Phønix "Nådelands Ø"
GO Folk, 2024
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Spilar "Vandaag en Alle Dagen"
Erwan Menguy Quartet "SPI"
Robb Johnson "Pennypot Lane"
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Jaakko Laitinen & Väärä Raha "Ärskäri"
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Chimera "Des Duivels Oorkussen"
Chimera "Ostakel"
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Kaspar Laval "The Lights That Never Go Out"
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Halva "Musafir"
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Fränder "Fränder II"
Fränder, also „Verwandte“, heißt dieses schwedisch-estnische Quartett, das Musik aus beiden Ländern präsentiert und das sich für dieses Album noch etliche Gäste ins Studio geholt hat. Die steuern nun absolut überraschende Klänge bei, genannt sei hier nur Valter Kinbom mit Darbuka und Alludu!. „Heavy accoustic music“ nennt das der Vertrieb, früher hieß es Folkrock, aber egal, wie, es ist unter jedem Namen ein Hörerlebnis. Die Bandmitglieder haben alle Stücke – Lieder wie Instrumentals – selbst komponiert und verfasst, und immer hört man die Einflüsse der beiden Heimatländer der Verwandten heraus. Aufgewachsen sind sie jedoch – mit der Ausnahme der Flötistin Säde Tatar - in Schweden, in der Nähe von Uppsala, was erklärt, dass sie ausschließlich in schwedischer Sprache singen. Schade, aber die musikalische Wucht gleicht das wieder aus. Vor allem aufregend: selbige Säde Tatar und ihr estnischer Dudelsack!
Helene Blum & Harald Haugaard Band "Den store sommer"
Das erste Lied klingt wie von Mari Boine, was natürlich auch sehr schön ist, aber die Sorge, Blum und Haagaard könnten ihren Stil total verändert haben, erweist sich dann als unberechtigt. Es gibt auf dieser CD mit ihren oft selbst komponierten Stücken die bewährte Mischung aus altvertrauten und ganz neuen Klängen. Es gibt ein traditionelles dänisches Lied, aus einer 1862 erschienenen Sammlung, ein Lied des Märchendichters Hans Christian Andersen, eine Komposition des klassischen dänischen Komponisten Carl Nielsen, und natürlich die eigenen Werke, Instrumentalstücke, Gesang, zumeist von Helene Blum, aber auch von beiden im Duett. Darunter ist eins in englischer Sprache. Es klingt wie aus einer romantischen Gedichtsammlung aus dem 19. Jahrhundert, stammt aber von dem Bluegrassmusiker Tim O’Brien aus den USA: „The Garden“ ist zweifellos das ergreifendste Duett seit Nancy und Frank Sinatras „Something Stupid“.
Benji Kirkpatrick "In Phase"
Benji Fitzpatrick hat eine bemerkenswerte Folkkarriere hinter sich, war Mitglied von Bellowhead, Faustus und Seth Lakeman Band, ist zudem erblich belastet, als Sohn von Sue Harris und John Kirkpatrick, und nun legt er sein zweites Solo-Album vor. Alle Lieder darauf hat er selbst geschrieben, und die Hörerin gewinnt den Eindruck, dass hier jemand mal Pause vom Folk haben wollte. Wer sich an den frühen Georgie Fame erinnert, wird sich klanglich angesprochen fühlen. Es geht in den Texten um sehr Persönliches, wie der Konfrontation mit den eigenen Dämonen, aber auch weit verbreitete Phänomene, wie die Sucht zum Prokrastinieren – guter Tipp: „You could try roulette“. Eigentlich spielt er Gitarre, aber ganz früher hat er Klavierspielen gelernt, das aber nie öffentlich unter Beweis gestellt (Stichwort: Prokrastinieren?), und nun stellt er sein Können als Pianist erstmals fürs große Publikum überzeugend unter Beweis!
The Henry Girls "A time to grow"
Drei Schwestern aus Inis Eoghan in Donegal, der Heimat von Clannad (oder auch dem wunderbaren Autor Séamus Ó Grianna! Werbespot: Erzählungen von ihm gibt’s im Mare Verlag). Die drei Damen geben Clannad und die Beachboys als Vorbilder an, und jedenfalls Clannad ist leicht herauszuhören, und zwar in einer späten Schaffensphase, als sie die Donegaltradition so ziemlich an den Nagel gehängt hatten. So weit gehen die Henry Sisters nicht. Sie liefern eine wunderbare Mischung aus Pop und Folk, manchmal ist es herzzerreißend melancholisch und fast schon wie aus einer Erzählung von besagtem Séamus Ó Grianna, z.B. die Instrumentalstücke „Honeybee/Hard Border“ oder „Inghinidhe na hÈireann“ (Töchter Irlands) – die beiden irischen Titel, der andere ist „Taisteal“ (Reise), könnten falsche Hoffnungen erwecken, bei keinem wird gesungen, gesungen wird nur auf Englisch. Hinreißend ist das Harfenspiel von Joleen McLaughlin. Die meisten Stücke haben die Henry Girls selbst geschrieben, produziert wurde das Album erstmals in Zusammenarbeit mit Tommy McLaughlin. Die Presseinfos verraten leider nicht, ob es sich um einen Verwandten handelt.
Volkwin Müller und Uli Kringler "Live im Kulturhaus"
Volkwin Müller tritt seit 25 Jahren auf, verrät das Presseinfo, das zweifellos einen Preis für konfuses und falsches Deutsch verdient hätte, aber dafür kann der Künstler ja nichts. Seit 2016 tritt er häufiger mit Uli Kringler zusammen auf, so auch hier. Die beiden erzählen, dass sie bei ihrem Auftritt nicht wussten, dass das Band lief – was die lockere, entspannte Atmosphäre erklärt. Beide spielen Gitarre, und die Freude am gemeinsamen Auftreten ist die ganze Zeit zu hören und zu spüren. Fast alle Lieder sind von Volkwin Müller geschrieben, mit einer Ausnahme: Bruce Springsteen hat sein Stück „I’m on fire“ beigesteuert. Die Titel sagen viel über den Inhalt der Texte: „Ein Lied für die Sonne“, „Weil du wertvoll bist“, „Der Traum“, alles ermutigend, ohne oberflächlich zu wirken. Liedermachermusik vom Feinsten!
Orkestar Kriminal "Originali"
Das Orkestar Kriminal ist eine vielköpfige Band aus Kanada, die Anzahl der Köpfe und weitere Infos sind dem Cover nicht zu entnehmen; Es ist bei weitem das chaotischste und unübersichtlichste, das der Rezensentin seit langem über den Weg gelaufen ist. Aber so viel können wir verraten: Das kriminelle Orchester, laut Presse-Info einzusortieren unter „World Klezmer“, macht hinreißende Musik und singt in vielen Sprachen. Um nur einige zu nennen: Jiddisch, Spanisch, Griechisch, Norwegisch – und Ganovim-loshn, so eine Art jiddisches Rotwelsch, gesprochen vor 100 Jahren in der Unterwelt von Odessa, Warschau und Istanbul. Es geht um hemmungslose Kapitalisten, bestechliche Obrigkeit, den Fluch des Koohinor, um den notgeilen Göttervater Zeus und, überhaupt und allgemein, um das Treiben jüdischer Ganovenbanden. Das alles wunderbar und mit Einflüssen aus vielen Musikstilen von Rock bis Big Band arrangiert, lebhaft, schmissig, mitreißend, jedes Stück ein Hörgenuss!
6hunesseq "Ma olen maa peal vööras"
Musik aus Estland scheint gerade gewaltig im Kommen zu sein, und das ist gut so! Die Band mit dem für Menschen ohne estnische Sprachkenntnisse schwierig wirkendem Namen besteht aus vier Sängerinnen, die nicht nur durch stimmliche Vielfalt, sondern auch durch virtuoses Instrumentenspiel überzeugen. Volkslieder und volksläufig gewordene Choräle aus Estland bringen sie zu Gehör, und gleich das erste Lied überrascht: Es ist das altbekannte Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden“ in hinreißend neuem Gewand. Manchmal klingt die Musik wirklich überaus fromm, mit Orgel im Hintergrund und so, und aus der klangvollen estnischen Sprache ist mehrfach ein „Kyrie Eleison“ herauszuhören. Die Instrumente des Quartetts sind Tambourin, eine mit Rosshaar bespannte Harfe, Geige, Trommel und Pfeifenorgel – das sorgt für ein spannendes Hörererlebnis, aber auch a-capella sind die Damen einfach wunderbar.
Ada von Züri "falls"
Die Liste der Titel kann die Illusion erwecken, die in der Schweiz gesprochene Variante des Deutschen sei gar nicht so schwierig für Leute aus anderen Ländern, wie immer behauptet wird: „Falls“, „Ebesogut“ „Wänn’s still wird“, „Rendezvous“, das alles klingt verständlich und verheißungsvoll. Aber ach, gesprochen oder gesungen tönt es gar fremd fürs norddeutsche Ohr, und wir können uns nur am Wohlklang von Ada von Züris Stimme erfreuen. Zumal die Texte im Beiheft ohne Übersetzung ins Schriftdeutsche abgedruckt sind. Sei’s drum. Da ist ja der Wohlklang. Es geht gleich los mit einem Walzer zu grandioser Zitherbegleitung, genauer gesagt, es klingt wie Zither, doch auf der Liste an diesem Album mitwirkenden Instrumente taucht keine solche auf. Dafür die Giige, gespielt von Andreas Gabriel, die kommt dann im zweiten Lied zu ihrem Recht. Der Liste entnehmen wir, dass Ukulele auch auf Schweizerisch Ukulele heißt, was irgendwie enttäuscht. Ansonsten enttäuscht nichts an dieser wunderbaren CD!
Track Dogs "Blind Summit and Hidden Dips"
Ein irisch-englisch-amerikanisches Quartett aus Madrid, verheißt die Presse-Info, und da rechnen wir doch mit einem wilden Stilgemisch (und möchten gleich anmerken, dass der Preis für das konfuseste Infoblatt in diesem Quartal an die Agentur von Track Dogs verliehen wird.) Und wirklich, es geht einmal quer durch die musikalische Sparte, die derzeit gern als Americana bezeichnet wird. Es fängt jazzig an, wir finden Bluegrass-Elemente (eine Komposition stammt schließlich von Lester Flatt), es gibt Rumba und Blues, mexikanische Trompeten und einen romantischen Walzer zum Schunkeln. Zu den vier Madrileños gesellen sich noch allerlei Gäste und machen die bunte Mischung komplett. Ganz ehrlich, ein Album, auf dem so ungeheuer viel los ist, können wir sonst mit der Lupe suchen. Jedes Stück ein Ohrwurm, das soll den Track Dogs erst mal jemand nachmachen!
Jude Edwin-Scott "Rambling Rose"
Allein den Titel zu lesen, macht ja schon glücklich, wir wissen, hier erwartet uns englischer Folk – und die Vorfreude war nicht vergebens, es geht gleich los in einem Stil, der an den unvergesslichen Nic Jones erinnert. Das Titelstück eben, Rambling Rose – ein Genuss. Leute mit Interesse an Dialekten und Sprachgeschichte werden entzückt sein vom Schwa Primum, das der Sänger ins Wort „rambling“ einfügt. Alle anderen können sich einfach über das Lied freuen. Jude Edwin-Scott hat die passende Stimme für diese Sorte Musik, zugleich aber variiert er je nach Thema, alles zwischen romantisch, wie eine wandernde Rose es verlangen kann, und rotzfrech ist hier vertreten – und einmal scheint Mr Edwin-Scott gar vom frühen Jonathan King beeinflusst zu sein! Er spielt verschiedene Gitarren, dazu Mandoline und Geige, und er schreibt alle seine Lieder selbst, auch die, die klingen, als wären sie mindestens zweihundert Jahre alt. Hierzulande ist dieser Künstler noch gar nicht bekannt – das muss sich ganz schnell ändern!
Jo Carley and the Old Dry Skulls "I’ll put my voodoo on you"
Eine CD mit Voodooliedern, das muss man sich mal vorstellen. Aber sich das vorzustellen ist auch wieder nicht so einfach, wer hat schon ein solches Lied im Ohr? Bestimmt schrill und beängstigend, denkt die Rezensentin, und das erste Stück scheint dieses Vorurteil zu bestätigen, schrill und beängstigend eben, und so ganz und gar nicht folkig. Aber dann! Dann wird es immer schöner und besser und folkiger, und vor allem skifflig und skiffliger, grandiose Waschbretteinlagen, eine Version von „This train“ mit anderem Text (eben kein „bound for glory“), die ihresgleichen sucht (aber garantiert nicht findet). Die phantastische Sängerin Jo Carley kann aber auch anders, ganz sanft und liebevoll singt sie zwischendurch, nimmt sich einen Choral vor und variiert ein bisschen, damit wir ja nicht vergessen, dass wir hier bei Voodoo sind, kurzum, um das Presseinfo zu zitieren: Elf Geschichten von Entsetzen, Liebe und Schicksalsmächten. Einfach phantastisch gut!
Hanna Meyerholz "This Year"
Irish Green Records heißt das Label, auf der diese CD von Hanna Meyerholz erschienen ist, und das klingt verheißungsvoll. Und wenn wir dann noch lesen, dass die Münsteranerin Meyerholz in den Niederlanden studiert hat (wo steht da leider nicht bei, und doch ist es ein großer Unterschied, ob in Groningen oder in Maastricht), rechnen wir mit einer faszinierenden niederländisch-irischen Mischung. Die Erwartungen erfüllen sich allerdings nicht, Meyerholzens Liebe gilt den Americana. Sie singt auf Englisch, schreibt ihre Texte selbst, sie singt gefällig und folkig, aber zunächst eben vor allem nett. Doch dann wechselt die Stimmung, die Musik wird lebhaft, country-geprägt, macht Lust auf sehr viel mehr und vor allem auf ein Live-Konzert dieser interessanten Sängerin.
Julie Abbé "Out of the Ashes"
Trotz des englischen Titels singt Julie Abbé auch auf Französisch, leider nicht genug, aber wir geben uns ja auch mit wenig zufrieden. Die französische Sängerin und Liederschreiberin hat schon vor vielen Jahren ihre Liebe zu englischem und irischem Folk entdeckt, und das hört man – aber manchmal klingt es eben doch französisch, zumal bei den ersten Liedern auf diesem Album, die so schöne Titel haben wie „Laternen aus Gold“ und „Am Flussufer“, das swingt so schön vor sich hin, dass man die Augen schließen möchte, um in einen Schwarzweiß-Film versetzt zu werden, wo in einer verräucherten Kneipe junge Leute in schwarzen Rollkragenpullovern existentielle Probleme diskutieren. Aber es wird auch mythologisch, wenn Medusa und Melusine besungen werden, wenn auch in ihren modernen Gestalten, und oft ist im Hintergrund eine sehr irisch klingende Flöte zu hören. Wunderschön!
Wayward Jane "The Flood"
Das ist wahrlich international – Wayward Jane ist eine Band aus Schottland, produziert ihr Album in den Niederlanden und verschickt die Rezensionsexemplare aus Schweden! Verlockend, da mal für einen Moment innezuhalten und sich diese musikalische Mischung vorzustellen! Aber die Musik auf der CD ist dann doch ganz anders – Countryfolk, Old-Time-Music von der Sorte, die man einmal hört, man ist zutiefst ergriffen und beschließt, hinfort nie mehr andere Musik hören zu wollen. So ungefähr geht es, und viel Schöneres kann man doch kaum über einen Tonträger sagen? Wayward Jane, das sind drei Männer und eine Frau, und zusammen spielen sie eine beeindruckende Anzahl von (vor allem) Saiteninstrumenten, dazu kommt der Gesang, und hier muss unbedingt die Sängerin Rachel Petyt erwähnt werden. Wie die Band auf ihren schönen Namen gekommen ist, konnte bisher leider nicht ermittelt werden.
Alterne "Alterne"
Alterne ist eine neue dreiköpfige Band, bestehend aus einer Dänin – Ida Marie Jessen -,einem Belgier – Oscar Beerten -, und einer Estin – Malmu Jögeda. Die drei spielen eineMenge von Instrumenten, aber vor allem wird die Musik geprägt durch den Gesang vonIda Marie Jessen, sie hat einfach eine irrsinnig eindrucksvolle Stimme. Sie schreibtzudem fast alle Lieder der Band selbst, auf Dänisch und Englisch. Die drei haben sichbeim Studium an der Sibelius-Akademie in Helsinki kennengelernt, und das allein bürgtja schon für Qualität. Sie haben ihren ganz eigenen Stil, aber immer sind Elemente ausder Musik vieler europäischer Länder herauszuhören, Dänemark ist deutlich vertreten,klar, Oskar Beerten spielt virtuos Hardanger-Geige, und schon klingt es norwegisch,irische Klänge werden dazugemischt, das Akkordeon von Malmu Jögeda gibt der Sacheeinen estnischen Touch, ach, wozu lange beschreiben, hört selber!
Kafka Band "Der Process"
Wer meint, Kafka sei, nach der exzessiven Vermarktung seines Lebens und Werkes zum 100. Todestag, für das nächste Vierteljahrhundert erst mal ausgelutscht, kann aufatmen: Es gibt immer noch Neues zu finden, immer noch kann Kafka für Inspiration sorgen. Den Beweis dafür erbringt die nach ihm benannte Kafka Band, die nun eine CD mit dem Titel „Der Process“ vorlegt. Das erste Stück handelt, klar, vom „Process“, der Anfang wird zitiert, und wir wissen ja, dass die Sache nicht gut ausgeht, also erwarten wir auch keine schmissige Schunkelmusik. Wir hören von und über Kafka auf Deutsch, Tschechisch und Englisch – können sogar ein bisschen Tschechisch lernen, „Maskenball“ heißt „Maškarbal“! – es fängt klassisch an, es gibt Disco-Passagen, jazzige Einlagen, einen Trauermarsch, folkig ist das alles nicht, aber ungeheuer faszinierend und die perfekte Einladung, mal wieder Kafka aus dem Bücherschrank zu befreien!
Nina Åkerblom Nielsen "Nobody knows this little Rose - Nina Åkerblom Nielsen sings Emily Dickinson"
Die offenbar nimmermüde schwedische Sängerin hat sich für ihr neues Werk Gedichte der ikonischen Dichterin Emily Dickinson aus den USA (1830 – 1886) vorgenommen, und nun können wir hier das Resultat hören. Typisch für Emily Dickinson war die feine Ironie, mit der sie die die Menschen in ihrer Umgebung beobachtete und beschrieb. Nina Åkerblom Nielsen hat alles übersetzt und vertont, dazu spielt sie Klavier und verschiedene andere Instrumente, hat einen Kinderchor und einen Bariton ins Studio gebeten, dazu noch viele andere Gäste mit vielen anderen Instrumenten. Das Ergebnis ist eine wunderbare Klangwelt, die perfekt zu den atmosphärereichen, vielschichtigen Texten von Emily Dickinson passt. „Nobody knows this little rose“ ist der Titel des letzten Stücks auf der CD. Auch die anderen haben wunderschöne Namen, z.B. „Hope is the thing with feathers.“
Grå "Snett Ljus"
Ein Duo, das „Grau“ heißt, das Album heißt „Schräges Licht“, da erwarten wir Melancholie und düstere Zwischentöne, aber ganz so grau und trübe ist die Sache dann doch nicht. Das schwedische Duo (dessen Website dermaßen arm an Infos ist, dass es schon wieder eine Leistung ist!) besteht aus Johanne Björnecke Wirgård und Petra Haraldson. Sie kommen beide aus der Nähe von Göteborg, und beide schreiben auch eigene Texte, sie singen und eine (oder beide?) spielt Klavier. Wirgård ist zudem als Musiklehrerin tätig. Ihre Lieder sind wirklich melancholisch und leise, sie handeln vom Leben mit anderen Menschen, von Einsamkeit und zaghafter Hoffnung, und manchmal gelingen ihnen beim zweistimmigen Singen Harmonien von fast überirdischer Schönheit, die einer noch viele Stunden im Ohr bleiben. Unbedingt eine hochinteressante Bekanntschaft!
Roods & Reeds "Who would have thought"
Ja, wer hätte das gedacht? Hier legt nun die vierköpfige Band um die Sängerin und Gitarristin Dagmar Lauschke eine CD vor, mit eigenen Liedern und mit Traditionals. Die eigenen Lieder stammen allesamt von Dagmar Lauschke und sind auf Englisch geschrieben (ach! Und dabei gibt es so viele schöne Sprachen!), die Traditionals sind auch auf Englisch, bis auf das letzte Stück, „Es geht eine dunkle Wolk herein“. Im Beiheft stehen nur die neuen Texte, vielleicht, damit wir kleine textliche Veränderungen bei den Traditionals nicht bemerken? Aus dem bekannten „Raggle taggle gypsy“ ist ein Hippie geworden, und die Textstelle, die zeigt, dass er einer diskriminierten Bevölkerungsgruppe angehört, wurde folglich weggelassen. Dafür wurden aber die Requisiten behalten, der adlige Gatte macht sich noch immer auf seinem milchweißen Hengst auf die Suche nach der abtrünnigen Gattin, hm, seltsam und anachronistisch. Ähnlich geht es mit dem von Nic Jones unvergesslich gemachten Lied über „High Barbary“, aber über solchen Frust trösten die eigenen Sachen der Gruppe hinweg. Die Stimme der Sängerin, die Tbemen, die behandelt werden, allein ein Titel wie „Bitter Queen“ ist doch unwiderstehlich. Unbedingt positiv zu erwähnen: das Cellospiel von Anne Maren Falk.
Robespierre "Sandclocks of Eternity"
Das ist die große Überraschung in diesem Herbst – wobei das Album ja bereits 2022 erschienen ist, aber es hat lange gebraucht, um in die Hände der Rezensentin zu gelangen. Das erste Stück klingt gleich verheißungsvoll, wie eine Mischung aus The Men they couldn`t hang und Mittelaltermarkt. Und so bleibt es auch, mal schmissig, mal tragisch, immer irgendwie düster und ein bisschen unheildrohend, und der Sänger und Liederschreiber Franz Mang sieht auf seinem Foto aus wie Porthos! Naja, der war kein Mittelalter, aber wir wollen mal nicht so sein, wir wollen doch hemmungslos loben, weil diese CD so phantastisch gut ist, mit ihren Balladen, die auf allerlei Sagen fußen und auch Sagengestalten auftreten lassen, die auf Englisch noch abenteuerlicher klingen als auf Deutsch, die „Fräuleins of the night“ zum Beispiel. Nur Kunigunde heißt weiter Kunigunde, und das ist auch gut so. Einzige Enttäuschung: Vorn im Beiheft ist ein Wappen, und darauf ist der walisische Drache zu sehen, doch auf der CD ist gar nichts Walisisches. Aber der Rest ist einfach grandios!
Chicharrón "Estrella Tropical"
Die fünfköpfige Gruppe Chicharrón hat sich der lateinamerikanischen Musik verschrieben, und wie! Es geht gleich temporeich los, und tanzfreudige Menschen mit Sinn für Tänze aus Lateinamerika werden nicht mehr stillhalten können. Es gibt aber auch ruhige Stücke, dazu Passagen mit interessantem Sprechgesang. Schön ist, dass der Sänger (das Infoblatt ist etwas unklar, hören wir nun Antonin Cognet oder Hiram Muñoz?) sehr deutlich spricht, irgendwann erworbene Spanischkenntnisse machen beim Hören richtig Freude. Wundervoll melodische Andenflöten kommen ebenso zum Einsatz wie neue elektronische Instrumente, so dass die Musik manchmal richtig kirmeshaft klingt. Einflüsse von Rock’n Roll (eingebracht durch Antonin Cognet, hier ist das Infoblatt wirklich informativ) und Country geben der Musik noch eine besondere Prägung, kurzum, viel zu hören und viel zu entdecken!
Fou Parle "Sentimentalsjujehuset"
Fou Parle ist Schwede, trotz des Namens, vermutlich heißt er nach bürgerlichem Recht anders, scheint aber auch keinen Wert darauf zu legen, dass wir viel über ihn wissen, nicht einmal seine Plattenfirma lässt sich zu ein paar Infos herab. Wir können aber verraten, dass er die schwedische Szene schon seit vielen Jahren bereichert, dass er aus der westschwedischen Stadt Borås stammt, vom Punk herkommt, sich nun aber in die Tradition der großen schwedischen Liedermacher stellt. Sehr schön, und andere Musik hat er auch gehört. Sein „Jag supar mig full“ („Ich lass mich volllaufen“) hat dieselbe Melodie wie Mick Fitzgeralds „Rathdrum Fair“ (aber von Plagiat kann wirklich nicht die Rede sein, viel mehr von kongenial), bei einem anderen Lied hören wir deutlich Anklänge an die Pogues, in einem dritten schließlich wird Rosa Luxemburg erwähnt. Diese Erwähnung hat nichts mit musikalischen Einflüssen zu tun, klar, aber sie zeigt, wie reich variiert die Musik und die Themen auf diesem Album sind, ein wahrer Ohrenschmaus. Der Titel „Sentimentalkrankenhaus“ gibt Rätsel auf, ach, ihr Schweden, seid doch nicht so geizig mit den Infos. Immerhin können wir verraten, dass der Hund auf dem Cover Yax heißt.
Camilla Åström & Petra Haraldson "Unarmed – Songs from the Poetry of Karin Boye"
Gedichte der großen schwedischen Dichterin Karin Boye (1900 – 1941) in englischer Übersetzung, und wie es in Schweden neuerdings Sitte ist, rückt die Plattenfirma keinerlei Infos raus. Der in einer dünnen Plastikhülle versandten CD können wir immerhin entnehmen, dass die Übersetzungen von Petra Schenck stammen, ansonsten, ja, wunderschön. Es beginnt a-capella, wobei die beiden Sängerinnen wunderbare zweistimmige Harmonien liefern, später begleiten sie sich auf allerlei Instrumenten, womöglich sind auch Studiogäste dabei, und es gibt sehr unterschiedliche Melodien, mal langsam, mal mitreißend, wie ein Kampflied, immer mit diesem unvergleichlichen Gesang. Ideal zum Einstieg in das Werk dieser bedeutenden Dichterin. Übrigens gibt sämtliche Gedichte auf Deutsch, übersetzt von Christian Ebbertz, in der Edition Razamba, 281 S, 18 €., www.razamba.de
Bobbo Byrnes "October"
Anfangs klingt Bobbo Byrnes wie der Sänger aus Thomas Manns „Doktor Faustus“, das „klare, kalte Krähen“, doch kaum haben sich die Ohren daran gewöhnt, da schaltet der Songwriter aus Boston (dem Boston in den USA, nicht dem englischen) um und wird melodisch, und immer sanfter und immer melodischer, es ist eine wunderbare Musik für kalte Herbstabende. Nicht umsonst trägt er auf dem Foto auf dem Cover einen dicken Schal! Er hat alle Lieder auf diesem Album selbst geschrieben, bis auf „Crooked Jack“ von Dominic Behan, doch selbst dieser flammende Protest gegen Ausbeutung und miese Arbeitsbedingungen gerät bei ihm zur melancholischen Klage, und hier hört man so richtig, was für eine schöne, ausgefeilte Melodie dieses Lied hat. Irgendetwas hat Bobbo Byrnes mit Steely Dan zu tun, aber die überaus spärlichen Infos deuten das nur an und scheinen davon auszugehen, dass alle das ohnehin wissen. Es bleibt spannend!
West of Eden "Whitechapel"
Whitechapel ist in vieler Hinsicht ein ganz besonderer Londoner Stadtteil - so viel Geschichte! Seit Jahrhunderten erste Station für Einwanderer, ganz besonders für Iren und jüdische Bevölkerungsgruppen aus vielen europäischen Ländern, im 19. Jahrhundert für Deutsche, auch Karl Marx war dabei, im 19. Jahrhundert beging aber auch Jack the Ripper seine grauenhaften Morde in Whitechapel. Das Viertel war Gegenstand literarischer Untersuchung, berühmt vor allem Jack Londons „Kinder des Abgrunds“, 1937 kam der englische Faschistenführer Oswald Mosley hier nicht weiter, als er mit seinen Schwarzhemden durch die Cable Street marschieren wollte, es gibt folglich viel Musik über Whitechapel. Die schwedische Band West of Eden geht aber ihre eigenen Wege und beleuchtet in selbstgeschriebenen Liedern wunderbar folkig Einzelschicksale von Menschen aus Whitechapel. Selbst Harry the Hawker aus einem Lied auf diesem Album ist ein ganz anderer als der aus dem gleichnamigen Lied, das viele von uns durch Tramps and Hawkers noch in Erinnerung haben.
Rachael Sage "The other side"
Rachael Sage ist eine Liedermacherin aus den USA, sie ist aber auch Malerin, und das Cover dieses Albums ist ungeheuer künstlerisch gestaltet und lädt zu visuellen Entdeckungsreisen ein. Anstelle eines Textheftes gibt es die Texte auf Einzelkarten, auf der Rückseite jeweils ein von der Künstlerin gestaltetes Bild. Sehr schön das alles, schön wäre es aber auch gewesen, irgendwo ein Eckchen für ein paar Infos freizulassen. Wer spielt die vielen Instrumente, alles Rachael Sage selbst, die auf dem Cover mit einer Gitarre zu sehen ist? Es ist ihr fünfzehntes Album, und bekannt wurde sie durch ihr Duett mit Judy Collins, als die beiden Neil Youngs „Helpless“ sangen. Die Lieder auf dieser CD stammen alle von ihr selbst („No regrets“ ist nicht identisch mit dem gleichnamigen unsterblichen Werk von Tom Rush), die Themen sind meistens aus dem Alltag gegriffen, werden mit klarer, melodischer Stimme vorgetragen, und alle haben einen etwas herbstlich-melancholischen Touch.
Son of the Velvet Rat "Ghost Ranch"
Es geht los mit unheilschwangerem Getrommel (von Joy Bellerose), und bei dem Bandnamen und dem Titer erwarten wir auch keine beschwingte Heiterkeit. Georg Altkiebler und Heike Binder aus Österreich mit ihren Gehilfen liefern gruselige Musik, laut Presse-Info sehen sie sich in der Tradition von Georges Brassens, Townes Van Zandt und Bob Dylan. Es fällt schwer, Brassens hier herauszuhören, macht aber nichts. Man fühlt sich versetzt in einen düsteren Western und rechnet irgendwie damit, dass jeden Moment Cullen Bohannan um die Ecke biegen wird. Sehr abwechslungsreiche Musik, Texte, die zum Nachdenken anregen, und interessanter Gesang. Dazu muss das Geigespiel von Jolie Holland noch besonders erwähnt werden.
Christensen & Kanne Folkband "Vi drømmer stadig"
Christensen & Kanne Folkband sind vermutlich die dienstälteste dänische Gruppe, die anderen Mitglieder heißen Andersen und Pettersson, und die vier kokettieren gern mit ihrem Gesamtalter. Sie bringen es allerdings nicht auf dreihundert Jahre insgesamt, ein jüngerer Spund verdirbt alles. Die Musik verdirbt er nicht! Das Quartett spielt insgesamt neunundvierzig Saiten, verteilt auf acht Instrumente, damit enden die statistischen Informationen. Christensen & Kanne haben mehrere Jahre an der CD gearbeitet, einige Stücke wurden in dieser Zeit als Singles veröffentlicht. Das wurde skandalöserweise hierzulande nicht zur Kenntnis genommen, aber der Hörgenuss kann jetzt nachgeholt werden. Christensen & Kanne singen auf Dänisch und auf Englisch, und anders als viele, die unbedingt auf Englisch singen wollen, haben sie auch keine Probleme mit der Aussprache. Einige Lieder haben sie selbst geschrieben, aber sie haben auch Traditionals im Repertoire, wie den Shanty „Leave her, Johnny, leave her“, der bei hier ganz wunderbar sanft und melancholisch ausfällt. Weitere Lieder stammen von John Prine, Johnny McEvoy (der oder ein Namensvetter? Unklar!) und sogar vom irischen Altmeister der Salonballade, Percy French.
Trad Records, 2024
?? Klaus der Geiger - "Der Habeck is et schuld!" https://www.youtube.com/watch?v=8rTzPuLC-rg
Klam Records, 2024
Irregular Records, 2024
Playground Music, 2024
Pan Records, 1980/2024
Pan Records, 1981/2024
Eigenverlag, 2023
Zephyrus Records, 2024
Nordic Notes, 2023
Own label, 2023
Hedgerow, 2024
CPL Music, 2024
Fuego (Timezone), 2024
CPL Music, 2024
Nordic Notes, 2024
Narrenschiff, 2023
Mondegreen Records, 2023
Belly Head 9 Records, 2023
Eigenverlag, 2022
Irish Green Records, 2023
Eigenverlag, 2024
Eigenverlag, 2023
GO Folk, 2024
Indies, 2024
Kakafon Records, 2023
Kakafon Records, 2023
Eigenverlag, 2024
At Mango's, 2022
MaAuLa Records, 2024
Paraply Records, 2022
Kakafon Records, 2023
Eigenverlag, 2022
Eigenverlag, 2024
MPress Records, 2023
Eigenverlag, 2024
GO Folk, 2024