichkeiten sind nicht immer stimmungsbindend. Wenn es schon Bossa Nova aus Russland gibt, warum nicht auch Southern Blues von den Great Lakes. Mississippi Heat bedienen bereits seit Jahren die Schiene des deftigen Southern Blues und Jazz. Mit "Warning Shot" ist ihnen wieder ein Meisterwerk des Genres gelungen. Es ist prallvoll mit heißen Gitarrenriffs, brillanten Mundharmonikaeinsätzen und soulig bis swingendem Satzgesang, der sich manchmal bis in die Harmonien eines Gospels versteigt. Ein interessanter Aspekt des Albums ist das Zusammenspiel von Mundharmonika und Saxophon. Ein eher unüblicher Zug in dieser Musik, der aber gut passt. "Warning Shot" ist ein temporeiches Bluesalbum, das großen Spaß macht.
© Karsten Rube
The Waifs "Beautiful You"
Compass Records, 2015
Eigentlich ist es ja nicht legitim bei der Musik von The Waifs von Americanasound zu sprechen, denn die Band stammt aus Australien. Genauer aus Westaustralien. Aber egal. Australien ist ein weites Land und in vielen Dingen ähnelt man dem Großen Bruder ja. "Beautiful You" ist also eine Countryfolk-CD geworden, die sich gemütlich in des Hörers Ohr schmeichelt. Das Album ist das siebte Werk der Band, die bereits seit über zwanzig Jahren in lockerer Verbindung zusammenspielt. Schön sind vor allem die langsamen Balladen, wie der Titelsong und der Road Song "Dark Highway". Auch "Whan a man gets down" unterstreicht die ruhige Stimmung der CD, die das hektische Tempo der Gegenwart für eine drei viertel Stunde zu drosseln vermag.
© Karsten Rube
Siian "Un Tour Ailleurs"
Coop Breizh, 2014
Eine ganz besondere Reise durch die vorderen Regionen der Seidenstraße kann man mit Musik des Duos Siian und Gaëtan Samson unternehmen. Auf der CD "Un Tour Ailleurs" haben die Musiker Lieder aufgenommen, die den Hörer von Afghanistan, über den Iran und die Türkei, bis nach Bulgarien und Serbien begleitet. Diese traditionellen Melodien und Gesänge wirken fremd, sind voller Weite und Sehnsucht. Mit zahlreichen Instrumenten, wie der Santoor - einer Zitter aus Indien, der persischen Rahmentrommel Daf und der afghanischen Geige Rebab, werden die verschiedenen Kulturen dargestellt. Eine interessante Übertragung des Cohen-Songs "Famous Blue Raincoat" in die Stimmung der asiatischen Weltmusik, gelingt ihnen als Überraschung ebenso, wie den Titel "Thème Afghan" ansatzweise an die Banjomusik Amerikas anzulehnen. Eine gelungene Reise voller emotionaler Eindrücke aus dem Vorderen Orient.
© Karsten Rube
Klara "Alles wird Klara"
MP-Records, 2014
Birgit Schlenthers Hauptinteresse liegt darin, mit der Stimme die Seele klingen zu lassen. Das tut sie vor allem als Gesangslehrerin in Köln, wo sie dem Anfänger und dem Profi hilft, seinem Inneren musikalisch Ausdruck zu verleihen. Doch hin und wieder müssen auch die eigenen Empfindungen auf die Reise gehen und so hat sich die Künstlerin in die Kunstfigur Klara verwandelt, die ihr bühnentaugliches Abbild darstellt. "Alles wird Klara" heißt ihre CD, die sie dem Programm beigeordnet hat. Klara versteht sich als Frau der Gegenwart, die mit Freude akzeptiert, dass sie nicht vollkommen ist. Man könnte von Bodenständigkeit reden, wenn das nicht zu sehr nach "Bauer sucht Frau" klingen würde. Denn ganz bodenständig ist sie nicht, da sie sich gern auch mal treiben lässt und die Flügel ausbreitet. Klara möchte authentisch sein. Schein und Sein in Einklang bringen. Ihre Lieder singen davon. Sie versucht sich von den Verlockungen der Werbeindustrie ebenso wenig beeindrucken zu lassen, wie von biodynamischen Trendsettern und designverliebten Markenanbetern. Klara singt eine Ode an ihren verlorengegangenen besten Freund, der sich am Ende des Liedes als etwas entpuppt, das nichts anderes ist als ... nein, das will ich jetzt nicht verraten. Der Witz entsteht beim Hören. Der Alltag besteht für sie aus so gegensätzlichen Dingen wie Sonntagskrimi und Protest gegen Streit und Waffenklirren. So weit so nett und so chansonnettenhaft adrett. Doch in den leiseren Liedern kommt die eigentliche Klara zum Vorschein, die lebensverliebte hoffnungsvolle Romantikerin. "Besitzer des Himmels", "Alles Liebe", "Sein lassen" sind Lieder, wie sie in der Welt der ausformulierten Zweideutigkeit heute kaum noch stattfinden. Ehrlich, eindeutig, sensibel und trotzdem schmalzfrei. Was immer es ist, was Birgit Schlenther mit Klara auf die Bühne bringt, Kleinkunst, Cabaret oder Chanson oder wo man es sonst anordnen will: "Alles wird Klara" ist die charmanteste Aufforderung zum Leben, die mir seit langem unter die Ohren gekommen ist.
© Karsten Rube
No Refund Band "Current State of Blue"
Independent Recording Artist, 2014
Die zweite CD der Texas-Blueser No Refund Band "Current State of Blue" steigt mit kräftigem Gesang und fetten Bläsern in das Geschehen ein. Rollig zerrt man an den Gitarrensaiten und lässt mit dem Einsteiger "Buy the Blues" keinen Zweifel an der Richtung aufkommen. Und schon mit dem zweiten Song, dem titelgebenden Lied des Albums dreht sich alles auf eine swingende Note. Später, in "Favorite Fool" wird es seicht und nächtlich, doch nicht ohne die Kraft eines gefühlten Blues. Bläser ersetzen auf der CD weitgehend die Drums, die nur gelegentlich als Gastinstrument auftauchen. "Love unmade" tanzt sich von groovig bis funky und legt eine Scheibe Latin mit auf den Toast. Zwar überzeugt die No Refund Band immer wieder mit rockig angehauchtem Standardblues. Gekonnt covern sie Klassiker, wie "Bell Bottom Blues" von Eric Clapton und "Still Got the Blues" von Gary Moore". Aber die Stärken dieser CD liegen eindeutig auf von Bläsern unterstützten Soulnummern. Durchtriebener soullastiger Blues.
© Karsten Rube
Fo'Reel "Heavy Water"
Domizio, 2014
Fo'Reel ist eine Rhythm & Blues Band aus New Orleans. Das schwere Wasser des Mississippi presst durch die Musik der Band und lässt den Sound der Band erdig und schwer wirken. Die Bläser geben den Songs einen gewissen Fluss und etwas von der spontanen Geselligkeit, die man vor dem Hurrikan mit New Orleans in Verbindung brachte. Es ist vor allem die Gitarre von Bandleader Mark Domizio und der Gesang der beiden Sänger C.P. Love und Rick Lawson, die als Fixpunkt der Lieder fungieren. Drumherum reihen sich einige Solos von Saxofonist Jon Smith, der Orgel von Johnny Neel und natürlich der Gitarre Domizios. Insgesamt ein ganz anständiges Bluesalbum.
© Karsten Rube
Jamaram & The Acoustic Night Allstars "Heavy Heavy"
Turban Records, 2015
Die Münchner Reggaeband Jamaram produzieren für sich allein schon einen ordentlichen Sound. Für ihr neuestes Projekt hat sich die Band mit den Acoustic Night Allstars zusätzliche Verstärkung dazugeholt. Die jungen Sängerinnen und Sänger aus Zimbabwe bereichern das Ensemble mit afrikanischen Akzenten. Hinzu kommen ein paar Gäste, wie der Koraspieler Djakali Kone. Kone stammt aus Burkina Faso und lebt in Österreich. Es mag also nicht überraschen, dass das Album "Heavy Heavy" weltmusikalische Feinkost geworden ist. Jamaram blieben dem Reggaegrundrhythmus weitgehend treu. Ihre Tanznummmern sind von entspannter Leichtigkeit, wie es der Song "I'm ready" auszudrücken vermag. Die Bläser sitzen pointiert bei solchen souligen Songs, wie in "Why", bei dem ich im Booklet verzweifelt danach suchte, ob da nicht John Legend singt. Doch es ist Tom Lugo, wenn ich das richtig gelesen habe. Ebenfalls eine tolle Stimme und ein wunderbarer Song. Sehr schöne Übergänge in eine afrikanische Stimmung, die sich im weiteren Verlauf der CD immer wieder durchsetzen, sind die Einsätze afrikanischer Instrumente, wie Kora, Djembe und Mbira - einem etwas größer geratenen Daumenklavier, ähnlich einer Kalimba. Die Sängerin Tariro NeGitare fällt im Lied "Uripi" angenehm auf, ein Song, der von weltmusikalischer Verspieltheit in urbane Heftigkeit wechselt. "Go away" wechselt dann unvermittelt in Latinmusic. Danach wechseln die Stimmungen weiter von stimmungsvollem Popsong "Missing you" zur langsamen Ballade "Miles away". Die abschließenden Songs der CD sind wieder warmen afrikanischen Rhythmen vorbehalten. Das Lied "Mwandangu Mharadzi" trumpft mit einer hervorragend gespielten Kora auf. Jamaram hat mit "Heavy Heavy" bewiesen, dass sie derzeit die vielleicht beste deutsche Kapelle ist, die Partymusik und weltmusikalische Brückenschläge mit verspielter Leichtigkeit kombinieren kann.
© Karsten Rube
Isaiah B Brunt "Just The Way That It Goes"
Eigenverlag, 2015
Blues in New Orleans aufzunehmen klingt nicht besonders ungewöhnlich. Zahlreiche Studios sitzen dort am Mississippi und viele Musiker im Süden der USA sind mit dieser Musik großgeworden. Mit Isaiah B Brunt verhält sich das etwas anders. Brunt wurde in Auckland/Neuseeland geboren und tourt bereits seit einer Weile durch Australien und den pazifischen Raum. Bisher war er eher als akustischer Blueser unterwegs. Für sein Traumprojekt, ein Bluesalbum in Amerika einzuspielen, hat er sich auf die elektrische Gitarre verlegt. "Just the Way that it Goes" ist ein sehr erdiges Album geworden. Betont reduziert in Tempo und Instrumentarium. Alles ist auf den Sänger und Gitarristen ausgerichtet. Gelegentlich trällert sich ein Barpiano durch die Melodie und eine Mundharmonika fehlt auch nicht. "Just the way that it goes" ist ein gelungener Versuch für den Musiker von Down Under im Ursprungsgebiet des Mississippiblues Fuß zu fassen.
© Karsten Rube
Lamia Bèdioui & The Desert Fish "Athamra"
Lbedioui Music, 2015
Im arabischen Raum haben Geschichtenerzähler von alters her eine lange Tradition. Die bekannteste aller orientalischen Geschichtenerzählerinnen ist Sherazade. Ganz in deren Tradition versteht sich die Tunesierin Lamia Bèdioui. Zusammen mit der griechischen Band The Desert Fish hat sie unter dem Titel "Athamra" Lieder ausgesucht, die vom Leben in den Anrainerstaaten des Mittelmeers handeln. Athamra bedeutet auf Arabisch Frucht. Und von den Früchten, die an den Ufern des Mittelmeers wachsen, lässt sie uns in ihren Geschichten kosten. Sie besingt in einer spanischen Weise das Meer als Ausgangspunkt für die vagabundierende Reise, die man im Laufe der folgenden Stunde antritt. Zunächst landet man in einem Gefängnis in Kleinasien, tanzt danach Tarantella in Neapel und findet sich in den Armen eines tunesischen Liebhabers wieder. "Das glücklose Weib" besingt sie in einer traditionellen Weise aus Marseille. Nach der Geschichte über die sizilianischen Piraten widmet sich das Album vor allem traditionellen Gesängen aus Algerien, Griechenland und der sephardischen Juden Spaniens. The Desert Fish unterstützt die Lieder Lamia Bèdiouis mit sorgfältig ausgewähltem orientalischen Instrumentarium. Die kretische Lyra begleitet die zauberhafte Stimme ebenso, wie Oud, mittelalterliche Laute und afrikanische Wassertrommel. Lamia Bèdiouis Lieder auf dem Album "Athamra" sind Geschichten der Enkel Sherazades.
© Karsten Rube
Graf Itty "Überwachungskamerad"
Jump UP Records/Plattenbau, 2014
Eine bunte Republik, wie die hiesige besitzt viele Stimmen. Einige sind laut, andere verhalten und die vielen Schweiger verstehen sich als unverstandene Mehrheit. Eine junge und laute Stimme des Landes ist Graf Itty. Der junge Mann bewegt sich im Umfeld des Liedermachers Heinz Ratz und seiner Band Strom und Wasser. Als Ratz seine Aktion startete, mit Musikern, die in Deutschland in Flüchtlingsheimen untergebracht sind, auf Tour zu gehen, fand Graf Itty seinen musikalischen Einstieg. Sein Debüt-Album "Überwachungskamerad" ist geprägt von gepfefferten Hip-Hop-Reimen, Punk, elektronischen Soundspielereien und einem Schuss von der guten alten Neuen Deutschen Welle. Seine Texte bewegen sich im Protestslang, in dem er alles aufsagt, was ihm gegen den Strich geht in dieser Gesellschaft und das ist eine ganze Menge. Er beklagt Überwachung und Menschenhandel, zählt in kurzem Stakkato Schlagwörter auf, die die Presse gern als Schlagzeilen abschießt: Snowden, Tierversuche, Wulff etc. Die Methode Sinnzusammenhänge und Folgerichtigkeiten zu konstruieren, macht dem kleinen Krakeeler besonderen Spaß. Er fabuliert sich über das Wort Teufel zum Wort Politik, dem er direkt das Wort Mord hinterherhetzt, wandert von Deutschland ohne langen Umweg zu Hitler und endet schließlich bei Thor Steinar, Obama und der Stasi um endlich beim deutschen Spießer anzulangen. Alles ohne Luft zu holen. Google und das Internet bleiben als Massenverdummung nicht unerwähnt. (Ihr findet Graf Itty übrigens auch bei Facebook.) Und die Demokratie stellt er natürlich auch als größte Lüge an den Pranger. Allerdings ohne eine Alternative vorzuschlagen. Graf Itty macht viel Dampf und weiß sich zu artikulieren. Themen wie Marktwirtschaft und Unrecht, Verschwendung und Armut müssen immer wieder laut gemacht werden. Da ist jedes musikalische Mittel willkommen. Und da sich Graf Itty an die Seite der Aktion "Strom und Wasser feat. The Refugees" platziert hat, kann man hoffen, dass es bei ihm mehr als heißer Dampf oder Nebel aus der Farbdose ist.
© Karsten Rube
Tumult "Den Bagvente"
GO Danish Folk Music, 2014
Tumult ist eine dänische Folkband, die sich bereits mit mehreren in dänischen Folkkreisen gut beachteten Alben rühmen können. Immerhin wurden sie bereits mehrmals für den dänischen Folkmusic-Award nominiert. Die CD "Den Bagvente" bewegt sich zwischen amerikanischer Rootsmusic und nordeuropäischer Folklore. Musikalisch ist die CD ein angenehmer Hinhörer mit schönen Arrangements und einfach interpretierten Volksliedern. Fiddeltunes und Mandolinen harmonieren bestens mit Maultrommel und Bassgeige. Leider ist von den Texten für mich nichts zu verstehen, da keine Übersetzung aus dem Dänischen vorliegt und auch ihre Website nichts dazu bereithält.
© Karsten Rube
Peter Novelli "St. Amant Sessions"
Chalet Music, 2015
Tief im Süden spielen die Männer noch richtig Gitarre. Zumindest kommt mir das so vor, nachdem ich über mehrere Wochen verschiedene Bluesmusiker aus Louisiana hören durfte. Einer heißt Peter Novelli und der ist bei weitem kein Unbekannter in der Musikszene des amerikanischen Südens. Als Songwriter hat er bereits Dr. John beliefert. Seine eigenen musikalischen Ambitionen beweist er einmal mehr mit dem Album "St.Amant Sessions". St.Amant ist ein kleines Kaff zwischen New Orleans und Baton Rouge. Dorthin zog er sich mit ein paar Freunden ins Studio zurück, um elf Eigenkompositionen einzuspielen. Die CD dürfte vor allem für Freunde des rockigeren Blues eine Freude sein. E- und Slidergitarren spielen sich die Einsätze bestens zu und Novellis hackiger Gesang rundet die Songs mit rauchigem Geschmack ab. "Woman in my dreams" besitzt sogar deutliche Pop-Elemente, die einem guten Roadradio guttun dürften. Das folgende "Story in Your Mind" stapft schwerfälliger, aber gesättigter und mit gefährlich unterdrückter Energie durch die Zeit. Abgerundet wird das Album von einer überraschend schwungvollen Zydeco Nummer. "St.Amant Sessions" ist eine gelungene Reise in den bluesigen Süden von Louisiana.
© Karsten Rube
Jeff Chaz "Chronicles"
JCP Records, 2014
Und wieder sind wir auf der Bourbon Street im Herzen von New Orleans unterwegs. Dort ist Jeff Chaz ansässig. Der Bluesmusiker legt mit "Chronicles" eine Art Zeugnis seines Werdegangs ab. Stilistisch hat er sich im Laufe seines Lebens mehrmals gewandelt. Er bewegt sich irgendwo auf der Schiene zwischen B.B.King und Frank Zappa. Auf dem Album lässt er es richtig krachen. Heftig reißt er an den Saiten seiner Gitarre. Orgeln legen ihm einen Teppich aus und an Bläsern spart er auch nicht. Mit seiner Musik geht immer ein souliger Atem einher und gelegentlich lässt er auch mal den Funk mit seinem Sound durchgehen. Spritziges Album, das sich hören lassen kann.
© Karsten Rube
Various Artists "Strange & Dangerous Times"
Trikont, 2014
Rootsmusic ist der Ausdruck des amerikanischen Selbstbewusstseins jenseits urbaner Trends und jenseits der Folklore der Ureinwohner. Dies zieht sich seit den Tagen der frühen Besiedlung des riesigen Landes hin, das sich vor allem die Europäer Stück für Stück erobert - oder besser von den Ureinwohnern geborgt und dann vergessen haben es zurückzugeben. Immer begleitete die Vermesser, Siedler, all die frühen Treckies irgendein Instrument. Meist waren es Lieder über die Unwegsamkeit des Lebens, die gesungen wurden. Später wurden daraus Protestlieder, Lieder gegen den Krieg und gegen die Ausbeutung. Auch Lieder gegen das Unrecht, das den Ureinwohnern und den eingeschleppten Sklaven geschah. Seeger, Dylan, Guthrie, auch Joen Baez und Joni Mitchell zählen zu den bedeutenden Vertretern der amerikanischen Folkszene. Bis heute ist dieser Stil relativ unverändert. New American Rootsmusic klingt noch immer wie vor hundert Jahren, auch wenn die Instrumente nun elektrisch verstärkt werden. Trikont hat unter dem Namen "Strange & Dangerous Times" eine Zusammenstellung herausgebracht, auf der der neueren amerikanischen Folkszene ein Forum eingeräumt werden soll. Die neuen Folk- und Rootsmusiker kennen sich nicht nur mit der Folklore, dem Country und dem Songwriting aus, sondern sind selbst mit den modernen Strömungen der Musik, wie Punk, Rock und Hip-Hop groß geworden. Kaum merklich fließen Einflüsse der Moderne in die Rootsmusic ein, die auf dieser CD zu hören sind. Alle Songs klingen nach großer Leidensstimmung, Ärger und Missmut. Folkmusik scheint in dieser Sammlung ein Ausdruck von Bedrückung zu sein. Kaum ein Sänger, der nicht nölend und grummelnd seine Probleme beschreibt. Weibliche Folkmusik findet auf der CD überhaupt nicht statt. Einzeln gesehen sind es ganz originelle Songs, doch in der Sammlung zieht dieses Album die Stimmung ziemlich runter. Wenn das wirklich "The Real Music of the 21st Cenury" ist, wie die Titelunterschrift vermerkt, dann kann man dem Rest des Jahrhunderts nur noch mit Stirnfalten begegnen.
© Karsten Rube
Rotfront "17 Deutsche Tänze"
Rough Trade, 2014
So fühlt es sich also an, wenn eine Band mit tadellosem Migrationshintergrund als deutsche Musik wahrgenommen wird. Der Kulturaustausch hat funktioniert. Reggae, Ska, Ragamuffin, Balkanfolk, Polka, Russendisco, Hip-Hop und urbaner Punk aus Deutschland bildet den Soundtrack des neuen Deutschlands. "17 Deutsche Tänze" das sind siebzehn Stimmungspogos mit deftigen Rhythmen und osteuropäisch geschwängerten Melodien. Ein paar namhafte Gäste wirken bei ihrer dritten CD mit. Yuriy Gruzhy Russendiscokumpan von Wladimir Kaminer, findet ein paar tröstende Worte über deutsche Tänzer, Flo Mega hopst einem Titel hilfreich bei und mit der österreichischen Ex-Showtänzerin und Sängerin Marla Blumenblatt erinnern sich die Rotfrontler an einen Parisbesuch. "17 Deutsche Tänze" ist eine reine Partyplatte. Vom ersten Ton an steht die Aufforderung zum Tanz. Meistens heftig und schnell, doch auch vor einer gemütlichen Cumbia, wie "Kontrabanda" macht die Front nicht halt. Rotfront‘s deutsche Tänze sind leckeres gesamteuropäisches Wildgulasch, spannend gemischt und skrupellos bunt.
© Karsten Rube
Toots Lorraine "Make it Easy"
Greaseland Records, 2014
Toots Lorraine gehört zu den wenigen weiblichen Stimmen des modernen Blues. Sie stammt eigentlich aus Jacksonville in Florida, lebt und arbeitet allerdings auch in Kalifornien. "Make it easy" haben sie jedenfalls an der Westküste eingespielt. Das Album bietet eine Art Vintage-Blues mit Rockebillyelementen. Es ist eine gelungene Mischung, in der entspannter Westcoastblues, Swing und ein wenig von der Schwere der Musik aus den Sümpfen an der Ostküste zu spüren ist. Der pulsierende Gitarrenblues von Chad Dant ist bestens abgestimmt auf die großartige Stimme seiner Sängerin und Frau Toots Lorraine. Oldfashioned Blues, der niemals verstaubt klingt.
© Karsten Rube
Eliseo Parra "El Man Sur"
Karonte, 2015
Im Sommer 2015 konnte man Eliseo Parra als prägenden Teil der Gruppe Coetus auf dem Tanz- und Folkfest in Rudolstadt erleben. Der Musiker, der eigentlich aus Valadolid stammt, aber viel Zeit seines Lebens in Barcelona verbracht hat, versucht sich auf seinem Album "El Man Sur" daran, den andalusischen Teil seines Landes mit seinen traditionellen Wurzeln zu beleuchten. Tänze, aus dem Flamenco entlehnt, wie Buleria, Fandango, Alegria suchte er zusammen und durch geschicktes Zusammenspiel von traditioneller und moderner Interpretation lässt er sie neu aufleben. Er interpretiert Texte von Lope de Vega und Frederico Garcia Lorca und begibt sich auf die Spuren der Musik Nordportugals. Als Gastmusiker unterstützt ihn unter anderem der Geiger und Trompeter Diego Diaz, der Gitarrist David Torrico und der baskische Akkordeonvirtuose Kepa Junkera.
© Karsten Rube
La Brass Banda "Kiah Royal"
Sony Music, 2014
Ein Hoch auf das liebe Milchvieh müssen sich die bayrischen Bläser der BrassBanda gesagt haben und servieren ihren wiederkäuenden Freundinnen etwas Kultur. Die CD "Kiah Royal" - ein Wortspiel, dass die bayrische Fernsehserie Kir Royal mit dem bayrischen Wort für Kühe (Kiah) versetzt, wurde Live in einem Kuhstall aufgenommen. Die Kühe kauten verträumt im Hintergrund der Band. Ob die Musik die Milchleistung verbesserte, ist nicht überliefert. Einen Teil der hier live eingespielten Songs haben sie bereits auf der CD "Übersee" veröffentlicht. Die Kuhstallversion gefällt mir persönlich besser. Die Sanftheit des Weideviehs hat sich auch auf die Musik der Band übertragen. Die Bläserarrangements sind deutlich verhaltener, als man es vom auf Turbobrass getunten Album "Habe die Ehre" kennt. Sehr schön ist die Coverversion "Der Mond" auf dem Rocko Schamoni seinen Beitrag zum Gelingen liefert. Auch Stephan Remmler kann man im Lied "Keine Sterne in Athen" als Gast hören. "Kiah Royal" ist nicht nur originell, sondern ein Original. Wer nach der CD immer noch glaubt, Blasmusik ist nur was für verspießte Volkstümler, dem ist nicht mehr zu helfen.
© Karsten Rube
Nikolaj Efendi "The Red Wine Conspiracy"
Dramatic Pause, 2015
Von der Folkpunkband Roy de Roy[57] und ihrem munter destruktiven Bolschewisten-Ska zum melancholischen Songwriter scheint es nur ein kleiner Schritt zu sein. Nikolaj Efendi, der Wahlwiener mit slowenischen Wurzeln, beweist mit seinem ersten Soloalbum "The Red Wine Conspiracy", dass es für ihn eine weitere Welt gibt, die jenseits des Rumpelrocks vom Balkan liegt. Seine zehn Songs sind kleine erzählerische Seifenblasen, die schön durch den blau geträumten Himmel treiben. In Englisch und einmal auch in Slowenisch singt er unangestrengt seine Lieder, die häufig von Trompete und Horn unterstützt werden und manchmal vor robuster Schwere scheppern, wie in "Hometown" zu hören ist. Jazzig wird es gelegentlich ebenfalls. "When art..." lädt zum Fingerschnippen ein. Gelungenes Debüt mit angenehm klarer musikalischer Leitlinie.
© Karsten Rube
Simon und Jan "Ach Mensch"
Ahuga!, 2015
Irgendwie scheint es in Oldenburg, wo Simon und Jan herkommen, fürchterlich trostlos zu sein. Ich will da nicht wohnen, wenn man mit solch einer misanthropischen Lebenssicht aus dem Ort herausguckt. Mit fein arrangierter Musik für Gitarrenduo und harmonischen Gesang beschreiben sie den Menschen als einzige Spezies, bei der die Evolution und ihr ausführender Produzent Gott versagt haben. Sie reimen sich durch den deutschen Sprachschatz und feuern munter auf alles, was ihnen vor die wortschöpferische Reimflinte kommt. Das trifft vor allem Leute, die sich verkaufen, wie Künstler, die längst nicht mehr vom künstlerischen Schaffen, sondern von der Vermarktung ihres Namens leben. Das trifft natürlich Politiker, schon allein deshalb, weil sich Politiker im spottdichterischen Lied immer gut machen. Jede satirisch geprägte Preisverleihung liebt sowas. Das triff die Religion, auch ein Thema, in das sich Menschen versenken. Für Simon und Jan ein weiterer Grund, an der Vernunft des Menschen zu zweifeln. Die beiden Liedermacher versuchen sehr geschickt und mit stellenweise vulgärem Wortspiel, ihr Publikum besoffen zu machen. Wo munter die Idee beheizt wird, dass sich um einen herum nur Idioten befinden, findet sich auch schnell Publikum, das mitsingt, ohne sich zu schämen. Das Programm "Ach Mensch" ist so geschickt manipulativ, dass es in die Welt des Kabaretts perfekter hineinpasst, als es sich die beiden Liedermacher wünschen.
© Karsten Rube