FolkWorld Live Review 9/2001:

Frühlingswind durchstreift die Iren in Deutschland

Irish Spring - ein neues Musikpaket


Von Christian Moll

Niamh Parsons & Christy O'Leary, photo by C. MollAuch, wenn inzwischen der Herbst schon eingekehrt ist, erlaube ich mir einen Rückblick in den Frühling dieses Jahres zu werfen. Im Mai fand sie zum ersten Male statt - die Irish Spring Tour, eine neue Tour, die Irish Musik in einem größeren Rahmen in Deutschland präsentiert. Die erste Tour war ein Erfolg, die Kritiker lobten die Tour in höchsten Tönen und das Publikum war auch sehr zufrieden.

Diese Tour ist - im Gegensatz zu anderen Touren, die eher ein Partypublikum ansprechen - gerade auf ein Publikum ausgerichtet, das den Musikern zuhören will. Dies hat auch zur folge, dass die Musik in angenehmer Lautstärke präsentiert wird - und man trotzdem noch gut alles mitbekommt.
Ein großes Lob an die Organisatoren, dieses Konzept ist - zumindest bei den beiden Konzerten, die ich besucht habe - voll aufgegangen. Ich habe selten ein so großes Publikum so ruhig zuhören sehen wie auf dieser Tour! Noch zwei Worte zu den Organisatoren - gestartet wurde dieses Projekt von Rainer Zellner von der renommierten Musik Agentur MusicContact, der schon seit vielen Jahren etliche Musiker sicher durch Deutschland leitet, stark unterstützt wird dieser von Axel Schuldes, einem Kenner der irischen Musikszene, der etliche Erfahrung mit Irischen Pakettouren als langjähriger Partner und Tourbegleiter der Irish Folk Festival Tour durch Deutschland gesammelt hat. Solch eine Konstellation ist natürlich eine Traumzusammenstellung und eigentlich schon Garant für ein gelungenes Festival.

Doch nun genug zum drumherum, kommen wir zur Musik. Dieses Jahr waren drei hervorragende Bands am Start. Beginnen durfte das Duo Frank Kilkelly (Gitarre) und Christy O'Leary (Gesang, Uilleann Pipes, Flöten), es folgte das junge Quintett Calico, nach der Pause hatte das Niamh Parsons Trio ihren Auftritt und zum Finale versammelten sich noch mal alle Musiker auf der Bühne.

Frank Kilkelly ist einer der gefragtesten Gitarristen der grünen Insel, er hat schon mit vielen Musikern zusammengearbeitet und auf unzähligen Alben mitgewirkt. Sein Duopartner Christy O'Leary ist ebenfalls ein bekannter Musiker der Szene - unter anderem hat er einige Jahre bei der schottisch/irischen Band Boys of the Lough mitgespielt. Christy ist ein begnadeter Instrumentalist (Uilleann Pipes, Whistles), im Mittelpunkt des Sets stand aber der Gesang - kraftvoll und voller Emotionen präsentiert er die Lieder. Gegen Ende des Sets wurde dann ein weiterer Musiker auf die Bühne geholt, Dave Munnelly, der junge Akkordeonist des Niamh Parsons Trio.

Calico könnte man als Familienband bezeichnen - drei der fünf Musiker sind Geschwister: die Geigerin und Sängerin Deidre Moynihan und ihre Brüder Donnacha auf der Gitarre und Diarmaid auf den Uilleann pipes, hinzu kommen dann noch Tola Custy an der Geige und Pat Marsh auf der Bouzouki.
Calico ist eine äußerst ausdrucksstarke Band, ihr Klangbild ist oft etwas vertrackt und fordernd. Sie haben ihren ganz eigenen Sound entwickelt und präsentieren eigene, traditionelle und Stücke von anderen Autoren oftmals in ganz neuer Art und Weise. Ihr Instrumentarium ist auch außergewöhnlich - zwei Geigen (tolle Effekte!), zwei Saiteninstrumente (Gitarre, Bouzouki) und die Uilleann Pipe in der Mitte.
Neben genialen Tunes kommen auch wundervoll interpretierte Lieder zum tragen . Deidre hat eine wunderschöne Stimme und durch die Begleitung der Jungs entstehen kleine Kunstwerke. Calico ist eine Band nach der man Ausschau halten sollte...

Irish Spring session, photo by C. MollNach der Pause kam dann - als Höhepunkt des Abends - das Niamh Parsons Trio. Niamh wird von verschiedenen Stellen oft als die derzeit beste weibliche Stimme Irlands bezeichnet - und dies zurecht! Ihre Stimme ist kraftvoll und voller Emotionen - man merkt richtig, wie sie die Lieder lebt. Sie sucht ihre Lieder mit bedacht aus, alle passen hervorragend zu ihr, sowohl die traditionellen als auch die der zeitgenössischen Songwriter. Sie hat eine Stimme, die man nicht so schnell vergessen kann - bei mir stellt sich jedesmal von neuen eine Gänsehaut ein, wenn ich sie höre...
Als Begleitung hat sie sich zwei junge Musiker ausgewählt Dave Munnelly an Akkordeon und Piano und den Gitarristen Graham Dunne. Zusammen begleiten sie Niamh genau richtig, meist eher im Hintergrund um ihre Stimme zu unterstützen, doch immer mal auch fordernd. Die beiden haben Platz für ihre atemberaubenden Soli erhalten, bei denen besonders Dave sich das Herz rausgespielt hat. Ein hervorragendes Trio, das ganz oben in der Topliga der Europäischen Folkmusik mitspielt.

Zum Abschluss jedes Konzertes kamen noch einmal alle Musiker zusammen auf die Bühen zur Endsession. Turlough O Carolan's Eleanor Plunkett wurde als erstes Stück auf der gemeinsamen Session gespielt - zu all den tollen Instrumentalisten aus Irland gesellte sich für dieses Stück noch ein mongolischer Musiker (der auf der Tournee ansonsten den CD Stand betreut hat) dazu. Dies ergab eine interessante Fusion - ein alter irischer Tune begleitet auf der mongolischen Pferde-Geige - ein ungewöhnliches aber sehr gelungenes Klangbild... Es folgten noch zwei Lieder und ein weiterer Instrumentaltitel um einen gelungenen Abend abzuschliessen.

Im nächsten Jahr findet die Touree im übrigen schon zwei Monate eher, also im März statt. Man sollte dies nicht verpassen...

Photo Credit: All Photos from Irish Spring 2001, all taken by C. Moll.


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 9/2001

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