"Alex Campbell (Foto, by Ian McCalman) war einer der wichtigsten und einflußreichsten Folksänger des Folksong Revivals in Europa. Bewundert, respektiert und geliebt von seinen Musikerkollegen und seinen Zuschauern in ganz Europa, repräsentierte er das Bild des fahrenden Spielmanns. Seine Liebe zu den Menschen, seine Freude am Singen und sein Einsatz für die Ideale der Folksongbewegung stellte ihn in vorderste Reihe unter seinen Zeitgenossen. Vor allem in Dänemark wurde er geliebt, so sehr, daß seine dänischen Freunde ihm, als Kehlkopfkrebs seine Musiker-Karriere beendete, Gastfreundschaft und Unterstützung gaben und ihn in seinen letzten Jahren geholfen haben. Er lebte erst in Skagen und später in Tønder; Alex starb im Januar 1987.
Das heutige Konzert soll den Mann und seine Lieder noch einmal feiern. Seine Musik und seine Freundschaft kannten keine Grenzen und deswegen sind die Musiker und Freunde, die am heutigen Abend auftreten, aus vielen Ländern gekommen, um ihren Teil zum Tribut für den 'Big Daddy of folk music' beizutragen."
(Auszug aus dem Skagen Festivalprogramm 1995)
Ich weiß, daß ich einer von vielen bin, die von Alex Campbells Auftritten inspiriert und beeinflußt worden sind. Meine Generation kam in jenes Alter in den frühen 60ern, einer Zeit der sozialen Revolution. Zum ersten Mal schien es, daß Jungens wie ich aus der Arbeiterklasse Musiker, Fotografen, Maler oder Dichter werden konnten - wir mußten nicht dem Pfad folgen, den unsere Vorgänger beschritten hatten, die die harten Zeiten der 30er und die Kriegsjahre in den 40ern durchgemacht hatten und die sich nun einfach nur um die Sicherheit einer festen Arbeitsstelle und einer Rente nach ihren 50 Arbeitsjahren bemühten. Wie jede neue Generation wollten auch wir unseren eigenen Weg gehen, abseits der alten Wege. Popmusik war in jenen Tagen flach und langweilig, die Folkmusik aber... das war die neue Musik (wenngleich vieles von ihr auf Jahrhunderte alter Tradition basiert) und sie vereinigte sich mit den neuen Lebensphilosophien, die von unserer neuen Generation sehnsüchtig aufgenommen wurden. Folkclubs hatten sich in ganz Großbritannien gebildet, und sie waren lebhaft und aufregend mit Musik aus vielen verschiedenen Stilrichtungen; Woody Guthrie und Bob Dylan, Blues, Calypso, traditionelle englische Lieder, schottische Balladen, irisch-republikanische Lieder, die neuen Gitarrenhelden aus dem Land der Londoner Wohnschlafzimmer ... alle waren sie in den Folkclubs willkommen.
Und groß in der Mitte in all diesem Trubel stand Alex Campbell.
Alex' stärkster und schönster Charakterzug war seine vollkommene Hingabe in die Lieder, die er sang. Egal ob es eine alte schottische Ballade oder ein Protestlied von Bob Dylan war, er sang alle Lieder mit der gleichen Hingabe. Er schuf die Persönlichkeit, die er wurde - der hart reisende, hart lebende Folksänger, der von Gig zu Gig zog, einfaches Geld verdiente und es für eine gute Zeit schnell wieder ausgab. Zu dieser Zeit (die späten 60er) war die britische Folkszene in zwei Lager geteilt: die einen bevorzugten traditionelle Musik, die anderen die neuen Singer/Songwriter, und es war diese Spaltung, die stark für den Popularitätsverlust der Folkmusik in Großbritannien mitverantwortlich war. Was diejenigen, die für dies oder gegen jenes waren, nicht sahen, war, daß die Leute jede Art von Musik hören mögen, sei es traditionell oder zeitgenössisch, solange sie nur gut vorgetragen wird. Sie wollen nur nicht, daß man ihnen sagt, was sie hören sollen. Alex stand über diesem Gezänke; ihn kümmerte nicht, woher das Lied kam oder wie alt es war, solange es nur ein gutes Lied war. Er brachte das Volk zur Folkmusik und zeigte ihm den Reichtum seiner Kultur, sei es britische, deutsche, dänische, oder was immer. Er war von dem Maxim überzeugt "Musik vom Volk fürs Volk".
(Foto: Allan Taylor (links) und Iain MacKintosh; by The Mollis)
Deswegen war es eine große Ehre für mich, als ich feststellte, daß Alex einige meiner Lieder sang. Ich kann mich lebhaft daran erinnern, als ich ihn auf dem Norwich Folk Festival traf. Wir saßen backstage und redeten über Songs, und ich erwähnte ein neues Lied, das ich kurz zuvor bei einem Aufenthalt auf der Insel St. Thomas, in den Virgin Islands, geschrieben hatte. Ich meinte, es würde gut für ihn sein, wegen der Lyrik - "It's good to see you, so good to see you, oh how I've missed you since I've been gone." Er bat mich sofort, ihm das Lied beizubringen, und in den nächsten Jahren machte er daraus sein ganz eigenes Lied. Als ich zum ersten Mal ein Konzert in Dänemark gab, habe ich das Lied gesungen, und ich wurde freundlich von etlichen Leuten darauf hingewiesen, daß ich dieses Lied nicht singen dürfe, weil es Alex' wäre. Selbst als ich ihnen sagte, daß ich das Lied geschrieben habe, meinten sie noch immer, daß es Alex gehöre. Er hat das Lied bis zum Ende seiner Karriere gesungen; soweit ich weiß, ist es das letzte Lied, daß er je auf der Bühne gesungen hat, und ich war dabei um es gemeinsam mit ihm zu singen. Er hatte wegen einer Operation, um Krebs aus seiner Kehle zu beseitigen, kaum Stimme zu jener Zeit - er konnte die Worte nur herauskrächzen, aber er tat dies mit der Würde des Musikerveteranen. Es war ein äußerst emotionaler Moment für mich, weil ich wußte, daß es vorüber war und nie wieder sein würde - das Ende war gekommen.
Die Schau auf dem Skagen Festival, die zu der Doppel-CD führte, war meine Chance, um in aller Öffentlichkeit zu sagen, was für ein großartiger Mensch Alex doch war. Ich habe etliche Jahre an der Zusammenstellung gearbeitet, und die ganze Schau (die vier Stunden lang dauerte) war mein persönliches Tribut an den Mann. Und es schien mir, daß dies auch bei den anderen Musikern der Fall war. Sie erfüllten den Abend mit vollkommener Hingabe - ohne ihre Unterstützung hätte es nicht geklappt. Für mich war es der Höhepunkt meiner Karriere, und die Doppel-CD ist vielleicht für mich wichtiger als meine eigenen Alben, weil "The Alex Campbell Tribute Concert" CD ohne jede finanzielle Absichten, sondern ausschließlich als Erinnerung an einen großartigen Menschen und Freund gemacht wurde.
Während ich diesen kurzen Beitrag fürs Folksblatt schreibe, hat die CD bereits großartige Besprechungen erhalten, bisher vor allem in Dänemark. Sie wurde in der nationalen Tageszeitung mit der höchstmöglichen Punktzahl ausgezeichnet, und ich habe kürzlich erfahren, daß ich mit dem "Arets Folkmusikpris" ausgezeichnet werde - einem Preis, der für besondere Dienste für die Folkmusik vom Skagen Festival verliehen wird, und der vom dänischen Radio auf dem Skagen Festival im Juni überreicht wird.
Die CD ist in Deutschland bei Harlekin Records in Bremen und Old Songs New Songs in Bochum erhältlich.
Zu Allan Taylors Homepage, Kontakte für Buchungen von Allan Taylor außerhalb von Deutschland auf Allans Homepage.
In Deutschland: Gaby Hellmond e-mail hellmond@t-online.de;
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