FolkWorld Ausgabe 35 02/2008

FolkWorld CD Kritiken

Stacy Mitchhart "Gotta Get the Feeling Back Again"
Label: Dr. Sam Records; 2007
Der in Tennessee lebende Bluessänger und Gitarrist sagt über seinen Umzug nach Nashville (1996) mit einem schelmischen Grinsen: „Ich bin hier in Nashville ein Yankee, der so weit es möglich ist keinen Country spielt“. Sein neuestes Album „Gotta get the Feeling back again” gibt ihm mit den sieben Eigenkompositionen, drei Cover Versionen und dem traditionellen Blues recht. Mitchhart singt vor allem den Blues. Dabei reichen die Einflüsse vom Soul über Rock und Folkmusik bis hin zu typischen Südstaatensound. Begleitet wird er dabei von seiner Band mit einem beeindruckendem Line-up – Schlagzeug, Gitarren, Bass, Keyboards, Blechbläser und natürlich den typischen Saiteninstrumenten des Nashville Sounds.
Ein besonderer Leckerbissen sind für mich die Cover-Versionen von „Black Dog/Whole lotta Love“ (Led Zeppelin) und „Whipping Post“ (Greg Allman). Mitchhart spielt diese Klassiker mit viel Leidenschaft und auf seine eigene Art. Während der Led Zeppelin Cover mit reduziertem Tempo, aber harten Gitarrenriffs ein großartiger Bluesrock ist, wurde Allmans Song sehr gefühlvoll, rhythmisch ja fast soulig interpretiert. Überhaupt klingt die CD manchmal sehr soulig wie bei dem Titelsong von Mitchhart, Hughes and Corley. Manchmal setzt sich dann doch der lokale Imperativ wie bei dem Südstatten Blues „Doghouse Blues“ (Mitchhart/Hughes) mit Banjo, Geige und Steel Gitarre durch. Die CD endet schließlich mit einer Live-Aufnahme des traditionellen Blues „Blue Monday“, bei dem Mitchhart und seine Kumpane beweisen was sie drauf haben.
Stacy Mitchhart spielt den Blues mit einer großen Begleitcombo und außer bei der Live Aufnahme werden aufwendige Arrangements geschrieben, die wohl dem Geschmack des amerikanischen Publikums entsprechen. Ich bevorzuge zwar den ursprünglichen und einfachen akustischen Blues, bei Mitchhart jedoch geht die Post wirklich ordentlich ab und dank seiner kräftigen Bluesstimme, dem ausgezeichnetem Gitarrespiel und der hervorragenden Begleitband kann ich dieses Werk Bluesfans ohne Zögern ans Herz legen.
www.stacymitchhart.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Vince Bell "Recado"
Label: Steadyboy Records; 2007
Der Texaner Vince Bell startete seine Karriere in den 70ern und arbeitete unter anderen mit Stevie Ray Vaughan zusammen, bevor er 1982 in einen unverschuldeten jedoch folgenschweren Autounfall verwickelt wurde. Nach mehr als zehn Jahren konnte er erst sein Comeback starten und heute hat er mit „Recado“ bereits sein viertes Album aufgenommen.
Das Album wurde von Cam King produziert und in den RealDeal Studios in Santa Fe aufgenommen. Es gibt zehn Eigenkompositionen und eine Cover-Version des texanischen Songwriters Townes Van Zandt, mit dem Bell bereits in den 70ern zusammengearbeitet hat, zu hören. Das Line-up wird von Gitarren, Bass, Keyboards, Piano, Fiddle, Mandoline und Harmonika geprägt.
Bell hat da ein paar tolle Songs geschrieben, die man unter Singer / Songwriter einordnen kann. Interpretiert und arrangiert werden die Songs ohne großen technischen Aufwand. Bells rauchige Stimme passt gut zur Musik, auch wenn er nicht alle Töne sauber trifft. Die Gastmusiker begleiten Bell im Hintergrund und unterstreichen damit das Konzept.
Das Album ist musikalisch sicher keine Sensation, doch es ist eine bemerkenswerte Leistung von Bell, sich wieder so hochzuarbeiten und CDs aufzunehmen. Dank der Hilfe der Gastmusiker und Musikerkollegen kann Bell seinen Traum weiterleben und beschert uns weiterhin seine schönen Lieder.
www.vincebell.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Velvetone "Yip-Yip!"
Label:
CrossCut Records; 2008
Die Bremer Combo Velvetone hat ihr neues Studioalbum „Yip-Yip!“ bereits zwischen Winter 2006 und Frühling 2007 im Palais des Etoiles in Bremen aufgenommen. Herausgegeben wurde die CD mit elf Eigenkompositionen und drei Coverversionen erst in diesem Jahr. Die Besetzung besteht aus Sänger Ray Devaryo, Tammo Lüers an den Gitarren und der Farfisa Orgel, Andy Merck an den Bässen und Steff Ulrich am Schlagzeug.
Devaryos Gesang erinnert bei „Desperate Heart“ stark an Jim Morrison und auch der Sound lässt die Doors wieder aufleben, ein toller Einsteiger, der auch mein Lieblingssong ist. Ansonsten hört man auf der CD vor allem Rock’n’Roll in verschiedenen Tempi und Stilen. „Smuggle“ ist ein bluesiger Song, bei dem die Musiker ihre Klasse zeigen. Der Lieder schreibende Cowboy und Musiker aus Tennessee Jack H. Clement hat das romantische „Guess Things Happen that Way“ geschrieben, bei dem Tanzpaare sich eng aneinander schmiegen können. Hoffentlich haben sie davor nicht zu lange zu den heißen und Schweiß treibenden Rock’n’Roll Rhythmen getanzt.
Das Album ist eine gute Auswahl von Dance Hall Musik, bei dem jeder auf dem Parkett sein bevorzugtes Tanzstück zu hören kriegt. Die Aufnahmen und Arrangements sind hervorragend und für Freunde des Rock’n’Roll gibt es hier ein paar tolle aktuelle Kompositionen, die den klassischen Songs von Elvis Presley und Co um nichts nach stehen.
www.velvetone.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Sonor Teutonicus "…durch manche Land"
Label: Eigenverlag; 2006
Sonor Teutonicus ist eine sechsköpfige Band, die mit ihrem Album „…durch manche Land“ dem Publikum traditionelle europäische Volksmusik auf historischen wie auch modernen Instrumenten näher bringt. Man hört klassische Instrumente wie Gitarren, Akkordeon, Violine, Mandoline und diverse Flöten, traditionelle Dudelsäcke und Perkussionsinstrumente (bulgarischer Dudelsack oder Gaida, schwedische Säckpipa und arabisches Davul) wie auch historisches Instrumentarium, wie mittelalterliche Dudelsäcke, Schalmeien, Krummhörner, Rauschpfeifen, Renaissance-Fiedel, Laute und Landsknechtstrommel.
Die musikalische Reise führt uns mit neun Liedern und sechs instrumentalen Tanzstücken vom hohen Norden Schwedens bis ins osmanische Reich. Das schwedische Lied „Herr Mannelig“, das schottische „Ye Jacobites by Name“, das irische „Down by the Sally Gardens“ und das italienische Partisanenlied „Bella Ciao“ gehören zu den weithin bekannten Volksliedern. Das aus dem 12.Jahrhundert stammende „Palästinalied“ von Walter von der Vogelweide setzt bereits historisches Interesse voraus und das bretonische Trinklied „Son Assistre“ wie das spanische Pilgerlied „Madre Deus“ aus dem 13. Jahrhundert gehören wohl eher zu den Raritäten. Dazu kommen unter anderem Tänze wie „Branle des chevaux“, ein Tourdion aus dem 15. Jahrhundert, „Diacove“, ein rhythmischer Tanz aus Bulgarien, und das aus dem osmanischen Reich stammende „neva çeng i harbi“.
Das Album ist eine interessante und bemerkenswerte Sammlung historischer, europäischer Musiktradition, die durch die Instrumentierung authentisch wiedergegeben werden kann. Die Gesänge und das Spiel der Spielleute, wie sie sich selbst nennen, wie auch die Selbstdarstellung mit historisch anmutender Kleidung verstärken den Effekt noch. Da fehlt nur noch das passende Ambiente und der Zuhörer fühlt sich wie ins Mittelalter versetzt.
www.sonor-teutonicus.de
Adolf 'gorhand' Goriup


The Kennedys "Better Dreams"
Label:
Appleseeds Recordings; 2008
Maura Boudreau und ihr Ehepartner Pete Kennedy trafen sich zum ersten Mal 1992 in Austin Texas. Drei Jahre später veröffentlichten die beiden ihr gemeinsames Debütalbum unter dem Namen The Kennedys. „Better Dreams“ ist bereits das zehnte Album des Duos und beinhaltet 12 Eigenkompositionen.
Maura singt die Hauptstimme und spielt die Akustikgitarre, Harmonika und das Glockenspiel. Pete singt die Begleitstimme und spielt Gitarren, Sitar, Banjo, Mandoline, Keyboards, Bass und Schlagzeug. Außerdem wurden die Freunde von der britischen psychedelic-folk Band Strangelings, einem Nebenprojekt der beiden, und weitere Gastmusiker eingeladen. Dies ergibt zusammen eine abwechslungsreiche und reichhaltige Instrumentierung, die aber auch sehr aufwendige und perfekte Arrangements voraussetzt, was den beiden auch durchaus gelungen ist.
Maura hat eine tolle Stimme, die den Zuhörer umschmeichelt, bezaubert und ihn fesselt. Wirklichkeit und Traumwelt vermischen sich in ihren romantischen Liebesliedern, melancholischen Heimatliedern, oder wenn sie von einem tragischen Minenunglück („Sago Mine“), einer weltweiten Friedensbewegung (Pacé) oder über den Sinn des Träumens singt. Und so befand ich mich bereits nach wenigen Takten in einer verträumten Stimmung. Der Titelsong „Better Dreams“ beschäftigt sich mit Traumdeutung und der Suche nach dem Glück. Findet man dieses auch in den Träumen, wenn man einer Strasse entlang fährt und dabei auf der einen Seite der Mississippi fließt und gegenüber die Rocky Mountains sich erheben? („Give me back my Country“)
Der Klang der elektrischen Sitar, der Streichensembles, des Akkordeons und der vielen ausgezeichnet gespielten Begleitinstrumente bettet den Gesang in eine flockig weiche Bettstadt, die zum Verweilen und Tagträumen einlädt. Neben dem Titelsong gehören „Breathe“, ein wunderschöner melodiöser Popsong und der psychedelisch angehauchte Country Song „Kindred Spirits“ zu meinen Lieblingsstücken.
Die CD ist eine brillante Mischung von Popsongs und Folkballaden, vermischt mit Elementen aus der Weltmusik und Country Klängen. Kreativität und musikalische Genialität verbinden sich dabei mit hypnotisch schönen Gesängen und großartigem Songwriting. Auf dem Cover sollte stehen: Warnung! Erzeugt gute Laune, kann aber zu unkontrollierbaren Tagträumen führen. Das Abspielen beim Autofahren kann daher gewisse Risiken bergen.
www.kennedysmusic.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Finbar Furey "No Farewells, No Goodbyes"
Label: Banshee Music; 2007
Finbar Furey wurde in Dublin geboren und wuchs mit seiner „travelling family“ in Ballyfermont, Dublin, auf. Im Umfeld dieser reisenden Familien wurden einige der besten irischen Musiker herangezogen. „Veteranen“ unter den deutschen Fans werden sich vielleicht an die allererste Tour des Irish Folk Festival (1974) erinnern, an der die Furey Familie beteiligt war. Ich bin irgendwann durch Zufall auf eine CD mit Live-Mitschnitten der Tour gestoßen. So klingt Finbar Fureys neues Album „No Farewells, No Goodbyes“ jedenfalls nicht mehr.
Die zehn Eigenkompositionen, drei traditionellen Stücke und die Coverversion wurden technisch hochwertig in den Westland Studios in Dublin aufgenommen. Beteiligt waren neben zwei Mitgliedern des Furey Clans acht erstklassige Gastmusiker an Gitarren, Piano, Mandolinen, Fiddle, Keyboards, Bodhràn, Banjo und Mundharmonika. Finbar selbst singt und spielt die Uilean Pipes, das fünfsaitige Banjo, Gitarre, Flöten und Whistles.
Die CD beginnt mit der bekannten auf den Uilean Pipes gespielten traditionellen Tune „She moved through the Fair“. Finbars Spiel ist großartig und wird nur von den Keyboards begleitet. Dieses instrumentale Stück gehört neben dem ebenfalls traditionellen „Eileen Aroon“, gespielt auf der Low Whistle, wohl zu meinen Lieblingsstücken. Von den Songs gefällt mir Finbar Fureys „Hail, Rain or Snow“, ein toller Blues, am besten. Fureys sonorer Gesang sowie die Begleitung mit Gitarren, Banjo und Mandoline verwandeln das Stück in eine gelungene Mischung aus irischem Liedergut und amerikanischem Blues. Die meisten Songs sind jedoch eher melancholisch und still wie der Titelsong. Interessant ist noch „Smile“, die irische Version eines Charlie Chaplin/J. Turner/B. Parsons Songs.
Finbar Furey hat eine Stimme, die manchmal an Elvis Presley erinnert, und durch die Liedauswahl bedingt, hat man nicht unbedingt das Gefühl, einem irischen Sänger zuzuhören. Allerdings hört man dann wieder die Pipes und Whistles und die Sache ist wieder klar. Ein gelungenes Album und wenn man den Sound mit dem von 1974 vergleicht, so hört man wie der Irish Folk sich nicht nur aufnahmetechnisch entwickelt hat, sondern man lernt auch die musikalische Entwicklung schätzen.
www.finbarfurey.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Áine Furey "Sweetest Summer Rain"
Label: Celtic Collections Ltd.; 1999
Áine Furey ist ein Mitglied der in der traditionellen irischen Musikszene bekannten Furey Familie. Ihr Bruder Martin hat bei ihrem Debütalbum „Sweetest Summer Rain“ als Musiker, Produzent und Komponist mitgewirkt. Er spielt die Uileann Pipes, Whistles und die Akustikgitarre und neben ihm gibt es noch ein paar talentierte Musiker zu hören.
Die Besetzung mit Gitarren, Bass, Fiddle, Akkordeon, Keyboards, Bratsche, Drums und Perkussion ist aufwendig und die Arrangements professionell, wie man es von einer Sängerin mit solch musikalischem Hintergrund erwarten kann. Das Album beinhaltet zwei Eigenkompositionen von Áine, drei Songs von Bruder Martin, einen von Bruder Finbar, sowie vier Cover Versionen und zwei traditionelle Lieder.
Die CD beginnt mit Áines melancholischen Song „Sleep and Dream“, bei dem der schöne Gesang von Jimmy Jones an der Marimba und Martin Furey an der Whistle umschmeichelt wird. Das traditionelle „Silky“ ist ein hypnotischer Song, bei dem das Zusammenspiel von den Uileann Pipes und Fiddle den Gesang etwas in den Hintergrund drängen. Der romantische Titelsong von Martin brilliert mit großartigem Gitarrespiel von Roy Marchbank, wunderschönen Akkordeonklängen von Gil Hunter und wiederum hervorragendem Fiddlespiel von Carlene Anglim. Bei „Winter Winds“ von Sandy Denny beweist Áine, dass sie eine tolle Sängerin ist, sie singt a Capella.
Die CD ist eine wunderschöne Sammlung von Folksongs, perfekt interpretiert und abgemischt. Das Tempo bleibt eher im Chill-out Bereich und der mitreißende Rhythmus irischer Folkmusik und die virtuosen Gesänge irischer Folklegenden fehlen manchmal etwas. Trotzdem ist das Album durchaus empfehlenswert.
www.celticcollections.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Calaveras "Calaveras"
Label: Sweet Home Records; 2006
Calaveras heißt ein Bildzyklus des mexikanischen Volksmalers Josè Guadalupe Posada (1852-1913) und ebenso nennt sich das Debütalbum der gleichnamigen 2004 gegründeten Chemnitzer Band. Die sieben jungen Musiker haben elf Eigenkompositionen eingespielt, die ein Mix aus Americana, Jazz und dem typischen Sound von Italo-Western sind. Die Besetzung besteht aus Gitarren, Bass, Cello, Whistles, Akkordeon, Trompete, Drums und Perkussion.
Die sechs Songs erzählen Geschichten, die direkt aus einem Western stammen könnten, und die fünf instrumentalen Stücke liefern dazu die Filmmusik. Das Titelstück ist eine großartig instrumentierte Melodie, die den Zuhörer in das trockene und wilde Land zwischen Mexiko und dem Süden Kaliforniens, dem Calaveras County, entführt. Rhythmische Gitarrentöne werden angetrieben von Bass und Schlagzeug und darüber legen Trompete und Pfeiftöne einen wunderschönen Klangteppich; für meinen Geschmack sicherlich das beste Stück der CD. Die darauf folgende makabre Geisterstory vom „Dead Man“ brilliert mit dem düsteren Sound des Cello und dem gefühlvollen Gitarrespiel, das Sebastian Manschs sonoren Sprechgesang begleitet. Egal ob die Band die glühende Sonne oder das Morgenlicht musikalisch beschreibt oder ob dramatische Geschichten von Rache, Leidenschaft und dem Leben „on the road“ erzählt werden, die Musik lässt den Zuhörer in eine fremde Welt eintauchen.
Das Album besticht mit genialer Musikalität, beeindruckender Aussagekraft und seinem unvergleichlichen Mix aus verschiedenen Stilen. Was hier noch fehlt ist der passende Film, der die Musik zu einem Klassiker im Stil von Ennio Morricone machen würde.
www.calaveras-music.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Keith Miles "What it was they became"
Label: House of Trout; 2006
Singer und Songwriter Keith Miles hat im Winter 2005/2006 gemeinsam mit Produzent Jack Sundrud sein Debütalbum „what it was they became“ in den Huffhines Studios in Nashville, Tennessee, aufgenommen. Er hat 11 Eigenkompositionen und eine Coverversion vom texanischen Songwriter Mickey Newbury eingespielt. Begleitet wird er dabei von einer Reihe ausgezeichneter Studiomusiker an den für den Americana Stil typischen Instrumenten.
Zu hören gibt es melodiöse Songs wie „Sometimes Santa Fe“, bei dem Jim Hoke an der Flöte die windig trockene Region vor den Augen des Zuhörers erscheinen lässt. Bei dem coolen jazzigen „Girl with Indiana Eyes“ spielt Hoke das Klarinett, Wally Halukawananana die Ukulele und Miles singt dazu mit viel Gefühl. Aber auch für Country Fans gibt es ein paar tolle Songs wie das rhythmische „Hickory Tree“ mit Fiddle, Mandoline und schönen Chorgesängen oder „das epische „Nolichuky Idyll“, bei dem Miles’ Sprechgesang mit der sich steigernden Begleitung eine großartige Dramatik erzeugt. Mein Lieblingsstück ist jedoch Newburys „Just dropped in“, ein mitreißender Country-Blues, bei dem The Settles Connection mit ihren gospelartigen Gesängen und fetzige Gitarren- und Keyboards Klänge, die man vor allem in der Rockmusik hört, einen außergewöhnlichen und genialen Kontrast bilden.
Die CD ist eine schöne und interessante Mischung verschiedener Songs und Stilrichtungen aus dem Genre Americana. Keith Miles ist ein ausgezeichneter Sänger und Liedermacher und die Begleitung durch hervorragende Musiker sowie die perfekten Aufnahmen machen das Album zu einem großen Erfolg, mir gefällt es sehr gut.
www.keithmiles.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Moya Brennan "Signature"
Label: Beo Records; 2006
Moya Brennan, ehemalige Leadsängerin von Clannad, blickt auf eine lange und facettenreiche Karriere zurück. Heute hat sie sich etwas von den traditionellen Wurzeln der Brennan Familie abgewandt und macht Musik, die wohl eher dem New Age Stil zuzuschreiben ist. Im Gegensatz zu ihrer Schwester Enya hört man dennoch, woher ihre musikalische Inspiration stammt, dem irischen Folk. Dank der Zusammenarbeit mit Musikern wie Eamonn Galldubh (Uileann Pipes, Whistles und Flöten) und seinen Kollegen der irischen Folkband Galldubh, Paul Byrne (Drums und Perkussion) und Fionán De Barra (Gitarren, Keyboards und Gesang), sowie dem großartigen Harfenspieler Cormac De Barra und der inspirierten Fiddlerin Sinéad Madden hört man vor allem bei Live Auftritten ausgezeichnete Folkmusik. Daneben gehören Sam Jackson (Piano und Keyboards) und Yoshinobu Izumi (Bass) zu ihrer ständigen Begleitband.
Auf Moyas letztem Album „Signature“ gesellen sich unter anderem Gastmusiker wie Máire Breatnach (Bratsche und Fiddle) oder Grainne Hope (Cello) dazu. Fünf der zwölf Songs des Studioalbums wurden auf eine Bonus CD Live aufgenommen, die der Special Tour Edition beigelegt wurde. Moya singt elf Eigenkompositionen und ein traditionelles irisches Lied.
Das rhythmische „Purple Haze“ brilliert mit dem hervorragenden Zusammenspiel von Piano und Uileann Pipes und Moyas wunderschönem Gesang. Leider wurde dieser Song nicht Live aufgenommen, bei Konzerten ist er sicherlich zum Publikumsliebling prädestiniert. Viele der Stücke sind Chill-Out Songs mit Streicherarrangements, Drum Programming und flüsterndem Gesang, doch immer wieder bricht der Einfluss des Folk durch wie bei dem hypnotisch rhythmischen Tanzlied „Merry go Round“. Bei der Live Aufnahme des stillen traditionellen Liedes „Pill A Run O“ beweist Moya, dass sie sowohl als Harfenspielerin wie auch als Sängerin zu den besten des Genres gehört. Bei den in Castleblaney Live aufgenommenen Songs verzichtet Moya auf elektronische Effekte und sonstigen Schnickschnack und macht zauberhaft schöne akustische Musik. Bei „Tapestry“ kann ich mich nicht entscheiden, welche Version mir besser gefällt. Live wird es von Harfe und Fiddle dominiert und im Studio stechen Piano und Uileann Pipes hervor.
Mit diesem Album macht Moya wieder einen Schritt zurück zu ihren Ursprüngen. Mir gefällt es besser als das dem uralten Heiligtum Tara gewidmete Konzeptalbum „Two Horizons“. „Gone are the days“ singt sie und erinnert sich ohne Reue an ihre wilden jungen Jahre. Eine reife und doch wieder jugendlich erfrischende Moya Brennan hat ein ausgezeichnetes Album produziert.
www.moyabrennan.com
Adolf 'gorhand' Goriup


The Borderers "A Time for Change"
Label: Celtic Records; 2006
The Borderers wurden 1994 von dem in Glasgow geborenen Jim Paterson und seiner heutigen in Belfast geborenen Ehefrau Alex in Adelaide, Australien, gegründet. Die beiden Auswanderer haben gemeinsam mit einigen der besten Musiker Australiens, den Rough Diamonds, ihr aktuelles Album „A Time for Change“ aufgenommen.
Zehn Eigenkompositionen, ein traditionelles Stück und eine Cover Version von Leonard Cohen wurden zum größten Teil im Wohnzimmer des Studioingenieurs Live eingespielt. Alex ist Sängerin und wird von Jim als Sänger, Gitarrist und Keyboarder begleitet. Die übrige Besetzung besteht aus Schlagzeug, Gitarren, Bass, Banjo, Fiddle, Akkordeon, und einer Bläsergruppe mit Posaune, Trompete, Saxophon und Klarinette. Die CD beginnt mit „Higher Ground“, einem bluesigen Friedenssong und dem Gastauftritt von der kanadischen Sängerin Serena Ryder. Einflüsse von Gospel, Bluegrass und New Orleans Jazz, großartige musikalische Begleitung sowie der gefühlvolle Gesang der beiden Sängerinnen machen diesen rhythmischen Song zu meinem Favoriten. Die Idee zu diesem Album wurde von Bruce Springsteens Seeger Sessions inspiriert und es vermischen sich Country, Bluegrass, Zydeco und Dixieland zu einem mitreißenden Sound, der den Zuhörer unweigerlich den Rhythmus mitklopfen lässt. Dann singt Alex mit ihrer aufregenden Stimme wieder eine wunderschöne Ballade wie Cohens „Hallelujah“, begleitet nur vom Piano. Auch Jim ist ein hervorragender Sänger wie er auf dem im Zydeco Stil eingespielten „Let me Know“ beweist. Die Begleitung von George Butrumlis am Akkordeon ist vom Feinsten. Dem melancholischen traditionellen irischen Lied „Galway Shawl“ wurde mit E-Gitarre und Chorgesang eine Portion Country Ballade verpasst.
Der Süden Australiens wurde für Jim und Alex zu ihrem neuen zu Hause, welches ihren musikalischen Horizont erweiterte und sie heute einen einzigartigen Sound produzieren lässt. Die engagierten Texte sprechen von Frieden, der Liebe und dem einfachen Leben ohne das rastlose Gehetze der heutigen Zeit.
www.theborderers.com.au
Adolf 'gorhand' Goriup


Nadja Petrick "The Night with You"
Label: Eigenverlag; 2006
Die Berliner Liedermacherin Nadja Petrick nennt neben Altmeister Bob Dylan noch Johnny Cash und andere amerikanische Songwriter als Vorbilder. Auf Ihrem Album „The Night with You“ singt und spielt sie 17 Eigenkompositionen fast komplett im Alleingang. Gitarre, Mundharmonika und Gesang als Hauptkomponenten werden auf einem Stück durch Johannes Fuchs an der Orgel unterstützt.
Die 17 Songs plätscherten meist so dahin ohne dabei mein Interesse zu wecken. Einzig drei Lieder stechen hervor: Der rhythmische Countrysong „Better off with me“, bei dem Petrick mit Schlagzeug, Steel-Gitarre und Gesang im typisch amerikanischen Englisch des Südwestens die Weiten der Prärie heraufbeschwört, ist für mich das beste Stück der CD. Die melodiös coole Ballade „Dance with me“, das durch die Orgel und die Mundharmonika mehr Format erhält. Und zuletzt der flotte Charleston „Hallelujah I’m in Love“, bei dem Petrick ein kleines Jazzensemble ersetzt; oder ist die Musik vielleicht doch im Studio dazugemischt worden? Sie klingt irgendwie nach einer alten Originalaufnahme, jedoch wird nichts erwähnt.
Nadja Petrick hat eine näselnde Stimme und sie trifft nicht immer die richtigen Töne. Ihr Gesang ist leidenschaftslos, die Kompositionen wenig abwechslungsreich und auch musikalisch ist die CD nicht sehr aufregend. Mir hat sie nicht gefallen.
www.thewildflowers.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Rench "Life in Mean Season"
Label: Rench Audio; 2006
Rench ist ein Singer, Songwriter und Produzent von moderner amerikanischer Musik irgendwo zwischen Country, Honky Tonk, Hip Hop und Trip Hop. Er hat sein Album “life in mean season“ mit einigen talentierten Musikerfreunden in seinem eigenen kleinen Studio aufgenommen.
Dabei wurden die 16 Eigenkompositionen und vier Cover Versionen mit Samples und elektronische Beats und Live Aufnahmen von Bass, Fiddle, Gitarren und Country Gesängen abgemischt und in Einleitung, drei Kapitel und einen Epilog eingeteilt.
Die CD beginnt mit dem rockigen „Theme from Mean Season“, das mit Steel Gitarre, Fiddle, Gitarre, den besagten Beats und Samples und Renchs Sprechgesang eine perfekte Einleitung ergibt. Es folgen Country Balladen wie Rodney Crowells „Till I Gain Control again“, bei dem Linda May Wacker mit ihrer klagenden Stimme zu beinahe unverfälschter Country Musik singt. Bei „All I have to Offer You is me“ von A.L. Owens und Dallas Frazier wiederum dominieren die elektronischen Effekte die Live Instrumente. Jessica Basta singt mit ihrer souligen Stimme Bobbie Gentrys rhythmischen Song „Fancy“ und drängt dabei die Begleitung etwas in den Hintergrund, mein Favorit. „Come back to Brooklyn“ ist ein fetziger Honky Tonk mit einem tollen Duett von Rench und Veronica Dougherty und großartigem Arrangement. Mit „Don’t let Your Light Stop Shining“ endet das Album still und melancholisch; Lucky Luke reitet gegen den Sonnenuntergang.
Die Musik von Rench ist ein interessantes Beispiel zeitgenössischer Musik aus dem Osten der Vereinigten Staaten. Die Wurzeln werden nicht verleugnet, sondern dienen als Ausgangspunkt für experimentellen Umgang mit traditionellen Melodien und Instrumenten. Die Vielzahl der Sänger, die Vermischung der Musikstile und die einfallsreichen Kompositionen von Rench machen die CD ausgesprochen abwechslungsreich und innovativ.
www.renchaudio.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Antonio Paolo Pizzimenti "Adagio"
Label:
Felmay/Dunya; 2006; Spielzeit: 53:23 min
Sphärisch berauschend, wellenschaukelndes Treiben lassen. Dies sind die ersten Begriffe, die mir einfallen, wenn ich diese CD an mir vorbei ziehen lasse. “Adagio” lädt dazu ein, sich zurück zu lehnen und den Klängen entspannt hinzugeben. Indische Gesänge durchwirken die elektronisch erzeugten Harmonien. Esoterisch scheint mir der Hintergrund. Das ist nicht aufregender, als die Begleitung zu einem Dokumentarfilm, muss es auch nicht sein, denn es soll entspannen und das tut es auch. Man kann sich in kleine Geschichten hinein träumen oder die CD mit in den Wellnessbereich nehmen. Wem die Musik noch nicht illusionär genug ist, findet auf der CD einen Videoclip zu einem der Titel, auf dem sehr experimentell mit filmischen Elementen, Verzerrungen Farbänderungen und ähnlichen spielerischen Momenten gearbeitet wurde. Das ist allerdings nicht wirklich sehenswert und erinnert an all die Filmreste, die man bei seinen Aufnahmen wegschneidet.
Felmay/Dunya
Karsten Rube


Das Blaue Einhorn "Verkauf dein Pferd"
Label:
Unicornio Records; 2007; Spielzeit: 43:47 + 45:35 min
Diese Doppel-Live CD des Blauen Einhornes zeigt uns die seit 15 Jahren agierende Kapelle so simpel und freimütig, wie eh und je. Ohne anzuklopfen treten sie in jede europäische Scheune oder jeden Musiksaal, poltern fröhlich drauflos oder heulen melancholisch, wo sie Melodien dafür finden. Sich selbst bezeichnen sie eher als Dorfkapelle. Dabei können sie wunderbar harmonische Melodien zaubern und bei Bedarf auch anständige Katzenmusik zusammenkratzen. Sie bedienen sich im weitläufigen Liedgut des Kontinents, fühlen sich im Klezmer genauso beheimatet wie bei Brel’s Chansons. Mit rauchiger Stimme tragen sie Lieder vom Balkan so souverän vor, wie sie sich auch an Fado und Rembetiko wagen. Besonders angetan haben es mir aber die Lieder “Übers Meer”, eine Erinnerung an Rio Reiser und der alte Ostrock- Klassiker “Nach Süden” der DDR-Band Lift. Das Zusammenspiel zwischen Mandoline und Akkordeon sorgt bei letzterem für ein wohliges südliches Gefühl, ein bisschen Dorfluft aus den Karpaten.
Unicornio Records
Karsten Rube


Tschuschen "A cappella"
Label: 2004; Spielzeit: 44:08 min
Wer glaubt einen saftigen Wiener Abend ohne Schmäh vorgesetzt zu bekommen oder das bekannte Durcheinander der Tschuschenkapelle, sieht sich bei “Tschuschen A Cappella” getäuscht. “Tschuschen A Cappella” ist nichts geringeres, als die Vereinigung dreier großartiger Stimmen aus der Opernwelt mit dem Tschuschensänger Slavko Ninic. Kunstvoller Satzgesang bei traditionellen Liedern, die die Ruhe eines Mönchschores in einer kalten Kirche genauso deutlich machen, wie den feierlichen Gesang einer Weihnachtsmesse. Dabei erklingen so bekannte Lieder wie “Am Brunnen vor dem Tore” und das Wiener Fiakerlied. Aber es sind, ganz dem Tschuschenrepertoire verbunden, hauptsächlich slawische Lieder, die die vier Stimmen auf ganz vorzügliche Weise zum Vortrag bringen. Stimmen, wie das Läuten der Kirchenglocken.
www.tschuschen-a-cappella.at
Karsten Rube


LaXuLa "In X-ile"
Label:
Malagueta Music; 2008; Spielzeit: 60:01 min
Die Exilspanierin Monte Palafox ist die Sonne um die sich Musik und Musiker von LaXuLa drehen. Vor knapp sechs Jahren in London gegründet fanden sie bald ihren Weg nach Spanien, wo sie sich zeitweilig als Straßenmusiker verdingten. Mit “In X-ile” erscheint nun das Debüt-Album der Band. Es ist eine stimmige Fusion zwischen Flamencorhythmen, arabischen Träumereien, schrillen E- Gitarren und groovigen Clubsound. Eine Melange aus dem erlebten Spanien der Gegenwart. Die Stimme der Palafox erinnert dabei mehr als einmal an die der großen galizischen Sängerin Uxia.
“In X-ile” ist ein eigenwilliges und ungeheuer atmosphärisches Album, das komplett neue Akzente in der spanischen Musikszene setzt.
www.laXula.com
Karsten Rube


Mario Poletti "Baith"
Label: Mario Poletti Music; 2007; Spielzeit: 48:32 min
Folkloristisches aus den Bergregionen Südwesteuropas spielt Mario Poletti auf seiner selbst produzierten CD “Baith”. Musik, die inspiriert ist von den Weisen, die in den Pyrenäen, auf dem Apennin und in den Alpen zu hören ist. Wer allerdings glaubt, hier eine Sammlung reinen Volksgutes aus den Regionen zu hören zu bekommen, der irrt. Mario Poletti ist vielmehr bemüht, sehr frische und moderne Rhythmen in die traditionellen Tänze zu wirken. So kann es schon mal vorkommen, dass sich traditionelle Melodien aus Italien anhören, als wären sie irgendwo zwischen irischem Folk und amerikanischer Bluegrassmusik anzusiedeln. Poletti spielt dabei eine sehr flinke Mandoline und das immer wieder eingesetzte Banjo holt einen ebenfalls sehr schnell aus der winterlichen Gebirgsstimmung zurück. Beeinflusst fühlt sich der im nördlichen Italien geborene Poletti von der Musik Nino Rotas, was beim Titelsong “Baith” deutlich wird, der gut in die Trilogie von “Der Pate” passen könnte. Nicht von ungefähr unterhält er auch ein musikalisches Projekt, das er Amarcorde Trio nennt.
www.myspace.com/mariopoletti
Karsten Rube


Esther Bertram "Alchemy of the heart"
Label: Pixiefish & Exil Music; 2007; Spielzeit: 55:02 min
Süßen Popsound und leichte Schwermut serviert Esther Bertram auf ihrem Album “Alchemy of the heart”. Während man das Cover schnell wieder aus der Hand fallen lassen möchte, weil einem da ein kränklicher Gothicsymbolismus die Laune verderben will, sollte man sich auf ihre Musik unbedingt einlassen. Von Song zu Song wird einem die leicht verschlafene Stimme von Esther Bertram sympathischer. Ihre Lieder sind ansprechend und rätselhaft zugleich. Vielleicht liegt dieses hin und her gezogen werden, zwischen dunkler Schwermut und fröhlichem Pop in ihrer Herkunft begründet. Sie ist die Tochter eines Australiers und einer Finnin. Die ozonschutzlose Sonne des grellen Südens und die dauerhafte Nacht des Polarkreises haben sich in einer Musik vereint, die alle Facetten der Nu-Folk-Szene bedient.
“Alchemy of the heart” ist weit davon entfernt ein beliebiges Album zu sein, sondern erinnert an seinen markantesten Stellen an die Musik der jüngeren Kate Bush. Gelungen.
www.estherbertram.com
Karsten Rube


Yasmin Levy "Mano Suave"
Label:
Harmonia Mundi; 2007; Spielzeit: 53:19 min
Die Geschichte der Musik der spanischen Juden reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Die sephardischen Juden entwickelten einen eigenen Gesangsstil, der geprägt wurde von der spanischen Kultur und dem Einfluss der lange Jahre auf der iberischen Halbinsel die Geschicke bestimmenden Mauren. Die israelische Sängerin Yasmin Levy singt einige ihrer Lieder in Ladino - der Sprache der Sephardischen Juden. Diese Sprache besitzt nirgendwo einen offiziellen Status und ist weitgehend vom Aussterben bedroht. Sie wird nur noch durch die Pflege Einzelner vor dem endgültigen Vergessen bewahrt. Yasmin Levy belebt diese Tradition und lässt mit der CD “Mano Suave” die hörende Welt daran teilhaben. Lieder in der Sprache der sephardischen Juden und in spanischer Sprache wechseln sich ab. Eine CD, die berauscht und entführt in eine Kultur, die geprägt ist von Exil, Verlust und tiefer Spiritualität. Die klagende Stimme Yasmin Levy’s lässt einem vom ersten Moment gebannt zuhören und teilhaben an deren hingebungsvollen Schwermut. Ein Album voller melancholischem Stolz.
www.yasminlevy.net
Karsten Rube


Peerie Willie Johnson "Willies’s World"
Label:
Greentrax Recordings; 2007; Spielzeit: 72:38 min
Willie Johnson war schon ein alter Mann, als er 2007 starb und seine Arthritis hinderte ihn bereits seit längerem daran, seiner Leidenschaft und seinem Lebensinhalt nachzugehen. Willie spielte Gitarre und war vielleicht der größte Musiker, den die Shetland-Inseln hervorbrachten. Als er ein kleines Kind war und kränkelte, schenkte ihm seine Mutter eine Ukulele. Seit dem ließ ihn das Seiteninstrument nicht mehr los. Später, als er die Musik von Django Rheinhardt kennenlernte, ließ er sich von dessen Stil beeinflussen. Er spielte in verschiedenen Bands, wie der legendären Isleburgh Dance Band und konzertierte mit dem Geiger Aly Bayn, der Johnson als den musikalischsten Menschen bezeichnete, dem er je begegnet ist. Zudem mischte Johnson bereits in den 40ern Jazz mit Folkelementen. “Willie’s World” ist eine Sammlung von zahlreichen Aufnahmen aus den 50er und 60er Jahren, eingespielt in Festsälen, privaten Wohnzimmern und den berühmten Abbey Road Studios in London. Eine CD, die ein ganzes der Musik gewidmetes Leben widerspiegelt.
Greentrax Recordings
Karsten Rube


Julian Dawson "Nothing like a dame"
Label: Headline Records; 2006; Spielzeit: 50:51 min
Auf seinem aktuellen Album “Nothing like a dame” präsentiert sich der Songwriter Julian Dawson so unbeeindruckt von den Strömungen des Mainstreams wie eh und je. Diesmal nahm er sich ein paar alte Schlager aus dem Zeitalter des gesungenen Schmalzes vor. Lieder die schon etwas frech waren, aber noch nicht Rock’n Roll heißen durften. Das sind Songs die einst gesungen wurden von Tammy Wynette, Nancy Sinatra, Petula Clark, Dusty Springfield, Dolly Parton und (auweia) Doris Day. Dawson hat den gröbsten Schmalz abgekratzt, alles was nach Geigen und Plüsch klingt weggeschrubbt und den Rest auf Stimme, Gitarre und Mundharmonika reduziert. Und siehe da, diese Songs haben durchaus Farbe. “Mornin’ Glory” von Bobby Gentry klingt so hervorragend müde, wie es mal gemeint war. Dusty Springfields “You don’t have to say you love me” ist ohne den ganzen konzertanten Pomp der fünfziger Jahre plötzlich ein einfaches und wunderschönes Lied. Und das Dawson es schafft, dass man dem Lied “Move over darling” von Doris Day, der saubersten Amerikanerin seit Erfindung des Duschbades, mitsummend folgt, scheint von ihm billigend in Kauf genommen worden zu sein. So angenehm hörte sich die Musik jener pastellfarbenen Zeit noch nie an.
www.juliandawson.com
Karsten Rube


Abnoba "Vai facile"
Label:
Felmay/Dunya; 2006; Spielzeit: 54:32 min
Das Debüt der Musiker aus dem Piemont besitzt alles, was man sich als Folkfreund wünscht. Diverses Folkmusikinstrumentarium, eine zielsichere Auswahl der Musikstücke und fröhliche Spiellaune, die mitreißt. Die Fundamente der Musik liegen in der Tradition. Zum Großteil in der Tradition der westlichen Alpen. Diese Fundamente werden von Abnoba allerdings freigelegt und vom Kellermief befreit. Mit modernem Schlagzeug und Bassgitarre unterstützt, legen die Italiener auf Drehleier, Diatonischem Akkordeon und Bagpipe richtig los, verbinden Tradition und Moderne ohne dass sich ein Stil dabei unterordnen muss. Abnoba erinnern an die dynamische Spielleidenschaft der galizischen Band Berrogüetto, die die selben stilistischen Mittel nutzt. Auf dem Album “Vai facile” wirkt unter anderem der französische Drehleier- Derwisch Patrick Bouffard mit, der deutschen Folkfestbesuchern bestens in Erinnerung sein dürfte. Abnoba sollte man im Ohr behalten, denn der Dampf den sie machen reicht sicher aus, um sie demnächst auch auf dieser Seite der Alpen erleben zu können.
Felmay/Dunya
Karsten Rube


Tim Scott "Fabletown"
Label: Scottland Sound; 2005; Spielzeit: 45:10 min
Zuweilen kommen auch ganz angenehme Leute aus Texas. Einer davon heißt Tim Scott und ist Songwriter und bekennender Tagträumer. Seine Gedanken schwirren häufig in Fabletown herum, dem Ort, der im Kopf eines jeden halbwegs anständigen Träumers anders aussieht und sich stetigem Wandel hingibt. Was liegt also näher, als ein ganzes Album diesem imaginären Ort zu widmen. Tim Scott gibt mit seinem Album “Fabletown” allerding einen recht mäßigen Eindruck von seiner Fantasywelt. Es sind kaum aufregende Abenteuer, die ihn aus der Verschlafenheit eines Nachmittags in Texas retten. Lediglich im Song “Ol’ Train whistle” gelingt ihm eine aufmunternde Flucht. Hier ist der Songwriter bereit, sich Folk- und Countryeinflüssen hinzugeben. Die passen auch besser zu ihm und werden seinen Vorbildern, wie Steve Earl, John Mellencamp und dem kürzlich verstorbenen Dan Fogelberg eher gerecht, als der Rest der CD.
www.timscottmusic.com
Karsten Rube


Terrance Simien & the Zydeco Experience "Live worldwide"
Label:
AIM Traiding Group; 2007; Spielzeit: 64:15 min
“Live Worldwide” des Zydeco-Stars Terrance Simien ist eine Sammlung von Live-Aufnahmen, die im Laufe mehrere Jahre zusammengetragen wurden, in denen Zydeco-Experience um die Welt zog. Aufnahmen aus Chicago, New Orleans und New York wechseln sich ab mit Aufnahmen aus Mali, Australien und Cuba. Das Publikum ist überall begeistert von Simiens sehr gediegenen Interpretationen der Songs der Neville Brothers, Bob Dylans und seiner eigenen Kompositionen. Eher bluesorientiert und funkydelisch ist die Auswahl. Dabei kann Simien den Zydeco spielen, bis das Akkordeon blutet was er jedoch nur bei der Geno Delafose Komposition “Uncle Bud” beweist. Und, bei allem Respekt vor dem amerikanischen Nationalstolz. Dass “The Star Spangeld Banner”, die Nationalhymne der Amerikaner hin und wieder gern intoniert wird, mag ja angehen. Aber so scheußlich habe ich sie lange nicht gehört. Muss sowas auf CD gebrannt werden?
AIM Traiding Group
Karsten Rube


Stilo "Lisboa Avenue"
Label: Konador Firma Fonografienza; 2007; Spielzeit: 47:08 min
Allein der Name der CD irritiert. “Lisboa Avenue” hat mit Lissabon nur soviel zu tun, als dass die polnische Gruppe bei einem Besuch der Stadt am Tejo zu dieser CD inspiriert wurden. Zu finden sind nur sporadisch Elemente aus Lissabon. So das Geräusch der fahrenden Straßenbahn in den Ruas oder das Frontcover, dass ein in Lissabon lebender polnischer Maler gestaltet hat. Stilo scheint Lissabon an einem hektischen Tag erlebt zu haben oder in einer sehr lauten und clublastigen Nacht. So klingt das Album nach musikalischem Freestyle. Jazz und Rock haben die Oberhand und mehr als einmal erreichen die Freestylelemente die Grenze zur Schmerzhaftigkeit. Zum Ende des Albums mäßigen sich Stilo etwas und im Titelsong “Lisboa Avenue” erkenne ich dann sogar etwas vom Charme der portugiesischen Hauptstadt wieder.
www.stilo.terramail.pl
Karsten Rube


Kvasir "Nye sko"
Label:
GO Folk; 2006; Spielzeit: 44:55 min
Freundliche Fluchtplattler fiddeln die beiden dänischen Musikerinnen der Gruppe Kvasir. Es geht in ihrer CD “Nye sko” um (übersetzt) “Neue Schuhe” und wer des traditionellen Volkstanzes mächtig ist, wird sie nach der körperlichen Umsetzung dieser Musik auch benötigen. Die Akkordeonistin Mette Kathrine und die Fiddle-Spielerin Henriette Hansen gehören zum gut ausgebildeten Nachwuchs der Dänischen Musikhochschulen. Mit einem klassischen Hintergrund und mehrjährigem Praktikum im folkmusikalischen Umfeld - so auch in Quebec - beweisen die beiden, dass traditionelle Folkmusic in Dänemark eine sehr lebendige Heimat besitzt.
www.kvasirmusic.com
Karsten Rube


Ahoar "Between Rivers"
Label:
Heaven and Earth Produktion; 2007; Spielzeit: 66:37 min
Kaum ein Land der Erde ist so durch Medienberichte in die Aufmerksamkeit der Welt gerückt wie der Irak. Doch sind es die Medien die ein Bild vorgeben, das unkontrolliert absorbiert wird. Fest steht, was gelesen und gesehen wird: "Das Land befindet sich im Krieg, ist zerstört, unkontrollierbar und kaum bewohnbar". Das trotz alledem Menschen in dem Land leben, die sich im täglichen Kampf des Lebens behaupten, ihr Land und ihre Kultur lieben und trotz Terror und US-Armee nicht bereit sind aufzugeben, spielt in der Wahrnehmung der westlichen Welt kaum eine Rolle.
Die Kultur des Landes ist älter als sonst eine. Das Land zwischen den beiden Strömen Euphrat und Tigris beherbergte die Hochkulturen der Sumerer und Babylonier, wird als Mesopothamien als die Wiege der Menschheit bezeichnet. Helenen, Römer, Osmanen, Araber, all diese Völker haben ihre Spuren zwischen den Flüssen hinterlassen. Auf eben diesen Spuren wandelt die Musik von Ahoar, einer Combo, die aus einem Belgier, einem Deutschen und zwei irakischen Musikern besteht. Ahoar, ein Landstrich des Iraks, gelegen zwischen den beiden historischen Strömen fungiert hier als Namensgeber.
Musikalisch bewegt sich die Gruppe hauptsächlich in arabischen Harmonien. Die vier Musiker zelebrieren kunstvolle Melodien einer uralten Gesangs- und Spieltechnik, eine komplizierte Musikform, die als Maqam bezeichnet wird und im ganzen arabischen Raum bekannt ist. Diese für uns Europäer schwer nach vollziehbaren Harmonien, die wunderbar meditativ sind, zeigen, wie weit weg wir vom Verständnis dieses gedemütigten Volkes sind und wie wenig die medialen Klischées zutreffen.
www.ahoar.de
Karsten Rube


V/A [EP's & Demo CD's]

B.B. & The Blues Shacks "Unique Taste EP" (Germany): Appetitanreger der Gebrüder Arlt aus Hildesheim für das im März erscheinende gleichnamige Album: zwei Tracks von demselben plus ein Live-Titel und ein Video von den Studioaufnahmen. 15 Jahre Bluesrock haben sie endllich in den 50ern ankommen lassen.
www.crosscut.de

L.Bow Grease "Spam Mail" (Germany): I don't need no spam mail, I don't need that trash ... Wer möchte schon Spam auf seinem PC? Oder in seinem CD-Spieler? Die Maxi-CD des seit 25 Jahren eingespielten Engländers Dave Jackson und des Deutschen Guntmar Feuerstein mit Folk bis Bluegrass lassen uns wie Monty Python jubeln: Spam, spam, spam, spam, ...
www.lbowgrease.de

Nobody Knows [Demo] (Germany): Demo-CD eines Stendaler Quintetts mit Auszügen der Alben "Neue Wege" und "Lyrik im Anzug": zwischen Irish Trad und Chanson, Walther von der Vogelweide und Johann Wolfgang von Geothe. Instrumentell etwas stärker, gesanglich etwas schwächer, aber die Protagonisten sind ja auch erst um die 20.
www.nobody-knows-stendal.de


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 02/2008

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