FolkWorld #62 03/2017

CD & DVD Rezensionen

Gard Nergaard "Seint var det om kvelden"
Etnisk Musikklubb, 2015

"Seint var det om kvelden" - ist eine Hommage an die verstorbenen Geiger und an die Folkmusiktradition der Region Mandalen in West-Agder, Süd-Norwegen, auf dass sie nicht in Vergessenheit geraten mögen. Gard Nergaard hat seit seiner Kindheit mit dem letzten Geiger der Region, Paul Sveinall, Musik gemacht. Und da es keine Dokumentationen gab, die die Musik älterer Geiger hätte bewahren können, war Paul Gard's Quelle zur Musik der Region. Gard hat von Paul Sveinall die Musik der verstorbenen Geiger gelernt und in Zusammenarbeit haben sie das vorliegende historische Dokument produziert. Gard stand für den Großteil der Musik und beschreibt in einem ausführlichen Vorwort seine Motivation zu dieser Arbeit, während Paul über die Musiktraditionen im Mantal schreibt und über die Geiger, deren Musik diese Arbeit repräsentiert. Im hinteren Teil des Dokumentes befindet sich außerdem Hintergrundinformation zu den jeweiligen Stücken. Eine kurze Zusammenfassung gibt es auf Englisch, Französisch und Deutsch, doch der größte Teil der sehr interessanten Arbeit ist auf Norwegisch.
Auf zwei CD's können wir 55 Stückchen Geschichte lauschen. Die einzelnen Spuren sind nicht sonderlich lang, allerdings sind diese CD's auch nicht ausschließlich zu unserem Vergnügen gedacht, sondern sollen soviel wie möglich der bisher undokumentierten Musik für die Nachwelt festhalten. Zudem, nehme ich an, sollen wir auf den Geschmack gebracht werden, uns eventuell mehr für die Region und deren Musik zu interessieren. In musikalischer Zusammenarbeit mit Renate A. Heggland, Tom Karlsrud, Tor Arve Monan, Per Anders Fredriksen und Paul Sveinall wird auf der ersten CD die Musik älter Zeit dokumentiert. CD zwei beinhaltet Musik die nach 1820 und damit mit Einflüssen von anderen Ländern (Deutschland, Großbritannien, Polen) entstanden ist. Hier wird der Zusammenklang von älterer mit neuer Musik lautbar gemacht.
Mir gefällt dieses Werk der Traditionsbewahrung. Wie so oft wird hier wieder die Schönheit der norwegischschen Folkmusik gezeigt, die durch ihre speziellen Ton- und Taktarten die Eigenschaft hat, einfach mitreißend zu sein.
Wer mehr über die in Vergessenheit geratene Kultur der südnorwegischen Region Mandalen erfahren möchte, ist mit Gard Nerdgaard's Werk gut beraten.
© Luise Rube


Lena Willemark "Blåferdi"
Brus&Knaster, 2016

Artist Video

www.lenawillemark.se

Folkmusik muss nicht immer traditionell sein. Die moderne Folkmusik entsteht mit Hilfe von Elementen alter traditioneller Musik, bedient sich der Inspiration und Weltoffenheit des Künstlers und wird so zu Weltmusik, Klassik, Jazz...
Lena Willemark, eine der herausragendsten schwedischen Sängerinnen und Idol vieler folkmusikalischer Nacheiferer, hat sich genau dieser Bausteine bedient, als sie vom schwedischen Radio gebeten wurde neue Musik für das Euroradio Folk Festival zu schreiben und ihre Reise auf dem blauen Pfad - "Blåferdi" begann.
Ganz klar haben wir hier Folkmusik vor uns, die zeitweise an Jazz und klassische Musik erinnert. Doch Polska, Walzer und Co laden die Füße zu rhythmischem Stampfen ein. Auch wenn Blåferi nicht gerade Tanzmusik ist. Eher wird zum Träumen eingeladen. Und da die wenigsten die Muttersprache der Künstlerin verstehen werden, rate ich, den Lauten dieser zauberhaften Ursprache zu lauschen. Es handelt sich nämlich um den Dialekt von Lena Willemarks Heimatort Älvdalen. Diese hat, anders als die meisten anderen Dialekte Schwedens, so gut wie gar nichts mit dem Schwedischen zu tun und wird nur von den wenigsten verstanden, geschweige denn beherrscht. Lena Willemark kann beides und bedient sich dieses Tools um Gedichte in dieser Ursprache zu verfassen und sie mit Folkmusik zum Klingen zu bringen. Sie singt und spielt gleichzeitig Violine. Sie beherrscht beide Instrumente außerordentlich und ist in der Lage mit ihren Stimmbändern Laute zu produzieren, die dem Hörer wohl eher undefinierbar erscheinen aber beeindrucken mögen. Ihre Stimme kann in einem Atemzug stark und luftig klingen. Lena Willemark hat ihre Musikerkollegen handverlesen. Emma Reid (Geige), Mia Marin (5-seitige Geige), Mikael Marin (5-seitige Viola), Leo Sander (Cello), Tina Quartey (Percussion) sind alle wohl etablierte Künstler der schwedischen Folk- und Weltmusikszene und schaffen mit ihrem professionellen Zusammenspiel einen Raum für Urkräfte und Märchen in dem sich die Texte auf dieser wunderlichen Sprache ungehindert entfalten können. Sie heißt nicht umsonst Elfdalisch. Nennt mich verträumt, doch bin ich davon überzeugt, dass Lena Willemark eine der musikbegabten Elfen ist, wie sie sich auch in Schottland und Irland herumtreiben.
Besonders hervorheben möchte ich den Einsatz der Berimbau, die trotz ihres Bandes zum Brasilianischen im Zusammenhang mit der vorliegenden Musik, keineswegs brasilianisch anmutet, sondern sich perfekt einbettet in die experimentellen Klangwelten dieses neu geschaffenen und auf uraltem basierenden Folkmusik Werkes.
Blåferdi ist Lena Willemarkt 4. Soloalbum und eins von 30 Alben mit ihr. Sie ist bekannt für ihr Mitwirken im Trio Frifot und in der Weihnachtsband Jul i Folkton. Das Booklet des Albums enthält alle Texte auf Elfdalisch, Schwedisch und Englisch.
© Luise Rube


Sigrid Kjetilsdotter Jore "Brurehesten"
Etnisk Musikklubb, 2016

Brurehesten ist das Ergebnis einer umfassenden Forschungsarbeit über die ältere Gesangstradition aus Setesdal in Süd-Norwegen. Interessant für all jene, die vielleicht z.B. Kirsten Bråten-Berg gehört haben und sich weiter mit der Musik ihrer Heimat beschäftigen möchten.
Sigrid Kjetilsdotter Jore hat seit Kindesbeinen von einigen der großen Sängerinnen in Setesdal gelernt, um dann an der Norwegischen Musik Akademie zu studieren. Setesdal hat eine ausgeprägte Gesangstradition, die sich um Gammalstev (Kehrreim mit 4 Zeilen, Poesieform des 13. Jh) und Nystev (Poesieform seit dem 19.Jh) dreht. Viele dieser Stev wurden bewahrt und von Künstlern des 20. Jh neu aufgenommen. Sigrid KjetiIsdotter Jore hat sich zur Aufgabe gemacht, weiter zu suchen und Stev aus Setesdal zu finden, die bisher noch nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen haben. Auf 24 Titeln dürfen wir ihr also lauschen, wie sie mit ihrer starken und gut beherrschten Stimme ihre Fundstücke wieder zum Leben erweckt und für unsere Ohren genießbar macht. Mit einigen Ausnahmen, bei denen sie von Männer- bzw. Kinderchor begleitet wird, ist nur die Reinheit ihrer Stimme zu hören. Was den Vorteil hat, dass sich die Hörer auf die Tonalität, die variationsreiche Anwendung der Stimme und, bei Beherrschen der Sprache, die Texte konzentrieren können und nicht von Begleitinstrumenten abgelenkt werden. Als roter Faden der Texte ziehen sich die Thematiken Hochzeiten, Liebe und das Pferd, welches sowohl bei Hochzeiten als auch in der norwegischen Mythologie eine tragende Rolle spielt.
Als Unterhaltungsmusik ist diese Platte eher nicht geeignet. Für all diejenigen, die Gesangstraditionen und norwegische Tonalitäten lieben, möchte ich jedoch eine starke Empfehlung aussprechen.
© Luise Rube


Sigrid Moldestad "Så ta mitt hjerte"
Grappa, 2015

www.sigridmoldestad.com

Ferne, Weite, Extreme. Wenn ihr euch nach Norwegen sehnt, ist diese Platte genau das Richtige. Norwegen ist ein Land der Extreme und Gegensätze mit seinen hohen Gebirgen und schluchttiefen Schären, Popkultur und gleichsam starkem Band zu Traditionen.
Mit ihrer 2015 erschienenen Zusammenfassung der 4 vorherigen Veröffentlichungen (2007-20014 TAUS, Sandkorn, Himlen har sova bort mörkret, Brevet till Kjärleiken) spielt Sigrid Moldestad mit genau diesen Gegensätzen und vereint zugleich ihre Eigenschaften als herausragende Traditionsmusikerin, Geigerin, Vokalistin, Dichterin, Komponistin und Interpretin anderer Künstler*innen. Mit "Så ta mitt hjerte" (So nimm mein Herz) bietet sie uns auf 21 Titeln (CD plus Bonusplatte) ihre liebsten Stücke aber auch die ihres Publikums in einer abwechslungsreichen Kompilation an. Stark tritt das Gefühl von Weite heraus, das durch mächtige Arrangements zu nahezu filmmusikalisch epischen Bildern anregt und einen über Norwegens Gebirge trägt. Gleichwohl laden Instrumentalisierungen und Klangspektren durch . Hardingfela und Sigrids folkloristischem Gesangsstil in die mystischen Welten der norwegischen Traditionsmusik ein. Auf der anderen Seite hören wir Elemente aus Country und Pop durch Slidegitarre und die Form der Gesangsbeiträge, die aus Sigrids Hintergrund als Liedermacherin stammen.
Der Fakt, dass die Lieder nach Liedermachermaterial klingen, in Kombination mit folkloristischen Elementen, macht Sigrid Moldestads Musik genießbar, für sowohl die eingesessen Folkies unter uns, als auch Folk-Einsteiger oder sogar solchen, die mit Folk sonst nicht so viel zu tun haben. Dieser Fähigkeit, so viele Schichten von Musikhörern zufrieden zu stellen, verdankt sie sicher auch ihre vielen Auszeichnungen, so auch den Spelemannprisen, den norwegischen Grammy, den sie 2005 mit ihrem Trio Gamaltnymalat für ihr Soloprojekt TAUS erhielt.
Booklet und CD-Druck sind im Stile eines alten Buchumschlages gehalten. Da das Album "So nimm mein Herz" heißt, interpretiere ich diese Aufmachung als Tagebuch, in dessen Tiefen sie uns einlädt. Fast alle Bilder, auf denen die Künstlerin allein zu sehen ist, zeigen sie mit ihrer Hardingfela. Die anderen Bildercollagen spiegeln ihre Zusammenarbeit mit den Musikern der 4 Scheiben, die diese Produktion zusammenfasst.
Die Platte ist mit vielen herausragenden Musikern gefüllt, mit denen Sigrid gearbeitet hat. Der intimere Kreis, mit denen sie am meisten arbeitet, besteht aus: Sigbjørn Apeland (Trøorgel, Rhodes, Piano, Chor), Anders Bitustøyl (Bässe, Chor), Jørgen Sandvik (Gitarren, Guzheng, Mandoline, Banjo, Gesang), Anders Hall (Geigen, Viola, Chor), Morten Skage (Bass, Baritongitarre, Tamburin), Anders Røine (Langeleik, Maultrommel, Gitarre), Roald Kaldestad (Gitarren, Mandola, Mandoline), Stein Urheim (Gitarren), Kåre Opheim (Trommeln), Kato Aadland (Gitarren und diverse). Weitere Musiker, die auf dieser Zusammenstellung zu hören sind: Mattias Perez (12-seitige Gitarre), Tore Bruvoll (Gitarre, Dobro), Hans Olav Molde (Trommeln), Magne Thormosäther (Bass), Kristoffer Sundström (Bass), Arne Maslåtten (Flöte), Thomas Nökling (Saxophon), Olav Mjelva (Geige), Kevin Henderson (Geige), Kim Andre Rysstad (Gesang), Torbjörn Netland (Mandola), Karl-Johan Ankarblom (Geige), Johannes Rostamot (Cello), Leif Ottosson (Akkordeon)
Im großen und ganzen möchte ich "Så ta mitt hjerte" als ein recht episches Werk bezeichnen. Mit vielen Bergen und Tälern - und das meine ich rein musikalisch und nicht wertend - und einigen Festen auf dem Weg. Der vorletzte Titel auf der Bonus-CD vereint im Prinzip alles. Hier arbeitet die Künstlerin sogar mit einem Orchester zusammen. Der Text ist zu Ehren der Traditionsmusikerin Samuline Seljeset verfasst und wurde mit einem traditionellen Halling kombiniert. Erst werden wir in die erwähnten Weiten mitgenommen, hören die Liedermacherin und Sängerin. Dann aber wird es festlich und die Liedermacherin wird zur Hardingfelavirtuosin die dem Klassischen Orchester mit traditionellen Melodien und Spielweisen zeigt, wo es lang geht.
© Luise Rube


Rydvall Mjelva "Vårdroppar"
Grappa Musikkforlag AS, 20126

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www.rydvallmjelva.com

Norwegen in Schweden oder umgekehrt, bietet uns das Duo Rydvall/Mjelva mit ihrer zweiten Platte "Vårdroppar". Die schwedische Hälfte Erik Rydvall (Nordic) spielt Nyckelharpa. Die norwegische Hälfte des Duos Olav Luksengård Mjelva (SVER, The Nordic Fiddlers Bloc) können wir mit seiner Hardangar Fidel hören. Beide Instrumente sind bekanntermaßen typisch für das jeweilige Land, die beiden Musiker in ihrer Heimat herausragende Künstler auf ihren Instrumenten. Mit Nyckelharpa und Hardangar Fidel kommen 25 Saiten zusammen, die in gekonntem Zusammenspiel und Improvisation auf höchstem Niveau traditionelle, geliehene und eigene Kompositionen zum Besten geben. Die Sounds und Stile der Instrumente sind sehr verschieden, doch schaffen die beiden Musiker es, diese gekonnt zu kombinieren und ihrer Musik einen tänzerischen Charakter zu geben. Die Musik ist ansprechend und absolut nicht aufdringlich aber definitiv fangend. Die erste Platte "Isbrytaren" wurde mit dem norwegischen Folkelarmpris honoriert. "Vårdroppar" - Frühlingstropfen ist die Titelspur, welche von dem schwedischen Nyckelharpa Helden Erik Sahlström komponiert wurde. Die Beschreibungen im Booklet sind schwedisch für die schwedischen Lieder und norwegisch bei den norwegischen Liedern gehalten. Auch englische Übersetzungen sind dabei. Mein persönlicher Favorit ist Erik Rydvalls Handschrift in dem seinem Opa gewidmetem Schottisch "Morfars Schottis". Sowohl Schwung als auch aus der Reihe tanzende und damit coole Töne geben dem Stück eine mitreißende Note. Wer sowohl schwedische als auch norwegische Musik mag und sich einfach nicht entscheiden kann, welche Platte jetzt gehört werden soll, ist mit dieser ausgereiften Kombination gut beraten.
© Luise Rube


Marcela Arroyo, Andreas Engler, Daniel Schläppi "Tres Mil Uno"
Catwalk, 2016

www.marcela-arroyo.ch

Tango kann süchtig machen. Das Trio um die argentinische Sängerin Marcela Arroyo, und den beiden Schweizer Musikern Andreas Engler und Daniel Schläppi weiß das, erleben sie ihn doch bereits seit Jahren von seiner intensivsten Seite, der des Tangointerpreten. Leidenschaft war das Thema des letzten Albums dieses außergewöhnlich klangintensiven Trios. Auch das aktuelle Album "Tres Mil Uno" lässt die Leidenschaft, von der der Tango lebt nicht vermissen, doch wirkt die Musik noch ausgeklügelter und reifer. Hier trifft der rückhaltlose Seelenstriptease eines Astor Piazzolla auf den augenzwinkernden Wortwitz Kurt Tucholskys. Um diesen Kosmos an Gefühlen Ausdruck zu verleihen, bedürfen die drei keines großen Orchesters. Daniel Schläppies Bass gibt den Weg vor, die schneidenden Violinenklänge Andreas Englers sind die wild bewegten Winde, die die Melodien zersausen und der von unbändiger Sehnsucht getränkten Stimme Marcela Arroyos folgt man mit hypnotisierten Sinnen. Selbst unter den oft von hoher Qualität geprägten Aufnahmen in der Tangoszene, ist das Album "Tres Mil Uno" des Trios Arroyo, Engler, Schläppi ein musikalischer Edelstein.
© Karsten Rube


Maestral "Confluences"
Coop Breizh, 2016

www.maestral.fr

Der Maestral ist ein Seewind, der in Adria weht. Dieser Wind dient dem bretonischen Crossoverprojekt als Namensgeber, wehen doch die musikalischen Einflüsse für die vier Musiker von überall her. Einerseits steht die Musik auf den traditionellen Fundamenten keltischer Musik. Andererseits haben die Künstler in vielen Sparten ihre musikalische Bildung erfahren. Auf dem aktuellen Album "Confluence" verbinden sich die Melodien auf der traditionellen keltischen Harfe von Anne Postic, mit den launigen Jazzklängen der Trompete von Pierre-Antoine Colas. Der Bassist Stéphane Goasguen und Herri Latch (Schlagzeug / Percussion) tun ihr Übriges, um ihren musikalischen Reichtum vor dem Hörer auszubreiten. Der Maestral weht hörbar Stimmungen aus Latin und Oriental herein. Den musikalischen Dialog führen allerdings weitgehend Harfe und Trompete. "Confluences" ist ein ruhiges Kelto-Jazz Projekt, das über die ganze Distanz eine knappen dreiviertel Stunde keine Sekunde langweilig wird.
© Karsten Rube


Strom und Wasser "Herzwäsche"
Traumton Records, 2016

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www.strom-wasser.de

Nachdem Heinz Ratz den kulturellen Gegenpol zur deutschen Graumäusigkeit ausgerechnet im kühlen Island erleben durfte und mit nordischer Mystik und selbstverständlichem Gemeinwesen gestreichelt wurde, hat ihm bei der Heimkehr der Michel nun endgültig die heimische Petersilie verhagelt. Ratz geht nicht kleinlich mit Kritik am System und an der menschlichen Dummheit um. Dafür ist er bekannt, beliebt oder auch berüchtigt. Seine Gesellschaftskritik ist fundiert, seine Beobachtungsgabe bestens ausgeprägt und seine Bildsprache könnte kaum deutlicher sein. Und Heinz Ratz belässt es nicht bei Worten. Er packt zu, wie man bei seinem Strom und Wasser feat. Refugees Projekt sehen konnte. Oder nun mit dem von ihm und Konstantin Wecker gegründete Büro für Offensivkultur, mit dem ein bundesweites Netzwerk zur Wiederbelebung der Menschlichkeit geflochten werden soll. Das Album "Herzwäsche" ist nun wieder ein reines Erzeugnis seiner Stammkapelle Strom und Wasser. Hier rockt und röhrt und rotzt und hämmert sich Heinz Ratz frei, wenn er mit brillanter Dichtkunst auf die deutsche Spießigkeit, die rechte Seitendrift der Gesellschaft, die Egomanen und die Rückwärtsblicker drischt. Dabei gelingt es ihm, dass ich mich als Hörer nicht recht wohl fühle, weil ich mich ständig zu positionieren suche. Wo meint, wo erwischt er mich? Und wo sieht er sich, in seinen Texten? In "Schwarz, Rot und - Wow" singt er: " ... Egal, ob Römer, ob Mongolen oder Schweden, der Germane, der haut prinzipiell auf jeden! Egal, ob Ehebett, ob Arbeit oder Suff! In Germanien heißt es: immer feste druff! ... ". Auch mit "Kinderkloppe", in der er die Verblödungsmaschinerie anprangert, die allgemein als Erziehung bezeichnet wird, werde ich als alter Vadder nicht warm. " ... Kinder, lasst euch eure Welt nicht so versauen, Es braucht nur drei, vier Kinder, um einen Großen zu verhauen. Und bitte prügelt ordentlich, und lasst Euch nicht erweichen. Lehrer, Eltern, Fernsehstars! Es muss für alle reichen! ..."Vermutlich ist mir daran die Ironie nicht ganz aufgegangen. Aber über die verfüge ich auch nicht, wenn ich mit den Berliner Verkehrsbetrieben spät abends allein nach Hause muss. Da hab ich nur Angst. Meint er also mich, mit seinen Liedern? Die alt gewordene, im vereinten Deutschland zusammengewachsene Nicht-Lichtgestalt. Der Normalmensch als graues Grauen im zukunftsdüsteren Deutschland? Mir wird ein bisschen schlecht beim Hinhören und Mitdenken, denn es reiht sich hoffnungsarmes Lied an Lied in diesem Stile, rockig, rappig, funky und Reim, reimt sich auf Reim. Mit bösen Worten kämpft er gegen böse, gefühllose Menschen, bis ... ja, bis er plötzlich innehält und die schönen Momente erkennt, die es unweigerlich auch gibt, selbst hier. "Schönheit in A(LT)-Dur" ist so ein Lied, in der er die Würde des Alters preist. "Die feinen Blumen spielen keine Rolle" ist ebenfalls ein geschickt gesetzter Plotpoint. Hier zuckt der Don Quichotte der proletarischen Kampfdichtung, ob seiner eigenen Kunst mit den Schultern. Als sänge er gegen Mauern. Kurz beklatscht, gepriesen, von den Leuten, die ihn sowieso hören, aber ohne dass er damit irgendwen in der Gesellschaft, zu einem besseren Menschen machen könnte. So wird er auf seinem Album zum Ende hin versöhnlicher. Von "Kussmomenten" singt er, als wäre die Liebe eine heimliche Verschwörung, gegen den allgemeinen gesellschaftlichen Gefühlstod. Das Lied "Der Graue Ratz" ist eine persönliche Bestandsaufnahme, die radikal ist und von Kompromisslosigkeit ebenso handelt, wie von Wankelmut und von der Sehnsucht nach wirkungsvoller Poesie. Hier zeigt er sich von seiner besten Seite, selbstkritisch und mutig im Kampf gegen die Resignation. Zum Abschluss wird er mit "Das ewige Lied" sogar etwas albern. Fazit: "Herzwäsche" von Strom und Wasser ist ein Album, das Heinz Ratz ganz bestimmt nicht für die Schmusestunden gemacht hat. Es geht eher an die Eingeweide, als ans Herz, provoziert Reaktionen, wo man es persönlich nehmen sollte und lässt den aufmerksamen Hörer kurz Schaudern, wenn ihn der Hauch der Erkenntnis streift, dass es eben nicht immer nur die Anderen sind. Leider ist, wie auch Heinz Ratz weiß, diese Erkenntnis eine flüchtige.
© Karsten Rube


Dobrek Bistro "Bistro III"
Dobrecords, 2014

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www.dobrek-bistro.com

Der polnische Akkordeonspieler Krzysztof Dobrek ist seit 1990 in Wien ansässig. Dort gründete er zur Jahrtausendwende das multikulturelle Bandprojekt Dobrek Bistro. Dobrek, der bei aller akademischen Bildung die Schule des Straßenmusikers als seine eigentliche Bildungseinrichtung ansieht, ist nicht nur ein Virtuose auf dem Instrument, sondern ein musikalischer Querdenker, der mit seinem Ensemble vielschichtige Klangstrukturen hervorzaubert. Das Album "Bistro III" brachte er 2014 heraus. Lange ließen sich die Musiker Zeit, bevor sie die Lieder, die sie entwickelt hatten, auch aufnahmen. Ein Perfektionismus liegt der Arbeitsweise Dobreks inne, der die Freude am Spiel und am Entwickeln nicht bremst. Stilistisch tanzen sie sich dabei durch die Melancholie des Tangos und der Bossa, wurzeln sich durch Romaklänge, Klezmer und Gipsy Swing und schaffen eine Vielfalt von Klängen, die sich letztlich nirgends einordnen lassen wollen. "Dobrek III" ist ein brillantes Soundkunstwerk voller Leidenschaft und Virtuosität.
© Karsten Rube


Nilza Costa "Roots"
Fono Fabrique, 2016

www.nilzacosta.com

Das neue Album, der in Italien lebenden Brasilianerin Nilza Costa, lässt schon mit der Titelwahl keine Unklarheit aufkommen. "Roots" ist die konsequente Suche nach der eigenen Herkunft. Das Album besticht durch die afrikanische Färbung, die im Norden Brasiliens vorherrscht. Der Einfluss der afro-brasilianischen Religion der Candomblé in Bahia, aber auch die brasilianischen Vorbilder, wie Caetano Veloso und Maria Bethania schimmern in ihrer Musik ebenso durch, wie inspirierender Jazz und Elemente der Oper. All diese wichtigen Bestandteile im musikalischen Erleben der Nilza Costa verbinden sich auf dem Album "Roots" zu einer einzigartigen exotischen Klangsynthese.
© Karsten Rube


Nordic Choro "Nordic Choro II"
ZEBO Records, 2016

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Der finnische Mandolinenspieler Jaro Romppanen besitzt ein Faible für die Musik des brasilianischen Nordostens. 2008 gründete er seine Band Nordic Choro. 2016 erschien bereits das zweite Album der Gruppe unter dem simplen Titel "Nordic Choro II". Das Quartett bearbeitete darauf 12 skandinavische Kompositionen und setzte die nordisch-melancholischen Melodien der sonnengetränkten Rhythmik Brasiliens aus. Herausgekommen sind ein paar entspannte Melodien zur Siesta. Nichts, was wirklich mitreißt, aber gut genug, um sich beim leichten Mitschwingen an den angenehmen Klängen zu wärmen.
© Karsten Rube


I Fratelli Tarzanelli "Antipodes"
Appel Records, 2016

Artist Video

www.vi.be

Zwei Brüder im Geiste reisten durch den Süden der Welt, dort, wo alles kopfsteht, zu den Antipoden. Sie nahmen ihre Instrumente mit und ein portables Aufnahmegerät und zogen durch Neuseeland. Wo immer sie hielten, drückten sie aufs Aufnahmeknöpfchen, zogen das Akkordeon auseinander und strichen über die Violine. Hin und wieder sang jemand mit. Straßenmusik von unterwegs könnte man die CD "Antipodes" im Untertitel nennen. Das Album der beiden belgischen Musiker ist wie ein Live-Gig aufgenommen, mit Hintergrundgeräuschen aus Straßenlärm, Gesprächen in Zügen, dem Anbranden des Meeres. Leicht gerät man dabei ins Träumen, lauscht der Musik und den Gesprächen, dem Gekicher und dem Rauschen von der anderen Seite der Welt. "Antipodes" ist eine Hörreise mit Musik. Welthören im besten Sinne des Begriffes.
© Karsten Rube


Brigitta Flick Quartet "Dalarna"
Double Moon Records, 2016

www.brigittaflick.com

Manchmal bedarf es des Blickes von Außen, um sein eigenes Bild wiederzuerkennen. Brigitta Flick ist eine deutsche Jazzmusikerin, die tief und gründlich in die schwedische Kultur eingetaucht ist. Nicht in die sattsam bekannte zwischen Möbelhaus und Eurovisonserfolgen, sondern in die zwischen Folklore und Literatur. Das eigentliche, ruhige, authentische Schweden fand sie in Dalarna, im mittleren Westen des Landes, wo das rote Dalarna-Pferd und der Wasa-Lauf Bedeutung haben. Brigitta Flick versucht mit ihrem Quartett und mehreren Gästen, die Stimmung der Landschaft, mit seinen tiefen Wäldern und seinen Seen einzufangen. Das tut sie mal mit dem Interpretieren regionaler Melodien und mal mit frei improvisierten musikalischen Fragmenten. Das Album dürfte mit seinen intensiven Jazz-orientierten Stimmungsbildern für Freunde der schwedischen Volksmusik etwas verstörend wirken. Trotzdem ist es ein kräftiger und selbstbewusster Ausdruck des Erlebens einer fremden Kultur, zu der sich die Künstlerin hingezogen fühlt.
© Karsten Rube


Olaf Sickmann "Café Rialto"
Timezone, 2016

www.olafsickmann.de

Wenn man regelmäßig in einem Café sitzt, das man zu seinem Lieblingscafé und beinahe schon zu einem zweiten Zuhause erkoren hat, wird man, wenn man ein anständiger Musiker und Mensch ist, diesem Ort irgendwann einen Song widmen. Olaf Sickmann hat diesem Café gleich eine ganze CD gewidmet. "Café Rialto" heißt das Album des Akustikgitarristen. Sickmann, der schon seit 15 Jahren ein Instrumentalmusiker von eigener Qualität ist, versenkt sich auf der CD in dieselbe Stimmung, mit der er auch im Café seine Zeit füllt. Nachdenklichkeit, Ruhe, Gelassenheit und Mut zur Sentimentalität heißen die Pfeiler, auf denen Sickmanns zehntes Album aufgebaut ist. Mit technischer Perfektion auf der Sologitarre verführt Olaf Sickmann den Hörer zu einer knappen dreiviertel Stunde Traumzeit.
© Karsten Rube


Ingfrid Breie Nyhus "Slåttepiano"
LabLabel, 2015

www.breienyhus.no
www.slattepiano.com

Die norwegische Klaviervirtuosin Ingfrid Breie Nyhus hat sich auf ihrem Album "Slåttepiano" einem Projekt gewidmet, das so ganz anders ist, als die gewohnte nordische Folklore. Die Hardangerfiddle mag das berühmteste Instrument der norwegischen Folkszene sein und zahllose Kompositionen gibt es für dieses Instrument. Nyhus setzt bekannte Tunes für Hardangerfiddle auf einem einhundertzwanzig Jahre alten Steinwayflügel um. Die Musik auf "Slåttepiano" klingt nach ausgiebigem Erkunden von musikalischen Themen, nach Etüden für Folkpiano im klassischen Kontext. Das Album strahlt eine gewisse Ruhe aus, eine Ruhe, die man von der Hardangerfiddle eher selten erfährt.
© Karsten Rube


Vila Madalena "Me deixa em paz - Los mi auglahnt!"
Preiser Records, 2016

www.vila-madalena.com

Vila Madalena ist ein Künstlerviertel in Sao Paolo in Brasilien. Hier finden sich verschiedenste Kulturen zu den unterschiedlichsten künstlerischen Spielarten zusammen. Wo Vielfalt herrscht, kann das Leben nur bunt werden. Das sagen sich auch die beiden Musiker Franz Oberthaler und Nikola Zaric aus Österreich, deren Bandprojekt den Namen des Künstlerviertels trägt. Ohne Berührungsängste öffnen sie einen erfolgreichen Gemischtwarenladen auf der Basis brasilianischer Kompositionen, die sie geschickt mit stilistischen Verfeinerungen garnieren. So klingt das österreichische Naturell in den Arrangements ebenso durch, wie die Musik des nahen Balkan und der ungarischen Nachbarn. Zum Akkordeon und der Klarinette gesellen sich zudem noch eine Mundharmonika und der mitreißende Gesang der ungarischen Sängerin Anna Laszlo. Ein musikalischer Brückenschlag von seiner feinsten Seite.
© Karsten Rube


Oddjob "Folk"
Caprice Records, 2015

Artist Video

www.oddjob.cd

Oddjob gehören zu den spannenden Jazzkapellen aus Schweden, die sich nicht ganz uninspiriert von der Kultur ihrer Heimat leiten lassen. Einerseits hört man ihnen auf der aktuellen CD "Folk" an, wo ihre Götter wohnen, nämlich in den musikalischen Gefilden einer Jazzlegende wie der Band Weather Report, andererseits arbeiten sie mit einem Gesangsstil aus Skandinavien, der im weitesten Sinne mit dem alpenländischen Jodeln zu vergleichen ist. Die leicht durchschimmernde skandinavische Melancholie verschwindet allerdings schnell in den komplexen Arrangements, in denen sich die fünf Künstler die musikalischen Bälle zuwerfen. "Folk" ist eine brillante Balance zwischen Jazz, Clubsound und Weltmusik.
© Karsten Rube


Krauka "Timinn Tifar" [EP]
Eigenverlag, 2015

www.krauka.dk

Kraukas Album "Timinn Tifar" ist ein ziemlich archaisch daher kommendes musikalisches Kurzwerk. Die Wikingerband, die ihre Instrumente nach archäologischen Funden selbst herstellt, verbinden die historischen Nordlandsagen mit den rockigen Hörgewohnheiten der Gegenwart. Ähnlich, wie ihr deutsches Pendant Corvus Corax bringen sie die Vergangenheit auf die Bühne, ohne dabei verstaubten Geschichtsunterricht zu betreiben. Die seltsam deftige dänische Sprache tut ein übriges, um die Wikinger wild und undomestiziert erscheinen zu lassen.
© Karsten Rube


Sutaras "Tikro Garso Koncertas"
Eigenverlag, 2013

www.sutaras.lt

Sutaras ist eine Folklorekapelle aus Litauen, die bereits seit Ende der 80er Jahre existiert. Gegründet hat sie sich, kurz nachdem Litauen die Unabhängigkeit von Russland erlangte. Die Freiheit, wieder die traditionellen Gebräuche des Landes zu erwecken, ließ dieses Ensemble zu großer Popularität in Litauen, aber auch im baltischen Raum und darüber hinaus gelangen. So spielten sie bereits bei FolkBaltika, auf mehreren EXPOs und bei der Grünen Woche in Berlin. Die vorliegende CD ist der Radiomitschnitt eines Konzertes, das bereits 2003 stattfand, aber erst 2013, zum 25-jährigen Bestehen der Band veröffentlicht wurde. Mit viel Spielfreude gelingt es den Musikern, ein folkloristisches Hoppsassa anzuzetteln, das hierzulande auf manch Folkfestival für volle Tanzböden sorgen könnte.
© Karsten Rube


Club d'elf "Live at Club Helsinki"
Face Pelts Records, 2017

www.clubdelf.com

Knapp zweieinhalb Autostunden nördlich von New York befindet sich der Club Helsinki im kleinen Örtchen Hudson, am gleichnamigen Fluss. Der Ort, dessen größte Einrichtung ein Gefängnis ist, hat sonst nicht so sehr viel zu bieten. Lediglich das Restaurant Helsinki veranstaltet gelegentlich ein paar Konzerte und Jamsessions, die über das übliche Maß einer verschlafenen Kleinstadt für Aufmerksamkeit sorgen. Die in Boston ansässige Jazzformation Club d'elf war bereits des Öfteren in dieser Location. So auch am 16. November 2012. Das Konzert des Jazzkollektivs findet sich in der Anfang 2017 erschienenden Doppel- CD "Club d'elf - Live at Club Helsinki" wieder. Ihr Konzept kann man nur schwer erklären. Eine Art Dub-Groove-Trance Exkursion mit deutlichen Anklängen zur Weltmusik, wobei hier nordafrikanische Töne vorherrschender Import ist. "Live at Club Helsinki" ist ein außergewöhnlich atmosphärisches Crossoverprojekt zwischen Jazz und Weltmusik.
© Karsten Rube


Baraka "Samo Remix"
Sketis Music, 2016

www.barakatribute.wordpress.com

Die Musiker von Baraka, einem Folkjazzfusionensemble aus Riga, haben sich in den letzten Jahren mehrfach mit Tributealben hervorgetan, auf denen sie sich vergessenen Künstlern und Liedern aus abgelegenen ehemaligen russischen Teilrepubliken widmeten. Das aktuelle Projekt "Samo Remix" setzt sich mit alter Sufimusik aus dem Pamir auseinander. Nach bewährter Rezeptur von Baraka verbinden sich die traditionellen Kompositionen und Gesänge mit modernem Loungedesign, Worldfusion und Jazz. Das kann den Hörer schon mal in Trance bringen, was dem ursprünglichen Sinn der Sufimusik sehr nahekommt. "Samo Remix" lässt auch einer Art Pamir-Rap Raum zu experimentieren, setzt einerseits auf elektronische Effekte, hat andererseits allerdings alle instrumentalen Aufnahmen analog eingespielt. "Samo Remix" ist eine wohltuende groovende Scheibe, die zudem mit ethnologischem Feingefühl gemixt wurde.
© Karsten Rube


Uusikuu "Suomi-Neito"
Broken Silence, 2016

Artist Video

www.uusikuu.com

Über die finnisch-deutsche Band Uusikuu habe ich an dieser Stelle bereits einige Male berichtet. Die Musiker haben sich dem melodisch-melancholischen finnischen Tango verschrieben. Finnland ist wohl die Region Europas, in der man es am besten versteht, den Tango nicht nur zu spielen, sondern zu leben. Nicht so wild und von unausweichlicher Selbstzerstörung getrieben, wie am Rio de La Plata, sondern mit einer gebremsten Form skandinavischer Fröhlichkeit. "Finnische Maid" heißt die CD übersetzt und Laura Ryhänen steht als musikalische wie optische Frontfrau ganz im Zentrum des Albums, das vornehmlich den Salontango der 30er bis 60er Jahre des letzten Jahrhunderts interpretiert. Doch das allein genügt der eigenwilligen Formation in ihrem zehnten Jahr nicht. Auch die Anfänge des finnischen Jazz, des Slow- und des Foxtrotts bringen sie zum Leuchten. "Suomi- Neito" ist mal wieder ein allerfeinster Tanzteenachmittag.
© Karsten Rube


Lautari "Vol. 67- Live 2014"
Serpent.pl, 2015

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www.lautari.art.pl

Lautari ist ein Wort, das in den slawischen Sprachen öfter vorkommt. Es bezeichnet eine Gruppe von Musikern, vor allem bei den Roma. Entsprechend viele Kapellen tragen deshalb den Namen Lautari. Die hier vorgestellte CD "Vol. 67- Live 2014" stammt von einem polnischen Quartett, das sich mit den Kompositionen von Oscar Kolberg auseinandersetzt. Kolberg war ein polnischer Komponist und Ethnograph, der sich besonders durch seine Sammlung polnischer Volkslieder hervortat. Das Ensemble Lautari tat sich im Liederbuch 67 Kolbergs um, betrachte dabei auch die Entwicklung des Klaviers in der Volksmusik in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Lautari drängt nicht auf authentische Wiedergabe der gesammelten Lieder, sondern findet auf ihrer Liveaufname einen Weg, traditionelle Weisen und modernen Jazz zu verbinden. Immer wieder werden aus klassischen Volksweisen interessante Klangmuster zum freien Spiel mit Klarinette und Akkordeon herangezogen. Lautari haben auf spannende Weise die Musik Kolbergs ins 21. Jahrhundert geholt.

P.S.: Unter demselben Projeknamen Lautari haben vier Musiker bereits 2006 das Album "Azaran" aufgezeichnet.[33] Lautari beschäftigte sich auf "Azaran" mit byzantinischen und slawischen Melodien zwischen Bulgarien, Konstantinopel und Armenien. "Azaran" - der Vogel der tausend Melodien - wie er in einer armenischen Sage heißt, singt Lieder von der ewigen Suche nach Glück und Freiheit. Lautari legen die alten Melodien als Grundlinie fest und umwinden diese spielerisch in folkig ambitioniertem Ethno-Jazz.
© Karsten Rube



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