FolkWorld Issue 39 07/2009; Artikel von Morten Alfred Høirup (Übersetzung: John Høyer Nielsen)


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Fritterne zu Phønix
20 Jahre auf der Folkszene

Anfang der 90er Jahre traf ich die Mitglieder der ganz jungen dänischen Folkgruppe ”Fritterne”. Der Ort war Kaustinen in Finland, der Anlass das berühmte Kaustinen Folk Festival. Fritterne waren zwar nicht im offiziellen Festival-Program vertreten, aber sie hatten sich entschlossen, auf eigenes Risiko die lange Reise nach Kaustinen zu unternehmen, um ihre jugendliche Neugierde zu stillen, etwas neues zu erleben und nebenbei auch auf sich selbst und auf die dänische Folkszene aufmerksam zu machen.

Hier waren sie dann, ein sonniger Juli-Nachmittag auf einer Bühne in einem vollbesetzten Café auf dem Festival-Gelände in Kaustinen, wo sie ihre traditionellen dänischen Spielmannsmelodien spielten.

Phønix

Anja Præst Mikkelsen (Klarinette), Jesper Falch (Schlagzeug),
Karen Mose (Gesang), Jesper Vinther Pedersen (Akkordeon)

PHØNIX @ FolkWorld: FW#8, #16, #24, #31, #35

Icon Sound Halmværket, Majvisen, Ulv, Ræv og Hare

Icon Movie @ www.youtube.com

www.phonixfolk.dk
Damals, anfang der neunziger Jahre, gab es oft im Ausland - auch in unseren nordischen Nachbarländern - die Auffassung, dass die traditionelle dänische Volksmusik von Volkstanzgruppen und älteren Herren als Amateure in ”alte” Volkstrachten gekleidet nach Noten gespielt wird. Vor diesem Hintergrund und aufgrund ihrer ansteckenden Spielfreude hat Fritterne mit ihrer Musik das Publikum im Sturm genommen. Begeistert erlebten hier viele zum ersten mal junge Däninnen und Dänen, die traditionelle dänische Folk-Melodien spielten.

2010 können Fritterne, seit Jahren schon als PHØNIX bekannt, ihr 20. Jubiläum feiern. Die Arbeitsdisziplin und der Enthusiasmus, die schon im sonnigen Festival-Café in Kaustinen voll in Blüte waren, ist ein ständiger Begleiter von Phønix geblieben. Phønix hat in den zwanzig Jahren eine lange und sehr markante Entwicklung erlebt. Nach einer langen Zeit, wo sie überwiegend traditionelle dänische Musik spielten, haben sie mehr und mehr Eigenkompositionen ins Repertoire eingebracht. Sie haben unzählige Schulkonzerte absolviert und in späteren Jahren eine wichtige Rolle beim Wiederaufleben der alten dänischen Balladen (Volkslieder) gespielt.

Dänische Lieder und Balladen für Kinder und Erwachsene

2001 wurde die junge dänische Sängerin Karen Mose Mitglied von PHØNIX, und damit verschob sich das Gruppen-Repertoire mehr in Richtung von Liedern und Balladen. 2001 war auch das Jahr, wo PHØNIX ihre ersten Konzerte für Kinder spielte. Karen Mose: ”PHØNIX” fing an, Konzerte für Kinder zu spielen, in dänischen Schulen und anderswo, und das hat sich als eine Art Spezialität für uns entwickelt, nicht nur in Dänemark, sondern auch im Ausland. So haben wir in Schweden für die Veranstalter Rikskonserterne, in Belgien und Österreich für Jeunesses Musicales und sogar in Toronto, Kanada, ganze Kinder-Konzert-Tourneen absolviert. Tagsüber können wir für Kinder in Schulen usw. spielen, abends machen wir dann unsere Konzerte für Erwachsene. Damit können wir alle unsere Möglichkeiten nutzen, ein logistischer Vorteil. Und es ist für uns immer interessant, wie unsere Musik und Lieder eine unmittelbare Verbindung und Kommunikation mit Kindern im Ausland aufbauen können, obwohl sie kein Wort Dänisch verstehen.”

2002 kommt die vierte CD von PHØNIX ”Drengen & Pigen”, zum ersten Mal nun mit Sängerin. Das Album wird noch im selben Jahr für fünf Danish Music Awards nominiert, und die Sängerin Karen Mose erhält die Auszeichnung "Sängerin des Jahres" in der Sparte Folk. Es folgten Tourneen in Kanada und Amerika, in Dänemark und Europa, oft zum gleichen Teil Konzerte für Kinder und Abendkonzerte für Erwachsene. Immer mit der Absicht, die Bekanntheit von dänischem Folkmaterial zu verbreiten. Traditionelle und neugeschriebene Musik, wie sie heute zeitgenössisch gespielt wird, von einer der am härtesten arbeitenden, meist enthusiastischen und bestens musikalisch bestückten Bands aus Dänemark. Im Jahr 2009 sind es immer noch die alten Balladen und Lieder, die im Zentrum stehen, unterstützt von instrumentalen Arrangements bestehend aus Ziehharmonika, Klarinette/Bass-Klarinette und Schlagzeug.

Karen Mose: ”Die alte Balladen und Lieder wurden sehr früh in Dänemark gesammelt und aufgezeichnet. Wir suchen sie in alten Notenbücher und Archiven, und ich kenne auch viele davon durch meine Eltern (Lang Lingken). Oft sind sie unendlich lang, 70 Strophen oder mehr sind nicht ungewöhnlich, und das geht heute nicht. So bearbeiten wir die Vorlagen, kürzen sie, aber immer so, dass die Dramatik und die guten Geschichten in kompakterer Form bewahrt werden . Phønix, Wackelstein 2008 Die alten Balladenmelodien sind recht offen und einfach gestaltet, das gibt uns wiederum die Gelegenheit, sie weiter zu entwickeln. Wir komponieren neue Stücke, flechten sie mit den alte Melodien zusammen, und versehen dadurch diese traditionellen Lieder mit unserer eigenen persönlichen Note.”

PHØNIX und die Auslandkonzerte

In den letzten acht bis zehn Jahren hat PHØNIX seine Aktivitäten immer mehr ins Ausland verlagert, hierunter auch nach Deutschland, wo ein großer Teil des Folk-Publikums ein besonderes Interesse an der dänischen und nordischen Folkszene zeigt. Deutschland ist unser Nachbarland, geografisch leicht erreichbar, mit einer finanziellen Situation, die unserer ähnlich ist. Die deutsche Folk-Szene hat auch eine hilfreiche Infrastruktur aufgebaut, so dass es leicht gemacht wird, sich informieren zu können, was, wo und wann passiert: das Folk-Magazin FOLKER, das Internetmagazin Folkworld.eu, die Homepages von großen Festivals wie das Tanz & Folkfest in Rudolstadt oder FolkBaltica in Flensburg zum Beispiel.

Karen Mose erzählt, dass die Gruppe PHØNIX genau wie andere dänische Folk-Bands sehr gute Erfahrungen mit Auslandsjobs gemacht haben: ”Wenn wir unsere dänische Musik im Ausland spielen, spüren wir ein großes Interesse nicht nur unserer spezielle Instrumentierung gegenüber, sondern auch gegenüber den vielen Geschichten, die sich an die traditionelle Musik knüpfen. Ein Teil des Repertoires von PHØNIX ist ja uralt und ist mit vielen spannenden Geschichten verbunden. Es ist fast, als ob unsere Musik im Ausland als besonders spannend, ja fast als exotisch empfunden wird. Wir lieben das deutsche Folk-Publikum, das uns und unserer Musik immer mit Offenheit und Neugierde begegnet, auch in Ortschaften, wo wir nie zuvor spielten, und wo unsere Musik unbekannt ist. Das Folk-Publikum kommt trotzdem!”

PHØNIX und die Zukunft

Fast 20 Jahre sind vergangen, seit ich zum ersten Mal die Gruppe, die sich jetzt PHØNIX nennt, auf dem großen finnische Kaustinen-Folk-Festival traf. PHØNIX hat sich von Traditionalisten hin zu einem der besten Interpreten der gegenwärtigen dänischen Folk-Musik entwickelt. Sie haben den großen Schatz von dänischen Mittelalterballaden und traditionellen Lieder gehoben und in den Blick gebracht. Sie sind alle älter und reifer geworden, haben viele Erfolge und wahrscheinlich auch ein paar Misserfolge erlebt, aber ihre unmittelbarer Spielfreude ist immer dieselbe geblieben.

PHØNIX hat voll zu tun, und laut Karen Mose auch genügend Pläne für die Zukunft: ”Wir blicken auf ein paar spannende Projekte, zum Beispiel ein Crossover-Projekt mit dem Ensemble Midtvest, einem klassischen Kammerorchester.
Morten Alfred Hoirup
Morten Alfred Høirup (*1961) ist ein dänischer Musiker und Journalist. Er war Sänger und Gitarrist im Duo Haugaard & Høirup und arbeitet derzeit freischaffend für das Danish Roots-Projekt.

www.mortenalfred.dk, www.danishroots.eu
Nächstes Jahr feiern wir unser zwanzigjähriges Jubiläum mit umfangreichen Tourneeaktivitäten und einer Jubiläums-CD. Für den Sommer 2009 haben wir Konzerte geplant in Dänemark, Deutschland, Polen u.a.”

übrigens: Die Mitglieder von PHØNIX waren treibende Kräfte, als man vor zehn Jahren an der Carl Nielsen Academy of Music in Odense die erste spezifische dänische Hochschulausbildung für Folk-Musiker und Musikerinnen eröffnete!

Photo Credits: (1)-(2) PHØNIX (from website); (3) Morten Alfred Høirup (by The Mollis).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 03/2009

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