FolkWorld Artikel von Christian Rath:

Druiden-HipHop mit Hitqualitäten

"Keltischer Rap" mit der französischen Supergruppe "Manau"


HipHop im Theater, das ist ja schon seltsam genug. Und dann steht da noch dieser flachgelegte Hinkelstein auf der Bühne herum. Archäologen nennen so einen Steintisch "Dolmen", bei der französischen Rap-Gruppe Manau hat hier der DJ seine Turntables stehen. Manau gastierte im September während des SWR3 New Pop Festivals zum ersten Mal in Deutschland, genauer: im piekfeinen Theater Baden Badens.

Manau; Pressephoto In Frankreich sind Manau Superstars. Zwar erst seit letztem Jahr, aber immerhin. Sie verbinden Folk und HipHop zu "keltischem Rap" und haben mit "Tribu de Dana" den Sommerhit des Jahres 98 gelandet. In Frankreich wurde die Single rund 1,7 Millionen mal verkauft, und auch in Belgien und der Schweiz wurde Platin-Status erreicht. Jetzt sollen Manau auch in Deutschland groß rauskommen. Das Konzert in Baden Baden war sozusagen der erste Testlauf.

Als das Konzert beginnt, ist auf der Bühne dunkles blaues Licht. Schemenhaft ist der Dolmen zu erkennen. Nebel wabert, und der Boden vibriert, als ob die Götter zürnten. Keltenkitsch...
Doch dann kommt die Band auf die Bühne und die Stimmung wird fröhlich und beschwingt: "He Ho, le nouveau son de Manau" (der neue Sound von Manau). Im Mittelpunkt steht Rapper Martial Tricoche, ein hübscher und sportlicher Mittzwanziger, der mit seiner charmanten Art sicher auch ein exzellenter Badehosenverkäufer wäre. Sein Gegenstück ist der ruhige und deutlich kleinere Cédric Saubiron, der hinter seinem Dolmen die Platten scratcht.

Martial und Cédric sind Manau. Sie kennen sich schon seit über zehn Jahren, als sie bei einem Pariser Bürgerradio zusammen eine Rap-Show produzierten. Die Kelten haben sie damals noch nicht interessiert. Das kam erst, als Martial begann, Bücher über Druiden und das ganze mystische Drumherum zu lesen. Für einen Druiden-Rap brauchte Martial aber noch Musik. Die fand sich auf bretonischen Folk-CDs von Alain Stivell und Ar Re Youank. Mit vier Tagen Studiozeit produzierten sie ihr erstes Demo, dabei auch den späteren Hit "Tribu de Dana" und erhielten prompt einen Plattenvertrag bei Polydor. Aus der Pariser Banlieu direkt in die größten Hallen Frankreichs, solche Karrieren braucht das Pop-Geschäft.

Manau's Greg; Photo by Alain for www.manau.com In der Bretagne sind Manau aber hochumstritten, gerade weil sie einige bretonische Folk-Standards in ganz Frankreich zu Gassenhauern gemacht haben. Dem Super-Hit "Tribu de Dana" lag etwa das bretonische Matrosenlied "Tri Martelod" zugrunde. Viele Bretonen sagen: "Mit einer so tollen Melodie kann fast jeder einen Hit landen". Alain Stivell hat sogar einen Plagiatsprozeß gegen Manau angestellt, denn er hatte "Tri Martelod" schon vor 25 Jahren ähnlich arrangiert.
Martial Tricoche hat dafür keinerlei Verständnis. "Das ist doch ein traditionelles Stück, wie kann man daran Rechte haben?" Der Prozeß dauert noch an.

Dabei sind Manau alles andere als eine bretonische Band. Es wird zwar immer wieder betont, daß ihre Eltern ursprünglich aus der Bretagne stammten. Doch in Musik und Symbolik bedienen sie sich bei allen keltischen "Nationen", also auch in der irischen oder schottischen Kultur. Und "Manau" ist der französische Name der "Isle of Man", im Ärmelkanal gelegen. Auch dort wurde vor hundert Jahren noch eine alte keltische Sprache gesprochen.

Auf der Bühne funktioniert das Konzept von Manau erstaunlich gut. Baß und Gitarre legen ein oft funkiges Fundament, Geige, Akkordeon, Dudelsack und Bombarde (die bretonische Hardcore-Oboe) sorgen für die folkige Farbe. Aber weil Martial Tricoche ein sympathischer Kerl mit extrem positiver Ausstrahlung ist, konzentriert sich die Aufmerksamkeit ohnehin ganz auf ihn. Sogar im steifen Baden Baden schaffte er es recht schnell, die Leute aus ihren Samtsesseln zu holen. Na ja, es war auch ein halbes Heimspiel. Ein großer Teil des Publikums war aus Frankreich angereist.

Es wird sich zeigen, wie Manau etwa in Ostdeutschland ankommt, wo die Französisch-Kenntnisse doch etwas dünner gesät sind als am Oberrhein. Daß die CD "Panique Celtique" neben all dem Druiden-Tand auch ein deutliches Antifa-Bekenntnis enthält, wird wohl vielen Deutschen verborgen bleiben. In "l'Avenir est un long Passé" (die Zukunft ist eine lange Vergangenheit) wird der französische Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen mit den nationalsozialistischen Invasoren des zweiten Weltkriegs gleichgestellt.

Andere Stücke sind allerdings weniger hellsichtig. In "Tribu de Dana" wird etwa der Kampf eines prähistorischen Stammes gegen fremde Eindringlinge geschildert - und zwar eher auf dem Niveau von "Conan, der Barbar" als auf dem von Asterix. Da könnte wohl auch ein Jean-Marie Le Pen aus vollem Hals mitsingen. Aber das findet Martial Tricoche eine "ziemlich bösartige" Überlegung. Mag sein, "Tribu de Dana" wird sicher auch in Deutschland ein Hit. Da haben die Bretonen ganz recht: Mit dieser Melodie ist es schwer, keinen Hit zu landen.


Mehr Infos zu Manau auf deren Homepage!

Photo Credit:
(1) Pressefoto; (2) Manau's Greg; Photo by Alain for www.manau.com.


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