Dieser Artikel ist eine Wiederveröffentlichung aus unserem Folksblatt Archiv.
FolkWorld Artikel von Michael und Christian Moll

Old Blind Dogs und graue Stuten

Schottische Wurstdiebe und Schlägereien...


"The old blind dog has stolen a sausage, stolen a sausage, stolen a sausage..."

Old Blind Dogs, PressefotoSo singen vier Schotten in Erinnerung an ihre Bandnamensfindung. "Es war eine Cassette, die uns geliehen wurde, mit einigen alten Kentucky Fiddletunes von den Apalachen, und zwischen einem Set Fiddletunes war ein kleines Lied, das ,Der alte blinde Hund hat Würstchen gestohlen' heißt, mit dem zweiten Vers 'Die alte graue Stute ist in der Einöde gestorben'. Als wir nach einem Namen suchten, schlug der Freund, der uns die Cassette geliehen hatte, vor, daß wir uns Old Blind Dogs nennen sollten, und das machten wir. -- Paßt also auf Eure Würste auf!"

Diese 'Wurstdiebe' sind schon einzigartig in der schottischen Szene - mit ihrem recht traditionellen, akustischen Line-Up haben sie doch das Auftreten einer Rockband, mit einer Musik, die tief in schottischen Folkmusiktraditionen verwurzelt ist. Im Februar dieses Jahres waren die Old Blind Dogs auf ihrer ersten richtigen Deutschlandtour, und es waren direkt etliche Konzerte ausverkauft. Was für Musik machen sie denn nun? "Das ist sehr schwierig zu beschreiben", meint Ian F Benzie, Sänger und Gitarrist der Band. "Buzzby kommt aus dem Reggae-Bereich, Jonny kommt von der klassischen Musik, und Davy von Blues und Jazz, dann Fraser... und ich komme aus der Folkecke; es ist also ein Verschnitt verschiedener Stile, die als Gruppe zusammenkommen; ein Schmelztiegel verschiedener Rhythmen, verschiedener Musikstile." Also eine Art World Music? Wenn man die Musik der Dogs hört, denkt man als letztes an World Music, denn diese Musik ist so eindeutig schottisch, so eindeutig geprägt durch den traditionellen Musikstil des Nordostens Schottlands (um Aberdeen), wo sie alle herkommen.

Charakteristisch ist die ausgefallene Percussion auf Bongotrommeln und ähnlichen Schlagzeugen von Davy Cattanach, der musikalisch auf Akkordeon, Piano und Klarinette angefangen hat. "Eines Tages kam dann ein Schlagzeug-Lehrer in die Schule und meinte 'Möchte irgend jemand die Drums spielen?' - 'Ja.' Und so spielte ich einige Wochen später in der Schul-Jazzband. Und bin seitdem Drummer." Jonny Hardie, Fiddler, Mandolinist und Gitarrist der Band, hat bis vor 10 Jahren nur klassisches gespielt; seitdem aber ausschließlich traditionelle Musik.
Old Blind Dogs, Pressefoto"Ich habe mit 17 angefangen Gitarre zu spielen - Folk Songs und 'Dylan stuff'", erinnert sich Ian F Benzie. "Ich habe in Bars und Pubs in Aberdeen gespielt. Dann fing ich in einer Ceilidh Band an und traf dabei auf Buzzby [McMillan, den Flöten-, Bass- und Citternspieler der Band], das war, als die Old Blind Dogs starteten."
Eine alte Balalaika hing früher bei Buzzbys Familie an der Wand; "ich stimmte sie mit allen Saiten bis auf eine in derselben Tonlage, und spielte World Music in meinem Schlafzimmer. Und meine Mutter war sehr besorgt um mich, und um mich nicht zu entmutigen, kauften sie mir eine Mandoline. Ich wußte aber auch diese nicht zu stimmen, deswegen stimmte ich sie mit allen Saiten bis auf eine in derselben Tonlage - es hat sich also für eine lange Zeit nichts geändert." Er erinnert sich noch gut daran, wie er Davy das erste Mal getroffen hat: "Ich war 16, er muß älter gewesen sein; ich spielte mit einer Band in der Inverbervy Town Hall, und er spielte auch mit einer lokalen Rockband dort. Sie spielten Rockmusik, wir spielten Rockmusik, und ich habe ihn danach lange nicht gesehen. Aber jene Nacht gab es eine große Schlägerei, eine sehr große Schlägerei, und plötzlich war die Halle nur noch in Stücken - ich glaube, das war die letzte Dance Night dort für eine lange Zeit..." Wie sich die Old Blind Dogs schließlich zusammenfanden, ist nicht so leicht zu sagen: "Aberdeen und Umgebung ist klein, es sind nicht viele Leute; wenn Du Musiker bist, lernst Du in wenigen Jahren alle Musiker dort kennen - es ist also schwer zu sagen; wir sind sozusagen wie ein Geschöpf entstanden."
Erst seit kurzem dabei ist Fraser Fifield. Er hat mit Smallpipes, Flöten und Saxophon ganz neue Dimensionen in das Klangbild der Hunde gebracht, und ist auch auf dem neuen Album zu hören.
Zu guter letzt noch ein Geheimnis der Arbeitsweise der Old Blind Dogs: Wie wählen sie ihre Stücke aus? "Wir spielen oder singen eins, und jeder meint 'Yeah'. Und wenn einer anfängt zu spielen, und nach vielleicht einer Stunde sind alle in den Nebenraum gegangen, Kaffee trinken, und er ist alleine, dann kriegt er wohl die Nachricht mit..."-"Alle gehen raus zur Toilette."-"Alle haben plötzlich einen Termin - der Zahnarzt..."-"Oder wir schlagen vor, Mittag zu essen..." Wenn also bei einem Old Blind Dogs Konzert plötzlich alle bis auf einen Musiker mit schlechten Ausreden die Bühne verlassen - Ihr wißt, was das zu bedeuten hat...


News: Das Line Up der Old Blind Dogs hat sich im Januar 99 stark verändert, die letzten 'alten' Hunde sind Buzzby und Johnny. Neu hinzugekommen sind Rory Campbell (Deaf Shepherd) auf Dudelsäcken und Flöten, der exzellente Sänger Jim Malcom und ein neuer Perkussionist.

Die CDs von den OBDs sind erhältlich bei: KRL/Lochshore Records

Zurück zum Inhalt der FolkWorld Artikel
Zum Inhalt des FolkWorld online musikmagazins Nr 3

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 2/98

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld