FolkWorld Ausgabe 41 03/2010; Live-Bericht


Bluegrass Jamboree

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Bluegrass Jamboree!
Festival of Bluegrass and Americana Music, 5.-20.12.09

Bluegrass ist eine äußerst mitreißende, virtuose amerikanische Folkmusik, die auf besten und meist wertvollen akustischen Instrumenten gespielt und überwiegend mehrstimmig gesungen wird. In Europa steigt die Zahl der Fans stetig an. Zeit also, auch in Europa mit einer regelmäßigen "Werkschau" in Form der jährlichen Festival-Tournee Bluegrass Jamboree! zu beginnen und Bluegrass und seine Wurzeln vorzustellen.

Bluegrass Jamboree Session Im Bluegrass finden sich Elemente traditioneller Folkmusik europäischer Auswanderer, z.B. aus Irland und Eng­land, Klän­ge der Skla­ven und weiße und schwar­ze Kir­chen­mu­sik, die sich in den länd­lich ge­präg­ten süd­öst­li­chen Staa­ten der USA zu einer be­son­de­ren Form ver­eint haben. Bill Mon­roe mit sei­ner le­gen­dä­ren Band The Blu­e­grass Boys (be­nannt nach ihrem Her­kunfts­staat Ken­tu­cky, wo das Gras eine be­son­de­re bläu­li­che Farbe hat) er­fand in den 40er Jah­ren diese Mi­schung.

In­stru­men­te sind Geige (Fidd­le), fünf­sai­ti­ges Banjo, Man­do­li­ne, Gi­tar­re, Kon­tra­bass und die waage­recht ge­spiel­te Ha­wai­igi­tar­re, ge­nannt Dobro. Guter Blu­e­grass ist zwar tech­nisch min­des­tens so an­spruchs­voll und kom­plex wie Jazz (man­che be­zeich­nen ihn auch als "Jazz from the Hills"), den­noch spielt der Ge­sang (als do­mi­nie­ren­des Ele­ment) die Haupt­rol­le. In­ten­si­ve So­lo­stim­men sowie zwei- bis vier­stim­mi­ge Vo­kal­sät­ze in den Re­frains be­geis­tern selbst das an­spruchs­volls­te Pu­bli­kum. Die The­men der Songs de­cken wie in jeder Volks­mu­sik die ge­sam­te Band­brei­te der Le­bens­er­fah­run­gen und -​phi­lo­so­phi­en ab und han­deln, ent­ge­gen vie­ler Vor­ur­tei­le, nur sel­ten von Pfer­den, Trucks oder Cow­boys, son­dern spie­geln viel­mehr das Phä­no­men des "White Man's Blues" wie­der: Love, Life and Death, Places…

The Toy Hearts

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Ein blu­e­grass-​ver­rück­ter Vater mit sei­nen zwei jun­gen Töch­tern bil­det den Kern einer der wohl au­ßer­ge­wöhn­lichs­ten Bands des Gen­res in Eu­ro­pa. Mitt­ler­wei­le sorgt das Quar­tett im Stamm­land der Blu­e­grass Musik für enor­mes Auf­se­hen, ihr nächs­tes Album wird sogar in Nash­ville pro­du­ziert wer­den. Vater Ste­wart be­zeich­net sich selbst als "süch­tig nach Sai­ten­in­stru­men­ten", seit er vor über 45 Jah­ren damit be­gann, die Club­sze­ne Bir­ming­hams zu er­obern. Die Liste sei­ner Bands ist schier end­los, vor allem Coun­try, Blu­e­grass und Ro­cka­bil­ly sowie Rock der frü­hen Zeit sind seine Vor­lie­ben bis heute. Seine Haupt­in­stru­men­te sind das 5-​string Banjo und die Re­so­na­t­or­gi­tar­re. Er war in un­zäh­li­gen TV-Shows, Thea­tern und Mu­si­cals über­all in ganz Eng­land zu sehen und gilt als Ur­ge­stein der eng­li­schen Blu­e­grass Szene.

Vater Ste­warts En­thu­si­as­mus über­trug sich bald auf seine Töch­ter, saßen sie doch oft genug am Büh­nen­rand, Back­stage oder im Band­bus. So­phia John­son ist heute eine der ganz we­ni­gen Frau­en, die sich der im Blu­e­grass ele­men­ta­ren Flat­pick-Solo-Gi­tar­re wid­men und in in­ter­na­tio­na­len Ma­ga­zi­nen ge­prie­sen wird. Sie durf­te mit 8 Jah­ren dann end­lich Un­ter­richt neh­men, ent­deck­te ir­gend­wann den Rock'n'Roll und die Beat­les, fühl­te sich aber erst mit der Ent­de­ckung von Fla­men­co und Djan­go Rein­hardt zur akus­ti­schen Gi­tar­re hin­ge­zo­gen. Nicht viel spä­ter fand sie den Weg zum Weg­be­rei­ter der Flat­pick-Gi­tar­re Cla­rence White (Byrds) und pen­delt seit­dem zwi­schen ihren mu­si­ka­li­schen Vor­lie­ben.

Schwes­ter Hanna ist die Songwri­te­rin und Stim­me der Band. Sie sang schon sehr früh die wun­der­ba­ren (aber für sie da­mals un­ver­ständ­li­chen) Songs von Hank Wil­liams nach und be­trach­tet Sin­gen und Songwri­ting als ihre große Gabe. In ihren Lie­dern setzt sie auf ein­fa­che Spra­che, The­men aus dem Leben und be­we­gen­de Musik, die den Blu­e­grass wie­der nach Eng­land zu­rück holt - nicht ohne Aus­flü­ge über mehr oder we­ni­ger ver­wand­te Stil­rich­tun­gen wie Swing, eng­li­scher Pop und Folk. Mit Schwes­ter Han­nah zau­bert sie zwei­stim­mi­ge Du­et­te auf die Bühne, bei denen das At­tri­but Gän­se­haut ein­mal wirk­lich an­ge­bracht ist. Bas­sist Brad­ley Black­well hält das ganze mit sei­nem ex­zel­len­ten Spiel im Griff, dabei ist er ei­gent­lich auch Ex­per­te auf Gi­tar­re und Drums. Er er­ober­te mit eng­li­schen Chart-​Künst­lern Wohn­zim­mer eben­so wie die Wem­bley-Arena.

Beverly Smith & Carl Jones

Beverly Smith & Carl Jones

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Was wäre Blu­e­grass ohne Old­ti­me Music, ohne die Fidd­le Tunes und Bal­la­den, die oft noch so nah an den Klän­gen der irisch-​schot­tisch-​eng­li­schen Aus­wan­de­rer lie­gen? Beverly Smith & Carl Jones sind wür­di­ge Ver­tre­ter die­ser Rich­tung, Seit vie­len Jah­ren ist die­ses be­son­de­re Duo von den wich­tigs­ten Fes­ti­vals nicht mehr weg­zu­den­ken. Sie ze­le­brie­ren die Kunst des Du­etts - sei es mit Banjo und Geige, Gi­tar­re und Man­do­li­ne, in­stru­men­tal oder als vir­tuo­ses und be­rüh­ren­des Ge­sangs­paar.

Hier kann man hören, wor­aus Folk-Kö­ni­gin Gil­li­an Welch einen gro­ßen Teil ihrer In­spi­ra­ti­on holt. Blues, Bal­la­den, Wal­zer, Tanz­mu­sik, alte und neue Songs von der Car­ter Fa­mi­ly und Jim­mie Rod­gers, über Gos­pel bis hin zu den ganz be­son­de­ren Ei­gen­kom­po­si­tio­nen, die ganz in der Tra­di­ti­on ste­hen und den­noch zeit­ge­mäß und neu sind. Be­ver­ly Smith war schon 1993 mit der Neo-​Old­ti­me-Girl-Kult­band "The He­art­beats" auf Eu­ro­pa­tour­nee, spä­ter dann wie­der mit dem Gram­my-no­mi­nier­ten Bruce Mols­ky in des­sen Old­ti­me-Pro­jekt "Big Ho­edown". Be­ver­ly Smith gilt als eine der bes­ten Rhyth­mus­gi­tar­ris­tin­nen der USA, spielt aber auch au­ßer­ge­wöhn­lich gut Geige und ist als Tanz­meis­te­rin be­liebt.

Carl Jones, auch der hu­mor­vol­le Mo­de­ra­tor des Duos, spiel­te u.a. in Nor­man Bla­kes "Ri­sing Fawn String En­sem­ble" und hat als ge­frag­ter Work­shop-Lei­ter un­zäh­li­ge Mu­si­ker mit der Es­senz der Old­ti­me-Musik in Be­rüh­rung ge­bracht. Er be­gann in den frü­hen 70er Jah­ren an Fidd­le Con­ven­ti­ons teil­zu­neh­men und ist seit­dem die­sem Stil ver­fal­len. Seine Songs wer­den von be­kann­ten Bands und So­lis­ten wie der Nash­ville Blu­e­grass Band und Ricky Sim­pkins in­ter­pre­tiert.

Steep Canyon Rangers

Steep Canyon Rangers

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Nicht oft be­kommt man in Eu­ro­pa die wirk­li­chen Spit­zen­bands des Blu­e­grass zu sehen, dazu ist das Genre in USA viel zu er­folg­reich. Aber für die neue Kon­zert­tour­nee „Blu­e­grass Jam­bo­ree! - Fes­ti­val of Blu­e­grass and Ame­ri­ca­na Music“ mach­ten die Steep Can­yon Ran­gers, die kürz­lich bei Talk-Guru David Let­ter­man gas­tier­ten, eine Aus­nah­me. Das Quin­tett um Lead­sän­ger Woody Platt aus North Ca­ro­li­na ist eine Aus­nah­me­er­schei­nung in der Blu­e­grass Szene, denn seit über 10 Jah­ren spie­len sie in der­sel­ben Be­set­zung und ge­hö­ren zur Speer­spit­ze der "New Ge­ne­ra­ti­on". Die ers­ten Ses­si­ons fan­den an der Uni statt und brach­ten ihnen mehr als ein­mal ver­ständ­nis­lo­ses Kopf­schüt­teln ihrer an Hip­Hop und Rock ge­wöhn­ten Kom­mi­li­to­nen ein. Die lei­di­ge Suche nach dem Band­na­men war schnell er­le­digt, sie tausch­ten ein­fach bei ihrer Lieb­lings­bier­mar­ke das Wort "Stout" gegen Ran­gers!

Seit­dem ma­chen sie vor kei­nem noch so skur­ri­len Ver­an­stal­tungs­ort halt und spie­len in der­ben Hon­ky-​Tonk Clubs, Thea­tern, Mu­se­en, Kir­chen, aber auf Rock­fes­ti­vals ge­nau­so wie auf Blu­e­grass- und Old­ti­me-Events oder gar in der New Yor­ker Car­ne­gie Hall als Be­gleit­band von Film-Star Steve Mar­tin. Am Spiel der Band er­kennt man sehr schnell, dass sie die erste Ge­ne­ra­ti­on Blu­e­grass-Mu­si­ker von Flatt & Scruggs bis Bill Mon­roe ge­nau­so wie die Gol­den-Coun­try-Le­gen­den der 40er/50er Jahre aus­gie­big stu­diert haben. Mitt­ler­wei­le schrei­ben sie fast alle Stü­cke ihres Pro­gramms selbst und haben mit ihrem be­son­ders brei­ten Stil-​Mix aus Blu­e­grass und Coun­try mit einem guten Touch Rock und Pop gro­ßen Er­folg: Blu­e­grass-Award-No­mi­nie­run­gen 2008 für das Album und als neue Band sowie mo­na­te­lang auf Spit­zen­plät­zen der Blu­e­grass Charts von Bill­board und an­de­ren Fach­zei­tun­gen sind der Be­weis.

Die Texte wurden mit freundlicher Genehmigung der Bluegrass Jamboree!-Website entnommen.

Photo Credits: (1) Bluegrass Jamboree Logo; (2) Bluegrass Jamboree Session; (3) The Toy Hearts; (4) Beverly Smith & Carl Jones; (5) Steep Canyon Rangers (by Rainer Zellner).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 03/2010

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