FolkWorld #72 07/2020
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Across the Western Ocean

Doc Watson... & Gaither Carlton


Arthel Lane „Doc“ Watson (* 3. März 1923 in Deep Gap, North Carolina; † 29. Mai 2012 in Winston-Salem, North Carolina) war ein US-amerikanischer Gitarrist und Sänger von Country-, Bluegrass-, Gospel- und Folksongs.

Leben

Ein Blick auf Doc Watsons erste Konzerte außerhalb Appalachias

Folkways Die Aufnahmen auf Doc Watson and Gaither Carlton stammen von zwei Konzerten in New York City im Oktober 1962; ein Konzert an der NYU School of Education und das andere bei Blind Lemon (einem Folk-Club im West Village, den es in der nächsten Woche nicht mehr gab). Rinzler bereitete die Konzerte als Watsons Debüt in New York vor, aber es war ein junger Peter Siegel, kaum 18 Jahre alt, der beide Konzerte aufnahm. Siegel lebt immer noch in New York und hat in den Jahren danach viele großartige Projekte durchgeführt. Er gründete die Nonesuch-Explorer-Reihe, produzierte mehr Musik mit Watson, wurde A&R-Leiter für Polydor und produzierte später Musik mit Paul Siebel, Tom Paxton, Roy Buchanan und anderen. Aber in diesen Winternächten in New York im Jahr 1962 war er nur ein Teenager mit einem Aufnahmegerät und er hat etwas wirklich Besonderes eingefangen. "Heute gibt es all diese großartigen Flatpicking-Gitarristen, die wir kennen", sagt Siegel. „Clarence White, Tony Rice, alle möglichen Leute. Billy Strings jetzt auch. Zu dieser Zeit hatte noch niemand einen Folk-Gitarristen so spielen hören! In derFolkmusik war die Gitarre ein Begleitinstrument, das normalerweise auf eine bestimmte Art und Weise gespielt wurde. Als Doc auftauchte, hat es mich umgehauen. Es hat alle umgehauen!"

Doc Watson & Gaither Carlton Die Musik, die Doc Watson und Gaither Carlton auf diesen Aufnahmen spielten, ist nicht der kraftvolle virtuose Gitarrenstil, für den Watson später bekannt sein würde; tatsächlich spielt er Banjo auf der Hälfte der Tracks. "Dies ist Familienmusik mit einer komplizierten Verflechtung von Geige und Gitarre oder Geige und Banjo", sagt Siegel. „Dies ist die Musik, die Doc und Gaither seit zwanzig Jahren zu Hause spielen. Auf dieser Platte kann man die älteren Sachen hören, man kann Blitzlichter brillanten Gitarrenspiels hören, aber darum geht es auf dem Album nicht." Gaither Carlton war selbst ein Geiger von großer Stärke. Sein stattliches Spiel spiegelt die schottischen und irischen Wurzeln der Musik wider und er kannte wegweisende Geiger aus der Schellack-Ära, wie den Geiger G.B. Grayson von Grayson & Whitter. Während Watson in einem Haushalt mit einem Plattenspieler und Zugang zum Radio aufwuchs und später einen Großteil seiner Musik auf Songs stützte, die er im Radio entdeckte, stammte Carlton aus einer älteren Welt und lernte seine Musik von seiner Familie und seinen Freunden direkt in seiner Region von Appalachia. Wie Siegel sagt: "Gaither Carltons Spiel ist seiner Persönlichkeit sehr ähnlich. Er war sehr bescheiden und sprach leise. Jetzt höre ich es mir noch einmal an und sehe, dass er die Seele der alten Musik ist. Er bringt nur die wesentliche Qualität dieser Musiktradition zur Geltung.“

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Tracklist: Double File | Handsome Molly | He's Coming to Us Dead | Corrina | Brown's Dream | Groundhog | My Home's Across the Blue Ridge Mountains | Bonaparte's Retreat | Willie Moore | The Blue Ridge Mountains | Goin' Back to Jericho | Billy in the Low Ground | Reuben's Train | The Dream of the Miner's Child

Artist Video "Doc Watson and Gaither Carlton", Smithsonian Folkways Recordings, 2020

Doc Watson, Gaither Carlton, Merle Watson

Zu seinem Künstlernamen „Doc“ kam Arthel Lane Watson während einer öffentlichen Radioübertragung aus einem Möbelhaus in Lenoir (North Carolina) zu Beginn der 1940er Jahre. Der Radiomoderator fand seinen Namen Arthel zu unaussprechlich für die Sendung, und eine Zuhörerin vor Ort schlug vor, ihn „Doc“ zu nennen, möglicherweise in Anspielung auf Sherlock Holmes’ Assistenten. Von da an hieß er in der Öffentlichkeit Doc Watson.

Kindheit und Jugend

Der im ersten Lebensjahr an den Folgen einer Augeninfektion erblindete Watson wuchs in einer außerordentlich musikalischen Familie auf. Mutter Annie war eine Sängerin traditioneller und religiöser Lieder, während Vater General das Banjo spielte, das auch Watsons erstes Saiteninstrument wurde.

Doc & Merle Watson

Artist Video Doc Watson
@ FROG


Artist Video
www.docsguitar.com

Watson besuchte die Blindenschule, in der er mit Jazz, Klassik und der Musik von Django Reinhardt konfrontiert wurde. Dadurch machte er wesentlich mehr musikalische Erfahrungen als andere und bekam einen umfassenderen Zugang zu Musik. Hier unterschied er sich später deutlich von anderen Countrymusikern. Der Talentescout, Musiker und Produzent Ralph Rinzler schrieb über ihn: „Doc ist ein musikalischer Mischling, aber ein Mischling von besonderer Art.“

Im Alter von dreizehn Jahren spielte Watson seinem Vater auf einer ausgeliehenen Gitarre das selbst erlernte Stück When the Roses Bloom in Dixieland vor. Dieser war vom Können seines Sohnes so beeindruckt, dass er ihn in einen Laden mitnahm und ihm dort eine 12-Dollar-Stella-Gitarre kaufte.

Watson entwickelte in weiterer Folge einen eigenständigen, persönlichen Stil, der beeinflusst wurde durch Platten des Banjospezialisten Clarence Ashley, der Carter Family, Jimmie Rodgers u. a. durch die damals sehr einflussreichen Country-Radioprogramme und außerdem durch die traditionelle Musik, die er von seinen Eltern vermittelt bekam.

Heirat und Kinder

Watson machte nun in erster Linie Musik mit der Familie und Nachbarn wie dem Fiddler Gaither Carlton, dessen Tochter Rosa Lee er 1947 heiratete. 1949 wurde Eddy Merle Watson (so benannt nach Eddy Arnold und Merle Travis) geboren. Tochter Nancy Ellen Watson kam 1951 zur Welt.

Musikerkarriere

Es dauerte bis 1953, ehe Watson mit dem Pianisten Jack Williams und dessen Country and Western Swing Band erste bezahlte Auftritte spielte. Das Repertoire beinhaltete neben Western Swing auch Rockabilly und eine dem Kommerz angepasste Countrymusik. Watson spielte Lead-Gitarre, wobei er eine Gibson Les Paul E-Gitarre als Instrument verwendete. Im 1995 erschienenen Album Docabilly würdigte Watson diesen für ihn eher untypischen Karriereabschnitt noch einmal.

1960 besuchte Ralph Rinzler Docs Nachbarn Clarence Ashley, um mit ihm Aufnahmen zu machen. Dabei lernte Rinzler auch Watson kennen und war von dessen instrumentalen Fertigkeiten so beeindruckt, dass er ihn kurzerhand in die Aufnahmesessions mit Ashley miteinbezog. Das daraus entstandene Album war Watsons erste Plattenaufnahme und erschien unter dem Titel Old Time Music at Clarence Ashley’s.

Die Phase der stromverstärkten Gitarre war damit vorbei und Watson nahm im folgenden Jahr mit Clarence Ashley, dem Fiddler Fred Price und dem Gitarristen Clint Howard am später legendär gewordenen Friends of Old Time Music Concert in New York teil. In weiterer Folge gab Watson Konzerte in der Carnegie Hall und beim Newport Folk Festival. Dort wurde 1963 und 1964 das Doppelalbum The Essential Doc Watson mitgeschnitten, auf dem er von Junior Huskey (Bass), Floyd Cramer (Piano), Shot Jackson (Dobro), Buddy Harman (Schlagzeug) u. a. begleitet wurde. Auf solchen Live-Alben erzählte Watson auch schon mal humorige Kurzgeschichten wie The Preacher and the Bicycle; zu finden auf der Doppel-LP Doc Watson on Stage. Ab Mitte der 1960er Jahre arbeitete Watson ebenfalls mit dem „Father of Bluegrass“ Bill Monroe zusammen, mit dem er auf den verschiedenen Bluegrass- und Folk-Konzerten auftrat. Ihre Zusammenarbeit gipfelte 1978 mit dem gemeinsamen Album Bill and Doc Sing Country Songs.

Seine Auftritte in Gerde’s Folk City in Greenwich Village brachten ihn in Kontakt mit Musikern, die in ihren Songs Kritik an politischen und gesellschaftlichen Missständen übten. Durch das persönliche Kennenlernen dieser Künstler entwickelte Watson, der sich selbst stets der konservativen Haltung seiner Eltern verbunden fühlte, eine offenere Haltung gegenüber Musikern wie Joan Baez und Tom Paxton. Auch hier bestand ein Unterschied zu vielen anderen Countrymusikern.

Spieltechnik und Einflüsse

Clarence Ashley, Gaither Carlton, Doc Watson, Rosa Lee Watson

Von Maybelle Carter von der Carter Family übernahm Watson zunächst die in der traditionellen „Old Time Music“ übliche Daumenpick-Technik (to pick: [Gitarre] „zupfen“), auch Fingerstyle genannt. Beeinflusst von Jimmie Rodgers wechselte er dann zum Straight Pick und entwickelte in weiterer Folge das Flatpickingspiel zu einer konzertanten Perfektion. Neben dem großen Vorbild Django Reinhardt übten auch noch andere Musiker wie die Delmore Brothers, Merle Travis, Chet Atkins u. a. einen maßgeblichen Einfluss auf Doc Watson aus. Bestimmend blieb für ihn jedoch zeitlebens die Musik seiner Heimat in den Appalachen. Diese Gebirgsregion gilt als die Wiege der weißen, amerikanischen Bluegrass-, Hillbilly- und Countrymusik.

Merle Watson

Merle Watson, der sich im Lauf der Jahre selbst zu einem erstklassigen Gitarristen und Banjospieler entwickelt hatte und trotz des direkten Einflusses des Vaters ebenso wie dieser seinen eigenen, an Musikern wie Mississippi John Hurt orientierten Stil fand, arbeitete ab Mitte der 1960er Jahre mit seinem Vater in musikalischer wie in administrativer Weise zusammen. Dieses produktive Zusammenwirken führte die beiden bei Tourneen durch Europa und Asien; außerdem wurden mehr als ein Dutzend Platten eingespielt. Durch einen Traktorunfall, bei dem Merle 1985 ums Leben kam, fand diese Phase ein abruptes Ende.

Jack Lawrence, ein Freund von Merle, nahm – zumindest als Musiker – dessen Platz neben Doc Watson ein. Obwohl dieser vom Verlust seines Sohnes schwer getroffen wurde, führte er seine Tätigkeit als Musiker fort und veröffentlichte in fast regelmäßigen Abständen Alben wie das 1990 erschienene On Praying Ground und Legacy aus dem Jahr 2002.

Würdigung

In seinem Genre nimmt Doc Watson eine Sonderstellung ein. In puncto Geschwindigkeit, Präzision und musikalischem Ausdruck setzte Watson mit seinem Gitarrenspiel neue Maßstäbe. Er übte nicht nur auf die amerikanische Folkmusik, sondern genreübergreifend auf Gitarristen in der ganzen Welt einen großen Einfluss aus. Es ist zu einem großen Teil sein Verdienst, dass die Gitarre in der Folk-, Bluegrass- und Countrymusik das führende Instrument wurde. Sein Bluegrass-Leadguitarstil wurde von Musikern wie Clarence White und Tony Rice übernommen und weiterentwickelt. Dan Miller vom „Flatpicking Guitar Magazine“ über Watson: „Playing for the Love of Music is what has sustained Doc Watson...“




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Date: June 2020.



Photo Credits: (1) Smithsonian Folkways, (2ff) Doc Watson & Gaither Carlton (unknown/website).


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