FolkWorld Ausgabe 36 07/2008; Kolumne von Walkin' T:-)M
Die FolkWelt zwischen Harz und Heide
Wilde Töne 2008
Reinhard Mey hält nichts von Revivals in der Musikwelt: Alle Revivals hätten etwas von Seniorentreffen, sagt er im Rückblick auf die 68er-Studentenrevolte und die Liedermachertreffen auf der Burg Waldeck. Die Sehnsucht, aus der Vergangenheit etwas wiederauferstehen zu lassen, müsse ungestillt bleiben; nichts erstehe wieder auf. Recht hat er. Glücklicherweise hat das Wilde-Töne-Festival in Braunschweig, obwohl es sich auf die Folk-Meetings der siebziger Jahre bezieht, nichts von Revival und Seniorentreffen an sich.
Im vergangenen Jahr waren die Wilden Töne im östlichen Ringgebiet Braunschweigs ein Riesenerfolg [FW#34]. Und so hatte das Team um Sasahara Blumenstiel und Volker Hartz erneut beschlossen, das Grau Braunschweigs mit einer europäisch-weltmusikalischen Klangfarbe zu bereichern. Drei Tage Folk- und Weltmusik sollte es geben; insgesamt 8 Themenkonzerte, 17 Bands, dazu Straßenmusik, Workshops, ein Kinderprogramm und ein Tanzhaus.
Festival Wilde Töne hat ehrgeizige Ziele In den 70er Jahren, schwärmt Sasahara Blumenstiel, sei Braunschweig eine echte Folk-Hochburg gewesen. Der Musikpädagoge mit dem grauen Pferdeschwanz erzählt vom legendären Verein "Folk 69" und Festivals rund ums Freizeit- und Bildungszentrum, die Fans aus ganz Deutschland angezogen hätten. Mit einem Team ehrenamtlicher Enthusiasten will der 54-Jährige an diese Tradition anknüpfen. Zum zweiten Mal veranstaltet die Braunschweiger Initiative Folk vom 30. Mai bis zum 1. Juni das Festival Wilde Töne mit vier Spielstätten im östlichen Ringgebiet. 30 Bands aus Russland, Rumänien, Polen, Österreich, Kanada und Deutschland werden zwischen dem Stadtpark und der Brunsviga aufspielen. 2500 Besucher zählten Blumenstiel und Mitorganisator Volker Hartz im vergangenen Jahr, diesmal rechnen sie mit dem Doppelten. Und sie wollen das Festival über Braunschweig hinaus in der Region verankern. Wilde-Töne-Auftakt nennen sie eine Reihe kleinerer Folk-Konzerte an den kommenden Wochenenden in Ampleben, Peine, Gadenstedt, Groß Elbe, Lucklum und andernorts. [BZ, 15.05.]
Unter dem Motto "Auftakt: Wilde Töne 2008" präsentierten sich bereits zwischen dem 4. und 28. Mai regionale Gruppen - Triangle, Whirli Gig, Change Partners, Trihemitonion, Lorbass, Matthias Lenz, Dun Aengus, Alexander Dorenberg, Roland Scull
Kniestedter Kirche, Salzgitter-Bad, 12.01. Von Hektik keine Spur - ruhig und konzentriert ihr gesamter Vortrag. Wenn Seán und James [Cannon] musizieren und singen, sind sie eins mit ihren Instrumenten und ihrer Musik. Wenn sie ihre Balladen anstimmen, dann ist der Alltag vergessen und man gerät ins Träumen. [SZ, 14.01.] Wegwarte, Lucklum, 18./19.01. Die "Nights of the Acoustic Rock Guitar" wird es wieder geben. Die Lucklumer Wegwarte habe sich zum Forum für regionale, handgemachte akustische Musik entwickelt. Die Region habe ein riesiges Potenzial an Künstlern. Nachdem bereits am Freitag Matthias Lenz mit seinem Gitarren-Soloprogramm, die Rock- und Soul-Formation Qinto und die Braunschweiger Band Night Creatures für beste Stimmung gesorgt hatten, waren Samstagabend drei weitere Auftritte zu hören. Nach Elmorado begeisterte das Duo Twice mit akustischen Interpretationen von Tom Waits, Sting, Norah Jones oder Patty Larkin, eine hier kaum bekannte Vertreterin der New Yorker Songwriter- Szene. Den Abschluss eines schönen Konzertabends gestaltete Markus Schultze. [WZ, 22.01.] Brücke, Salzgitter-Fredenberg, 10.02. Dreamteam des deutschen Irish-Folk titelte die Folkworld ihren Artikel [FW#30] über das Duo Peter Kerlin und Jens Kommnick. Als Duo sind sie unschlagbar. Mit ihrem keltischen Fingerpicking-Sound erobern sie ihr Publikum. [SZ, 11.02.] Kulturscheune, Salzgitter-Lebenstedt, 22.02. Das Geheimnis der Celtic-Folk-Rocker [Rapalje] ist ihre Mischung aus urigen Instrumenten (Teekistenbass, Tin-whistle, Bodhrán), bekannten irischen, englischen und nieder-ländischen Melodien und witzigen Ansagen. Besonders Maceál gibt mit Bravour den Entertainer, wobei ihm sein putziger Akzent noch zugute kommt. Für optische Unterhaltung sorgen Tänze und Gaukler, die über die Bühne fegen und allerlei Schabernack treiben. [SZ, 25.02.] Folk in der Burg, Wasserburg Salzgitter-Gebhardshagen, 23.02. Präsentiert wurde gute, alte Folkmusik in unterschiedlichen Facetten. Die drei regionalen Formationen Lorbass, Saitenwind und Dun Aengus sowie die Tänzerinnen Lena und Annika Borrmann gestalteten den Abend abwechslungsreich und mit viel Gefühl. Mit den drei Bands und den Tänzerinnen gelang den Akteuren eine runde Sache. Das Programm war breit gefächert von Irish Folk bis zu Folk-Musik aus den unterschiedlichsten Ländern. Das gefiel den Zuschauern, von denen die meisten bis zum Ende um Mitternacht ausharrten. [SZ, 25.02.] Audimax, TU Braunschweig, 01.03. Bei Hannes Wader wird einem warm dort links im Brust-korb, wo das Herz sitzt. Links, das [ist] in den Versen des graubärtigen Barden noch immer der große Menschheits-traum, das herrliche Freiheits-lied aller Geknechteten, das utopische "trotz alledem". In Braunschweig bot Wader einen Querschnitt aus seinem Schaffen. Darin verknüpft er den reichen Schatz rebellischer deutscher Volkslieder mit der irisch-schottischen Folk-Tradition, mischt einen Hauch Romantik hinein, eine Prise Wandervogel und eben jenes Revolutions-Pathos. Hannes Wader ist wohl der letzte seiner Art. [BZ, 03.03., 12.02.] Kniestedter Kirche, Salzgitter-Bad, 14.03. Dem Namen Farfarello, der einem kleinen, koboldartigen Zauberwesen des Balkans entlehnt ist, machte das Trio alle Ehre: Es spielte, als reite es der Teufel. Das Spiel der drei Virtuosen ist geprägt von Leidenschaft und unverwüstlicher Spielfreude. Ihr Spiel ist teuflisch gut, voller Überraschungen und ausgesprochen exzessiv. [SZ, 17.03.] Brücke, Salzgitter-Fredenberg, 13.04. [Die Style Bandits] brachten die "Celtomania" in die Brücke. "Wussten Sie, dass der Dudelsack ein Botschafter der Stille ist?", so Roland Prakken. "Nach den Dudelsackklängen spürt man die Stille viel intensiver." [SZ, 14.04.] St. Georg, Wendessen, 13.04. Irische Gute-Laune-Musik vom ersten Ton an verbreitete die Formation Dun Aengus. Mit ausgelassenen Jigs und Reels, kraftvollen Shantys und melancholischen Balladen, mit Instrumentals und vier-stimmigen Satzgesängen, traditionellen Tunes und Eigen-kompositionen sorgten sie – noch dazu in ständig wechselnder Instrumentierung – für reichlich kurzweilige Abwechslung. Dun Aengus haben einmal mehr bewiesen, dass es nicht unbedingt einer irischen Band bedarf, um eine authentisch-irische Atmosphäre zu erzeugen. Ein gelungener irischer Abend mit Schwung, Esprit und Humor. [WZ, 15.04.] Kniestedter Kirche, Salzgitter-Bad, 26.04. Ein Kelpie ist im schottischen Volksglauben ein Wasserdämon, der nach Belieben seine Gestalt verändern kann. Diese Wandlungs-fähigkeit zeichnet auch das Spiel des gleichnamigen Duos aus. Wie der Kelpie in der Sage, so nehmen die Stücke im Laufe ihres Vortrags verschiedene Gestalt an. Nichts klingt abgedroschen oder nachgespielt. Es ist, als ob Kerstin Blodig und Ian Melrose ihre Musik stets aufs Neue erfinden. [SZ, 28.04.] Highland Gathering, Peine, 03.-04.04. Eitel Harmonie und Sonnenschein zeichnete das 10. Highland Gathering im Peiner Stadtpark aus. Mehr als 20 000 Besucher aus ganz Deutschland genossen am Wochenende das Spektakel rund um Spiel, Spaß und Spannung. In Peine ging es für Trommler und Dudelsackspieler wieder um den Titel des inter-nationalen deutschen Meisters. Rund 400 Musiker tauchten Peine zwei Tage lang in schottisches Klangspiel. So kämpferisch sich das schottische Gemüt in der Arena etwa beim Tauziehen ausließ, so einträchtig ging es rundherum zu. Ein Fest der Friedlichkeit, völlig unverkrampft. [BZ, 05.05.] Brücke, Salzgitter-Fredenberg, 04.05. Es erklangen muntere Jigs und Polkas sowie ruhige Balladen, Lieder, die Geschichten erzählen, und rustikale Pub-Songs. Die Palette reichte vom tanzbaren Groove bis zu lyrischen Stücken und Liedern. Das Duo Triangle brachte mit seiner Musik schottisches und irisches Flair in die Brücke. Es machte Spaß zuzuhören und die traditionelle Musik entspannt auf sich wirken zu lassen. [SZ, 05.05.] Haller's Kultur-Cafe, Groß-Elbe, 17.05. Ein Maiabend, regnerisch und kühl. Trotzdem kamen viele Gäste und nahmen erwartungsvoll in Haus und Garten Platz. Dann erfüllte Shapta den Raum mit heissen afrikanischen und karibischen Rhythmen. Die Stimmung stieg von 0 auf 100. Niemanden hielt es auf seinem Platz. Alle gerieten in Bewegung, klatschten begeistert mit, nicht zu letzt animiert durch die nahezu akrobatischen Tänze eines afrikanischen Tänzers. [hkc] 11. Festival der Klesmer und Weltmusiker, Salzgitter-Bad, 20./21.06. Die jiddische Klezmermusik war in den Hinter-grund getreten. Nur das Kölner Klesmertrio A Tickle in the Heart, verstärkt durch Sängerin Andrea Pancur von der bekannten jiddischen Formation Massel-Tov, stand für diese Stilrichtung. Bernd Spehl zauberte mit seiner Klarinette die gewohnte Klezmer-Atmosphäre. Die musikalische Brücke zwischen Klesmer- und Weltmusik schlug die russische Formation Exprompt. Die vier Akteure ließen auf ihren traditionellen Instrumenten osteuropäische Musik erklingen. Sie präsentierten aber nicht nur Musik aus ihrer Heimat, sondern auch Bearbeitungen und Swing. Heiße Flamenco-Musik aus der Camargue in Südfrankreich hatten die Allstars of Gipsy mitgebracht. Auf der Sologitarre brillierte Mario Régis, der auch Gitarrist bei den bekannten Gipsy Kings ist. Die rauchige Stimme von Bandgründer Felipe Sauvageon passte hervorragend zum Sound der Zigeunermusik. Den Freitagabend beschloss die Irish-Folk-Band Beoga. Deren lebendige, innovative Musik reizte besonders die Kinder vor der Bühne zum Mitwippen und Tanzen. Einen Kontrast dazu bildete am nächsten Tag der A-capella-Gesang des Frauen-Quartetts Aquabella. Sie sangen in vielen verschiedenen Sprachen Musik aus aller Welt. Furioser Abschluss: der Auftritt der exotischen Reggae-Gruppe Balla Kanté. [SZ, 23.06.] |
Es sollte ein erster Schritt in Richtung Vernetzung der regionalen Folk- & Weltmusik-Szene(n) sein. Im Musikhaus Schulte in Wolfenbüttel stritt der Nachwuchs darum, eine Woche später auf einer der Bühnen des Festivals zu stehen. Den Siegeskranz trug schließlich eine Jugendband davon, die tatsächlich den weiten Weg aus Würzburg ins Okerland gekommen war.
Landler 1702, Almschrei/Lydische Schleunige, Thernberger Hochzeitsstücke/Branohm, Laride/Temps |
Ende Mai wurde es dann ernst. Am Freitagabend hieß es "Folknight". Man konnte sich für eines der vier Themenkonzerte entscheiden oder aber durchs Viertel schlendern und sich selbst ein Programm zusammenstellen. Die Balkan-Klezmer-Gruppen Ayassa und die Hamburg Klezmer Band ließen den Rebbe steppen. Wo passt diese Musik besser hin als in ein Gotteshaus? Also ab in die Pauli-Kirche!
Hier durfte auch schon mal getanzt werden, die Balkan-Party war aber vor dem Stadtpark-Restaurant im Gange. Und hier waren die Töne wirklich wild. Dikanda [FW#22] aus Polen legten vor, die rumänische Fanfare Kalashnikov brachte den Platz im Gastgarten zum brodeln. Der Name sagt eigentlich alles, aber es war nicht nur Hau-drauf, die Blasmusiker waren nicht nur schnell, sondern auch virtuos.
Im Figurentheater Fadenschein war das Motto: Grenzenlose Töne. Der Titel war ein wenig der CD des kanadischen Flötisten Brian Berryman [FW#22] entlehnt, der hier mit dem Harfenisten Tim Rohrmann [FW#10] auftrat und die Grenzregion zwischen Barockmusik und traditioneller keltischer Folkmusik auslotete. Die Idee dahinter erläutete Sasahara Blumenstiel folgendermaßen: Polska klingt polnisch, ist aber schwedisch. In Deutschland und Frankreich tanzte man Schottisch, während einer der beleibtesten norwegischen Volkstänze der Reinlender ist. Musiker haben sich selten an allzu starre Grenzen gehalten, weder geografisch noch stilistisch.
Der Geigenlehrer kam dann zusammen mit dem Geiger Leo Weiß und dem Cellisten Christoph Siska als Ensemble Rosshaar auf die Bühne und stellte traditionelle europäische Tanzmusik in der Form des Streichertrios vor. Beim polnischen Flötisten Krysztof Krystof Zgraja wurde es anschließend experimenteller und bisweilen orchestral, den Abschluss bildete der Folkjazz der Gruppe Windspiel.
Im Kulturzentrum Brunsviga waren die irisch-keltischen Töne angesagt. Der Hannoveraner Gruppe Emerald gelang es, die musikalischen Welten von traditioneller irischer Instrumentalmusik und amerikanischer Country-Songs ohne allzu große Brüche zu verbinden. Die Österreicher Ballycotton [FW#32] spielten mit einer wilden Mischung auf und waren schon ziemlich speziell. Wenn man sich allerdings darauf einließ, war man nach zwei bis drei Stücken in ferne Welten entrückt. Klasse insbesondere das Duett zwischen mongolischem Obertongesang und alpinem Jodel.
Zum Abschluss kamen beide Bands noch mit den Irish-Step-Tänzern von Rince Samhain zu einer Session auf der Bühne zusammen. Obwohl jede/r TänzerIn solistisch kompetent war, musste man beim Formationstanz aber leider den Eindruck gewinnen, sie hätten noch nie zusammen geprobt.
Es ist viel Wasser die Oker hinuntergeflossen, seitdem sich die Dubliners, Clannad, die Fureys und die Sands Family auf deutsche Autobahnen wagten und die ansässige Bevölkerung von einem keltischen Virus angesteckt wurde.
Die Menschen schnappten sich Wandergitarren und Aranpullis und "Rebel Songs" wurden landauf und landab in den Irish Theme Pubs gegröhlt. Aber während irische Musik spielende Gruppen überall aus dem Boden schossen, verhielten sich die Musikkritiker abweisend und selbst erstklassige Künstler wurden für drittklassige Musik verantwortlich gemacht.
Das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erlebte ein erneutes Interesse an traditioneller irischer Musik. Einige Musiker drangen tiefer in die Materie ein und reisten nach Irland, um direkt von den musikalischen Größen zu lernen. Sessions, Workshops und regelmäßige Treffen von Pipern, Harfen- und Konzertinaspielern waren auch in Deutschland bald keine Seltenheit mehr.
Dass sich deutsche Musiker sogar in die Spitzenklasse spielen können, haben
Cara [FW#34]
bewiesen. Das Quintett wurde in Irland mit offenen Armen empfangen und die CDs wurde der Gruppe aus den Händen gerissen. Zwei Tourneen in den Vereinigten Staaten haben die irische Musik mit der speziell deutschen Note mittlerweile auch jenseits des großen Teiches bekannt gemacht.
Brian Berryman [FW#22] ist ein in Kanada geborener und in Braunschweig lebender Flötist, der sich unter dem Motto "Crossing Borders" den Gemeinsamkeiten zwischen der Flötenmusik des Barocks und traditioneller Musik Schottlands, Englands und Irelands widmet. Bei den Wilden Tönen 2008 wird er vom Harfenisten
Tim Rohrmann [FW#10]
unterstützt, dessen Repertoire von keltischer bis zu skandinavischer Musik reicht.
Ballycotton
[FW#32]
aus Österreich haben sich wohl am weitesten von allen Klischees entfernt, wie irische Musik zu klingen hat. Ihr "Fairy Folk" klingt mal keltisch und mal mittelalterlich, hat alpine als auch osteuropäische und orientalische Einflüsse. Ein Soundtrack für einen Road Movie, der von der Atlantikküste durch ganz Europa führt.
Dies sind nur drei Beispiele, die bei den Wilden Tönen 2008 zu erleben sind und die aufzeigen, dass Irish Folk jenseits von "Wild Rover" und "Whiskey in the Jar" ein größeres Potential besitzt, als man manchmal denken mag.
Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung dem Programmheft des Wilde Töne Festivals 2008 entnommen. Am Samstagmittag trafen sich Musiker aus Braunschweig und der Umgebung zum Asphaltkonzert in der Braunschweiger Innenstadt. Folk in the City, u.a. mit
dem Orchester der Brunsviga,
der Tubs.it
(Abkürzung für Technische Universität Braunschweig, Internationale Tänze)
und der Braunschweiger Irish-Folk-Session (mit Mitgliedern von Dun Aengus,
Whirli Gig,
Piper's Wine).
Zum Bal Folk mit den Leinewebern aus Hannover kamen
leider nur ein gutes dutzend Tänzer; die Workshops fanden überhaupt keinen Anklang.
Erfolgreich und gut besucht war allerdings das Kinderprogramm
"Die Traumtänzer von Irrland", welches das
Theater der Musikschule Musikuß
mit Gästen wie Emerald auf die Beine gestellt hatte.
Am Samstag-Abend wurde das Programm an zwei Spielorten fortgesetzt.
In der Brunsviga etwas konzertanter und eigentlich auf zwei Bühnen drinnen und draußen.
Dies vereitelte allerdings der aufkommende Regen und Sturm und so musste man sich
mit einer Bühne begnügen, was mit viel Humor und Improvisation bewältigt werden musste.
Die UKW Wand um Ulrich Kodjo Wendt spielte
in die Beine gehende Weltmusik.
Deitsch [FW#34]
trat als Trio mit dem Akkordeonisten Johannes Uhlmann auf.
Anschließend konnten Geigerin Gudrun Walther und Gitarrist Jürgen Treyz
gleich auf der Bühne bleiben, um mit
Cara [FW#34]
noch einmal richtig Dampf zu machen.
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Die Wiener Hotel Palindrone [FW#28] hatten am frühen Abend noch ein Set auf der Aussenbühne spielen können, nun schlossen sie drinnen ab. Albin Paulus, seines Zeichens Wiener und gebürtiger Braunschweiger gleichzeitig, beginnt mit einem Maultrommelsolo. Es folgt eine Reise, die von Wien auf den Balkan, aber auch in den hohen Norden führt. Dann und wann wird losgejazzt, aber ohne dass die Tänzer mit den Rhythmen Probleme bekommen.
In der Brunsviga-Kneipe geht anschließend die Session mit Musikern von Emerald, Cara und Hotel Palindrone noch bis 3 Uhr morgens weiter - und von Albin werden Maulschellen gewünscht.
Nachmittags im Stadtpark war es noch ruhig und friedlich. Auf dem Markt der Möglichkeiten gab es Öho-Tipps, Kunsthandwerkliches und spirituelle Getränke. Im Pavillon spielten, betreut vom Verein Bluenote aus Wolfenbüttel, regionale Gruppen: Afro- und Latino Musik mit Shapta, Folk-Rock von Mehravan, sowie die Reggaeband Whoopee Tayoh, die zur Enttäuschung einiger allerdings nicht wie angekündigt in einer Unplugged-Version auftraten.
Am Abend ging es wieder wilder zur Sache und das betraf nicht nur die Musik. Denn hier wurde die Technik vollständig unter Wasser gesetzt. Die Zuschauer, die sich dennoch in den Stadtpark getraut hatten, konnten allerdings ein wirklich einmaliges Ereignis miterleben: Apparatschik [FW#32] und Hiss [FW#34] spielten akustisch und unplugged auf.
Wer dies verpasst hat, ist selber schuld. Diese Chance wird man nie wieder im Leben bekommen. Die Himmelsfluten haben aber auch ein tiefes Loch in die Kasse der Veranstalter gerissen. Tja, vielleicht wäre es doch besser gewesen, die Senioren wären hierher und nicht zu den Rentner-Demos gegangen ...
Die Musiker von Apparatschik hatten im Saal des Stadtpark-Hauses ihren Spaß – und die Zuschauer auch. Und doch legte sich ein dunkler Schatten auf das ansonsten fröhliche Folk- und Weltmusik-Festival "Wilde Töne" mit rund 2000 Besuchern. Mit dem dunklen Schatten ist im eigentlichen und übertragenen Sinn freilich das Unwetter am Samstag gemeint. Denn das Gewitter verwandelte den Stadtpark in eine große Pfütze, so dass zum abendlichen Open-Air-Konzert an der Musikmuschel erst kaum Zuschauer kamen und dann auch noch "die Technik absoff", wie Volker Hartz vom Verein Initiative Folk traurig bemerkte.
Die Folge für mutige Zuschauer, die sich hinaus gewagt hatten, hielt sich zwar in Grenzen: Apparatschik und die zweite für den Abend vorgesehene Gruppe namens Hiss, beides Hochkaräter für Kenner der Folk-Szene, traten kurzerhand in einem Saal des Stadtpark-Hauses auf. Als Ständer für eine Trommel diente nun eben eine umgedrehte Cola-Kiste – irgendwie auch ein weltumspannendes Symbol für weltumspannende Folk-Musik aus aller Herren Länder.
Die Stimmung bei 150 Weltmusik-Fans in dem engen Raum war überbordend, viele Besucher tanzten ausgelassen, indem sie Arme, Beine, Kopf und Körper einfach dem Rhythmus der Musik anpassten - im Falle von Apparatschik war dies ein ungewöhnlicher Mix aus russischer Volksmusik, Ska, Rock und Polka. Oder, wie Sasahara Blumenstiel von der Initiative Folk sagte, "eine Mischung aus traditionellen und experimentellen Klängen" - wie an allen Konzertstätten des Festivals. Für dieses Spontan-Konzert im Stadtpark-Saal erhob der Veranstalter – ebenso spontan – keinen Eintritt, weil zuvor alles auf eine Absage hingedeutet hatte. "Wir hatten eigentlich mit 600 Zuschauern im Park gerechnet. Der Regenguss hat ein Minus von 6000 Euro in unsere Kasse gespült", resümierte Hartz.
An vier Stellen – Stadtpark, Paulikirche, Figurentheater Fadenschein, Brunsviga – hatte das Festival am Freitagabend begonnen. Noch hochkarätiger als im Vorjahr waren die musikalischen Gäste, die sich allerdings auch gegenseitig Konkurrenz machten. Am Samstag fanden Workshops statt, viele Gruppen beteiligten sich an Folkkonzerten in der Innenstadt, es gab ein Musiktheater speziell für Kinder. Gut angenommen wurde im Stadtpark nachmittags ein Markt der Möglichkeiten mit Ständen aus der Umweltszene und kostenlosen Konzerten regionaler Bands. Da war das Wetter noch schön. Das abendliche Konzert in der Brunsviga fand wie geplant statt.
"Die fröhliche Stimmung im Stadtpark vom Freitag und Samstagnachmittag hätte sich am Abend garantiert fortgesetzt", versicherte Hartz – nun bleiben zumindest bei den Veranstaltern lange Gesichter. Damit auch 2009 ein so hochklassiges Folk-Festival stattfinden kann, hoffen sie nun auf Spenden, um das Finanzloch zu decken. "Viele Besucher haben uns ermutigt, es müsse unbedingt weiter gehen", teilte Hartz mit. [BZ, 02.06.]
Als Fazit bleibt: die Wilden Töne sind eine musikalisch runde Sache und das ehrgeizigste Unterfangen, Folk- und Weltmusik in die Region zwischen Harz und Heide zu bringen. Es war für jeden etwas dabei: Folkveteranen wie jungen Hüpfern, Puristen wie Experimentierfreudigen. Aber leider muss es auch heißen: Zwischenziel nicht erreicht! Sitzengeblieben! Ehrenrunde drehen! Vielleicht gibt aber genau dies die Hoffnung, dass es nächstes Jahr eine Neuauflage des Festivals geben wird.
Termine 2008
23. August 2008 Worldbeat Festival, Schloss Wolfenbüttel
mit: Antwerp Gipsy Ska Orkestra, Think of One, u.a.
www.wolfenbuettel.de14.-21. September 2008 autumn leaves Kultur-Festival, Ökodorf 7 Linden
mit: Joachim Goerke & Band, Consenso, Das Blaue Einhorn, Viajando, Indigo Masala, u.a.
www.autumn-leaves.org24.-26. Oktober 2008 Folk'n'Fusion Festival, Hildesheim
folk.trillke.net
Die FolkWelt zwischen Harz & Heide (FW#35) |
Photo Credits:
(1) Wilde Töne Plakat (by Wilde Töne);
(2) Seán und James Cannon,
(5) Hannes Wader,
(7) Kelpie,
(10) Aquabella (unknown);
(3) Hotel Palindrone,
(6) Ballycotton,
(9) Beoga,
(8) UKW Wand (by Walkin' T:-)M);
(4) Rapalje (by Ralf-B. Poschadel).
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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2008
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