FolkWorld #44 03/2011
© Christian Zastrow

Bluegrass Jamboree
www.bluegrassjamboree.de

Harmoniegesang & Instrumentals

Bluegrass Jamboree! Festival of Bluegrass & Americana Music - Kulturfabrik Löseke, Hildesheim, 10.12.2010.

Zwischen Harz & Heide (Presseschau)

Sanft, rockig und Musik mit viel Spaß

Der irische Rockpoet Kieran Halpin [39] unterstrich ausdrucksvoll seine Ausnahmestellung in der Szene. Der Sänger überzeugte mit seiner kräftigen durchdringenden Stimme, die aber auch sanftere Töne anschlagen konnte. Mit dem bekannten Percussionisten Yogi Jockusch hatte er einen genialen Partner mitgebracht, der Kieran’s Songs mit seiner einfühlsamen Begleitung richtig zur Geltung brachte. [WZ, 19.10.2010]

Giora Feidman

Peine feierte Weltklasse-Klarinettisten

Giora Feidman und Co. [32] spielen vor begeistertem Publikum ihr Programm – in Fassungen freilich, die ebenso ungewöhnlich wie berührend sind. Selbst der bekannte hebräische Volkshit „Hava Naghila“ präsentiert sich bei Feidman als begeisternde Mischung aus Swing, Klezmer und Jazz. Das Ensemble verknüpft die einzelnen Programmpunkte aus chassidischer Tanzmusik, Sabbat-Liedern und hebräischen Liturgiemelodien zu einem Gesamtkunstwerk. Gewürzt mit einer berührenden Zugabe aus den Hymnen Deutschlands, Israels und Palästinas gestaltet sich der Konzertabend zu einer Art musikalischer Völkerverständigung – auf den Tag 66 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. [PZ, 29.01.2011]

Eine Reise durch Raum und Zeit

[Bordunrot] [43] waren mit einer ganzen Reihe von Instrumenten nach Salzgitter gekommen. Einige davon, wie zum Beispiel die Schlüsselfidel, waren dem Publikum gänzlich unbekannt, andere, wie das Harmonium, kannten sie nur aus Geschichten von den Großeltern. Und so wurde das Konzert der beiden Vollblutmusiker zu einer spannenden Tour durch die Geschichte der Musikinstrumente und durch Geschichten über die Lieder, durch zahlreiche europäische Länder und durch die Jahreszeiten. Und dabei bewegte sich das Duo nicht immer nur innerhalb der strengen Grenzen der zum Teil sehr alten Musik, sie bauten durchaus auch einmal funkige Grooves mit ein. [SZ, 14.02.2011]

„Bluegrass“ ist ein Musikstil, der in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts von Bill Monroe aus der traditionellen amerikanischen Folk-Musik weiterentwickelt wurde und nach dem blauen Gras in seiner Heimat Kentucky benannt ist. Typische Instrumente sind Fiddle, Mandoline, Kontrabass und das fünfsaitige („Five-String“) Banjo mit der entsprechenden Spielweise.

Eine „Jamboree“ (die Ableitung des Wortes aus dem Indianischen konnte bislang nicht bewiesen werden) ist ein großes Zusammentreffen von Pfadfindern, Square-Dancern oder Musikern. Die „Bluegrass Jamboree!“ ist eine Tournee, die nun bereits im zweiten Jahr in der Vorweihnachtszeit (dieses Mal vom 03.12. bis 18.12.2010) quer durch Deutschland zieht mit kurzen Abstechern nach Tschechien und in die Schweiz.

Am 10.12.2010 war sie in der Kulturfabrik Löseke in Hildesheim angekündigt. Die Zeit, in der die Tournee stattfindet, hat Vor- und Nachteile: Die Bands, die zum großen Teil aus den USA stammen, freuen sich über die deutschen Weihnachtsmärkte, aber die meisten von uns sind im Vorweihnachts-Stress, und das Wetter hat seine Tücken. Während der Schneefall letztes Jahr überraschend kam, hatte man diesmal wenigstens Zeit, sich darauf einzustellen.

Wie letztes Jahr stellt sich mir die Frage: Nehme ich die Autobahn oder die Bundesstraße von Braunschweig nach Hildesheim? Und wieder (nachdem wir bereits am Vorabend eine Stunde im Stau zwischen Salzgitter-Thiede und Salzgitter-Lebenstedt verbracht haben) treffe ich die Entscheidung, auf dem Hinweg in jedem Fall die Landstraße zu nehmen, auf dem Rückweg kann man ja dann die Autobahn versuchen …

Eigentlich wollte ich ja auch noch ganz viele Leute mitgebracht haben. Aber es ist doch eine sehr spezielle Musik, und mir fallen nicht viele Leute ein, die sich dafür interessieren. Die internationalen Tänzer haben selber eine Aufführung, die Square Dancer ihren regulären Club-Abend, alle anderen haben sonstige Termine, Stress oder scheuen sich einfach vor dem Wetter.

Auch lagen beim letzten ähnlichen Konzert des Veranstalters („The Wilders“) nur wenig Handzettel aus. Immerhin war in einem Braunschweiger Veranstaltungsmagazin ein halbseitiger Artikel, dazu gab es natürlich den Veranstaltungshinweis hier bei FolkWorld, eine Live-Übertragung im Internet-Radio und einige Videos bei „You Tube“ – gut eingestimmt mache ich mich also auf den Weg.

Jeff & Vida

Jeff & Vida @ FolkWorld: FW#42, #43

www.myspace.com | www.youtube.com

www.jeffandvida.com

Leider komme ich auf der Bundesstraße doch nicht so gut voran, wie ich gehofft hatte. An vielen Ortsausgängen gerät man oft unversehens auf waschbrettartige Eisschichten, und einige übervorsichtige Fahrer bremsen mich zusätzlich aus.

Dadurch verpasse ich auch in diesem Jahr wieder die lokale Vor-Band „Two U“ aus Sarstedt und erreiche die Kulturfabrik gerade rechtzeitig zum offiziellen Start. Veranstalter Rainer Zellner begrüßt die Gäste, von denen einige ebenfalls aus Braunschweig und andere sogar aus Kassel angereist sind. Die kleinste Einheit des gemeinsamen Musizierens sei das Duo, denn „allein wollte keiner vor dem Kaminfeuer musizieren“. Und so beginnt der Abend schwungvoll mit einem Duo.

Jeff & Vida

Beide wohnen seit einiger Zeit im Country-Mekka Nashville (Tennessee), und Jeff hat in den acht Tagen der Tour bereits „Guten Abend“ auf Deutsch gelernt. Sie kündigen Lieder über „Heartaches“ („Liebeskummer“) und „Trains“ (Züge) an. Und konsequenterweise heißt der erste Titel „Heartache Train“. Es handelt sich mit einer Ausnahme um eigene Lieder, die sie meistens zweistimmig in schönen Harmonien vortragen. Ein Jodel-Song in Western-Swing-Façon ist auch dabei.

Vida hat lange rötliche Haare und begleitet den Gesang auf der Gitarre, während Jeff (mit etwas angegrauten Haaren und legèrem schwarzen Jacket) Mandoline spielt und hin und wieder auch zur Gitarre wechselt. Im Saal herrscht eine angenehme Temperatur, und die Musiker heizen weiter ein – da braucht das Publikum nicht lange, um in Stimmung zu kommen. Ein guter Sound, eine gute Beleuchtung, eine gute Show – was will man mehr?

Shotgun Party

Shotgun Party @ FolkWorld: FW#43

www.myspace.com | www.youtube.com

www.shotgunfiesta.com

Shotgun Party

Die nächste Band bringt den Sommer mit – sie haben sich kennengelernt am Strand von Florida, und so betreten nun zwei junge Frauen in bunten Sommerkleidern mit Fiddle und Gitarre und ein Bassist die Bühne. Alle machen einen noch sehr jungen Eindruck (sie sind Mitte zwanzig bis dreißig). Die deutsche Begrüßung klappt hier noch nicht so richtig („Gute Nacht“).

Auch bei dieser Band singen die Frauen in perfekter Harmonie, beim zweiten spanischen Lied singt auch der Mann. Sie haben markante Stimmen. Die Geige klingt manchmal sehr klassisch, hat aber technisch von Doppelgriffen, Pizzicato und dem Spiel bis in die höchsten Lagen alles drauf. Der Bass-Spieler lässt die Saiten in bester Slap-Bass-Manier gegen das Griffbrett schlagen.

Ein langsamer mexikanischer Walzer, ein wahnwitzig schnelles Fiddle-Stück – auch dieser Band merkt man an, dass sie Spaß an dem haben, was sie tun. Selbst das Publikum darf sich diesmal beteiligen: Ein Zuschauer wird auf die Bühne gebeten und erhält eine Rumba-Rassel in die Hand gedrückt. Aber Björn überrascht die Mädels, als er spontan Einlagen auf seiner Bierflasche improvisiert, und man merkt, dass auch das Publikum musikalisch nicht unerfahren ist.

Michael Cleveland & Flamekeeper

Michael Cleveland & Flamekeeper

Michael Cleveland @ FolkWorld: FW#43

www.myspace.com | www.youtube.com

www.flamekeeperband.com

Bereits im Vorfeld war mir beim Anschauen von Videos im Internet die unkonventionelle Bogenhaltung des Geigers Michael Cleveland aufgefallen, obwohl er wohl auch ursprünglich mal klassischen Geigenunterricht hatte. Mit der linken Hand spielt er Doppelgriffe sauber bis in hohe Lagen und beherrscht sein Instrument bis hin zu perkussiven Bogentechniken oder Pizzicato.

Außer der Geige gibt es noch Banjo, Mandoline, Bass und Gitarre, und bis auf den jüngsten Mitspieler (19 Jahre) sind alle Mitglieder der Band mehrfache Preisträger. Auch diese Band bietet ein gute Mischung von Harmoniegesang (wobei alle wie in alten Zeiten in ein einziges Gesangsmikrophon singen, was immer recht spannende Choreographien zur Folge hat) und Instrumentals. Ebenfalls gilt für alle drei Gruppen eine gute Abwechslung zwischen ruhigen und temporeichen Stücken.

Die Bandmitglieder wechseln sich auch mit der Melodiestimme beim Gesang ab. Besonders gefällt mir das Lied „Handy Man“, dass der Bass-Spieler Marshall Wilborn vorträgt. Nur dass sein Bass dabei doppelt verstärkt wird, weil er nach vorne an das Gesangsmikrofon tritt, ist etwas schade.

Der Abend endet mit einer gemeinsamen Session aller Bands. Die beiden Fiddles beginnen den traditionellen Instrumental „Old Joe Clark“, und auch Rainer Zellner lässt endlich seine Mandoline erklingen. Es folgt ein Western-Swing-Titel „Dixie Darling“. Leider müssen alle nach dem Schlussapplaus schnell weg, und ich halte Michael, der wegen seiner Blindheit sowieso schon etwas länger braucht, mit meinen Fragen auch noch zusätzlich auf, so dass der Tour-Buss fast ohne ihn abfährt. Aber schließlich hatte man ja in den Pausen ausgiebig Zeit zum Fragenstellen und Plaudern.

Alles in allem mal wieder eine schöne Veranstaltung in einer Musikrichtung, die man nicht nicht so häufig live erleben kann. Hoffentlich werden auch noch andere musikbegeisterte Menschen neugierig gemacht, so dass es noch viele weitere Tourneen dieser Art geben kann.

Photo Credits: (1) Bluegrass Jamboree Logo, (3) Jeff & Vida (4) Shotgun Party, (5) Michael Cleveland & Flamekeeper, (by Rainer Zellner/Music Contact); (2) Giora Feidman (unknown).


FolkWorld Homepage German Content English Content Editorial & Commentary News & Gossip Letters to the Editors CD & DVD Reviews Book Reviews Folk for Children Folk & Roots Online Guide - Archives & External Links Info & Contact


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Homepage
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld