FolkWorld Ausgabe 36 07/2008; Live-Bericht


Estnischer Frühling
folkBALTICA, 9.-13. April 2008

Mit einem Traumergebnis von 4.600 Besuchern endete das 4. Festival folkBALTICA. Inhaltlich sorgten die bis dato hier fast unbekannten estnischen Musiker mit den Einzelkonzerten, sowie mit den folkBALTICA-Projekten „Estnischer Frühling“ und dem deutsch-estnischen Programm von Ro:toro und Malbrook in durchweg ausverkauften Sälen für Begeisterung.

Vom 9.-13. April 2008 präsentierte das 4. Festival folkBALTICA in Flensburg und der deutsch-dänischen Region Sønderjylland-Schleswig auf 24 Bühnen mit
Ro:toro, folkBALTICA 2008

folkBALTICA - 9.-13. April 2008

www.folkbaltica.de

mit Dautenis, Elletuse & Liisi Koikson, Fjarill, Fraunhofer Saitenmusik [FW#35], Haugaard & Hoirup [FW#32], Instinkt [FW#35], InTakt, The Johansons, Malbrook [FW #26], Ro:toro [FW#35], Schäl Sick Brass Band [FW#32], Schmelztiegel.
über 100 Künstlern Musikkultur aus den Ländern rund um die Ostsee. Nach Norwegen, Schweden und Finnland fiel für 2008 der Länderschwerpunkt auf Estland, das als kleinstes der drei baltischen Länder im nächsten Jahr sein 90-jähriges Jubiläum als Republik feiern wird.

„Die estnische Gesellschaft hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Estland ist ein modernes Land mit einer ungemein spannenden, aber weitestgehend unbekannten Musikkultur, die für Überraschungen sorgen wird,“ begründete der künstlerische Leiter des Festivals, Jens-Peter Müller, die Entscheidung.

Wer weiß schon, dass der estnische Dudelsack (Torupilli) seit 10 Jahren ein atemberaubendes Revival erlebt und dabei hauptsächlich von jungen Frauen gespielt wird! Die Musikszene Estlands gilt als ausgesprochen experimentierfreudig und stützt sich dabei auf eine reiche volksmusikalische Tradition. Estlands Kampf um die Loslösung von der Sowjetunion, der 1991 zur Unabhängigkeit führte, ging als „Singende Revolution“ in die Geschichte ein.

Estnischer Frühling

Dieses außergewöhnliche folkBALTICA-Konzert widmete sich der großen Vokaltradition im "Land der Sänger", insbesondere der über 3.000 Jahre alten finnisch-ugrischen
Liisi Koikson, folkBALTICA 2008
Icon Sound @ cdbaby.com/cd/liisi

www.liisikoikson.ee
www.tormis.ee
Gesangskultur des "Regilaulu" (Runengesanges). Die estnischen Volksmelodien finden sich wieder in der traditionellen, solistischen Form, in moderner Orgelmusik ("Estonian Folksongs for Organ" von Edgar Aro), zeitgenössischen Chorkompositionen von Velo Tormis und in den Folk-Jazz Bearbeitungen der Gruppe Elletuse mit Estlands populärster Sängerin Liisi Koikson.

Veljo Tormis (geb. 1930) ist neben Arvo Pärt der international bekannteste Komponist Estlands. Seine Arbeit hat in dem kleinen Land mit über 1.000 Chören sowohl vom künstlerischen Aspekt als auch von der gesellschaftlichen Bedeutung her Kultstatus. Die Kompositionen "An Aboriginal Song" (1981) und "Diptych-Double Dedication" (1983) nehmen hintergründigen, aber deutlichen Bezug zur Sowjetbesatzung.

Der Flensburger Kirchenmusikdirektor Michael Mages dirigierte eine deutsch-dänische Erweiterung des Kammerchores Cappella St. Nikolai und spielte an der Orgel der St. Nikolai Kirche, der größten im Landesteil Schleswig.

Nacht der Bläser

Ohren und Augen auf: Die Gruppe Ro:toro spielt traditionelle Melodien aus Estland
Ro:toro, folkBALTICA 2008
Ro:toro @ FolkWorld: FW #35

Icon Sound Lükata tömmata ja isa labajalg, Hiidlase vene
       kamarushka
, Oh oh oh kui hea, Läbe lillede

rootoro.mcp.pri.ee
mit zwei dudelsackblasenden jungen Frauen, einem improvisierenden Saxophonisten und einem verrückten Percussionisten an Plastikschüsseln im Wasserbett.

Eigentlich ist dieses Konzept schon kaum mehr zu toppen. Nun kommt es noch zu einer Kooperation mit dem E-Gitarristen Karl Laanekask, der in einer abgelegenen Region Russlands Lieder des finnisch-ugrischen Volkes der Khanty gesammelt hat und diese mit in das gemeinsame Konzertprogramm einbringt.

Mit ihrem Credo "Global denken - lokal blasen" ist die Kölner Schäl Sick Brass Band seit 15 Jahren eine der schillerndsten Institutionen in der deutschen Musiklandschaft.
Ro:toro, folkBALTICA 2008
Schäl Sick Brass Band @ Folk-
World:
FW #23, #32

Icon Sound @ www.ssbb.de
Temporeich und spektakulär reist die internationale Besatzung auf dem Klangkörper aus zahlreichen Blasinstrumenten vom Rhein in den Balkan und in noch fernere Länder, angetrieben von einem Feuerwerk aus Percussion und Schlagzeug.

Das neue Line-Up präsentiert bei folkBALTICA unter anderem den polnischen Drummer Mirek Pyschny und die schwedische Sängerin Anna Lindblom haucht neuerdings nordisches Leben in die Multi-Kulti-Bude ein.

10 Jahre Haugaard & Høirup

Das dänische Ausnahmeduo Haugaard & Høirup feiert in 2008 sein 10-jähriges Bestehen.
Ragnhild Furebotten & Harald Haugaard, folkBALTICA 2008

Haugaard & Høirup @ FolkWorld:
FW #15, #15, #20, #20, #24, #24,
#27, #31, #32.

Icon Sound Middag i Haven, Trekant/Rail Road
       Ræs/Trædballehus
, Vindmøller

www.hhduo.dk
Beide gelten mit jährlichen Tourneen in Kanada, Japan, Australien und in vielen europäischen Ländern als weltweite „Botschafter der dänischen Folkmusik“. Harald Haugaard hat als Begründer und als Professor des neuen Volksmusik-Studienganges an der Carl-Nielsen-Akademie in Odense die rasante Entwicklung der jungen dänischen Folkszene entscheidend mit beeinflusst.

Das Duo harmoniert derart kongenial zusammen, dass Kritiker davon sprechen, sie seien „wie zwei Hände auf einem Klavier“. Gemeinsam spielen sie traditionelle dänische Musik in einer phantasie- und respektvollen Mischung mit eigenen Kompositionen, so virtuos, dass einem der Atem stockt.

folkBALTICA widmet den beiden großen Dänen ein „special“ mit Konzertabenden in drei unterschiedlichen Formationen: Geige-Gitarren-Virtuosität pur in Eckernförde, einen nordisch-bayerischen „Saitentreff“ mit der Fraunhofer Saitenmusik aus München in Schleswig und ein hochkarätig besetztes Jubiläumskonzert mit Kolleginnen und Kollegen aus Norwegen, Schweden und Finnland.

Gast-Stars bei diesem folkBaltica-Projekt sind der Groupa-Flötist Jonas Simonson, Norwegens Top-Geiger Ragnhild Furebotten und Gjermund Larsen (von den Gruppen Majorstuen und Frigg) sowie der Kontrabassist Tapani Varis und die junge Sängerin Aili Järvelä aus Finnland.

Mit der vierten Ausgabe ist folkBALTICA wohl endgültig zu einem Begriff in der deutschen und nordeuropäischen Festivallandschaft geworden. Harald Haugaard sagte im stürmisch gefeierten Abschlusskonzert auf der Hauptbühne "Alte Post" in Flensburg: „Ihr habt hier mit der folkBALTICA eines der schönsten Folkfestivals Nordeuropas“.

Bilder und Texte wurden mit freundlicher Genehmigung der folkBALTICA-Seite entnommen.

Photo Credits: (1), (3), (4) Ro:toro (2) Liisi Koikson; (5) Ragnhild Furebotten & Harald Haugaard (by folkBALTICA).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2008

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