FolkWorld-Artikel von Dr. Willi Dommer:

Sinatra im Polka-Rausch
Der Cosmopolitan Karawanken-Beat der Global Kryner

Kennen Sie noch die Oberkrainer? Alpine Jovialität mit ein paar Spritzern karawankoider Melancholie und echtem weltmusikalischen Swing. Lang ist’s her? Ach was! Die „Global Kryner“ fetzen, was das Zeug hält. Welthits aus Pop, Soul, Funk und Beat im typischen Oberkrainer-Sound, dargeboten mit überlegener Spielfreude, einfallsreichen Arrangements und jeder Menge witziger Einlagen. Ebenso genial wie wahnsinnig – im positiven Sinne.

Das muss man sich mal vorstellen! Da erklingt ein Intro im typischen Oberkrainer-Stil: Trompete und Klarinette zweistimmig jubelnd in Terzen, eine Posaune im Wechselbass, die Gitarre abgestoppt mit Achtel-Nachschlägen und das Akkordeon mit dem obligatorischen Sechzehntel-„Häggädä-Häggädä“. Und plötzlich singt eine Frauenstimme mit bewundernswertem Jazz-Timbre: „Gitschi-gitschi ya-ya da-da ... Voulez vous coucher avec moi, ce soir?“ MTV-Viva-Zapper wissen: Global Kryner Das ist „Lady Marmalade“, letzthin gecovert von Christina Aguilera, Li‘l Kim und einigen anderen bestrapsten Pop-Stars in Moulin-Rouge-Korsage. Akkordeonist Anton Sauprügl bringt mit seiner Quetsche nonchalent Pariser Flair hinein.

Und als ob das nicht schon irre genug wäre, bringen die „Global Kryner“ gleich darauf Billy Joel’s „Honesty“ im Walzer-Takt, Madonnas „Like a Virgin“ als rasante Polka, verziert mit den typisch Oberkrainer Trompete/Klarinette-Verzierungen. Kann man sich Tina Turners „Private Dancer“ als Mischung von Walzer und fetziger Polka vorstellen? Vielleicht schwerlich. Aber die Global Kryner führen es mit überbordender Spielfreude vor. Es geht. Und es haut echt rein!

So was geht natürlich nur, wenn alle Instrumentalisten samt der in Los Angeles ausgebildeten Sängerin Anne Marie Höller ihr Metier nicht nur aus dem FF beherrschen, sondern immer wieder darüber hinauswachsen. So klingt „Somewhere over the Rainbow“ im Walzertakt durchaus nicht wie irgendein Remake. Ganz im Gegenteil: Edi Köhldorfers jazziges Gitarrensolo auf einen Dreiviertel-Rhythmus hat schon was von einem echten Hammer.

Köhldorfer hat schließlich schon mit internationalen Jazz-Größen wie Stephane Grapelli gespielt. Und „Tiger“ Tom Jones dürfte staunen, was die Global Kryner alpenjazzmäßig aus seiner „Sex Bomb“ herausgeholt haben. Immer wieder ist heute von „Cross-over“ die Rede. Mir ist bislang keine abgefahrenere und zugleich glaubwürdigere musikalische Grenzüberschreitung begegnet als diese Produktion. Jodeln und Jazz-Trompete – wo hat man so was schon gehört. Der Höhepunkt am Schluss. „Hey Jude“ aus der kongenialen Songschmiede Lennon/McCartney – zunächst balladesk, dann mit einem Mal im rasanten Polka-Drive. Global Kryner Und in Anne Maries Stimme kann man sich glatt verlieben. Für die „Süddeutsche“ ist sie „eine der heißesten Soul-Stimmen Österreichs“.

Ach übrigens, Robbie Williams, deine Version von Sinatras „Something Stupid“ in allen Ehren. Tolles Video mit Nicole Kidman – war schon Klasse. Aber vom Hocker reißt mich neuerdings eher die Interpretation der Gobal Kryner. Sorry, Robbie.

Hage Hein von Blanko Music hat spontan zugegriffen, als ein Bekannter ihm die Global Kryner ans Herz legte: „Den Wahnsinn musst Du Dir anhören“, hatte er ins Telefon gestammelt. Ein paar schräge Typen aus Wien hätte er gehört. Die spielten Welthits im Oberkrainer-Sound. „Something Stupid“ auf Schädlweh. „Einfach genial!“ Hage Hein hat seine Entscheidung für den „Ötzti-Jazz“ durchaus nicht bereut, obwohl er als Produzent eigentlich ungern auf den Geschmack irgendwelcher Freunde hört. Und er hält heute erst recht mit seiner Begeisterung nicht hinter dem Berg: „Gitarrist Edi Köhldorfer swingt, als wären Django Reinhard und Mark Knopfler siamesische Zwillinge ... Und last but not least Annie Höller, die zu den Klängen ihrer Kollegen mit einer Selbstverständlichkeit singt, als wären die Oberkrainer-Gründer Slavko und Vilko Avsenik in Harlem geboren.“ Dem habe ich weißgott nichts hinzuzufügen.

Diskografie: Global Kryner „Global Kryner“, Lawine/BMG 828766063226, Vertrieb: Blankomusik

Website: www.globalkryner.at


Zum Inhalt der FolkWorld Beiträge
Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 30

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 01/2005

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission. Although any external links from FolkWorld are chosen with greatest care, FolkWorld and its editors do not take any responsibility for the content of the linked external websites.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld