FolkWorld Live Review

Tom Paxton & Eric Bogle

19. Juli 97 auf dem Isle of Bute Folk Festival, Schottland

Erschienen im Folksblatt 3/97 (letzte Ausgabe vor dem Ende des Magazins)

Tom Paxton & Eric Bogle

Zwei der größten Songwriter der Welt in einem Konzert

Von Michael und Christian Moll

Gleich zwei Legenden der Folkszene waren dieses Jahr in einem denkwürdigen Konzert auf dem diesjährigen Isle of Bute Folk Festival zu erleben. "Normalerweise muß man sich als MC damit abmühen, in langen Worten die Musiker vorzustellen und ihre Fähigkeiten zu preisen. Ich habe heute als MC eigentlich gar nichts zu tun, denn die beiden heute auftretenden Musiker brauchen nicht groß vorgestellt werden, weil jeder kennt sie; sie sind Legenden", stellte Davy Steele, MC (Ansager) des Abends, zurecht fest. Sowohl Eric Bogle als auch Tom Paxton gehören zu den bekanntesten und besten Singer/Songwritern der Welt und sind heute nur äußerst selten in Europa zu erleben.

Eric Bogle bekam seinen Weltruhm, als er 1972 das Anti-Kriegs-Lied The Band played Waltzing Matilda geschrieben hat, das heute jeder zweite Folkmusiker im Repertoire hat. In Peebles in Schottland geboren, wanderte Eric 1969 nach Australien aus. Dort verdiente er zunächst sein Brot als Buchhalter und schrieb nebenbei seine Lieder, bis er sich 1980 entschied, ganz einer musikalischen Karriere nachzugehen. Etliche seiner Lieder sind zu wahren Folk-Klassikern geworden, u.a. Now I'm Easy, No Man's Land und Leaving Nancy. 1986 wurde Eric von der australischen Regierung mit der Peace Medal ausgezeichnet, um sein Bemühen um Frieden in Form seiner Lieder zu würdigen. Drei seiner Lieder waren bereits langzeitige Platz-Eins-Hits in Irland.

In Bute trat Eric zusammen mit dem ebenfalls versierten Singer/Songwriter John Munro, der ebenfalls ein in Australien lebender Schotte ist, und dem australischen Bassisten Brent Miller auf. Mit tosendem Applaus wurde Eric von den Schotten empfangen. Das Programm der drei basierte auf den Emigrationsliedern des Albums "The Emigrant & The Exile" von Eric & John (rezensiert in Folksblatt 1/97), wurde dabei aber gespickt von spritzigen Ansagen voller Humor und Witz. Auch wenn man als Nicht-Schotte etwas Probleme hatte, Eric mit seinem stark schottisch geprägten Akzent zu verstehen, kam der Witz doch gut herüber. Eigentlich wirkten die drei gemütlichen Australier nicht so, als würden sie eine zwei-monatige Europatournee machen, sondern vielmehr, als wären sie im erholsamsten Urlaub. Bei Erics älteren Liedern kannte jeder und wirklich jeder Schotte im Publikum die Texte.

Tom Paxton; Photo by The Mollis"Tom Paxton ist wie Whisky - er wird nicht älter, sondern nur besser." So kündigte Davy Steele den Auftritt Tom Paxtons (Foto) an. Der Amerikaner hat das amerikanische Folksongrevival geprägt, und hat heute einen solch legendären Ruf, daß er auf den größten Festivals auftritt und den Rekord für die am schnellsten verkauften Tickets in der New Yorker Carnegie Hall hält. Seine Lieder wurden von bekannten Musikern aus unterschiedlichsten Musikrichtungen aufgenommen, zu den bekanntesten Songs aus seiner Feder gehören Bottle of Wine, Last Thing on my Mind, Ramblin' Boy.
Begleitet vom Gitarristen Jez Luton, legte Tom ein brilliantes Set vor. Er bewies nicht nur, daß seine Stimme noch immer hervorragend ist, sondern auch, daß er auch noch immer jede Menge hervorragende Songs schreibt - allein drei der Lieder an jenem Abend sang er zum allerersten Mal. Mit dem lustigen Lied über die nach den britischen Wahlen trauernden Tories hatte er sofort das Publikum auf seiner Seite (das heißt, eigentlich hatte er das schon, bevor er überhaupt auf der Bühne stand). Mit seinen Ansagen brachte er das Publikum immer wieder zum Lachen, mit seinen Liedern zum Mitsingen; seine lockere sympathische Art brachte eine entspannte Atmosphäre in den Saal. Begeistert waren die Schotten auch über ein Lied, das Tom "gestern im Auto" geschrieben hatte und das von einer gewissen Camilla Parker-Bowles handelte. Neben seinen frisch geschriebenen Liedern sang Tom auch einige seiner bekannten Hits, wie z.B. Bottle of Wine; das Publikum kannte natürlich auch die Texte dieser Lieder. Zwei Zugaben mußte Tom dem begeisterten Publikum noch geben, und es soll Leute gegeben haben, die sich nach der ersten Zugabe nicht losreißen konnten und dadurch die letzte Fähre zum Festland verpaßt haben... Mehr Zugaben wurden nicht gegeben, weil danach in der Halle noch eine Ceilidh stattfinden sollte.

Alle, die an diesem Abend dabei waren, werden ihn wohl auch noch lange im Gedächtnis halten. Und das war nur einer der Highlights auf dem Bute Folk Festival. Während ganz Europa in dicken vollen Regenwolken versteckt war, herrschte auf Schottlands Festivalinsel wahrhaft mediterranes Klima, und die Stimmung war hervorragend. Einmal mehr hat die Isle of Bute gezeigt, daß ihr Festival ohne Zweifel zu den empfehlenswertesten Reisezielen für Folkmusikliebhaber, Folktänzer und Folkmusiker gehört.

Ein Bericht vom gesamten Bute Festival ist in nur englischer Sprache vorhanden

Infos zum nächsten Festival gibt es bei Anne, Tel. +44-1700-505721.


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 11/97

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