FolkWorld #68 03/2019
© Daniel Bax / amnesty international

Mundart macht's Maul auf

Der Rechtsruck in Bayern hat die Musikszene alarmiert. Von Heimatmusik über Reggae bis Rap sind in den verschiedensten Genres Protestsongs entstanden.

Bayern ist in Bewegung. Der Rechtskurs der CSU und der Einzug der AfD in den Landtag haben auch die lokale Musikszene aufgeschreckt und zu musikalischen Statements für eine offene und solidarische Gesellschaft motiviert.

Roland Hefter
Artist Video
www.rolandhefter.de

Das erfolgreichste war wohl der Song "Mia ned" der Initiative "Künstler mit Herz" rund um den Münchner Mundart-­Liedermacher und Musik-Kabarettisten Roland Hefter. Der 50-jährige Sänger mit den schulterlangen strähnigen Haaren, der gern Lederhose trägt, ist ein Lokalmatador, der sonst eher harmlos-humoristische Lieder über "Urlaub auf der Wiesn" oder "Dirndlschleifen" singt. Doch die AfD hat ihn so aufgeregt, dass er sich in dem Song "Mia ned" intensiv mit ihrem Programm auseinandergesetzt hat.

Zum Blaskapellen-Schunkelrhythmus zitiert er die Positionen der AfD zu Gleichberechtigung, Klimaschutz, Inklusion und öffentlich-rechtlichem Rundfunk und kommentiert sie sarkastisch. Im Video sieht man ihn mit einem Freund telefonieren, der ihm eröffnet, die AfD wählen zu wollen, woraufhin der Musiker die Treppe hinunterhastet, sich eine Gitarre greift und auf der Straße einen Protestmarsch beginnt. Mit der Zeit schließen sich ihm immer mehr Menschen an, die Gruppe wird immer größer, man lacht und tanzt. "Des, was die wirklich woin, wui koa echter Bayer ham", lautet sein Fazit. Auf YouTube erzielte der Clip Hunderttausende Aufrufe, auf Facebook über zwei Millionen.

Banda Internationale

Artist Video Banda @ FROG
Söllner @ FROG

banda-internationale.de
www.soellner-hans.de

Auch der bayerische Reggaebarde Hans Söllner ließ sich zu einem musikalischen Kommentar zum Rechtsruck hinreißen. Mit der Blaskapelle Banda Internationale aus Dresden, die dort regelmäßig bei Anti-Pegida-Kundgebungen auftritt, nahm er den schmissigen Song "Rassist" auf. Im Refrain schimpft Söllner: "Du scheiß Rassist, schau, dass di schleichst, des is mei Heimat und ned dei Reich." Anders als Roland Hefter ist Söllner schon lange für seine deftigen politischen Seitenhiebe auch gegen die CSU bekannt. Weil er sich seit jeher öffentlich für die Legalisierung von Marihuana einsetzt, wurden gegen den bajuwarischen Rastafari aus Bad Reichenhall schon mehrfach Ermittlungsverfahren wegen des ­Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet.

In München wiederum schlossen sich 18 Rapper zusammen, um einen gemeinsamen Track gegen die AfD und gegen rechte Hetze aufzunehmen. Das Stück trägt den programmatischen ­Titel "#wirsindmehr", unter dem das Protestkonzert gegen die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz stattfand. Die Initiatoren des Münchner Songs, Jens Hellmund alias Yen aka Audijens, Robby Classic und RaKeem, sind lokale Szenegrößen. Auf Old-School-Beats mit Philly-Soul-Sample zeigen sie gemeinsam mit anderen Rappern der AfD den Stinkefinger. "Menschen, die ertrinken, sind Menschen, die ertrinken", rappt Sleezy. "So etwas verpflichtet zum Helfen und verbindet."

Die Haltung der AfD zu Flüchtlingen ist auch das, was Roland Hefter am meisten empört, auch wenn er das Thema in seinem Song gar nicht erwähnt. "Das Allerschlimmste im Parteiprogramm ist, dass sie die Seenotrettung abschaffen wollen", sagte der Mundartsänger der konservativen Tageszeitung Münchner Merkur. "Das finde ich so unmöglich, Menschen bewusst absaufen zu lassen, nur um andere abzuschrecken, nicht nach Europa zu kommen. Das finde ich so was von furchtbar, unmenschlich und unchristlich."


amnesty international


Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung der Ausgabe Dezember 2018 des Amnesty Journals entnommen (www.amnesty.de/journal/).



Photo Credits: (1) Roland Hefter, (2) Banda Internationale, (3) amnesty international (unknown/website).


FolkWorld Homepage German Content English Content Editorial & Commentary News & Gossip Letters to the Editors CD & DVD Reviews Book Reviews Folk for Kidz Folk & Roots Online Guide - Archives & External Links Search FolkWorld About Contact Privacy Policy


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Homepage
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld