Ausgabe 3 2/98

FolkWorld CD-Besprechungen

Aly Bain & Phil Cunningham "The Ruby"
Label: Whirlie Records
Nach der Perle nun der Rubin! Die beiden Schotten Aly Bain und Phil Cunningham spielten mit der 97er Produktion ein Werk ein, das man ohne große Übertreibung zu den besten schottischen Alben dieses Jahres zählen kann. Zehn Stücke sind auf "The Ruby" zu finden, die wieder einmal beweisen, daß die beiden Vollblutmusiker musikalisch perfekt miteinander harmonieren. Der besondere Reiz, den dieses Album ausmacht, ist die Vielfalt der reinen Instrumentalstücke. Seien es Walzer, schnelle Jigs oder Reels - die beiden beherrschen ihr Handwerk. Am stärksten trumpft das Duett allerdings bei den sentimentalen Titeln auf. "Bonapartes Retreat" (ursprünglich ein amerikanisches Geigenstück) und das Titelstück, das Ex-Silly Wizard Phil Cunningham bereits 1990 schrieb, sprühen nur so vor musikalischem Feingefühl.
Whirlie Records
Christof Köpsel


Tartan Amoebas "Evolution"
Label:
Iona; IRCD058;
Schon der Bandname macht neugierig - Tartan Amoebas. Die schottische Band ist mit ihrem dritten Werk dabei, den musikalisch eingeschlagenen Weg von Shooglenifty weiter fortzuführen - wenn auch mit etwas anderen Musikinstrumenten. Die auf Evolution enthaltenen 13 reinen Instrumentalstücke wurden mit gewöhnlichen Folkinstrumenten wie Highland Bagpipes und Electric Fiddle eingespielt. Den größeren Stellenwert besitzen bei der Band um Fraser McNaughton allerdings Instrumente wie Trompeten, Flügelhorn, Schlagzeug, Sopran- und Tenorsaxophon und Kongas. Der erste Eindruck mag gewöhnungsbedürftig klingen, doch die Musik ist gerade dadurch voll von Überraschungen. Schwungvoll und reichlich impulsiv manchmal ein wenig schräg klingen besonders die Titel "Once" und "Putting up shelves". Wenn die Tartanamöben mit "Evolution" sicher nicht den Geschmack des gewöhnlichen Folkie treffen dürften, so werden die Musiker sicher bei der Jugend und jüngeren Generation neue Freunde für zeitgemäßen schottischen Folk finden.
Iona
Christof Köpsel


The McCalmans "High Ground"
Label: Greentrax; CD TRAX 138
Die drei schottischen Barden sind wieder zurück. Und wie. Mit "High Ground" (15 Titel) beweist das Trio, das es besser denn je ist. Wortwitz bei "Cholesterol", "Don`t sit on my Jimmy Shands" oder auch "They sent a wumman" sind gemischt mit eher nachdenklichen Liedern. So sticht "Libertas Ragusa" (Freedom for Dubrovnik) musikalisch heraus. Geschrieben wurde der Song bereits 1994 von Allan Taylor, der sich durch einen Besuch inspiriert fühlte und das Lied auch an der Gitarre begleitet. Selbst mit einem gelungenen Instrumentalstück sind die McCalmans diesmal vertreten, die selbst von sich behaupten, daß diese eigentlich nicht ihre Stärke sind. An Andy M. Stewarts "Taker her in your arms" versuchen sich die drei Edinburger und auch dieser gecoverte Titel lebt von der musikalischen Lebendigkeit.
Greentrax,
greentrax@aol.com
Christof Köpsel


Various Artists "Meisterspel"
Label: Heilo / Grappa Musikkforlag As; HCD 7132; Spielzeit: 77.59 min
Die Hardingfele (Hardanger Geige) ist heutzutage als Norwegens 'Nationalinstrument' bekannt. Das Musikinstrument ist etwas kleiner als die normale Geige, meist sehr hübsch verziert mit Zeichnungen und Perldekor, aber das eigentlich besondere ist, daß sie neben den vier normalen Griffsaiten auch noch vier oder fünf Resonazsaiten hat, die unter den normalem liegen.
Die CD präsentiert 23 Musiker, die in einem Zeitraum von 60 Jahren (1937-1997) meist vom norwegischen Radio aufgenommen wurden. Alle der zu hörenden Hardingfele-Spieler sind Meister auf ihrem Instrument und wurden ausschließlich solo aufgenommen. Die Hardingfele ist schon ein etwas gewöhnungsbedürftiges, aber auch äußerst faszinierendes Instrument.
Heilo / Grappa Musikkforlag As, e-mail:
info@grappa.no
Christian Moll


Carlos Núñez "Brotherhood of Stars"
Label: BMG Classics; 74321 453752; Spielzeit: 41:46 min
Galica, die nordwestlichste Ecke Spaniens, hat in letzter Zeit ein Revival der tratitionellen Musik erlebt - insbesondre die 'Gaita', der Dudelsack Spaniens, ist in den Mittelpunkt der Musik Galicias gerückt. Carlos Núñez ist derzeit der wohl bekannteste Dudelsackspieler Spaniens. Sein Debutalbum ist in keinster Weise ein Solo-Piping Album - denn erst einmal spielt Carlos auch hervorragend (Block-) Flöte, und außerdem wird er von mehr als 40 Gästen begleitet. Unter vielen anderen gehören zu diesen die Chieftains - diese Iren haben Carlos schon seit einiger Zeit auf seinem Weg weitergeholfen, die spanische Rock-Sängerin Luz Casal, der amerikanische Blueser Ry Cooder, der spanische Flamenco Gitarrist Rafael Riqueni, der kubanische Sänger Reinaldo Hierrezuelo, die stimmgewaltigen Sängerinnen der Gruppe Xiradela und natürlich die Musiker seiner eigenen Band.
Wie man aus dieser Aufzähling schon heraushört, zeigt Carlos die vielfältigen Verbindungen der traditionellen Musik Galicias auf: die drei wichtigsten (Stil-) Richtungen der Verbindungen sind in den Norden die keltische Musik, in den Süden der Flamenco und in den Westen der Latin aus Mittelamerika. Die Vielfalt seiner musikalischen Gäste zeigt sehr schön, wie weitreichend die Akzeptanz von Carlos' Musik ist, und das sowohl räumlich als auch stilistisch.
BMG Classics
Christian Moll


Dervish "Live in Palma"
Label: Whirling Disc; Whrl 004; Spielzeit: 42.02 + 70.20 min
Dervish ist eine hervorragende und auch eine der angesagtesten traditonellen Irish Folk Bands. Diese Doppel-CD ist - wie der Titel schon sagt - live auf Mallorca eingespielt worden; die Aufnahmequalität hat darunter nicht gelitten, die tolle Atmosphäre des Konzerts ist aber gut zu spüren.
Die sechs Iren spielen Jigs, Reels etc auf Flöte, Fiddle, Akkordeon und Mandoline, Bouzouki und Bodhran; die Sängerin der Gruppe, Cathy Jordan, trägt mit ihrer schönen Stimme auch viele Lieder vor, sowohl in irischem Gälisch als auch in Englisch. Die Musik dieser Band könnte man kurz zusammenfassen als Irish trad music with the power of now.
Und das Publikum aus Deutschland (und der Schweiz) kann sich schon mal auf Dervish in live freuen, denn diese sechs Iren werden wohl den Höhepunkt des diesjährigen Irish Folk Festival bilden. Und zur Vorfreude sollte man sich da doch schon mal den live Eindruck aus Palma in sein Regal stellen.
P.S. Bei ihrem ersten Deutschland-Auftritt seit sechs Jahren, anläßlich des WDR-Konzerts Matinee der Liedersänger in Bochum, waren die Karten schon am Mittag des ersten Tages des Vorverkaufs vergriffen - noch nie zuvor sind bei einer MAtinee die Karten so schnell weg gewesen!
Whirling Disc, in Deutschland über CeDisc, am Hirtenberg 14, 37136 Bösinghausen,
e-mail
Christian Moll


Various Artists "The Scottish Folk Festival 1998"
Label: FMS 2078; Spielzeit: 64.02 min
Der Sampler der 98er Schottentour im Januar präsentiert Einblicke in das diesjährige Programm; die Musik der CD ist eine sorgfältige Auswahl aus neueren und älteren Alben der beteiligten Akteure (es findet sich kein neu eingespieltes Material wieder). So stellen sich Rory Campbell, der junge innovative Piper, Davy Steele, Balladensänger und alljährlicher Moderator des Scottish Folk Festivals, die gälische Sängerin Isabel Macaskill, der hervorragende Fiddler Duncan Chisholm und der Singer/Songwriter von Orkney Ivan Drever (beide Wolfstone) und die schottische Folk-Bigband Caledon mit Harfen, Dudelsack, Fiddle, Percussion Caledon vor.
Ein Sampler, der sich sehr gut sehr gut hören läßt und einen schönen Eindruck des diesjährigen SFF bietet.
FMS
Christian Moll


Mes Souliers Sont Rouges "Gailladises"
Label: Eigenverlag; MSSR002; Spielzeit: 56.20 min
In Caen, der Heimatstadt der fünf Franzosen, kennt jeder MSSR - zumindest hat man den Namen schon einmal gehört; international und bei uns in Deutschland sind sie dagegen noch ein absoluter Geheimtip. "Meine Schuhe sind rot" - der Name lehnt stark an MSSR's große Vorbilder und Freunde La Bottine Souriante - "der Lachende Schuh" - aus Kanada an. Die Musik ist normannisch, aber sehr stark inspiriert von kanadisch-québécoinischer traditioneller Musik; das neue Album wurde auch in Québéc von ihren Freunden von La Bottine produziert.
Die normannische Kultband ist schon etwas ganz besonderes - die abgedrehten Live-Auftritte und vor allem die Fußpercussion (Sitting Step) heben sie von vielen anderen Bands ab. Der Fußpercussionist François Boros spielt während seiner Fuß-Aktivitäten auch noch Mandoline, Gitarre oder Triangel; die anderen vier sind Dominique Adrix (Jimi) an der Gitarre, Stéphane Devineau an Geige oder Gitarre, Denys Lefrançois am (Kontra-) Bass oder Gitarre und Ludovic Syffert an Akkordeon, Bodhràn oder Flöten. Und alle fünf können auch noch singen - wie sie u.a. in vier a-capella Stücken mit beeindruckenden Harmoniegesängen unter Beweis stellen. Das Material auf Gailladises ist ausschließlich französisch bzw. kanadisch, etliche Eigenkompositionen und auch viele der typischen französisch-traditionellen Konter-Gesänge sind dabei. MSSR sind ein MUSS für jeden Freund von französischer Musik, und von La Bottine - einfach superb!
Mes Souliers Sont Rouges
Michael Moll


The Fife "Gipsy Spirit"
Label: Smiddy Made; SMD612; Spielzeit: 35.29 min
The Fife haben auf diesem Album eine Auswahl aus zum großen Teil sehr bekannten traditionellen Liedern aus dem britischen Raum zusammengestellt (inkl. 'Whisky in the Jar', 'Star of the County Down', 'Ye Jacobites'). Ihre Interpretation ist folk-rockig, ähnlich in Stil und Qualität wie einige Bands der deutschen Party-Folk-Punk Szene.
e-mail Smiddy Made
Christian Moll


Schlendrian "Irdisch"
Label: Eigenverlag; Spielzeit: 42.12 min
Seit 18 Jahren schlendert diese Frankfurter Band schon durch die Folkszene. Ihre Musik nennen die sechs Herren treffend Folk'n'Roll - eben Folk gepaart mit Rock'n'Roll. Gleich das erste Stück der CD ist auf Akkordeon basierter Rock'n'Roll - eine etwas ungewöhnliche aber durchaus ansprechende Fusion. Schlendrians Lieder sind z.T. in deutscher (fünf), z.T. aber auch in englischer (zwei) Sprache. Dabei wirken auf mich die deutschen Stücke ehrlicher und eigenständiger; sie sind teilweise selbstgeschrieben, teilweise 'fremdes' Material. Höhepunkte sind das 'Lustige Scherenschleiferlied', bei dem das 'Lustige' auch gut hörbar ist, und das melancholisch nachdenkliche 'Welch ein Wechsel'. Drei Folk'n'Rollige Instrumentals ergänzen das Gesamtbild der CD.
Mir gefällt an Schlendrian vor allem, das sie ihren Fokus eindeutig auf deutschsprachige Lieder gelegt haben. Insgesamt ist die Musik dieser CD eine erfreuliche und eigenständige Angelegenheit.
Schlendrians homepage, e-mail
Michael Moll


Cannach "The moons of Glenloy"
KRL/Lochshore Records; CDLDL 1263; Playing time: 53.08 min
Ein musikalisch vielseitiges Album brachte die 1995 gegründete schottische Band Cannach mit "The moons of Glenloy" jetzt auf den Markt. Instrumental- als auch Gesangstücke wechseln und verleihen der Produktion durch das gekonnte Fiddlespiel von Lynda Anderson, die auch aus Shetland stammt, ihren besonderen Reiz. Judith Pullar sorgt mit ihrer weichen, feinfühligen Stimme für die nötige Atmosphäre und Garry Hunter trickst gekonnt mit dem nötigen Fingerspitzengefühl am Banjo und sorgt bei den Irish Tunes damit für gelungene Kneipenstimmung. 12 Titel finden sich auf dem Album wieder, die sich sowohl aus eigens komponierten Liedern als auch aus bekannten Traditionals zusammensetzen.
KRL/Lochshore Records
Christof Köpsel


Sampler "The Piping concert"
KRL/Lochshore Records; CDLDL 1270; Playing time: 45.13 min
Ein musikalisches Bonbon können die Dudelsackfreunde beim Hören des neusten Samplers des schottischen Labels KRL Lochshore genießen. Dr. Angus MacDonald, Paddy Keenan, Gordon Duncan, Pauline Cato und Tom McConville sowie Patrick Molard sind darauf live zu hören. Mitgeschnitten wurde das Konzert in der Glasgow Royal Concert Hall und es präsentiert die unterschiedlichen schottischen Piper mit ihrem Faible für traditionelle Stücke wie Reels, Strathspeys, Jigs und Marches, Slow Airs als auch gelungenen Eigenkompositionen. Dr. Angus MacDonald ist der Generation der Piper zuzuordnen, die das Spielen von Grund auf zu Hause erlernten und stark von der Gälischen Kultur beeinflußt sind. Paddy Keenan ist bekannt für seine besondere Spieltechnik mit dem irischen Dudelsack Uillean Pipe. Pauline Cato ist eine renomierte Nordumbrische Dudelsackspielerin, Tom McConville ein ausgezeichneter Geiger und im Duett beweisen die beiden ihre wahre Stärke. Last but not least spielt Patrick Molard auf, der als Gründer verschiedener bretonischer Bands bekannt ist und in den 70er Jahren auch in Alan Stivell´s Band mitwirkte.
KRL/Lochshore Records
Christof Köpsel


Paul Mounsey "Nahoo Too"
Label:
Iona/Lismor; IRCD 050; Playing time: 70:41 min
Innovativ gibt sich der Schotte Paul Mounsey auf "Nahoo Too", auch wenn das Fortsetzungsalbum an das Erstlingswerk nicht ganz heranreichen kann. Auch auf der 97er Produktion beweist Paul Mounsey wieder seine Leidenschaft, schottische und gälische Melodien mit brasilianischen Melodien eindrucksvoll zu vermischen. Der Soundhexer holte sich dazu brasilianische Musiker ins Studio und betätigte sich selbst auch stimmlich. Das Titelstück "Nahoo" erhält seinen ganz besonderen Reiz durch den gälischen Gesang der alten Dame Flora MacNeil. Empfehlenswert ist auch das Instrumentalstück "North", sonst aber fehlt dem Album ein wenig der absolute Überraschungseffekt der ersten Nahoo-Produktion.
Iona/Lismor
Christof Köpsel


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 2/98

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