FolkWorld Live Review 5/99; entnommen aus den LAG Folk News:

Folk im Museum

Schmelztiegel & Strandgut im ehemaligen Bundeswehr-Depot


Von Helmut Beushausen

Dem Veranstaltungshinweis der LAG NEWS folgend machte ich mich am 6. Februar auf den Hesterberg auf (zu Fuß!) und fand auch gleich den Eingang zum ehemaligen Bundeswehr-Depot, jetzt Volkskundemuseum. Dies war so selbstverständlich nicht; Bernd v. Appen, 'Canaal'-Barde von Schmelztiegel, erklärte uns während des Konzerts, wie er zweimal den ummauerten Trakt "umschiffen" mußte, bis sein Gefährt endlich eine Öffnung fand - aber da war ein respektabler Bordstein, und es mußten Erkundigungen eingezogen werden, plattdütsch natürlich. Später saß er dann vergnügt mit seinem Geigenbogen als Angel und 'ner Flasche Flens auf der Bühne und wollte dem (mit 160 Zuschauern) rappelvollen Saal weismachen, daß man so den Aal aus dem Canaal hievt. Ganz nebenbei konnte er noch eruieren, daß die Anwesenden über kein Repertoire an Angler-Liedern verfügten.

Drawing by German artist Annegret Haensel Auch sonst hatten Schmelztiegel einige Überraschungen parat. So traten sie in gewohnter Frische den beweis dafür an, daß sich Snackerei und Döntjes sehr wohl mit anspruchsvollen, natürlich auch originellen musikalischen Arrangements vertragen. Sicher erstaunte dies mindestens den Museumsleiter, der in seinen Eingangsworten noch davon ausgegangen war, daß beides nicht kompatibel sei. Wir haben aber gelernt: viel Snacken und Folk passen zusammen.

Dies gilt auch, wenn in räumlichen Gegebenheiten agiert wird, die Erhard Ohlhoff eher einem Baumarkt als einem Museum zugeordnet wissen wollte. Daß der Abend nie an eine Soirée im Baumarkt denken ließ, lag nicht nur am Angler-Latein und anderen Kunststücken. Es war auch nicht nur einigen Bühnenrequisiten aus dem Bestand der Volkskunde zu danken, die dem Raum etwas von seiner atmosphärischen Kühle nahmen. Auch das Publikum hatte seinen Anteil daran. Bei den eher leisen, phantasievoll arrangierten Stücken von Strandgut noch in konzentrierter Stille, zeigte es auch später eine bemerkenswerte Schwingungsfähigkeit, sang unaufgefordert mit feinem Gefühl für die jeweilige Stimmung mit, wartete geduldig bei den Stimmpausen für die Instrumente, für die es im übrigen ein spürbares Interesse zeigte.

Auch das Konzept, die beiden Gruppen in dieser Reihenfolge zu bringen - Strandgut, dann Schmelztiegel - wurde offensichtlich angenommen. An Strandgut beeindruckte die auch volkskundlich interessante Bandbreite der eingesetzten Instrumente. Völlig neu auch für Folk-Insider war dabei sicherlich der Perkussions-Frosch, den die Musiker gleich zu Beginn vereint zum Quaken brachten. Daß er aus Quakenby und nicht aus Quakenbrück kommen soll, wie uns Petra Mischke erklärte, wollen wir gerne glauben. Natürlich boten auch Strandgut in ihrem Repertoire etwas zum Schmunzeln.

Einen gelungenen Abschluß des Abends bildete das Finale mit der Vermischung zwischen der Boy Group Schmelztiegel und Strandgut und ihren Fröschen, die sich ja vielleicht eines Tages als verzauberte ........ herausstellen und die weibliche Domäne in der Gruppe kippen. Warten wir es ab. Daß aus diesem Abend eine Veranstaltungsreihe 'Folk im Museum' wird, wäre jedenfalls zu wünschen.


Zeichnung von Annegret Haensel; mehr Infos zur Künstlerin auf ihrer Homepage


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 5/99

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