FolkWorld Live Review 10/99:
Die Biermösl Blosn gehört zu Bayern wie die CSU. Oder sagen wir's gleich so: Die Biermösl Blosn gehört fast schon zur CSU. Was die bayerische Staatspartei macht, wie sie sich dreht und wendet, es wird von den rebellischen bayerischen Volksmusikern hämisch kommentiert. Und wenn die CSU bei den Europawahlen 66,3 Prozent einfährt, dann freut's die Blosn irgendwie doch. Nur ein starker Feind ist ein guter Feind. In diesem Sommer gastierte die Biermösl Blosn beim Freiburger Zeltmusikfestival, einem jährlichen Breitbandmusikspektakel vor den Toren der Stadt.
Die Blosn, das sind die drei Brüder Hansi, Stopherl und Micha Well. Hansi ist der Texter, Stopherl der Virtuose an Harfe, Trompete und Blockflöte, Micha Well chließlich bedient die Tuba. Gesungen wird dreistimmig und im Wechselgesang, aber immer bayerisch-bissig, gegen engstirnige Fremdenfeindlichkeit und feudale Alleinherrschaft.
Die Biermösl Blosn hassen Bayern und sie lieben Bayern. Sie hassen die ritualisierte Brauchtumspflege, die volkstümlichen Schlager und sind doch große Verteidiger der "echten" bayerischen Volksmusik. Diese aber müsse aus den ernsten Hausmusikkreisen herauskommen und sich den Problemen der heutigen Zeit stellen, so die Forderung von Hansi Well. Wer aber wie die Biermös Blosn seit über 20 Jahren mit den gleichen Mitteln gegen die gleichen Mißstände ankämpft, wird langsam selbst zum Denkmal und verstärkt nur die üblichen Klischees.
Gerne erzählen die drei daher vom richtigen Leben in Hausen, dem Dorf aus dem sie angeblich kommen. Wo eine "Super-Kanalisation" gebaut wird - weil der Bürgermeister eine Baufirma hat. Wo dem Festkomitee zur Milleniums-Wende nur ein Bierzelt einfällt. Und wo das Haus eines Unangepaßten einfach niedergebrannt wird.
Eingestreut wurde auch etwas südbadischer Lokalkolorit, vor allem in Form billiger Witze über kleinere Nachbarstädte. Überhaupt war manches an diesem Abend nicht ganz ausgegoren. Teilweise fühlte man sich wie in einer öffentlichen Probe, viele Texte wurden noch vom Blatt gesungen. Doch dank ihrer Bühnenroutine hatten die sympathischen (Anti-)Bayern das Publikum im vollbesetzen Spiegelzelt jederzeit auf ihrer Seite. Immerhin gab es auch einige perfekt einstudierte Nummern, etwa den "Kung Fu-Schuhplattler".
Jüngst haben die Biermösl Blosn übrigens den Kabarett-Preis des vielgeschmähten Bayerischen Rundfunks erhalten. Vielleicht braucht Bayern doch ein bißchen auch die Biermösl Blosn - als Kleinkunst-Opposition.
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