FolkWorld #45 07/2011
© Morten Alfred Høirup

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Fiolministeriet

Hits aus dem 18. Jahrhundert, arrangiert für Geige, Bratsche, Cello und Gesang.

Fiolministeriet

Fiolministeriet @ FolkWorld: FW#45

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Ich treffe sie an einem Frühlingsabend, in einem gemütlichen Café in einem kleinen Hotel in Flensburg. Hier ist eine größere Gruppe von dänischen Musikern und Fachleuten aus der Folkmusikszene versammelt, lebhaft plaudernd, als die Tür zur Straße aufgeht und drei lächelnde junge Frauen mit ihren Musikinstrumenten hereintreten. Eine Aura von Erfolg und Selbstbewusstsein geht von ihnen aus, und das ist nicht so merkwürdig. Die drei Frauen sind das junge dänische Folktrio Fiolministeriet, die gerade jetzt ihren Durchbruch in der deutschen Folkszene erleben. Fiolministeriet spielt dänische-europäische Musik aus dem 18. Jahrhundert, arrangiert für Geige, Bratche, Cello, Gitarre und Gesang, und diesen Abend kehren sie nach einer langen Reihe von ausverkauften und erfolgreichen Konzerten ins Hotel zurück. Das deutsch-dänische Festival folkBALTICA hat uns alle hier versammelt und in den Wochen vor dem Festival war Fiolministeriet auf einer umfassenden Deutschland-Tournee, wo sie auch ihr nagelneues Album präsentiert haben.

Fiolministeriet - das sind Ditte Fromseier (Geige und Gesang), Kirstine Sand (Geige) und Kirstine Petersen (Cello). Als ich mich ein wenig später mit dem Trio unterhalte, erzählt Kirstine Sand, dass die drei sich schon vor ein paar Jahren getroffen haben, als sie alle noch auf der Insel Fünen lebten und Musik studierten. Kirstine Sand arbeitete an ihrem Soloalbum "Det Dansende Par" (Das tanzende Paar) und wollte dafür ein paar dänische Melodien vom 18. Jahrhundert mit einbeziehen. Sie hat dafür Ditte und Kirstine kontaktiert und seitdem hat es das Fiolministerium gegeben. Ditte Fromseier ergänzt: "Als wir ernsthaft das Trio gründeten, haben wir uns nach Musik umgeschaut, die für unsere Kombination von Instrumenten passte, also Geige, Bratsche und Cello; Musik, die auch die Arbeitsweise des klassischen Streichtrios wiederspiegelt. Wir haben dabei sehr alte dänische Musik aus dem frühen 18. Jahrhundert entdeckt, die der Geiger Rasmus Storm aus Faaborg auf der Insel Fünnen in seinem Notenbuch notiert hat, wo er Mitte des 18. Jahrhundert lebte.”

Kirstine Petersen ist als klassische Cellistin an der Musikhochschule Syddansk Musikkonservatorium og Teaterskole ausgebildet, die einzige dänische Musikhochschule, wo es auch eine Folkmusik-Ausbildung gibt. "Hier habe ich diese zwei wundervollen Mädels kennengelernt...”, sagt sie lächelnd, und ergänzt: ”Obwohl ich mit einem klassischen Hintergrund aufgewachsen bin, hat mich die Folkmusik an der Hochschule immer interessiert. Ich finde, dass meine Zusammenarbeit mit den Zweien und ein anderer, folkiger Zugang zum Cellospiel für mich eine persönliche Entwicklung bedeutet hat. Es tut mir gut, ab und zu die Noten zur Seite zu schieben, und ich genieße es, mit den anderen neue Musik ausfindig zu machen und zu arrangieren. Wir haben unseren eigenen Stil gefunden, kann man sagen.”

Fiolministeriet, folkBALTICA 2011

In dem kleinen Hotelcafé in Flensburg summt es von Geschichten und Witzen zwischen Freunden und Kollegen aus verschiedenen Ländern. Überall werden neue CDs untereinander ausgetauscht. Auch Fiolministeriet hat neulich ihr Debütalbum veröffentlicht. Eine CD mit einer Sammlung von alten dänischen Melodien aus dem 18. Jahrhundert, und eine Handvoll alte dänische Lieder. Während wir uns unterhalten, gehen ständig neue Meldungen ein, von guten CD-Rezensionen und Airplay in Rundfunkprogrammen überall auf der Welt. Die Mädchen registrieren lächelnd den Erfolg, und das Trio hat auch viele Zukunftspläne. Aber wie Kirstine Sand sagt: ”Wir wollen sehr gerne unser Repertoire überall auf der Welt live aufführen, aber gerade jetzt läuft alles mit der Veröffentlichung unserer Debüt-CD so schnell, die vielen Reaktionen, die wir derhalten, so ist unsere Planung noch lange nicht fertig, wir werden sehen, was passiert...”

Der Erfolg ist für das Trio schnell gekommen, aber diesen Abend in Flensburg nehmen sie sich die Zeit, ein großes Glas gutes deutsches Bier unter Freunden zu genießen. ”Ein großer Teil der Musik, die wir spielen, haben wir aus alten Notenbücher aus dänischen Archiven...”, erzählt Ditte Fromseier: ”Eine der wichtigsten Inspirationsquellen für uns ist ein Notenbuch von Rasmus Storm. Er lebte auf die Insel Fünen und sein Notenbuch ist auf 1760 datiert. Man erzählt viele Geschichten über Rasmus Storm, er soll ein Bauernsohn gewesen sein, hatte aber alle mögliche andere Interessen und hat deshalb nie, wie erwartet, den Hof seiner Familie übernommen. Stattdessen wurde er bei seinem Onkel Poul Kinafarer (Poul der Chinafahrer) angestellt und lebte in die Hafenstadt Faaborg an der Südküste von Fünen. Poul Kinafarer hat seine Handelsschiffe in die ganze Welt geschickt und keiner weiss mit Sicherheit, ob Rasmus Storm je die Möglichkeit hatte, mit auf diese Reisen zu gehen, oder ob er nur in der Hafenstadt Faaborg blieb und dort sein Notenbuch verfasste. Wir wissen aber, dass er Geige spielte und das einige seiner Melodien nicht aus Dänemark stammen, sie kommen zum Beispiel aus Holland und Frankreich. Er hatte ganz sicher seine Quellen und hat einen Teil seiner Melodien von ausländischen Besuchern der Hafenstadt aufgeschnappt.”

Fiolministeriet with Emily Smith and Jamie McClennan, Scheersberg 2009

Die drei Mitglieder von Fiolministeriet sind sich sehr bewusst, dass ihr Mix aus dänischer und europäischer Musik aus dem 18. Jahrhundert arrangiert für Geige, Bratsche und Cello in der europäischen Folkszene sehr einzigartig ist. Das hat ihnen aber auch den Mut gegeben, andere Genres und Traditionen in ihre Musik hineinzuflechten, und sie komponieren jetzt ihre eigene Musik. ”Die Streichinstrumente sind das Zentrale in der Musik von Fiolministeriet, aber wir kombinieren sie mit alten dänischen Liedern”, erzählt Ditte Fromseier. ”Einer von meinen Favoriten zur Zeit ist ein altes dänisches Wiegenlied, ”Solen er så rød mor” (Die Sonne ist so rot Mutter), ein Lied, das allen Dänen bekannt ist. Ein melancholisches und ungewöhnliches Wiegenlied, wo ein Kind sich um alle die kleinen Tiere und Vögel kümmert, die nicht wie sie selbst einen sicheren und sorglosen Schlaf haben, sondern ständig von dem bösen Fuchs gejagt werden. Ein Lied mit einer fantastischen Stimmung, das wir im Studio im ersten Versuch einspielten. Es war spät abends, unser letztes Lied, die Stimmung war perfekt, wir waren müde und die Aufnahme war am ersten Tag im Kasten ... Ich kann dir ein bisschen vorsingen...”

Und während Ditte das wehmütige Lied des dänischen Poeten Harald Bergsted singt, übrigens von dem großen dänischen Komponisten Carl Nielsen vertont, wandern meine Gedanken nach Faaborg ins 18. Jahrhundert zurück, wo ein junger dänische Geiger seine Ohren gebrauchte, die europäischen Hits seiner Zeit sammelte und in sein kleines Notenbuch schrieb. Melodien so kraftvoll und lebendig, dass sie heute noch das Rohmaterial für den Erfolg eines jungen dänischen Streichertrios in Dänemark und Deutschland liefern kann. Wer weiss, vielleicht spielt Fiolministeriet bald an einem Ort in deiner Nähe, du erkennst sie an ihrer Musik.

Deutsche Übersetzung: John Høyer Nielsen


Photo Credits: Fiolministeriet: (1) from website; (2) by folkBALTICA 2011; (3) with Emily Smith and Jamie McClennan, Scheersberg 2009 (from website).


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